Letzter Punkt! Es ist ein Dilemma dieses Themas, dass wir es wieder kurz vor Feierabend diskutieren müssen. Zu Frage 23 listet der Senat ungeheuer viele gute, tolle und richtige Maßnahmen zur Herstellung von Geschlechtergleichheit und Geschlechtergerechtigkeit an den Bremer Hochschulen auf. Keine Frage, hier ist viel in Papier, viel in Konzepte gegossen worden. Die Universität ist eine familienfreundliche Universität. Trotzdem, die Daten, die der Senat zusammengestellt hat, zeigen doch eines: Bei den Beschäftigungsverhältnissen bleiben wir mehr als weit hinter irgendeiner Annäherung an Geschlechtergerechtigkeit zurück. Die Frauenanteile an den Professuren sind immer noch so erschreckend gering –
der Satz muss noch sein! –, dass man sich wirklich eigentlich nicht mehr erklären kann, wie das sein kann. 27 Prozent Frauen unter den Professuren an der Universität, 33 Prozent – Spitzenwert! – an der HfK, 23 Prozent an der Hochschule Bremen und mickrige 17 Prozent an der Hochschule Bremerhaven, das sind durchschnittlich auf das Land bezogen 20 Prozent Frauenanteil an den gut bezahlten, unbefristeten Professuren. Dagegen im befristeten, schlechter bezahlten Mittelbau 50 Prozent Frauenanteil! Wie ich das da draußen meinen jetzt ja ehemaligen Kolleginnen erklären soll, frage ich mich wirklich. Hier ist, das wissen wir aber ja gemeinsam, reichlich Handlungsbedarf.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Keine Sorge, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben gleich Feierabend! Trotzdem möchte ich noch einige Punkte anmerken.
Ich glaube, die Debatte zeigt ganz deutlich, dass uns allen das Problem bekannt ist. Trotzdem habe ich aber gar nicht immer das Gefühl, dass es auch wirklich ernst genommen wird und der Zusammenhang zwischen guten Arbeitsbedingungen und guter Lehre für alle klar und deutlich ist. Wenn man sich den Wissenschaftsplan 2020 anschaut, dann steht darin ganz groß: Wir wollen gute Lehre, und dafür wollen wir uns einsetzen! Aber es wird nicht von guten Arbeitsbedingungen und von Entfristungen gesprochen. Wir finden, das gehört zusammen, und das muss zusammen bedacht werden.
Ja, Herr Gottschalk, Sie haben natürlich recht, die schlechten Arbeitsbedingungen, die Befristungen sind auch ein Resultat der Exzellenz. Ob wir das als Erfolg werten wollen oder nicht, sei einmal dahingestellt, ich sehe es vielleicht ein bisschen anders als Sie, aber ernsthaft: Das Problem ist, dass wir über Drittmittelprojekte ausschließlich befristete Stellen haben. Das heißt, die Finanzierung der Hochschule, die auf Drittmittel angewiesen ist, weil die Grundfinanzierung nicht ausreicht, wird auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen, denn sie haben das Problem, dass sie nur maximal drei Jahre in Drittmittelprojekten beschäftigt sind und in dieser Zeit oft neue Anträge schreiben müssen, um ihre Stelle weiterhin zu sichern. Auch dieser Faktor erzeugt einen ganz enormem Druck auf die Beschäftigten, weswegen sie auch oft nicht von unbezahlter Mehrarbeit sprechen, weil sie wissen, wenn sie diese Anträge nicht vernünftig formulieren, dann ist vielleicht ihr Job der nächsten Zeit weg! Ich finde, es ist hoch problematisch, dass wir diesen Faktor, dass die Universität jetzt so stark auf Drittmittel angewiesen ist, am Ende an denen auslassen, die am schwächsten sind.
Ich glaube, deshalb müssen wir ganz ernsthaft darüber nachdenken, wie wir trotz der Situation mit so einem großen Drittmittelanteil die Möglichkeit schaffen können, dass Menschen, die in diesen Drittmittelprojekten arbeiten, dennoch unbefristete Arbeitsverträge bekommen. Alles andere ist Wahnsinn für die Beschäftigten!
Herr Gottschalk, Sie haben auch darüber gesprochen, dass sich für viele ältere Personen die Frage stellt: Professur oder Hartz IV? Genau, ich pflichte Ihnen bei, das ist ein ganz großes Problem, und auch das zeigt,
Ich möchte noch einmal sagen, weil es vielleicht manchmal hier so anklingt, es ist nicht so, dass wir absolut ausschließlich gegen Befristungen an der Universität sind. Im Rahmen von Qualifikationsstellen macht das durchaus Sinn, aber es ist ein Unterschied, ob ich 25 bin und gerade meine Promotion fertige, oder ob ich 55 bin und seit 20 Jahren an der Universität immer wieder auf anderen Posten angestellt werde, Forschung und Lehre mache, aber Angst habe, vor der Rente noch in Hartz IV abzurutschen.
Als allerletzten Punkt möchte ich noch den Punkt ansprechen, den auch meine Kollegin Frau Müller angesprochen hat, nämlich die Situation von Frauen an den Hochschulen. Wir sind immer noch weit davon entfernt, dass Frauen in dem Arbeitsbereich der Hochschule gleichberechtigt vertreten sind wie die Männer. Wenn wir uns die Studierendenzahlen anschauen, dann sehen wir, dass es ein relativ gutes Gleichgewicht gibt. Schauen wir dann aber in den wissenschaftlichen Mittelbau, sehen wir, 37 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter sind Frauen. Schauen wir dann eine Ebene darüber zu den Professoren, dann sind es lediglich 28 Prozent. Ich glaube, hier könnten wir weiter sein, hier ist es absolut wichtig, dass wir solche Programme, wie zum Beispiel das Professorinnenprogramm, stärken und die Zahl der weiblichen Professoren deutlich erhöhen.
Dann möchte ich zum Schluss nur noch sagen: Wenn wir ernst nehmen, dass es uns wichtig ist, auch Gleichstellung an der Hochschule zu ermöglichen, dann ist es absolut wichtig, dass die Projektgelder, die für die Gleichstellung ausgeschrieben sind, auch in die ganz konkreten Projekte an den Hochschulen fließen und zum Beispiel die Stelle der Frauenbeauftragten so gestärkt wird, dass sie ihr Amt gut ausführen kann. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe Signale bekommen, dass ich mich doch bitte kurz fassen sollte. Erlauben Sie mir trotzdem, drei oder vier Punkte zu nennen, die in diesem Zusammenhang – aus meiner Sicht jedenfalls – eine große Rolle spielen!
Erstens, Befristungen zur Erlangung einer Qualifikation gehören zum Wissenschaftssystem. Es kann nicht sein, dass wir diese Stellen entfristen, weil wir damit der zukünftigen Generation oder dem Nach
folgejahrgang die Chancen nehmen, auch eine Promotionsstelle zur Erlangung einer Promotion zu besetzen.
Bezogen auf die Befristungen: Bremen hat eine Vorreiterrolle inne. Es existiert eine Vereinbarung zwischen dem Personalrat und der Leitung der Universität, dass zukünftig – es war noch zu der Zeit, als ich an der Universität tätig war – Drittmittelverträge immer an der Laufzeit des Projekts orientiert werden. Das war in der Vergangenheit einmal anders, aber zumindest seit 2012 besteht die genannte Regelung, und zwar auch im Einverständnis mit dem Personalrat.
Wir nehmen in Bremen eine Vorreiterrolle ein, wenn es darum geht, Tenure-Track-Professuren zu schaffen. Schauen Sie sich einmal um, in welchem anderen Bundesland es entsprechende Professuren gibt! Sie werden kaum andere Bundesländer finden.
Bei uns werden Juniorprofessuren nur besetzt, wenn die Möglichkeit einer Nachfolgeprofessur besteht. Das ist in Bremen einmalig, und der Bund versucht, jetzt mit seinem Professorenprogramm dieses Modell – ich will jetzt nicht sagen aufzudrücken – den Ländern nahezubringen. Wenn sie nämlich die Mittel in Anspruch nehmen wollen, dann muss in den Hochschulgesetzen eine Tenure-Option verankert sein. In den Hochschulgesetzen anderer Bundesländer ist diese Option nicht vorhanden, wir haben sie in Bremen in unserem Hochschulgesetz realisiert.
Drittmittel und Wissenschaft! Natürlich ist es schwierig, aufgrund von Drittmitteln immer wieder befristete Verträge zu schaffen. Umgekehrt sage ich aber auch, dass uns diese Mittel zur Verfügung stehen, ist das Ergebnis der großen Leistungsfähigkeit unser Wissenschaftler, und damit meine ich nicht nur die professorale Ebene. Wenn wir diese Mittel nicht einwerben würden, dann hätten wir keine Beschäftigungsmöglichkeiten.
Ich richte insofern meinen Dank an die Wissenschaftler, die sich immer wieder einer Konkurrenzsituation stellen und sich durchsetzen. Das ist für uns wichtig.
Dritter Punkt, wir haben stabile Rahmenbedingungen in unserer Wissenschaftsplanung gesetzt. Wir haben den Hochschulen die Möglichkeit gegeben, für ihre Zukunftsplanung die Stellensituation genau abzuschätzen und festzulegen, welche Stellen sie unbe
fristet und welche sie befristet besetzen wollen. Das haben wir mit dem Wissenschaftsplan geschafft. Ich habe die Hoffnung, dass dieser Wissenschaftsplan mit seinen Perspektiven im Rahmen der Haushaltsberatung für die Jahre 2016 und 2017 abgesichert wird. Das sind wir, finde ich, unseren erfolgreichen Hochschulen schuldig.
Gemeinsam mit den Personalräten, gemeinsam mit den Hochschulleitungen, den Gewerkschaften und der Arbeitnehmerkammer versuchen wir, einen Kodex für eine gute Beschäftigung im Wissenschaftsbereich zu erarbeiten. Ich habe den Eindruck – ich hoffe, dass wir zumindest im März das Ergebnis vorstellen können –, dass sich die Hochschulen, die Gewerkschaften und die Personalräte auf sehr vernünftige Konzepte verständigt haben. Es ist, und das ist das Wichtige, dann gemeinsam von den Hochschulen getragen.
Lehrbeauftragte! Natürlich stellt sich die große Zahl der Lehrbeauftragten als ein Problem dar. Es gilt, zunächst einmal die Vermittlung von guter Praxis sicherzustellen. Dafür benötigen wir unbedingt, insbesondere an den Fachhochschulen, Lehrbeauftragte, aber natürlich geht es auch um den Hochschulpakt. Wir haben verabredet, dass eine große Zahl der Studienplätze in Bremen gesichert wird.
Der Hochschulpakt gilt allerdings nur befristet, und deshalb muss die Hochschule, wenn sie das Personal nicht auf befristeten Stellen beschäftigen kann, leider – das muss man deutlich sagen – auf Lehrbeauftragte zurückgreifen. Diese Situation vor dem Hintergrund, dass viele Studienplätze vorhanden sind, zu brandmarken, finde ich gegenüber den Hochschulen nicht ganz fair.
Die Gleichstellung! Die Gleichstellung, das wissen Sie auch, ist über Jahre hinweg ein Thema. Es ist keine Ausrede zu sagen, dass wir innerhalb der Professorenstellen bundesweit im Hinblick auf den weiblichen Anteil eine führende Rolle einnehmen. Natürlich muss dieses Feld weiterhin bearbeitet werden. Immerhin haben alle Hochschulen, die sich darum beworben haben, innerhalb des Professorinnenprogramms einen Erfolg erzielt. Jetzt kommt es darauf an, dass sich Frauen auf diese Professorinnenstellen bewerben, sodass sie dann auch entsprechend besetzt werden.
Ich glaube, das räume ich ein, dass wir noch eine ganze Menge zu tun haben. Ich weise allerdings auch darauf hin, dass wir schon vieles im Sinne einer guten Kooperation zwischen den unterschiedlichen Beschäftigungsgruppen in den einzelnen Hochschulen erreicht haben. – Vielen Dank!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 19/307, Neufassung der Drucksache 19/189, auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE Kenntnis.