Protokoll der Sitzung vom 24.08.2016

Womit wir ein Problem haben, ist das, was Herr Fecker gesagt hat, die Registrierkassenpflicht für jeden. Wir können uns gern über eine Bagatellgrenze unterhalten. Eine Grenze von 17 500 Euro Umsatz ist extrem niedrig. Daher können wir diese Grenze nicht mittragen. Jede Bude auf dem Freimarkt macht in den zwei Wochen mehr als 17 500 Euro Umsatz. Hier sind wir in einem Bereich, der von Ihrer Seite extrem niedrig angesetzt ist, den wir nicht mittragen können.

Wir sind auch der Überzeugung, dass allein die Regis trierkassenpflicht Steuerbetrug in der beschriebenen Dimension nicht beseitigen kann. Stellen Sie sich vor, wie es auf dem Schnoorviertelfest in Bremen oder dem SeeStadtFest in Bremerhaven zugeht. Da ist es an den Bierbuden voll, und kaum jemand wird immer den Bon ausdrucken und ihn mit dem Bier dem Besucher in die Hand drücken. Das wäre einfach unpraktikabel. Damit entsteht aber automatisch eine Möglichkeit, Steuern zu hinterziehen. Deswegen ist es nötig, im Bereich der Betriebsprüfungen und der Prüfungen der Warenströme besser zu werden und nachzusetzen.

Ich fasse zusammen. Wir tragen die Forderung, die Manipulationssicherheit der Kassen herzustellen, mit. Da die Koalitionsfraktionen auch die Registrierkas senpflicht mit einer nur minimalen Bagatellgrenze fordern, können wir Ihrem Antrag leider nicht zu stimmen. – Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich bei dem Kollegen Ravens für die Einführung herzlich bedanken. Der eine oder andere weiß, dass ich ein paar Beteiligungen im Gastronomiebereich halte. Ich kannte aber viele der Begriffe, die Sie vorgestellt haben, nicht. Ich hoffe, meine Geschäftsführer und Mitarbeiter kennen sie auch nicht.

Um es deutlich zu sagen: Alle ordentlichen Einzelhan delsbetriebe, alle ordentlichen Gastronomiebetriebe,

alle ordentlichen Tankstellen haben Interesse daran, dass die Kassen angeschafft werden können, die Ma nipulationen nicht unterzogen werden können; denn Leute, die manipulieren, betrügen nicht nur bei den Steuern, sondern sie betrügen auch die Mitbewerber in dem Leistungsumfeld. Entsprechenden Versuchen muss ein deutlicher Riegel vorgeschoben werden.

(Beifall CDU)

Wir beantragen, wie schon Kollege Dr. Hilz, dass über die Punkte 1 und 2 des Antrags getrennt ab gestimmt wird.

(Vizepräsident Imhoff übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir unterstützen die Initiative der Bundesregierung – vorausgegangen waren auch diverse Beratungen der Länderfinanzminister –, deutliche technische Verbesserungen der Registrierkassen vorzunehmen. Ich will auch deutlich sagen, dass es richtig ist, Adhoc-Kontrollmöglichkeiten zu schaffen, um es den Finanzämtern zu erleichtern, Steuerhinterziehung auch in diesem Bereich zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund hat auch Herr Ravens seine Argumen tation eingeführt.

Herr Ravens, was ich in diesem Zusammenhang allerdings völlig abstrus finde, ist, dass Sie unter Bezugnahme auf Postleitzahlen dem Bundesfinanz minister vorwerfen, er nehme insoweit andere Inter essen wahr und orientiere sich nicht an dem Ziel der Steuerehrlichkeit. Lieber Herr Ravens, das, was Sie mit Ihren diesbezüglichen Ausführungen gemacht haben, finde ich in höchstem Maße zweideutig und niederträchtig.

(Beifall CDU)

Ich will das auch begründen. Sie sehen es in der entsprechenden Vorlage des Bundesfinanzminis ters. Die Anschaffungspflicht manipulationssicherer Registrierkassen – damit sind wir beim zweiten Ab schnitt – führt zu erheblichen Mehrkosten, nämlich mit 100 Millionen Euro. Auch für die Nachrüstung bestehender Kassensysteme fallen Kosten an. Herr Professor Dr. Hilz hat Recht, wenn er darauf verweist, dass eine Bagatellgrenze von 17 500 Euro im Jahr viel zu niedrig wäre. Wir müssen bedenken, dass die Anschaffungskosten für ein manipulationssiche res Kassensystem in der Regel mindestens 10 000 Euro betragen. Wenn nur 17 500 Euro Umsatz im Jahr gemacht werden, wäre die Forderung, sich ein solches Kassensystem anzuschaffen, ohne Sinn und Verstand. Wir müssen uns also über die Höhe der Bagatellgrenze unterhalten.

Wir müssen uns natürlich auch darüber unterhalten, ob es wirklich in jedem Bereich Sinn hat, von den sogenannten offenen Ladenkassen wegzukommen. Ich bin sehr gespannt, wie Sie, Herr Tschöpe, die Position

der SPD beim nächsten Freimarkt-Stammtisch, zu dem Sie sicherlich wieder einladen werden, verteidigen wollen. Natürlich gibt es auch dort Großbetriebe, und es ist wichtig, dass bei diesen die offene Ladenkasse abgeschafft wird. Aber über die Umsatzhöhe pro Jahr muss noch einmal nachgedacht werden.

Aus den genannten Gründen werden wir uns dem Punkt 1 des Antrags anschließen. Den Punkt 2 werden wir ablehnen, weil wir uns andere Bagatellgrenzen vorstellen. – Ich bedanke herzlich für die Aufmerk samkeit!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ravens hat mir auf seine Weise noch einmal klargemacht, dass es nicht darum geht, einen kleinen Krauter zu verdonnern, ein teures Kassensystem anzuschaffen. Das Problem ist, dass es Betriebe gibt, die Steuern systematisch und in einer solchen Größenordnung hinterziehen, dass nicht von Bagatelldelikten ge sprochen werden kann. Ob die Schätzung von 10 Milliarden Euro an hinterzogenen Steuern stimmt oder nicht, sei dahingestellt. Selbst wenn es „nur“ 5 Milliarden Euro wären, wäre es zu viel. Das sind Größenordnungen, die man nicht tolerieren sollte, nicht tolerieren darf.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Was ich in diesem Zusammenhang besonders schwie rig finde, ist – ich gebe zu, das war mir vorher nicht klar –, dass es Hersteller von Kassensystemen gibt, die die Anleitung zum Betrug beziehungsweise die Eröffnung der Möglichkeit dazu gleich mit ausliefern und dies sozusagen als Verkaufsargument nutzen. Das ist eine Form der Förderung von Steuerhinter ziehung, von der mir nicht klar war, dass es sie gibt.

Ich bin ein Stück weit ratlos, an welcher Stelle man eingreifen kann. Ein Verbot wird nichts nützen; denn die Leute wissen wahrscheinlich, dass das, was sie machen, nur halb oder gar nicht legal ist, und sie ma chen es trotzdem. Die Frage ist, wie man Hersteller, die auf die beschriebene Weise über Jahre hinweg massive Steuerhinterziehung begünstigt haben, in die Verantwortung bekommt. Für mich habe ich auf diese Frage noch keine Antwort gefunden, und diese Frage beantwortet auch der vorliegende Antrag nicht. Dennoch finde ich, dass wir uns in diesem Hause die ser Frage stellen müssen; denn auch diese Hersteller gehören zur Verantwortung gezogen.

(Beifall DIE LINKE)

Erhoben wird nun die Forderung nach manipulati onssicheren Kassen. Möglicherweise können Mani pulationen durch eine entsprechende Ausgestaltung der Software des Kassensystems deutlich erschwert werden. Dass es möglich sei, Kassen wirklich mani pulationssicher zu machen, könnte aber eine Illusion darstellen. Alles, was programmiert worden ist, kann auch wieder verändert werden; das ist eine grund legende Regel im Computerbereich und in der ge samten Elektronik. Die absolut manipulationssichere Kasse wird es meines Erachtens nicht geben. Man kann höchstens die Schwelle für Manipulationen möglichst hoch halten.

Der Ziffer 1 des vorliegenden Antrags werden wir auf jeden Fall zustimmen.

Zu Ziffer 2 gibt es allerdings eine seltene Gemeinsam keit mit der CDU und der FDP. Auch ich bin mir nicht sicher, ob wir heute eine Bagatellgrenze von 17 500 Euro Umsatz im Jahr beschließen sollten. Ich hätte kein Problem damit, eine Bagatellgrenze einzuziehen und langfristig die Pflicht für manipulationssichere Kassen einzuführen. Ich bin mir fast sicher: Wenn es diese Pflicht gibt, wird es ziemlich bald vergleichswei se günstige Kassensysteme geben, die – weitgehend – manipulationssicher sind. Entsprechende Gesetze haben manchmal die Wirkung, dass sich die Hersteller Mühe geben, günstigere Lösungen zu entwickeln. Daher ist davon auszugehen, dass auch diejenigen, für die ein Kassensystem von 10 000 Euro außerhalb der finanziellen Reichweite ist, bezahlbare manipu lationssichere Kassen erwerben könnten.

Die Umsatzgrenze von 17 500 Euro pro Jahr halten auch wir für schwierig. Deswegen werden uns zu Punkt 2 des Antrags der Stimme enthalten. Wir finden, die Pflicht muss sein; aber 17 500 Euro sind zu niedrig.

Vorletzte Bemerkung! Ja, es wird sicherlich Bereiche geben, die wir uns genauer werden anschauen müs sen, wie man das handelt. Das ist völlig klar. Aber nur deshalb, weil es in manchen Bereichen nicht sofort und nicht automatisch funktioniert, sollten wir nicht sagen, dass wir den Rest auch nicht machen. Deshalb bleiben wir bei der Einschätzung, dass das ein richtiger Schritt ist. Es wird, wie gesagt, sicherlich Bereiche geben, die wir uns noch einmal anschauen müssen. Aber das ist ein anderes Thema.

Als Letztes will ich einen Vorwurf entkräften, der möglicherweise erhoben werden könnte. Als ich den Antrag zum ersten Mal las, fragte ich mich, ob er unter dem Motto steht: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“. Die heutige Debatte hat mir gezeigt, dass dem nicht so ist. Angesichts der Systematik und des Umfangs, in dem auf die beschrie bene Weise Steuern hinterzogen werden, kann von „Kleinen“ wirklich nicht gesprochen werden. Das ist Steuerbetrug in großem Stil, der möglicherweise von vielen Unternehmen systematisch betrieben wird. Deswegen trifft der Vorwurf nicht zu.

Dennoch sollten wir in diesem Hause noch einmal darüber nachdenken, wie wir auch den anderen beikommen können, nämlich denen, die von der mehr oder weniger legalen Praxis von Firmenverlage rungen in Steueroasen profitieren, und den Banken, die Kunden erklären, wie man systematisch Steuern hinterzieht. Ich glaube, wir haben Nachholbedarf, wenn es darum geht, gegen diese Praktiken vor zugehen. Es darf nicht so sein, dass bei dem einen genau hingeschaut wird, während bei dem anderen ein Auge zugedrückt wird.

Wir stimmen, wie gesagt, der Ziffer 1 des Antrags zu. Bei Ziffer 2 werden wir uns der Stimme enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ravens.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur noch eine An merkung! Heute ist davon die Rede gewesen, dass die Bagatellgrenze von 17 500 Euro zu niedrig sei, weshalb das Vorhaben nicht umgesetzt werden könne. Es sei für die Wirtschaft zu belastend und mache die Gewerbebetriebe kaputt.

Ich habe in der für Arbeitnehmer geltenden Jahres lohnsteuertabelle nachgeschaut. Wenn ein Gewer bebetrieb 20 000 Euro verdient und 25 Prozent – –.

(Abg. Kastendiek [CDU]: Umsatz und Verdienst sind zwei verschiedene Dinge!)

Ja, ja, das weiß ich! Ich wollte nur verdeutlichen, wie sich die Besteuerung der Arbeitnehmer vollzieht. Ich könnte nämlich auch sagen, dass wir uns bezüglich der Lohnsteuerkarten etwas anderes überlegen müs sen. Ein Arbeitnehmer, der einen Jahresverdienst von 17 500 Euro hat, zum Beispiel eine Frau, die bei Aldi arbeitet, muss in Steuerklasse I 922 Euro Lohnsteuer zahlen. Man könnte zwar sagen, das sei nicht viel. Trotzdem ist es ein gewisser Betrag. Warum kann ein Unternehmer, wenn er 17 500 Euro in der Kasse hat, nicht ebenfalls Steuern zahlen?

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wer in Steuerklasse V ist, muss bereits 2 868 Euro Lohnsteuer bezahlen. Wer 20 000 Euro verdient, muss in Steuerklasse I 1 493 Euro bezahlen. Ich könnte die Beispiele fortsetzen. Ich finde es nur ungerecht, wie hier von einigen argumentiert worden ist.

Ich habe die Beispiele auch deshalb erwähnt, weil es im Einführungstext der Kleinen Anfrage der FDPFraktion vom 25. Juli 2016 heißt:

„Angesichts der zu erwartenden hohen Ausgaben für technische Sicherheitseinrichtungen, die besonders

kleine Einzelhandelsbetriebe belasten würden, bedarf es hier zuerst einer klaren Faktenbasis.“

Meine Damen und Herren von der FDP, ich weiß, wie das einzuordnen ist. Herr Professor Dr. Hilz, Sie haben gesagt, kleine Betriebe sollte man ganz außen vor lassen. Aber Steuerhinterziehung bleibt Steuerhinterziehung, ob groß, ob klein.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Jeder Arbeitnehmer kommt dran!

Ich finde Ihre heutige Argumentation durchaus aber witzig, weil Sie von der FDP – ich weiß nicht mehr, wann es war; ich habe mir das Datum nicht aufge schrieben, aber es ist noch nicht sehr lange her – in einer Fragestunde Auskunft darüber verlangten, was der Senat unternehme, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Auf diese Anfrage haben Sie umfangrei che Ausführungen des Senats erhalten. Auf der einen Seite sprechen Sie sich – selbstverständlich – gegen Steuerhinterziehung aus. Auf der anderen Seite haben Sie Bedenken, wenn wir in unserem Antrag eine Bagatellgrenze von 17 500 Euro vorsehen. Von mir aus können sich die Ministerialbeamten in Ber lin oder auch in Bremen über die Höhe noch einmal unterhalten. Trotzdem bin ich dafür, heute auch dem zweiten Punkt des Antrags zuzustimmen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Professor Dr. Hilz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich ist alles gesagt. Aber auf Ihren Beitrag, Herr Ravens, muss ich noch einmal antworten.