Protokoll der Sitzung vom 25.08.2016

Etwas möchte ich auch erwähnen: Schlimm ist auch, dass die eigentlichen Opfer nun erst einmal auf der Anklagebank wegen Betruges sitzen. Ich finde das extrem perfide, denn für mich sind die eigentlichen Täter die Vereine, aber auch die Firmen, die die scheinbar profitablen Geschäfte betrieben haben und nicht die Menschen, auf deren Kosten sich be reichert wurde.

(Beifall)

Ein solches Handeln macht mich und uns fassungs los. Die Notlage eines Menschen auszunutzen und sich daran persönlich zu bereichern und der Gesell schaft vorzugaukeln, man handele im Interesse der Menschen wie ein Samariter, ist nichts anderes als organisierte Kriminalität. Sie gehört mit den Mitteln des Rechtsstaates verfolgt.

(Beifall)

Das ist Sache der Staatsanwaltschaft. Sie hat die Arbeit an dem Fall bereits aufgenommen. Aber auch wir Grünen sind überzeugt, dass es damit eben nicht getan ist. Der Fall wirft weitere Fragen auf. Viele Fragen sind schon genannt worden und finden sich auch in dem Antrag wieder. Wie konnte es eigentlich dazu kommen? Ist das niemandem früher im Jobcenter aufgefallen? Ist es niemandem im Magistrat oder der Verwaltung in Bremerhaven aufgefallen? Ist wirk lich niemand der Frage nachgegangen, warum der Zuzug dieser EU-Bürger so massiv und überdurch schnittlich nach Bremerhaven erfolgte? Was genau haben eigentlich die Firmen gewusst, bei denen die Bulgaren eingesetzt wurden? Wann wusste welche Stelle was und hat wie gehandelt? Sind andere öf fentliche Gelder an die Vereine geflossen und wenn ja, wofür? Die Grünen Bremerhaven haben einen sehr umfänglichen Fragenkatalog eingereicht und haben mit anderen Fraktionen auch immer wieder einen Untersuchungsausschuss gefordert.

Wir müssen uns als Politik wie auch die Behörden diesen Fall genau anschauen, um eben dieser Form des Betrugs zukünftig energisch entgegenzutreten und diesen zu verhindern. Es geht nicht nur rückwirkend darum, Aufklärung zu betreiben, sondern eben auch nach vorn zu schauen, wie wir verhindern können, dass so etwas noch einmal passiert. Aufgrund dessen befürworten wir den Untersuchungsausschuss.

(Beifall)

Einen Hinweis möchte ich zumindest geben. Mich be unruhigt auch, dass mir in Vorbereitung meiner Rede vorgestern Informationen zugetragen wurden, dass zum Beispiel im Ausländeramt und in den anderen Behörden Menschen in den Fluren sitzen sollen, die türkisch oder arabisch sprechen und gegen Geld – es wird eine Summe von 40 Euro bis 50 Euro genannt – Flüchtlingen erklären, was sie dort bei den Behörden wie zu tun haben, obwohl diese Dienstleistungen in den Ämtern kostenlos sind. Ich konnte es jetzt in der kurzen Zeit nicht recherchieren, ob dieses Ge rücht stimmt. Ich bitte einfach die Behörden, auch diesem Hinweis nachzugehen, denn auch das würde wieder bedeuten, dass die Notlage von Menschen rücksichtslos ausgenutzt wird. Das darf nicht sein. Das müssen wir stoppen.

(Beifall)

Aus diesem Grund müssen wir auch herausbekom men, warum erst so spät reagiert wurde, und wer in den Ämtern davon wusste. Wir erhoffen uns hier Kenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss. Die im Antrag formulierten Fragen sind absolut richtig. Es geht auch um politisch administrative Verantwortung des Magistrats und des Senats.

Ich möchte trotzdem noch auf einen Punkt, wie meine Vorredner, eingehen. Pikant an dieser Geschichte ist aber nicht nur der eigentliche Betrugsskandal an sich, sondern politisch pikant ist der Fall auch, weil der SPD-Abgeordnete Patrick Öztürk in dem Verdacht steht, in den Fall verstrickt zu sein und derzeit die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelt. Juristisch kann man jetzt sagen, okay, es wird erst einmal ermittelt. Solange gilt für alle Bürgerinnen und Bürger – das gilt auch für Politiker – die strafrechtliche Unschulds vermutung. Dann muss man am Ende schauen, wie es juristisch ausgeht.

Aber neben der juristischen Komponente gibt es immer auch eine politische Bewertung der Situation. Was bleibt denn bei den Menschen hängen? Da gibt es wieder einmal Politiker, die irgendwie in Betrugs fälle verstrickt sind. Es wird auch nicht sonderlich differenziert, ob es ein Einzelner ist, welcher Fraktion er angehört und so weiter. Bei den Menschen bleibt erst einmal hängen, dass es wieder Politiker gibt, die in Skandale und Betrügereien verstrickt sind. Das ist kein gutes Bild. Schaden tut es uns allen, nicht nur der SPD, sondern allen demokratischen Parteien und Fraktionen. Es spielt den falschen Kräften in die Hände. Das schürt das Misstrauen in Politiker und damit die Politikverdrossenheit. Aus diesem Grund muss die Frage an Herrn Patrick Öztürk gestattet sein, bei meinem und unserem vollen Respekt gegenüber dem Koalitionspartner, ob es jetzt nicht doch der Zeitpunkt ist, darüber nachzudenken, um weiteren politischen Schaden – auch von sich selbst im Übri gen, aber auch von der eigenen Partei und von dem gesamten Parlament – abzuwenden, nicht nur auf den

Sprecherposten zu verzichten, sondern auch darüber nachzudenken, weitere politische Konsequenzen zu ziehen und sich zu überlegen, ob man den Sitz im Parlament behalten möchte.

Ich möchte für meine Fraktion noch einmal bekräf tigen, dass wir ein sehr großes Interesse an der Auf klärung der Betrugsvorwürfe in Bremerhaven haben, und daher stimmen wir der Einsetzung des Unter suchungsausschusses mit vollster Überzeugung zu. – Herzlichen Dank!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Hilz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Wir sprechen jetzt zum dritten Mal über die ungeheuerlichen Vorfälle und den Sozialbetrug, wie er sich in Bremerhaven zugetragen hat.

Auch wir werden selbstverständlich der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen, denn wir erwarten Aufklärung. Aufklärung nicht, um am Ende mit dem Finger auf jemanden in der Verwaltung oder wo auch immer zu zeigen und zu sagen „Du bist schuld!“, sondern um ein System einzusetzen, damit die Tendenzen und kriminellen Machenschaften frühzeitig erkannt werden und wir frühzeitig ent gegenwirken können! Das muss doch am Ende der Aufklärung, am Ende des parlamentarischen Unter suchungsausschusses unser gemeinsames Ziel sein.

(Beifall FDP)

Ja, es ist zum Teil erschreckend, was mit den Men schen passiert ist, die über ein Netzwerk nach Bre merhaven gebracht wurden und große Hoffnungen hatten, dann in schwierige Verhältnisse gekommen und mit Scheinverträgen ausgestattet worden sind, am Ende kriminalisiert wurden und sich staatsan waltschaftlichen Ermittlungen ausgesetzt sehen. Das sind Bilder und Vorstellungen, die wir weder in Bremerhaven noch irgendwo anders in der Bundes republik sehen wollen.

Wir haben frühzeitig – und ich war während der Debatte im April noch voller Hoffnung – veranlasst, dass die Aufklärung allmählich ins Rollen kommt. Wir haben frühzeitig erwartet, dass die Aufklärung Fahrt und Geschwindigkeit aufnimmt, dass die zuständigen Stellen in Bremerhaven und in Bremen – senatorische Behörden, Magistrat, aber insbesondere auch das Jobcenter – sich an der Aufklärung beteiligen. Bisher ist uns das Tempo, das bei der Aufklärung vorgelegt wird, zu gering.

Wir Freie Demokraten haben gemeinsam – das wurde auch schon angesprochen – mit den Oppositionspar teien in Bremerhaven, DIE LINKE, Bündnis 90/Die

Grünen, Bürger in Wut, Die Piratenpartei und sogar Die PARTEI, dem Magistrat einen Fragenkatalog mit 55 Fragen zur Beantwortung vorgelegt. Bisher gibt es darauf keine Rückmeldung. Auch das ist ein Grund dafür, warum wir uns heute für den Untersuchungs ausschuss aussprechen. Anders ist Geschwindigkeit in der Aufklärung offensichtlich nicht zu erreichen.

(Beifall FDP)

Denn es bleiben Fragen, mit jeder Frage, die beant wortet wird, stellen sich wieder neue Fragen. Warum hat es von den ersten Indizien im Jahr 2013 beim Jobcenter, bis dann endlich 2015 die staatsanwalt schaftlichen Ermittlungen aufgenommen worden sind, so lange gedauert? Warum hat es dann wieder so lange gedauert, bis die Hausdurchsuchungen erfolgt sind? Warum brauchte zum Beispiel der Zoll über ein Jahr, um am Ende seine Nichtzuständigkeit zu erklären? Wir müssen alle gemeinsam daran ar beiten, dass solche zerfaserten Zuständigkeiten und Überlegungen, was zu tun ist, in geordnete Bahnen kommen, damit nicht wieder so viel Zeit verstreicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich glaube nicht – und ich hoffe, dass ich recht behalten werde –, dass etwa ein sozialdemokratisches Netzwerk, wie es andere gesagt haben, daran beteiligt war, irgendetwas zu verdecken, zu verschleppen oder Ähnliches. Ich glaube, es fällt Ihnen und anderen Sozialdemokraten gerade in diesen Zeiten besonders schwer, an dieser Debatte teilzunehmen und dieser Debatte zu lauschen, aber die Frage, warum und wie die Beteiligten sich dieses politischen Netzwerkes bedient haben, wie sie ihre Fühler ausgestreckt haben, um davon zu profitieren, müssen wir gemeinsam in diesem parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantworten.

Wenn wir über Aufklärung sprechen, dann erwarten natürlich auch wir, die Freien Demokraten – ich habe es schon zweimal gesagt –, von Ihnen, Herr Patrick Öztürk, dass Sie sich der moralischen Verantwortung, die Sie als Bürgerschaftsabgeordneter hier im Landtag haben, bewusst sind und sich erklären. Sie wollen offensichtlich weiterhin Bürgerschaftsabgeordneter bleiben, sonst hätten Sie der Aufforderung Ihres SPD-Unterbezirks längst Rechnung getragen und Ihr Mandat zurückgegeben. Sie wollen hier bleiben, unter uns, und weiter Politik machen. Dann können wir von Ihnen auch erwarten, dass Sie sich erklären, dass Sie aktiv dazu beitragen, dass Aufklärung er folgt, und Sie sich nicht einfach in die hintere Reihe hier öffentlich hinsetzen und sagen: „Der Senat muss aufklären, der Magistrat muss aufklären, ich trage aber keinen Teil dazu bei!“.

(Beifall FDP, CDU, ALFA)

Meine Damen und Herren, das Wichtigste bleibt, dass sich so etwas nicht wiederholt. Damit wir ein

Frühwarnsystem bekommen, brauchen wir zunächst Aufklärung. Deswegen stimmen wir für die Einsetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und hoffen, dass wir am Ende ein Mittel finden, um solche kriminellen Machenschaften in Zukunft zu verhindern. – Vielen Dank!

(Beifall FDP, CDU, ALFA)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Für die SPD möchte ich erklä ren, dass wir uneingeschränkt begrüßen, dass es diesen parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben wird.

(Beifall)

Ich habe bereits in der letzten Debatte zu diesem Thema erklärt, dass wir ein allerhöchstes Interesse an der Aufklärung dieser aus unserer Sicht höchst verwerflichen Tätigkeiten und Maßnahmen, die in Bremerhaven abgelaufen sind, haben. Daran beteiligt sind Unternehmen, daran beteiligt sind Hausbesitzer, daran beteiligt sind zwei Vereine. Aber daran beteiligt sind wahrscheinlich auch Behörden, Institutionen. Das gehört untersucht, und zwar vollumfänglich!

(Beifall)

Im Fokus stehen im Moment die Aktivitäten dieser beiden Vereine und der Vorsitzenden dieser Vereine. Das wird über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen hoffentlich schneller geklärt, als es im Moment ab sehbar ist. Ich glaube, wir alle haben ein ungeheures Interesse, dass hier deutlich herausgefunden wird, was eigentlich abgelaufen ist, und inwiefern tatsächlich Strukturen vorhanden sind, die es natürlich sofort zu unterbinden gilt.

Über dieses staatsanwaltschaftliche Ermittlungs verfahren hinaus haben Sie, meine Vorrednerinnen und Vorredner, aber auch schon deutlich gemacht, dass es auch darum geht, Strukturen anzusehen. Für niemanden ist es, glaube ich, nachvollziehbar, warum das alles so lange gedauert hat. Obwohl wir alle in dieser Situation sind, sei mir auch der Blick nach außen gestattet! Das, was wir als sehr, sehr lang empfinden, wird in anderen Bereichen in Deutschland durchaus nicht als so lang betrachtet. Ich muss zur Kenntnis nehmen – ob ich es verstehe oder nicht –, dass es Kommunen gibt, in denen gesagt wird „Meine Güte, da in Bremerhaven wird ja richtig zügig mit diesem Sozialhilfebetrug umgegangen!“. Denn dass es den nur in Bremerhaven gegeben hätte, ist ja mitnichten der Fall. Dieser auch organisierte Sozialhilfebetrug findet durchaus in verschiedenen Kommunen Deutsch lands statt, im Ruhrgebiet ganz besonders, aber auch

in Osnabrück. Darüber müssen wir an dieser Stelle nicht reden, das macht die Sache auch nicht besser, aber wenn man über Dinge redet, wenn man über Strukturen redet, dann gehört aus meiner Sicht zur Wahrheit dazu, dass man sich alles anschaut.

Wenn wir sagen, dass wir jetzt einen Untersuchungs ausschuss wollen und dazu uneingeschränkt stehen, dann müssen die Zeitabläufe untersucht werden, dann müssen aber auch die Rahmenbedingungen untersucht werden, und da ist etwas, was wir ja auch schon wissen. Bei allem Interesse an weiterer Aufklärung haben wir ja durchaus Erkenntnisse.

Eine Erkenntnis ist zum Beispiel, dass es durchaus auch im Jahr 2014 beim Jobcenter den Verdacht auf das eine oder andere nicht ordentliche Verhalten gegeben hat. Diese Verdächte haben sich ja durch aus auch manifestiert, es hat durchaus auch eine Anzeige bei der Kripo gegeben. Es hat auch durch aus Ablehnungen solcher Anträge gegeben, und in gar nicht kleiner Zahl, die aufgrund der Rechtslage, die die Arbeitnehmertätigkeit ja sehr schwammig definiert, nie erfolgreich waren. Solche Punkte muss man sich selbstverständlich anschauen, denn erst seit September 2015 gibt es hier eine andere Definition und eine andere Rechtsprechung. Das entschuldigt nichts, das möchte ich an jeder Stelle wiederholen, aber wir müssen nicht so tun, als wäre hier eine Si tuation völlig überschaubar für jeden und eigentlich ganz eindeutig zu regeln.

Wir wissen auch von dieser enormen Zahl der Zu wanderung aus Südosteuropa nach Bremerhaven seit dem Jahr 2013 und davon, dass im Jobcenter nicht eine einzige Person mehr eingestellt wurde. Nun ist mein Anspruch, wie ich vermute, genau wie Ihrer, dass man dem nachgeht, wenn der Verdacht besteht, dass Unternehmen falsche Verträge ausfüllen, dass falsche Mietverträge dargestellt werden, und dass an jeder Stelle persönlich untersucht wird, was es eigentlich mit diesen Sachverhalten auf sich hat. Das, meine Damen und Herren, erfordert Personal, daran kom men wir nicht vorbei! Dass bis heute noch nicht eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter mehr im Jobcenter tätig ist – ich habe gestern mit dem Geschäftsführer darüber gesprochen –, verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Das entschuldigt nichts, das entschuldigt oder rechtfertigt keinen einzigen Ablauf, aber man muss die Dinge schon im Zusammenhang sehen.

Wenn Sie von einem Frühwarnsystem sprechen, gebe ich Ihnen völlig recht. Das ist das, was wir brau chen. Ich bin ja froh, dass mittlerweile in Nürnberg tatsächlich eine Arbeitsgruppe bei der Bundesan stalt für Arbeit eingerichtet wird, die die Fälle aus Osnabrück, Bremerhaven und dem Ruhrgebiet jetzt dahingehend überprüft, wie man denn unterstützend tätig werden kann. Das Jobcenter, die BA, ist originär verantwortlich für die Bewilligung von Anträgen. Das ist nicht die Kommune, auch wenn sie als Mitglied der Trägerversammlung einen Part hat, aber originär zuständig ist das Jobcenter.

Deswegen spricht das niemanden frei, selbst zu über legen: Was ist der eigene Anteil, was ist eigentlich meine Verantwortung? Ich möchte sagen, da ist für mich in den letzten Tagen, Wochen, ja sogar Mona ten immer wieder eine Frage existenziell gewesen. Sie alle sagen, es hat Hinweise gegeben. Ja, wahr scheinlich hat es sie gegeben, auch ich habe davon gehört. Aber wie gehen wir eigentlich mit Hinweisen um? Wie gehen Sie damit um, wenn Ihnen jemand sagt „Ich habe gehört, da und da ist“ – was weiß ich? – „Scheinselbstständigkeit, keine richtige Ar beitnehmereigenschaft, Zwangsprostitution“, alles, was wir uns vorstellen können! „Ich habe gehört, es hat mir jemand erzählt, der missbraucht seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer!“

Wissen Sie, wenn mir irgendjemand so etwas erzählt – vielleicht bin ich naiv, vielleicht bin ich blöd –, dann sage ich: „Ich brauche einen Beleg! Ich kann nicht aufgrund von Hörensagen eine Anzeige erstatten.“

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das ist falsch!)

Vielleicht ist das falsch, dann lass ich mich gern beraten. Ob Institutionen genauso handeln können, müssen, sollen, weiß ich nicht. Ich glaube, dass es eigentlich für Behörden andere Regelungen gibt, dass es Vermerke gibt, denen nachgegangen werden muss. Das, finde ich, muss man tatsächlich über den Untersuchungsausschuss klären: Welche Hinweise hat wer gehabt, und wie ist damit umgegangen worden? Das sind Dinge, die sehr genau aufgearbeitet werden müssen, und man muss sehr genau schauen, wo das einzelne Versäumnis liegt.

An dieser Stelle von mir aber auch ein Wort zur politischen Dimension! Ja, ich bin sehr wohl der Meinung, dass hier eine heftige politische Dimension vorliegt. Ich kann Ihnen sagen, ich habe mit meinem Genossen und Kollegen Patrick Öztürk viele Male darüber gesprochen. Auch ich habe die Erwartung, und ich habe sie letztlich auch ihm gegenüber for muliert – nicht allein ich als Sybille Böschen, sondern wir als Unterbezirksvorstand in Bremerhaven –, dass wir davon ausgehen, dass er Verantwortung für das übernimmt, was er vielleicht nicht selbst verschul det hat; darüber maße ich mir kein Urteil an, das ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Aber wenn ich als Abgeordnete an dieser Stelle stehe, dann habe ich eine andere Verantwortung, als wenn ich als Sybille Böschen irgendwie draußen herumlaufe!

(Beifall SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, ALFA)

Gegen eines aber, Herr Röwekamp, verwahre ich mich ganz entschieden! Zu unterstellen, es gebe ein sozialdemokratisches Netzwerk, das diesem Betrug, diesen mafiösen Strukturen Vorschub leistet, das ist für mich diskriminierend! Auch da, finde ich, gibt es keinerlei Grundlage. Hauptverantwortlich sind

diejenigen, die hier kriminelle Machenschaften an den Tag legen. Da ist jemand dabei, der in der SPD gewesen ist, ja. Da ist auch jemand dabei, der vielleicht sogar noch in der SPD ist, kann alles sein. In welchen anderen Parteien, Institutionen, Organisationen die Beteiligten sind, weiß ich nicht! Ehrlich gesagt: Es interessiert mich auch nicht, denn das, was Menschen in ihrer Freizeit an politischer Ausrichtung in Form von Parteien oder Nichtregierungsorganisationen ausleben, ist deren Privatsache. Das ist die eine Seite.