Protokoll der Sitzung vom 16.06.2016

Bitte, Herr Staatsrat!

Nein, die Frage, ob sich die Jugendlichen weiter im Jugendhilfesystem befinden, richtet sich ausschließlich daran aus, ob ein weiterer Hilfebedarf vorhanden ist.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Verstehe ich es richtig, dass dann alle Flüchtlinge, die im Jugendhilfesystem blei

ben und für die kein Asylantrag gestellt wurde, vorher nur aus jugendhilferechtlichen Gründen im System bleiben?

Bitte, Herr Staatsrat!

Das ist die Rechtsgrundlage, um Leute weiter im Jugendhilfesystem zu behalten.

Eine weitere Zusatzfrage hat der Kollege Hinners. – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, unabhängig davon, ob ein Asylantrag vorliegt oder nicht, welches Prozedere findet bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern statt, wenn sie volljährig werden? Welche Prüfungen führen Sie durch? Welche Rechtsgrundlagen müssen Sie beachten?

Bitte, Herr Staatsrat!

Im Jugendhilfesystem ist zu klären, ein weiterer Hilfebedarf benötigt wird. Wird ein weiterer Hilfebedarf festgestellt, erfolgt weiterhin eine Betreuung im Jugendhilfesystem mit dem Ziel, eine möglichst baldige Verselbstständigung und Beendigung des Jugendhilfebedarfs zu erreichen.

Wird kein weiterer Jugendhilfebedarf festgestellt, muss der Jugendliche die Jugendhilfeeinrichtung verlassen. Er wechselt dann in das Erwachsenensystem. An den Schnittstellen arbeiten wir noch, um sie zu verbessern.

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Hinners? – Bitte sehr!

Was funktioniert denn nicht so richtig, Herr Staatsrat?

Bitte, Herr Staatsrat!

Einen angemessene Wohnort beziehungsweise einen angemessen Platz für den Jugendlichen zu finden, ist im Einzelfall nicht einfach. Bei der großen Anzahl Jugendlicher, die jetzt volljährig werden oder volljährig sind und dann aus dem Jugendhilfesystem ausscheiden, ist es nicht sinnvoll, immer Einzelfalllösungen zu finden, sondern generelle Regeln zu formulieren.

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Hinners? – Bitte sehr!

Bis wann glauben Sie denn, dass Sie diese Regeln, von denen Sie jetzt sagen, dass sie noch überarbeitungswürdig sind, so weit geformt sind, dass Sie uns das mitteilen können?

Bitte, Herr Staatsrat!

Wir können sicher im Laufe des dritten Quartals in der Deputation darüber berichten.

Der Abgeordnete Schäfer hat eine weitere Zusatzfrage. – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, habe ich Sie richtig verstanden, dass bei der Ermessensfrage, ob ein Asylantrag gestellt wird oder nicht, die Frage eine Rolle spielt, ob dieser Aussicht auf Erfolg hat?

Die Frage ist, ob er im Interesse des Jugendlichen ist. Das ist die maßgebliche Frage, die sich dem Vormund stellt. Bei dem Versuch, herauszufinden, ob es im Interesse des Jugendlichen ist, ist natürlich die Frage, ob das die sinnvollste Art und Weise der Klärung einer Aufenthaltsperspektive ist, eines von mehreren Kriterien.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Dann ist doch die Frage, ob diese Entscheidung bei dem Vormund an der richtigen Stelle aufgehoben ist, denn das Interesse des Vormundes ist es ja, das Beste für das Kind oder für den Jugendlichen herauszuholen, das heißt also, dafür zu sorgen, dass er in Deutschland bleiben kann. Für den Fall, dass ein Asylantrag nicht Erfolg versprechend ist, wird er eben nicht gestellt. Wäre es aber nicht im Sinne unseres Systems sinnvoll, wenn wir sagen, dass der Vormund ein Teil des Systems ist, tatsächlich zu einer Klärung zu kommen, ob ein Asylgrund vorliegt oder nicht, aber nicht praktisch ein Asylverfahren automatisch zu eröffnen?

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich glaube, wir haben schon eine klare Rollenteilung – und deswegen sind Vormünder ja auch nicht weisungsgebunden, sondern unterliegen der Kontrolle des Familiengerichts –, einerseits die Geschäftsfähigkeit des Jugendlichen herzustellen und dessen Interessen zu vertreten, andererseits eine davon unabhängige Organisationseinheit, das BAMF, das über die Asylgründe entscheidet! Bei einem erwachsenen Flüchtling ist es ja auch so, dass er selbst entscheidet, ob er einen Asylantrag stellt oder zum Ausländeramt geht und dort um eine Duldung nachsucht. Auch das ist eine individuelle Entscheidung, und das gleiche Recht haben auch Jugendliche.

Herr Abgeordneter, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Aber ist es nicht so, dass bei Jugendlichen über die Tatsache, dass eben bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie nicht mehr unter den Jugendschutz fallen, einige Jahre vergehen, einfach über die

Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland eine Art Bleiberecht entsteht und damit im Prinzip der Sinn des Asylverfahrens, nämlich zwischen Leuten zu unterscheiden, die einen berechtigten Grund haben zu kommen, und Leuten, die keinen Grund haben, unterminiert wird?

(Abg. Frau Sprehe [SPD]: Frage!)

Was war Ihre Frage dabei?

Ob das so ist! Ist es nicht so, dass das Asylverfahren eigentlich klären soll, ob die Leute einen Grund haben, hier zu bleiben oder nicht, oder ist es so, dass das Asylverfahren eigentlich nur ein Vehikel dafür ist, dass die Leute hier bleiben wollen? Besteht nicht zwischen den Jugendlichen und den Erwachsenen dadurch ein Unterschied, dass bei den Jugendlichen praktisch zwangsläufig ein Aufenthaltstitel über die Aufenthaltsdauer in Deutschland entsteht?

Das würde unterstellen, dass die einzige Möglichkeit, legal einen Aufenthaltstitel in Deutschland zu erreichen, das Asylrecht ist. Es bestehen auch andere Möglichkeiten, einen Aufenthaltstitel zu erreichen. Sie gegeneinander im Hinblick auf ihre Legitimität zu gewichten, das steht mir nicht zu.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Leonidakis. – Bitte!

Herr Staatsrat, es ist ja entgegen der Darstellung des ALFA-Abgeordneten nicht so, dass Asylanträge pauschal gestellt werden, sondern im Einzelfall geprüft wird. Genau das ist die Aufgabe, die Einzelfälle zu prüfen und im Sinne des Kindeswohls zu handeln, wie es sich auch aus der UN-Kinderrechtskonvention ergibt, dass jedes staatliche Organ, jede Behörde im Sinne des Kindeswohls handeln muss. Können Sie das bestätigen?

Ja!

(Heiterkeit SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Zu Beginn Ihrer Ausführungen haben Sie die Zahlen genannt. Sie haben gesagt, dass im Jahr 2016, wenn ich mir das richtig notiert habe, 23 Asylanträge gestellt worden sind. Erinnere ich das richtig?

Ja!

165 plus 23!

(Zurufe SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Tschöpe [SPD]: Ist das Gehirnjogging?)

Bitte, Frau Kollegin!

Das heißt, dass es sich, wenn man die Zahlen zusammenrechnet, genau um die 188 Asylanträge handelt, über die wir schon einmal gesprochen haben, nämlich die pauschal gestellten Asylanträge?

Das ist nicht korrekt. Es ist aber, glaube ich, sinnvoller, die Zahlen noch einmal in der Deputation aufzuschlüsseln. Wir haben für die nächste Sitzung sowieso die Absicht, einen umfangreichen Bericht über den Umgang mit UMA vorzulegen. Wir werden diesen Aspekt in dem Zusammenhang noch einmal gern vertieft aufgreifen.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Man kann also davon ausgehen, dass die jetzt genannten Zahlen der Asylantragstellungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zusätzlich zu den 188 Anträgen, die pauschal gestellt worden sind, zu begreifen sind?

Auch das ist nicht korrekt.

Eines von beiden muss es ja sein, entweder es sind sie, oder es sind sie nicht, und dann kommen die dazu!

Das würde voraussetzen, dass die pauschal gestellten Anträge alle beim Bundesamt vollständig als Anträge anerkannt worden sind. Teilweise sind sie wegen Formfehlern nicht bearbeitet oder nicht als Anträge anerkannt worden, daher können Sie die Zahlen also nicht einfach komplett aufsummieren. Deswegen ist das ein Tatbestand, über den ich gern noch einmal in einer Form, in der man dialogischer agieren kann als hier im Plenarsaal, bereit bin, Auskunft zu geben.