Protokoll der Sitzung vom 16.03.2016

Ein paar Worte zu Herrn Liess! Herr Liess, Sie haben gesagt, wir können und dürfen keine Schulden machen, wir wollen es aber eigentlich gern.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Ich war zwar gerade bei Herrn Liess, aber gern, Herr Rupp! – Ich komme gleich noch einmal auf Herrn Liess zurück.

Waren Sie nicht heute Morgen der Ansicht, Bremen hat zu wenige Polizistinnen und Polizisten und bräuchte eigentlich mehr? Sind das nicht auch Arbeitsplätze, die man sinnvollerweise schaffen kann?

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Herr Rupp, bei Polizisten ist es so, dass der Staat ein Gewaltmonopol hat. Deswegen muss der Staat dort die Arbeitsplätze schaffen.

(Beifall FDP)

Herr Liess, Sie haben gesagt, wir dürfen und können keine Schulden machen, Sie wollen aber eigentlich gern, und haben dann Integration mit Schulden gleichgesetzt. In einem Punkt haben Sie recht: Wenn man alle Sparbemühungen bisher ausgereizt hätte, dann muss man Schulden machen, um die Integration zu gewährleisten, wenn andere Hilfe vom Bund nicht kommt. Wir haben aber gerade gehört – ich hatte auch auf den Bericht des Rechnungshofes verwiesen, Herr Eckhoff hat es noch einmal ausführlicher dargestellt und einen Vergleich mit Berlin gezogen –, Bremen hat bisher nicht alle Sparbemühungen ausgeschöpft. Insofern verbietet es sich auch hier, Integration mit Schulden gleichzusetzen. Man muss zuerst die eigenen Sparbemühungen voll ausschöpfen, bevor man Schulden macht.

(Beifall FDP)

Herr Fecker, Sie haben angesprochen, dass es schwierig ist, alle Menschen in Arbeit zu bringen. Das können wir sehr wohl teilen. Je länger man damit wartet, das anzupacken, desto schwieriger wird es auch. Dass wir nicht alle Menschen am Ende in Arbeit bekommen,

ist auch selbstverständlich, denn wenn Sie sich die Definition von Vollbeschäftigung anschauen, gibt es da – ich habe mich schlau gemacht – politische und wissenschaftliche Vollbeschäftigung. Die Wissenschaftler sprechen von ungefähr zwei Prozent Arbeitslosigkeit, dann haben wir Vollbeschäftigung. Politisch ist man mittlerweile schon bei vier Prozent. Wir wären froh und glücklich, wenn wir hier in diesem Bundesland irgendwann dorthin kämen, dass wir nur vier Prozent Arbeitslose haben. Dafür müssen wir gemeinsam alles tun.

(Beifall FDP)

Letzte Bemerkung von meiner Seite zu Punkt vier: Anders, als ich es eben gesagt habe, werden wir Punkt vier des Antrages der LINKEN selbstverständlich mittragen. Ich bitte darum, das Missverständnis zu entschuldigen! Da werden wir zustimmen. – Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

(Abg. Vogt [DIE LINKE]: Ich höre Ihnen immer noch zu, Herr Eckhoff! – Abg. Eckhoff [CDU]: Ich bin ganz begeistert, Frau Vogt! – Abg. Rupp [LINKE]: Alles, was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden!)

Wenn jetzt schon „drei Minuten“ leuchtet, dann wundert es mich nicht, dass ich immer so schnell abgeklingelt werde, Herr Präsident! Da sind nur drei Minuten auf der Uhr!

(Heiterkeit – Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Das sind die zwei Minuten, die immer abgerechnet werden! Das ist Mathematik!)

Hier werden alle gleich behandelt.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade wurde noch einmal dieses schwierige Wort angesprochen, „verfassungswidrig“, ja oder nein. Herr Kollege Liess, natürlich überlegen wir uns so etwas, bevor wir das in den Mund nehmen. Wir sind aber der festen Überzeugung, und das ist in der Landesverfassung in Paragraf 131 b geregelt, der explizit sagt – ich bin kein Jurist, da muss ich noch einmal draufschauen –, dass die aus Artikel 143 d Absatz 2 Grundgesetz übernommene Konsolidierungsverpflichtung Basis unserer Landesverfassung ist. Gerade auch vor dem Hintergrund des Urteils des Staatsgerichtshofs, der gesagt hat, ihr müsst eine bestimmte Vorkehrung treffen, nämlich dieses auch entsprechend in die Landesverfassung übernehmen, kommen wir zumin

dest in der Bewertung dazu, dass wir den Haushalt, wenn er so verabschiedet wird, als verfassungswidrig einstufen.

(Beifall CDU)

Zweite Bemerkung zu dem, was Herr Liess gesagt hat: Natürlich kann man jetzt sagen, wir müssen erst einmal den Bericht des Landesrechnungshofes auswerten und uns damit beschäftigen. Die Präsidentin des Rechnungshofs hat, zumindest wenn ich das richtig nachgelesen habe, in der Vorstellung auch gar keine Summen genannt, was den Sozialabgleich betrifft, aber sie hat von einem Prozent aller Fälle gesprochen. Dann reden wir sozusagen über 200 000 Euro. Diese Summe ist genannt worden. Wir wissen aber gar nicht, ob es in einem Prozent, fünf Prozent oder zehn Prozent der Fälle zu irgendeinem Ergebnis kommen würde. Mir ist auch vollkommen klar, Herr Rupp, dass man damit nicht die Gesamtkosten sozusagen für die Flüchtlinge einspielen kann.

Ich glaube nur, dass es ganz wichtig ist, dass wir an jeder Stelle als Haushaltsnotlageland dokumentieren, dass wir alle unsere Bemühungen in diese Arbeit stecken und jeden Cent nur ausgeben, wenn wir ihn wirklich ausgeben müssen. Da müssen wir uns bei solchen Landesrechnungsprüfungsberichten besonders fragen lassen. Es sind ja zig Beispiele aufgeführt. Bei der Jacobs University – lange darüber gesprochen – gibt es offensichtlich noch nicht einmal Unterlagen in der Behörde dazu, ob die Mittel entsprechend verwandt worden sind. Ich will jetzt gar nicht alle Beispiel nennen. Wir sind an jeder Stelle gefordert, und wir haben die Aufgabe, wenn der Landesrechnungshof so etwas aufschreibt, dass wir bei jedem Punkt hinterhergehen. Zumindest ist der Eindruck, den wir aus der letzten Vorstellung gewonnen haben, dass das offensichtlich nicht überall in der bremischen Verwaltung verbreitet ist.

(Beifall CDU)

Eine weitere Frage, die man sich sicherlich auch noch einmal genau anschauen muss, ist: Wie entwickeln sich die Flüchtlingszahlen weiter? Wir sagen ganz deutlich: Wir sind für eine Integration der Menschen, die hier herkommen. Ich sage auch ganz deutlich, ich halte auch nach dem Wahlergebnis am Wochenende die Position von Bundeskanzlerin Merkel für richtig, die sie in den innerparteilichen Diskussionen deutlich äußert.

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde es deshalb auch falsch, hier den Eindruck zu erwecken, als halte der Bundesfinanzminister nur an der schwarzen Null fest und sagt: Was mit den Flüchtlingen passiert, ist mir völlig egal. – Der Bundesfinanzminister hat nämlich ganz deutlich

gesagt: Wenn es erforderlich ist, die offensichtlichen Mehreinnahmen, die wir eventuell erzielen können, für die Flüchtlingsintegration zu benutzen, dann ist er der Erste, der das unterstützt. – Das dürfen wir an der Stelle auch nicht verschweigen.

(Beifall CDU)

Daher muss man abwarten. Die Bundesregierung leistet ja schon einen Beitrag. Dass der zu gering ist, habe ich vorhin ausgeführt. Der Beitrag wird aber geleistet, und die Verhandlungen sind ja noch nicht abgeschlossen – gerade auch die zur Kommunalentlastung. Die laufen ja noch.

Man hat also im Moment auf der Agenda die Gespräche – Lösung Ministerpräsidenten –, und man hat auf der Agenda die Frage der Kommunalentlastung. Beides ist mit dem Bundesfinanzministerium ungeklärt, und wir haben eine Entwicklung bei den Flüchtlingen, die auch keiner vorhersagen kann. Angesichts zum Beispiel der Unsicherheit, was der Stabilitätsrat über den Haushalt 2016 sagt, muss auch die Frage gestattet sein, ob es richtig ist, dass wir jetzt einen Doppelhaushalt vorbereiten. Ehrlich gesagt: Mir wäre wohler, wenn wir uns jetzt mit dem Haushalt 2016 beschäftigen und die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz, die Ergebnisse zur Kommunalentlastung und vielleicht dann auch weitere Gespräche mit dem Stabilitätsrat abwarten, bevor wir uns mit dem Haushalt 2017 beschäftigen. Ich glaube, dass das unserer Situation viel angemessener wäre.

(Beifall CDU, ALFA)

Ich bin gespannt, was aus den Deputationsberatungen herauskommt. Herr Rupp, Sie haben ja viele Punkte in Ihrem Antrag stehen, und den Punkt vier werden wir auch unterstützen, um das hier noch einmal zu Protokoll zu geben. Ich glaube, dass wir so, wie es im Moment aussieht, interfraktionell mit der Sondersitzung – wahrscheinlich – am 4. Mai 2016 für die erste Lesung eine gute Lösung gefunden haben. So haben wir noch genug Zeit, die parlamentarischen Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss sicherzustellen. Insofern ist es wichtig, dass wir Punkt vier Ihres Antrags unterstützen, damit wir das dann auch in dem engen Zeitrahmen hinbekommen. Wir haben die erste Lesung jetzt quasi drei Wochen nach vorn gezogen. Der Senat war bisher fünf Wochen zu spät. Das ist also ein guter Kompromiss, den wir zwischen den Fraktionen gefunden haben.

In einem haben Sie allerdings recht. Das haben Sie hier noch gar nicht entsprechend erwähnt – das Thema Wohnungsbau. Darüber könnten wir noch lange debattieren. – Jetzt hat es für drei Minuten gar nicht geleuchtet, Herr Präsident!

(Heiterkeit)

Wir haben hier die genaue Uhrzeit. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber wir führen hier genau Buch, und Sie sind deutlich über die Redezeit hinweg. Sie waren beim ersten Mal deutlich darüber und jetzt auch. Deshalb bitte ich Sie, Ihre Rede zu Ende zu führen.

Ich werde mich kein drittes Mal zu Wort melden, Herr Präsident. Ich werde versuchen, mich zurückzuhalten.

Herr Rupp, beim Thema Wohnungsbau haben Sie völlig recht. Wir haben ja eine Gesellschaft, und die könnte viel mehr machen. Wenn wir uns anschauen, wie viele Wohnungen sie in dem Bereich fertiggestellt hat, in dem sie eigentlich tätig ist, finde ich das Ergebnis nach wie vor beschämend. Da könnten wir alle selbst noch etwas mehr Druck machen, damit zumindest das passiert. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU, ALFA)

Meine Damen und Herren, ich freue mich über eine gut gefüllte Senatsbank und gebe der Bürgermeisterin Linnert das Wort.

(Bürgermeisterin Linnert: Eine kleine Spitze, Herr Präsident?)

Ich freue mich wirklich!

(Bürgermeisterin Linnert: Ist okay, ich freue mich auch!)

(Heiterkeit)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist keine schlechte Regel – das hört sich jetzt so scharf an – oder Praxis, dass man die Haushaltsberatungen nach einer Einbringungsrede des Senats durchführt. Das ist jedenfalls die geübte Praxis. Ich habe jetzt verstanden, dass der Wunsch, über den Haushalt des Senats zu diskutieren, so unbändig ist, dass wir das jetzt auch schon ohne Einbringungsrede machen wollen. Jedenfalls habe ich mitgenommen, dass sich alle auf die Debatte nach der Einbringungsrede freuen und viele Sachen schon vorher wissen und bewerten. Das schadet vielleicht auch nichts.

Auch für Rechnungshofberichte gibt es die geübte Praxis, dass man Beratungen im Rechnungsprüfungsausschuss vornimmt und ihn erst dann hier bespricht. Aber das muss ja nicht sein. Gerade, wenn die Fakten nicht so wirklich wichtig sind, kann man das auch anders machen.

Ich will mich erst einmal auf den Antrag der LINKEN beziehen und dann noch etwas ein bisschen allgemeiner zum Haushalt sagen. Herr Rupp, ich möchte

gern damit anfangen, dass ich aus dem Koalitionsvertrag des Bundeslandes Thüringen zitiere, dessen Ministerpräsidenten DIE LINKE stellt. Da heißt es zu der von Ihnen kritisierten Schuldenbremse:

„Die in § 18 LHO verankerte Schuldenbremse ist Maßstab für eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik. Die Regelung wird in der bisherigen Form beibehalten. Übereinstimmend verfolgen die Koalitionäre das Ziel, in dieser Legislaturperiode nur Haushalte ohne Nettokreditaufnahme zu beschließen und keine neuen Schulden aufzunehmen. Die Schuldentilgung soll fortgesetzt werden, um finanzielle Spielräume zu gewinnen. Haushaltsüberschüsse werden auch für die Bildung einer Konjunkturausgleichsrücklage verwendet.“