Ich fände es gut, wenn wir bei dieser Diskussion, die wir sowieso schon in unseren Gremien führen, zu einer Entscheidung kommen, dass wir die DGE-Standards durchaus erweitern und darüber hinaus festlegen, dass Fleisch aus artgerechter Produktion zum Normalfall – ich sage ausdrücklich „zum Normalfall“, weil mir, Herr Imhoff, durchaus klar ist, dass es nicht immer umzusetzen ist – an Bremer Schulen wird.
Ein Punkt ist uns wichtig und kommt leider in der Diskussion immer zu kurz, nämlich dass die DGEStandards – das muss ich hier einfach einmal erwähnen – leider keine Mindeststandards in Bezug auf faire
Arbeitsbedingungen bei der Produktion von Lebensmitteln festlegen. Es ist uns als LINKE nicht egal, ob bei der Produktion faire Löhne gezahlt werden. Es ist uns auch nicht egal, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Arbeiterinnen und Arbeiter ungesunde Arbeitsbedingungen haben oder nicht. Es ist uns auch nicht egal, ob es auf Obst- und Gemüseplantagen, die nicht den EU-Standards entsprechen, Kinderarbeit gibt oder Jugendliche zur Arbeit eingesetzt werden.
Ich finde, dass die DGE-Standards, so sinnvoll sie erst einmal als Einstieg sind, zu kurz greifen. Sie müssten eigentlich auch überarbeitet werden. Das ist jetzt nicht unser Bereich, das gebe ich zu. Vielleicht wäre es auch gut, wenn wir als Land oder als Verantwortliche in Politik eine Art Selbstverpflichtung zum Einsatz von fair produzierten Lebensmitteln in Schulkantinen erstellen könnten. Das ist aber an dieser Stelle Zukunftsmusik. Ich würde das hier jetzt nur einmal anregen.
Wir finden aber einen weiteren Aspekt des Antrags wichtig. Das ist nämlich die Frage, ob die Diskussion um richtige Ernährung und auch der Herkunft von Lebensmitteln und der Produktion Teil des Unterrichts werden sollen. Das finden wir durchaus begrüßenswert. Wir wissen, dass es nicht mehr üblich ist, dass Kinder und Jugendliche von Haus aus einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln lernen. Wir wissen auch, dass die Zeiten, in denen man die Oma im Bremer Umland dort wohnte, wo noch ein Huhn und ein Schwein auf dem Hof standen, auch nicht mehr für alle gelten. Es ist total wichtig, dass Schule Kinder und Jugendliche in die Lage versetzt, kritisch zu überlegen, wie und unter welchen Bedingungen Lebensmittel hergestellt werden.
Deshalb finden wir diesen Antrag absolut unterstützenswert. Kurz: Gutes Schulessen, das sowohl gesund ist als auch fair und nachhaltig produziert wird, ist natürlich nicht ganz billig. Das ist uns auch klar.
Ich komme dann zum Schluss! – Es wird daher wahrscheinlich nicht ausreichen, nur über Synergieeffekte beim Einkauf zu reden und so die Kosten zu senken. Das unterstützen wir natürlich auch. Wir müssen, das sieht der Antrag auch vor, ein Monitoring der Preise im Rahmen der Deputation für Kinder und Bildung noch einmal ausführlicher beraten, auch, wie wir damit umgehen, dass Menschen in die Lage versetzt werden, sich ein qualitativ gutes, fair und nachhaltig
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Vogt, wie Sie die DGE-Standards mit dem Bürgerantrag und artgerechte Vielfalt in einen Zusammenhang bringen, das ist schon mutig, allerdings fachlich vollkommen falsch. Das macht aber nichts. Das kennen wir.
Dass Ernährung ein wichtiger Baustein in der Entwicklung unserer Kinder ist, wissen wir schon lange. Gute Ernährung hält fit, beugt Krankheiten vor und erhöht die Leistungsfähigkeit. Qualitativ hochwertiges Essen, das gut schmeckt, ist eine wunderbare Grundlage für unser Leben. Leider ist gutes Essen in unserem Schulalltag jedoch keine Selbstverständlichkeit. An Schulen wird eigentlich alles geregelt, jedoch ausgerechnet das Essen wird manchmal oder häufig, je nachdem, von welcher Seite man es sieht, dem Zufall überlassen. Wir begrüßen das verstärkte Engagement unseres Bundesministers für Ernährung, Christian Schmidt, der die DGE-Standards flächendeckend an deutschen Schulen und in Kitas einführen will.
Vor diesem Hintergrund stimmen wir hier in Bremen auch dem vorliegenden Antrag heute zu. Dabei könnte der Antrag sogar noch weitergehen. Unserer Ansicht nach sollte das Thema Ernährung viel stärker in den Lehrplänen verankert werden,
denn in der Schule kann den Kindern das so wichtige Wissen über den richtigen Umgang mit Lebensmitteln vermittelt werden. Leider muss es die Schule machen, weil es in den Familien häufig nicht mehr vorkommt. Ernährungsbildung und die Kindheit haben entscheidenden Einfluss auf das Ernährungsverhalten späteren Leben und damit auch auf die Gesundheit und die Vitalität. Dazu gehört für mich auch die Vermittlung von Wissen über ausgewogene Ernährung und über die Zubereitung von Lebensmitteln. Besuche auf Wochenmärkten, Ausflüge auf Bauernhöfe, Besichtigungen von lebensmittelverarbeitenden Betrieben und Kochunterricht müssen selbst verständliche Teile des Bildungsangebots von Kindergärten und Schulen werden. Herr Saffe, Sie haben heute das dritte Mal
in einer Debatte wiederholt, dass Sie das toll finden. Ich frage mich, wenn Sie das alles so toll finden und in der Regierung sind, warum Sie das nicht einfach machen. Finden Sie es bitte einfach nicht immer nur toll, sondern machen Sie es auch einmal!
Immer wieder erlebe ich, dass Kinder gar keinen Bezug mehr zu Lebensmitteln haben. Wir haben häufiger bei uns auf dem Hof Kindergruppen zu Besuch. Die wissen gar nicht mehr, was da los ist. Da sitzt einer auf dem Sandhaufen und fragt mich, ob er jetzt in Kuhdung sitzt. Der Bezug fehlt einfach vollkommen.
Die Schere zwischen dem Erzeuger und dem Verbraucher klafft immer weiter auseinander. Deswegen müssen wir dieses Wissen mithilfe der Schule einfach wieder vermitteln. Deswegen wollen wir die Kinder auch dafür begeistern.
Idealerweise ergänzen sich Familie und Schule darin, die Lust auf ein gesundes Essen zu wecken und zu fördern. Leider funktioniert das, wie eben schon von mir erläutert, nicht in allen Familien. Nicht immer bekommen Kinder das notwendige Wissen von ihren Eltern vermittelt. Das Wissen geht leider auch verloren. Ich finde es sehr schade, dass Eltern oftmals gar nicht mehr die Zeit haben, ihrer Familie und den Kindern zu vermitteln, wie gekocht wird und was gekocht wird. Das ist eines der Hauptprobleme. Es ist nach unserer Ansicht äußerst bedenklich, dass der Trend immer mehr zu Fertigprodukten und Fast Food geht.
Hier ist die Schule gefragt, eben weil es in der Familie nicht klappt, und muss deswegen mit gutem Beispiel vorangehen. Schulverpflegung kann und muss einen Beitrag zu einer ausgewogenen Ernährung leisten. Schon früh müssen Kinder den Wert und die Vielfalt unserer Lebensmittel kennen- und schätzen lernen.
Deswegen unterstützen wir heute den Antrag. Vielleicht noch ein Wort zu den Ausführungen von Herrn Saffe, der sagte, dass wir den Fleischkonsum reduzieren müssen!
Sie haben es hier schon so oft gesagt, deswegen kann ich es heute noch einmal richtigstellen. Der Fleisch
konsum ist nicht mehr geworden. Der Fleischkonsum ist anders geworden. Früher hat man anderes Fleisch gegessen. Früher hat es fünfmal in der Woche Suppe gegeben. In der Suppe war aber immer Fleisch enthalten. Es gab Speck mit dazu, es sind sogar die „ollen Putschen“ von den Schweinen mit hineingeworfen worden. Es war immer Fleisch dabei. Es ist nur anders gegessen worden. Heute essen unvernünftige Leute viermal in der Woche Schnitzel. Das ist unvernünftig. Es ist keine Frage. Es wird anders Fleisch gegessen und nicht weniger oder mehr.
Ich hoffe, dass es Ihnen dann noch einigermaßen bekommt und Sie hier noch ein bisschen sitzen können. – Vielen Dank!
(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Hören wir jetzt etwas zu Insekten? – Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Zur historischen Einordnung des Essens! – Heiterkeit)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich soll das gerade historisch einordnen, bat der Kollege Fecker.
Ich habe das als Bitte empfunden. Deshalb möchte ich einen historischen Satz vorwegstellen, der vielleicht noch etwas Licht auf die heutige Debatte wirft. Wir haben die Kolleginnen und Kollegen jetzt sehr viel über Fleisch sagen hören. Der folgende Satz wirft ein gutes Licht darauf. Der Grund, warum in Deutschland Studierendenwerke geschaffen wurden, war, Mensen zu betreiben. Der Grund, warum Mensen betrieben werden sollten, war eine sozialpolitische Maßnahme, es nämlich jeder Studentin und jedem Studenten im damaligen Deutschen Reich zu ermöglichen, einmal
pro Woche ein warmes Stück Fleisch auf den Teller zu bekommen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, war der Grund, warum man das Mensawesen in Deutschland überhaupt geschaffen hat.