Bei aller Debatte über Panama sollten wir das Problem der europäischen Steueroasen, das Steuerdumping innerhalb der Europäischen Union, in den Fokus nehmen. Wir brauchen nicht erst über den Atlantik zu schauen, um die Probleme der Steuervermeidung zu sehen. Es ist kein Geheimnis, dass Firmen ihren Hauptsitz nach Irland, Malta, Gibraltar, Zypern oder die Kanalinseln, Belgien oder Luxemburg verlegen, um Steuern zu sparen. Hier sehen wir Freien Demokraten das größte und wichtigste Übel. Während kleine und mittlere Unternehmen unter der hohen Steuerlast ächzen, können Großkonzerne wie Starbucks, Google, Amazon oder Ikea mühelos ihren Hauptsitz ins europäische Ausland verlagern.
(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Legale Steuervermeidung in Ihrem Sinne! – Abg. Frau Sprehe [SPD]: Jeder kann mit seinem Vermögen machen, was er will!)
Nein, nicht in unserem Sinne. Wir wollen es anpacken, dass Gewinne, die in unserem Land erwirtschaftet werden, auch hier versteuert werden.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Die einzige Möglichkeit, Steuerflucht ins Ausland zu vermeiden, sind gemeinsame internationale Standards, die dann auch durchgesetzt werden. Das muss uns allen klar sein. Die Steuergesetzgebung in Panama können
wir von hier aus nicht ändern. Ich habe auch meine Zweifel, ob die USA oder Großbritannien bei diesen einheitlichen Standards mitziehen werden. Deshalb müssen wir als Erstes auf das hinwirken, was wir beeinflussen können: die Gewinnversteuerung hier bei uns im Land. Die anderen Forderungen sind Aktionismus, deswegen werden wir alle drei Anträge ablehnen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Professor Hilz, ich hätte mir heute doch einen eigenen Antrag von Ihnen gewünscht, damit ich mitbekommen hätte, was Sie eigentlich konkret wollen.
Ich habe verstanden: Wenn Großkonzerne innerhalb der EU Gewinne von einem Land zum anderen verschieben, dann ist das nicht in Ordnung. Klammer auf: Dies teile ich ausdrücklich, weil ich der Meinung bin, das muss in den Ländern versteuert werden, in denen die Gewinne erwirtschaftet werden. Klammer zu.
Aber wenn Briefkastenfirmen zum Zwecke der Steuerhinterziehung benutzt, gegründet werden, wollen Sie dagegen antragsmäßig nicht vorgehen. Das müssen Sie jemand anderem als uns erklären. Ich zumindest habe es nicht verstanden. Ich freue mich auf zukünftige Initiativen der FDP zu diesem Thema, lieber Herr Hilz.
Weil die Debatte hier, glaube ich, über weite Teile einvernehmlich läuft, möchte ich Folgendes deutlich machen:
Sie haben es angesprochen, auch ich hatte es gesagt, nicht jede Briefkastenfirma dient automatisch der Verschleierung. Wenn aber in Panama von einer einzelnen Kanzlei 300 000 Firmen, wenn in Wilmington, Delaware, in einem einzigen Haus, wenn ich es richtig gelesen habe, 285 000 Firmen gemeldet sind, so kann ich mir – –.
Zumindest in Wilmington steht kein Hochhaus, in dem 285 000 Firmen gleichzeitig wirtschaftliche Aktivitäten entfalten, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das beschreibt doch den Spagat, vor dem wir teilweise stehen: Wir müssen uns anstren
gen – das wird nur mit Transparenz funktionieren –, schwarzen Schafen auf die Schliche zu kommen und sie zu bestrafen. Das können bei Briefkastenfirmen, Herr Rupp, in der Mehrzahl durchaus schwarze Schafe sein. Umso erforderlicher ist die Herstellung von Transparenz.
Ich will kurz auf die Abstimmung des Koalitionsantrages eingehen und auch deutlich machen: Wir möchten gern, dass über die Punkte 3, 6 und 8 getrennt abgestimmt wird. Ich will Ihnen erklären, warum, zum Beispiel anhand der Frage, was eigentlich ein Steuersparmodell und was eine unternehmerische Beteiligung ist. Wir können das gern an der Frage von Schiffsfonds erklären. Heute würde man sagen, es wäre vielleicht gut gewesen, wenn wir nicht ganz so viel verkauft und finanziert hätten; aber sie sind in den letzten Jahren von Bremen aus intensiv – nicht vom Land Bremen, aber aus Bremen heraus, von führenden Banken dieser Stadt – finanziert und vertrieben worden. War das jetzt ein Steuersparmodell für Reichere, oder war es eine unternehmerische Beteiligung an einem Schiff? War das legal, war es illegal? Es geschah auf jeden Fall auf Basis des herrschenden Rechtes und war insofern legal. Auch dort war immer eine Ein-Schiff-Gesellschaft involviert, die in aller Regel ihren Sitz woanders hatte, ein Betreiber, der häufig offshore-mäßig unterwegs war.
Allein dieses kleine Beispiel, von dem wir in Bremen komplex betroffen sind, zeigt, wie kompliziert die Materie ist. Wir glauben, dass die Punkte 3, 6 und 8 Ihres Antrages zu weit gehen, insbesondere auch, dass Sie Banken zum Beispiel sämtliche Geschäftsbeziehungen zu bestimmten Staaten verbieten wollen. Ich weiß gar nicht, wie das bei Amerika funktionieren soll, denn eine Bank dürfte dann zwar in Wilmington, Delaware, nicht sein, aber 30 Kilometer weiter in Philadelphia schon. Wie das funktionieren soll, konnten wir, zumindest seit Montag, so schnell nicht ausarbeiten und werden diese Punkte ablehnen, aber den restlichen zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich würde gern auf zwei Vorredner eingehen. Herr Hilz, Ihrem Beitrag habe ich entnommen: Sie kritisieren unseren Aktionismus, gleichzeitig stellen Sie hier vor, dass in Ihren Augen alle Bemühungen der OECD, endlich weltweit ein Transparenzsystem zu schaffen, gegen Menschenrechte verstoßen, nämlich auf das Recht auf Verschweigen von Vermögen. Sie
und möchten in diesem Bereich offensichtlich denen helfen, die bislang 7 Billionen Euro regulär vor ihren eigenen Heimatstaaten verstecken. Das finde ich bemerkenswert.
Zu Herrn Eckhoff: Unser Antrag enthält den Punkt, Banken bestimmte Geschäfte zu untersagen. Ja. An allen größeren Steuerhinterziehungsskandalen sind Banken beteiligt, auch bei den Panama-Papieren ist ausgerechnet die Commerzbank, die mit staatlichen Geldern gerettet werden musste, über ihre Niederlassung in Luxemburg massiv an der Herbeiführung solcher Briefkastenfirmen beteiligt. Das finde ich haarsträubend. Wir haben genau diese Erfahrungen in anderen Bereichen, wo es darum ging, Gelder in die Schweiz oder andere Steuerparadiese zu bringen. Wenn es um wirkliche Steuerhinterziehung geht, hat das Strafmaß bislang offensichtlich nicht richtig gegriffen und muss dort ansetzen, wo es wirklich greift, nämlich ganz oben: an der Unternehmensspitze.
Bei der überführten Beteiligung an Steuerhinterziehung muss zwingend die Unternehmensspitze abberufen werden. Ich glaube, das wird helfen.
Im zweiten Punkt geht es auch darum, dass die Bundesaufsicht alle Dinge – nicht nur die Geschäfte rund um Mossack Fonseca – untersucht und dem Bundestag darüber berichtet. Ich denke, darin sind wir uns einig.
Der dritte Punkt, Herr Eckhoff: Wir haben zunächst von Geschäften mit Ländern, die auf der schwarzen Liste stehen, gesprochen. Wenn irgendwo Firmen gegründet werden sollen, auch legal in Steuerparadiesen, so wie hier bei den Schiffssachen, kann man das in Steuerparadiesen tun, die sich am internationalen Transparenzaustausch beteiligen. Ich sehe nicht, warum sie das in Panama machen wollen. Das haben auch Sie nicht begründen können. Auch Herr Hilz konnte nicht begründen, warum irgendeine Briefkastenfirma, die Sinn machen kann, nicht den Transparenzgeboten unterliegen soll, die anderenorts möglich sind. Wir halten es auf jeden Fall für gerechtfertigt, dass Geschäftsbeziehungen mit solchen Finanzunternehmen in Ländern, die auf der schwarzen Liste stehen, die einvernehmlich im europäischen Rahmen festgelegt wird, untersagt werden.
Unser zweiter Punkt ist die Beteiligung von Banken an der Konzeption und wissentlichen Begünstigung von Steuersparmodellen. Klar, wir alle haben zunächst die aggressiven Steuerbeteiligungs- und -verlagerungskonstrukte im Auge, die uns allen ein Ärgernis sind, wo aggressiv daran gearbeitet wird, Löcher in internationalen Steuerabkommen zu nutzen und Gelder zu verlagern. Niemand von Ihnen – es sei denn, es stellt sich jemand hin und sagt, er begrüßt das – befindet das legale Steuermodell von Apple, Starbucks, Ikea oder dergleichen für gut.
Wir brauchen hier in Deutschland keine Banken, die sich an der Konstruktion solcher Steuersparmodelle beteiligen. Schauen Sie sich die originären Aufgaben von Banken an: Zahlungsverkehr, Einsammlung von Kapitalien und deren Bündelung, Verausgabung in Krediten, Finanzierung. Zu den originären Aufgaben von Banken gehört nicht die Beteiligung an der Konstruktion von Steuersparmodellen.
Ist jemand von Ihnen der Meinung, es sei gut bei Eigentumsfinanzierung und kein Steuersparmodell, wenn irgendwo die Abschreibung von Immobilien abgesetzt werden kann? Was wir an Steuersparmodellen hatten, die Banken vertrieben haben, waren Schrottimmobilien, Herr Eckhoff. Das war ein Steuersparmodell, das von Banken finanziert wurde. Wir hatten ein Steuersparmodell, bei dem Banken massenhaft die Finanzierung von Immobilien mit Lebensversicherungen empfohlen haben. Milliardenschaden! Schauen Sie sich die Schiffstonnagen und Opfer in diesem Bereich an! Wir bleiben dabei: Lassen Sie uns das grundsätzlich angehen. Banken haben mit der Beratung bei Steuersparmodellen nichts zu tun.
Ein letzter Punkt: Ich danke dem Bundesfinanzminister oder auf jeden Fall dem Ressort dafür, dass sie einen Vorschlag eingebracht haben, der einiges entfalten wird, nämlich eine Änderung der Verjährungsregel in dem Sinne, dass die Verjährungsfrist erst beginnt, wenn die Steuerpflichtigen ihrer Mitteilungspflicht aufgrund bestehender oder neuer Verpflichtungen nachgekommen sind. Dies würde tatsächlich jedes Verjährungsloch in diesem Bereich stopfen und bewirken, was jetzt auch die Veröffentlichung geschafft hat: eine nachhaltige Verunsicherung, ein nachhaltiger Druck, sich endlich zu offenbaren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir einen letzten Satz: Der Kollege Röwekamp hat gestern darauf hingewiesen, mit welcher Härte des Gesetzes Hartz-IV-Bezieher verfolgt werden, wenn sie 50 oder 80 Euro verschweigen. Ich bitte Sie, ich bitte euch, lassen Sie uns dafür sorgen, dass diese Härte all jene trifft, die im wirklich großen Stil Geld und Steuern hinterziehen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hilz, ich wollte darauf aufmerksam machen, dass die Besteuerung von Gewinnen in dem Land, in dem sie erwirtschaftet werden, uns in vielen Fragen nicht weiterbringt, weil das Modell von Amazon und anderen gerade darin besteht, hier in Deutschland keine Gewinne zu machen, sondern durch Lizenzverträge, überhöhte Kosten, Patentkosten und sonstige Tricks mögliche Gewinne in ein anderes Land zu transferieren, in dem die Steuern deutlich geringer oder gar nicht vorhanden sind. Das ist das Wesen dieses sogenannten legalen Steuersparmodells, und dabei kommt man nicht weiter, indem man sagt: Gewinne müssen da versteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden.
Man kommt weiter, wenn man nicht nur Gewinne betrachtet, sondern auch die internationalen Geldströme und Konstruktionen wie die, dass eine Briefkastenfirma einer anderen Firma überhöhte Kosten für eine Lizenz, derer sie in Wirklichkeit gar nicht bedarf, überstülpt und somit hier die Gewinne reduziert. Solche Konstruktionen müssen unter die Lupe genommen werden und wir brauchen rechtliche Konstruktionen, die solche – in Anführungsstrichen – legalen Steuerverschiebungen vermeiden. Sonst wird man diesem Problem nicht Herr. Das ist ungefähr so, wie wenn Sie erkennen, dass 50 Kilometer pro Stunde in einem Stadtteil zu vielen Unfällen führen. Was machen Sie dann? Dann sagen Sie auch nicht, wir müssen das hinnehmen, sondern Sie sagen, wir müssen auf 30 Kilometer pro Stunde heruntergehen. Eine ähnliche Situation haben wir jetzt. Was heute noch legal ist, um Steuern zu hinterziehen, vermeiden und verschieben, darf morgen nicht mehr legal sein. Die Banken und Anwaltskanzleien, die es betreiben und sich an so etwas beteiligen, gehören bestraft. Das ist unsere feste Überzeugung.
Wir wollen die Abgeltungsteuer abschaffen, ja. Das heißt nicht, dass das, was da besteuert wird, nicht mehr besteuert wird, sondern es wird mit dem nor
malen Einkommensteuerprozentsatz besteuert. Für die Abgeltungsteuer sind es 25 Prozent. Wenn es so wäre, würde ich mir wünschen, dass mein gesamtes Einkommen mit 25 Prozent versteuert wird. Wird es nicht! Unser Spitzensteuersatz liegt immer noch bei 43 oder 44 Prozent. Einkünfte aus Vermögen, die bislang mit 25 Prozent besteuert werden, gehören so versteuert wie andere Einkünfte auch. Das wäre ein guter Beitrag, um eine bestimmte Form von Steuerminderung zu bekämpfen.