Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

Die Erstversorgung stand und steht im Fokus, und viele Bedienstete sind hier gefordert. An die Führungsebene – und das ist nun einmal der Senat und jeder Senator in seinem Verantwortungsbereich – ist die Forderung zu stellen, dafür zu sorgen, dass die entsprechenden Bediensteten vom Alltagsgeschäft befreit sind, um konzeptionell die strategischen Fragen bearbeiten zu können und damit letztlich dafür zu sorgen, dass die Probleme danach geklärt werden. Das kann nur gelingen, wenn den Bediensteten entsprechend Zeit eingeräumt wird. Das ist Führung, die wir von Ihnen hier verlangen.

Der Wohnungsbau ist eines dieser Themen, es ist hier schon angesprochen worden! Wir sind der Meinung, dass es notwendig gewesen wäre, dieses Problem zu einem früheren Zeitpunkt zu bearbeiten. Wir wussten schon vor der Flüchtlingswelle, dass Wohnungen benötigt werden, und deshalb hätte schon zu diesem Zeitpunkt mehr getan werden müssen. In dieser Legislaturperiode beraten wir das Thema bereits seit sechs Monaten, selbst in der letzten Legislaturperiode hat es immer wieder entsprechende Beratungen gegeben. Es muss einfach mehr geschehen.

Im Bau- und Umweltressort muss personell umgesteuert werden, damit sich das Ressort um die drängenden Probleme der essenziellen Wohnungsversorgung der Menschen kümmern kann, aber nicht das Beabsichtigte diskutiert und konzipiert wird. Es sind vielmehr Bebauungspläne zu entwerfen, Baugenehmigungen zu erteilen und die Probleme konkret zu bearbeiten.

(Beifall FDP)

Wenn man die Zelte sieht, dann muss man schlicht und einfach feststellen, dass die Schaffung von Wohnraum nicht mit der nötigen Priorität bearbeitet worden ist. Ich hoffe, dass das jetzt endlich geschieht.

Es ist das Thema innere Sicherheit angesprochen worden. Die Polizei arbeitet am Limit. Die Zahl der Überstunden und die Zahl der wenigen Menschen, die dort arbeiten, sind lange bekannt. Sie sind lange bekannt und auch vor dem 4. September bekannt gewesen. Spätestens nach dem 4. September muss doch jedem klar gewesen sein, dass hier Handlungsnotwendigkeiten bestehen, und dass es jetzt erst thematisiert wird, wundert uns. Auch hier hätte mehr und schneller gehandelt werden müssen.

(Beifall FDP)

Es fehlen Lehrerinnen und Lehrer, auch das ist bekannt. Nur, wenn Bremen hier im Wettbewerb um die Lehrkräfte – und die Arbeitsmärkte sind da ja leer gefegt – nicht rasch handelt, dann ist es doch kein Wunder, wenn die Lehrerinnen und Lehrer sich eine Arbeit in einem anderen Bundesland suchen. In dem Bereich sind wir eben gleichermaßen gefragt, schnell zu agieren, damit nicht nur die Stellen geschaffen, sondern auch besetzt werden, denn eine nicht besetzte Lehrerinnen- und Lehrerstelle nützt uns am Ende des Tages auch herzlich wenig. Größere Klassen sind ebenfalls kein Allheilmittel; sie helfen nicht, die Integration zu bewältigen, sondern Integration macht ja gerade die Arbeit für Lehrerinnen und Lehrer schwieriger, und da helfen dann nicht mehr Schüler, um die Situation auch bewältigen zu können.

(Beifall FDP)

Des Weiteren geht es darum, Menschen schnell und unbürokratisch in Arbeit zu bringen, da sind wir dabei, aber wie lange es denn dauert, Praktikumsmöglichkeiten beispielsweise für Ärzte und nicht medizinisches Personal zu schaffen, die dann aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des Bremischen Landesmindestlohngesetzes und des Mindestlohngesetzes des Bundes dazu führen, dass diese Personen zwar dabei sein, aber nichts anfassen dürfen, wobei sie doch gerade das neue Material und die neuen Materialien kennenlernen müssen! Sie kennen die Krankheiten, aber das neue Nahtmaterial, die neuen Spritzen

und alles das, was hier so anders ist als in ihren Herkunftsländern, müssen sie doch kennenlernen, und dann nützt ein Praktikum mit Nichtanfassen und nur Mitgehen wenig, außer für den Spracherwerb.

Insofern ist desgleichen hier der Senat gefordert, weiter dafür zu sorgen, dass einerseits der rechtliche Rahmen sich umgestaltet, damit schneller und unbürokratisch Arbeit aufgenommen werden kann, und andererseits das, was hier vor Ort getan werden kann, auch zu tun, denn nichts hilft am Ende besser bei der Integration als Arbeit und Bildung für die Menschen, die zu uns kommen.

(Beifall FDP)

Das heißt auch, dass wir eine Menge für den Spracherwerb tun müssen. Es wird viel von Schule geredet. Ja, für die Kinder und Jugendlichen müssen wir das in der Schule lösen, aber es kommen auch Menschen zu uns, die nicht mehr in die Schule gehen werden, und auch diese müssen beim Erwerb der Sprache gut unterstützt werden. Da gilt es zugleich, genügend Menschen zu finden, die das leisten können. Ich weiß, wie schwierig es ist, in diesem Sektor zurzeit Menschen zu finden, aber es lohnt alle Mühen, denn die Fehler, die da begangen wurden, indem man so etwas verweigert hat, in der irrigen und falschen Hoffnung, dass die Menschen dann vielleicht wieder gehen, darf man nicht wiederholen. Die Menschen werden bei uns bleiben und wenn nicht, werden sie besser über uns reden, wenn sie auch Deutsch können.

(Beifall FDP)

Dann lassen Sie mich noch einmal zu den beiden Anträgen kommen, die wir mit beraten! Wir sehen darin einen richtigen Schritt, ein Kompetenzzentrum zu schaffen, die Sachen zu bündeln, was die Aufnahme, die Registrierung betrifft. Deswegen werden wir den CDU-Antrag dazu unterstützen.

Die Frage, ob wir eine Flüchtlingsbeauftragte oder einen Flüchtlingsbeauftragten brauchen, sehen wir anders. Es ist eine Querschnittsaufgabe, so wie unsere Stadt und unser Land organisiert sind. Es muss koordiniert werden mit anderen, ja, das ist richtig, aber solch eine Koordinierung, so wie sie hier angelegt ist, kostet zusätzliches Geld. Was es braucht – und da kritisieren wir den Senat –, ist Führung! Das muss eben passieren, damit die Aufgaben gelöst werden und nicht solche Sachen wie mit dem Bayernzelt passieren, dass wochenlang zwischen dem Innenund dem Sozialressort nicht geredet wird und man dann feststellt, dass das Zelt aus der Sicht des Innenressorts an der falschen Stelle steht. Das muss abgestellt werden, und dafür braucht es eben Führung und Kommunikation, aber keine neuen Beauftragten, die eben ohne Kompetenz nichts nützen.

(Beifall FDP)

Es gilt also, die Herausforderung anzunehmen, Arbeit und Bildung sind die Kernpunkte, das habe ich deutlich gemacht.

Mir ist noch wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir 29 Prozent der Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte in unserer Stadt haben. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können, denn es sind Menschen, die gerade helfen können, weil sie selbst erlebt haben, wie Integration schlecht oder gut stattfinden kann.

(Glocke)

Wer mit dem Bremer Rat für Integration und anderen Personen spricht, weiß, dass es hier sehr viel Kompetenz gibt, die es zu nutzen gilt.

Ansonsten sei zur Abrundung des Ganzen gesagt, alles ist ein Konzept. Es geht darum, Menschen von der Bewältigung des Alltags zu befreien, damit es nicht beim Konzept bleibt, sondern ein Zeit- und Maßnahmenkatalog kommt. Wir brauchen vom Senat mehr Butter bei die Fische. – Danke!

(Beifall FDP)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe vorhin nicht mehr die Zeit gehabt zu sagen, wie wir denn zu den beiden Anträgen der CDU stehen.

Zur Bündelung! Ich weiß, dass einige Flächenländer das machen, dort macht es auch Sinn, glaube jedoch, dass das für Bremen und Bremerhaven wenig sinnvoll ist, denn wir haben zentrale Einrichtungen, die auch ausgebaut werden. In Blumenthal beispielsweise könnte man im Prinzip sagen, dass das dann auch schon fast so etwas wie ein Kompetenzzentrum darstellt, also eigentlich brauchen wir da keine neue Initiative.

Was ihren Flüchtlingsbeauftragten betrifft, so bin ich gerade froh, dass der Senat erklärt hat, auch in diesem Konzept, dass aus jedem Ressort eine zuständige Person bestellt wird, denn ich glaube, das hilft viel mehr weiter, die Koordinierung innerhalb des Senats mit den verschiedenen Ressorts besser hinzubekommen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Dass es hierzu Handlungsbedarf gab und gibt, ist aus meiner Sicht unbestritten. Wir haben jedoch am 17. November 2015 einen Dringlichkeitsantrag gestellt und im Grunde genommen genau das, was der Senat jetzt vorlegt, beantragt. Ich finde, wir haben das bestellt, der Senat hat geliefert, und jetzt müssen wir schauen, dass alles, was in diesem Konzept

steht, am Ende des Tages natürlich auch mit Haushaltsmitteln hinterlegt wird. Es wird die große Schwierigkeit sein, wie viel Mittel wir für welche Bereiche tatsächlich mobilisiert bekommen. Dann sage ich das ganz Entscheidende, weil ich jetzt auch nicht die große Differenz zu den Inhalten in diesem Konzept gesehen habe, und stelle die Frage: Schaffen wir das?

Zum Wohnungsbau bemerke ich nur noch einmal, dass man sicher auch die GEWOBA ins Auge fassen muss, aber es wird eine Aufgabe der gesamten Bauund Wohnungswirtschaft sein, sonst schafft man das an der Stelle nicht. Ich glaube jedoch, dass Herr Bücking das gestern auch bereits ausgeführt hat, sodass ich es jetzt nicht tun muss. Mir ist nur wichtig, dass wir im Prinzip alle gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren, um eine gelingende Integration zu erreichen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Leidreiter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Integration der Flüchtlinge ist eine sehr große gesellschaftliche Aufgabe, die wir mit hoher Wahrscheinlichkeit nur durch eine koordinierte oder zentrale Stelle bewältigen können.

Ich möchte auf meine Vorrednerin, Frau Kollegin Dogan, eingehen, die sagt, dass wir eine ähnliche Situation schon einmal bei den Gastarbeitern hatten. Sie führt an, dass die Ausbildung und die Integration in den Arbeitsmarkt das zentrale Problem oder die Aufgabe sind und lobt auch zu Recht unser duales Ausbildungssystem.

Wenn wir uns die Erhebungen der OECD anschauen, so besagen diese, dass 65 Prozent der Syrer nur eine Grundkompetenz besitzen. Das bedeutet, dass zwei Drittel der Syrer kaum lesen oder schreiben können. Das ist natürlich besonders schwer, wenn sie dann Deutsch lernen sollen, wenn man noch nicht einmal die eigene Sprache beherrscht.

Ein weiterer Unterschied zu den Gastarbeitern – –.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Ist es denn falsch, in Deutsch- land zu lernen?)

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Ist es denn dann falsch, Deutsch zu lernen?)

Nein, aber es ist ein größeres Problem, da stimmen Sie mir doch zu!

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Es ist aufwendiger, ja!)

Wesentlich aufwendiger! Also, die Situation der Gastarbeiter, die unter Umständen lesen und schreiben konnten, ist eine andere. Das ist jetzt eigentlich die Aussage gewesen, aber wenn Sie einen Moment zuhören, dann werde ich fortfahren!

Des Weiteren ist es so, dass die Gastarbeiter in den Sechziger- und Siebzigerjahren durch die Industrie und den Erhalt vieler nicht qualifizierter Arbeitsplätze relativ schnell aufgenommen werden konnten. Diese Arbeitsplätze gibt es in unserer hoch industrialisierten Welt leider nicht mehr. Das heißt, wenn zehn Prozent der Syrer Akademiker sind, ist die Frage, was wir mit den 90 Prozent, die keine Akademiker sind und eventuell noch nicht einmal lesen und schreiben können – –.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Mann, dort ist Krieg!)

Moment! Die Umfrage der OECD ist wesentlich älter, sie wurde vor dem Krieg durchgeführt. Sie müssen sich mit den Fakten auseinandersetzen!

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Da ist Krieg! – Unruhe)

Auf jeden Fall warnen wir davor, dass man blauäugig davon ausgeht, dass diese Menschen relativ leicht durch Deutschkurse zu integrieren sind. Wir müssen uns wesentlich mehr mit den Voraussetzungen in den Heimatländern beschäftigen und dürfen keinesfalls unsere Anforderungen als Maßstab nehmen. – Vielen Dank!

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Vielleicht sollten Sie das einmal machen! – Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das war jetzt nicht das Highlight des Tages!)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grönert.