Vielen Dank, Frau Bürgermeisterin! Erst einmal hat es mich gefreut, dass Sie nicht strukturell mit Unternehmensgeldbu ßen planen, sondern mit einmaligen Effekten. Gibt es in den letzten Monaten Erkenntnisse, dass solche Geldbußen oder Strafgelder ausgesprochen wurden, die bereits verbucht werden können?
Die Summe, die wir jetzt eingestellt haben, ist nach Auskunft des Innen- und Justizressorts durch Gerichtsentscheidung gedeckt.
Man muss sich vielleicht einmal die Systematik vor Augen halten, deshalb habe ich auch kein Problem damit, einzuräumen, wenn Maßnahmen, die der Senat jetzt in die Hand nimmt, nicht strukturell wirken. Die hohen Flüchtlingsaus gaben sind ja auch nicht strukturell. Wenn man sagt, das sind einmalig – oder für zwei, drei Jahre – hohe Flüchtlingsausgaben, dann muss es auf der anderen Seite auch erlaubt sein, Sondereffekte bei Einnah men gegenzurechnen, sonst kann man es wirklich überhaupt nicht schaffen. – Jetzt noch Herr Rupp!
Danke! – Frau Bürgermeiste rin, in der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanz ausschusses haben wir eine Liste von zu tätigenden Hafeninvestitionen vorgelegt bekommen, und da war ein Investitionsbedarf von rund 200 Millionen Euro – das hing davon ab, wie teuer die einzelnen Maßnahmen werden. – Ist geprüft worden, ob man die Gelder, die man in diesem Jahr vermeintlich nicht braucht oder tatsächlich für bestimmte Projekte nicht braucht, dazu verwenden kann, investive Projekte in die Hafeninfrastruktur vorzuziehen?
Ich gehe davon aus, dass es der Wirtschaftssenator als seine Kernaufgabe begreift, die investiven Gelder, die er in den Sondervermögen hat, zeitnah auszugeben. Allerdings ist es ein Irrtum, zu glauben, wenn man im September 2016 feststellt, dass sich ein Mittelabfluss anders entwickelt als geplant, dass man es dann schaffen kann, das Geld auf legale, anständige, rechtskonforme Weise in den nächsten drei Monaten noch auszugeben. Diesen Weg kenne ich jedenfalls nicht.
Es hat mich besonders geär gert, Herr Dr. Hilz, dass Sie es so darstellen, als seien wir ein Entwicklungsland in der Digitalisierung. Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt Online-Verfahren bei Steuer und Kfz, wir sind zusammen mit den Kammern ein Modellprojekt für E-Rechnung. In den Bereichen Baugenehmigung, Strafanzeigen, Bücher verlängern, Terminmanagement – überall dort sind wir in den letzten Jahren trotz knapper Kassen große Schritte weitergekommen. Den von Ihnen gewünschten großen Wurf gibt es einfach nicht. Das ist wie klein Fritzchen, der glaubt – weil man auf die Mühen der Ebenen keine Lust hat, vielleicht auch keine Lust, sich in die Details hineinzuknien –, man hat jetzt einmal so richtigen Wumms, und dann ist hier alles gut. Bremen ist – das wissen Sie doch auch – auf einem langangelegten, auch ziemlich anstrengenden und dornigen Weg, und wenn man den mitgehen will, so wie diese Regierung, dann muss man sich auf manche Mühen der Ebene einlassen. Die Hoffnung, dass man mit einem großen Knall alles hinbekommt, ist einfach nur naiv. Ich glaube auch nicht, dass man das den Menschen draußen erzählen soll.
Zu der Kritik der FDP, hier werde nicht genug ge spart, möchte ich mir nicht verkneifen, aus dem Bericht mit den gemeldeten Maßnahmen, um den es ja heute eigentlich geht, zu der Frage zu zitieren, unter welchen Bedingungen wir eigentlich agieren. Auf Seite 13 geht es um eine generelle Einordnung:
„Zu den derzeit nicht eindeutig einzuschätzenden Einflussfaktoren, die die Erfolgsaussichten für den planmäßigen Abbau der Neuverschuldung bestim men, gehören“, und jetzt kommt:
„die Anforderung, bei aufgebrauchten Einsparpo tenzialen (vgl. u. a. aktuelles Gutachten der PwC) und im Ländervergleich weit überproportionalen Einsparverpflichtungen (vgl. Vergleichsdaten der ZDL) die öffentlichen Leistungen in wesentlichen Aufga benbereichen des Stadtstaates unter dem Aspekt der verfassungsrechtlich verankerten Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse auf einem für die Bevölkerung des Landes noch akzeptablen Niveau zu halten.“
Das ist, glaube ich, der Kernsatz. Er zeigt den Konflikt und die Abwägungsnotwendigkeiten, in denen sich der Senat und die ihn stellenden Fraktionen befinden, und PwC ist nun weiß Gott nicht im Verdacht, einer rot-grünen Regierung, sagen wir einmal, Unterstüt zung angedeihen zu lassen. Es ist objektiv so, dass wir – das müssen wir als Haushaltsnotlageland auch – unser Niveau der Dienstleistungen und Leistungen für die Bevölkerung ungefähr im unteren Bereich halten. Das tun wir in vielen Bereichen auch, und dort, wo wir es nicht tun, machen wir das politisch begründet und mit voller Absicht und vertreten es in Berlin auch selbstbewusst. Es gilt aber gleichzeitig bei allem Abwägen auch, dass wir nicht durch mut williges Kaputtmachen von Strukturen die Chancen unseres Bundeslandes unterminieren.
Den Pessimismus von Herrn Rupp – das ist ja immer die große Generaldebatte zwischen uns – teile ich einfach nicht. Bremen hat fünf Jahre lang die 300 Millionen Euro bekommen, und es ist auch nicht so, dass wir jetzt noch einmal, kurz bevor die schlimme Schuldenbremse im Grundgesetz wirkt, auf den Kloppen hauen können, sondern im Gegenteil: Die Restriktionen, die wir jetzt haben, sind heftiger und schärfer als nach dem Inkrafttreten der Schulden bremse.
Wirken Sie doch mit, Bremen auf Bundesebene zu unterstützen, die Ausnahmeregelung für die Flücht lingskosten wirklich anerkannt zu bekommen! Das ist jetzt unsere Hauptauseinandersetzung, und für diejenigen, die die Schuldenbremsen ohnehin über haupt nicht mögen – dazu gehöre ich nicht, weil ich glaube, dass, wie gesagt, das Ausliefern des Staates an Kapitalmärkte im Grunde in einem Maße frie dens- und demokratiegefährdend ist, das wir uns noch gar nicht vorstellen können. Wenn man aber wie die LINKEN die Schuldenbremse nicht möch te, dann ist es doch wenigstens ein gemeinsamer Nenner, zu sagen: Helfen Sie uns mit, auch mit den Bundesländern, in denen Sie mitregieren, dass man in Berlin eine übergangsweise Überschreitung der vertraglich vereinbarten Kreditobergrenze akzeptiert für die von uns nicht zu beeinflussenden Kosten für die Zuwanderung! Dann wären wir schon einmal einen Schritt weiter.
Im Übrigen wird das auch eine Debatte in Deutschland auslösen, wenn man sagt, was Ausnahmen sind – also Naturkatastrophen oder nicht zu steuernde Notlagen des Staates. Das wird einer Debatte darüber helfen, welche Investitionen es denn nun wirklich sind, die man vielleicht noch über die Schuldenbremse hinaus kreditfinanzieren sollte. Sie tun sich damit aber keinen Gefallen, weil man Sie doch gar nicht mehr ernst nimmt. Die Schuldenbremse steht im Grundgesetz, und die werden wir so auch nicht wegbekommen. In der Frage aber, wie wir damit umgehen und wie wir uns mit den jeweiligen Folgen auseinandersetzen, liegen wir vielleicht gar nicht so weit auseinander – und, wie gesagt, an diesem Punkt könnte Bremen wirklich Hilfe gebrauchen. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde ist geschlossen. Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Berufsschulklasse des Technischen Bildungszentrums Mitte und Mitglieder des Vorstandes und des Kurato riums der Kinderschutzstiftung des Landesverbandes Bremen e. V. des Deutschen Kinderschutzbundes mit ihrer Geschäftsführerin Frau Kathrin Moosdorf.
Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Konsensliste seine Zustimmung geben möch te, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Konsensliste zu.
Befassungen des Petitionsausschusses – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen durch die Bremische Bürgerschaft Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 20. Juli 2015 (Drucksache 19/27) 2. Lesung
Wir verbinden hiermit: Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Be handlung von Petitionen durch die Bremische Bür gerschaft Bericht und Antrag des Rechtsausschusses vom 19. Mai 2016 (Drucksache 19/452) 2. Lesung sowie Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Be handlung von Petitionen durch die Bremische Bür gerschaft Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 5. September 2016 (Drucksache 19/722) 1. Lesung
Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grü nen, Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen durch die Bremische Bürgerschaft, vom 20. Juli 2015, Drucksache 19/27, in ihrer dritten Sitzung am 22. Juli 2015 in ihrer ersten Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichter stattung (federführend) an den Rechtsausschuss und den staatlichen Petitionsausschuss überwiesen. Der Rechtsausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 19/452 seinen Bericht und den Antrag dazu vor.
Wir kommen zur zweiten Lesung der Gesetzesvorlagen mit den Drucksachen-Nummern 19/27 und 19/452 und gleichzeitig zur ersten Lesung der Gesetzesvorlage mit der Drucksachen-Nummer 19/722.
Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Aulepp als Berichterstatterin. – Nicht? Das hat man mir so mitgeteilt. – Herr Tschöpe hat sich gemeldet.
Wenn der Berichterstatter nicht berichten möchte, ge ben wir dem Nächsten das Wort, das ist Herr Tschöpe.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich würde mir nie anmaßen, Berichter statter in diesem komplizierten Verfahren zu sein, wo der Kollege Rohmeyer mit Sicherheit gedenkt, gleich noch einmal seine subjektiven Eindrücke mitzuteilen.
„Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Ge meinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“
So bestimmt es der Artikel 17 des Grundgesetzes. Bürgerinnen und Bürger, die eine Petition einreichen wollen, wollen im Regelfall etwas erreichen. Sie wol len die Änderung einer Einzelfallentscheidung der Verwaltung oder die Schaffung einer gesetzlichen Regelung für die Zukunft erreichen, oder sie wollen sich einfach über bestehende Zustände beschwe
ren. Juristen sprechen im Ausfluss des Artikels 17 davon, dass es einen sogenannten Petitionsbehand lungsanspruch gibt. Es gibt also den subjektiven Rechtsanspruch eines Petenten darauf, dass seine Petition entgegengenommen wird, dass sie sachlich geprüft wird, dass darüber beschieden wird und dieses Begehren und seine Bescheidung ihm auch mitgeteilt wird.
Wer sich ernsthaft mit dem vorliegenden Gesetz entwurf sowohl der Koalition als auch jetzt in der Fassung des Rechtsausschusses auseinandersetzt, der wird feststellen, dass sich dieser Gesetzentwurf bei aller Rabulistik, die in der Vergangenheit hier gelegentlich verbreitet worden ist, in jedem Fall mit dem Anspruch nicht nur auseinandersetzt, sondern ihn erfüllt.
Im Übrigen gibt es weite Einigkeit in diesem Haus – es war übrigens in der Bremischen Bürgerschaft, anders als in anderen Landtagen, schon immer so –, dass die Petitionen nicht von irgendeinem Ausschuss beschieden werden, sondern im Bremer Parlament entscheidet das Plenum eine Petition. Das ist so, das war so und das wird so bleiben.
Allerdings gibt es – Kollege Rohmeyer, Sie werden gleich erklären, warum – einen Dissens zwischen Opposition und Koalition, und zwar darüber, wer die Entscheidung des Plenums eigentlich vorbereitet. Der Kollege Rohmeyer und manche Oppositionsabgeord nete möchten, dass das in einer isolierten Entschei dungsfindung des Petitionsausschusses stattfindet. Man kann dafür gute Argumente haben – wir glauben, dass es keine so guten Argumente sind, weil wir die Bürgeranliegen dahin bringen wollen, wo tatsäch lich in der Sache entschieden wird, und das sind die Fachausschüsse. Das Ziel dieses Gesetzentwurfs ist nämlich die Vermeidung von Parallelverfahren durch eine effiziente Verfahrensgestaltung, damit gerade die Bürgerinteressen dort eingebracht werden, wo die Sachentscheidung getroffen wird.
Lassen Sie uns nicht im luftleeren Raum diskutieren! Jeder, der länger im Parlament sitzt oder schon in der letzten Legislaturperiode dabei gewesen ist, weiß doch, dass wir Parallelverfahren im Petitionsausschuss betrieben haben, in denen sogar zu einzelnen The men Anhörungen in Stadtteilen durchgeführt worden sind und die Bürgerinnen und Bürger gesagt haben: „Mensch, wenn ich da zur Anhörung gehe und ir gendetwas sage, dann fließt das vielleicht auch in die Entscheidungsfindung ein!“. Das ist es aber gar nicht, weil die Entscheidungsfindung dann beispielsweise in der Deputation für Bau und Verkehr gefallen ist. Ich denke, es ist vernünftig, Bürger und Entschei dungsvorbereitung des Plenums zusammenzubringen,
deshalb ist es sinnvoll, die Verfahrensschritte zu ver einfachen. Wir wollen Bürger einbeziehen und keine frustrierende Scheinwelt verkaufen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das heute vorliegende Änderungsgesetz des Petitions gesetzes müsste eigentlich Petitionseinschränkungs gesetz heißen,
denn um nichts anderes geht es. Der Gesetzentwurf sieht ausschließlich Einschränkungen des Petitions rechts vor.