Insofern müssen wir doch viel grundsätzlicher heran gehen, als es der Senat in den letzten acht Wochen geleistet hat und als man uns hier verkaufen will. Ein Popanz! Man hat 116 Millionen Euro geliefert, und im Endeffekt hat man darin einen Eigenbeitrag von 5 bis 6 Millionen Euro. Frau Senatorin, das er zeugt keine Glaubwürdigkeit in Berlin, und damit werden Sie beim Stabilitätsrat beim besten Willen nicht ankommen.
Insofern ist es natürlich auch richtig, wenn die FDP fordert, dass wir über die Digitalisierung von be stimmten Dienstleistungen nachdenken müssen, Herr Kollege Rupp. Ich glaube nicht, dass das ein Allheilmittel ist, aber wenn man sich in den letzten Wochen die Leistungen ansieht – Stadtamt, Stan desamt, Kfz-Zulassungsstelle, Elterngeldanträge –, dann ist es natürlich richtig, dass man zumindest mit mehr digitaler Kommunikation den Bürgern deutlich entgegenkommt und Wartezeiten verhindern kann. Vielleicht spart das in letzter Konsequenz keine Stellen im öffentlichen Dienst ein, aber die Bürgergesell schaft und damit unsere Akzeptanz, die wir in der Bevölkerung über alle politischen Parteien hinaus haben, erhöht es deutlich, wenn wir verstärkt zu Digitalisierungsmaßnahmen greifen, und dahinein muss investiert werden.
Die Wahrheit sieht doch anders aus, die Wahrheit haben wir gestern in der Stadtbürgerschaft gehört: Wenn auf die Anfrage, wie der Stand der elektroni schen Bauakte ist, geantwortet wird, immerhin kom muniziere man mit den Kunden schon über E‑Mail, dann zeigt das doch, in welchem Dilemma wir uns befinden. Wir haben in diesen Bereich in den letzten Jahren zu wenig investiert, wir müssen dort deutlich mehr tun. Das kostet leider Geld und wirkt auch erst in den nächsten Jahren.
Aus diesem Grund ist es natürlich nicht pauschal richtig, alle Investitionen zu verschieben, zu stre cken, sondern wir müssen an den richtigen Stellen investieren, damit zumindest für die Bürgerinnen und Bürger das Leben in unseren beiden Städten wieder deutlich lebenswerter wird.
Darauf hätte ich mir, ehrlich gesagt, deutlichere Antworten des Senats gewünscht. Sie haben sich auf die 65 Millionen Euro Flüchtlingskosten, auf die 40 Millionen Euro pauschale Streckungen und auf wenige einmalige Zusatzeinnahmen zurückge zogen. Das ist viel zu wenig, auch wenn Herr Liess es geschafft hat, Maßnahmen, die 60 000 Euro oder 200 000 Euro bringen, hier kräftig argumentativ positiv zu begleiten. – Herr Liess, bei all dem, was Sie aufgeführt haben, wissen Sie aber selbst genau, dass Sie maximal über einen Betrag von einer oder
eineinhalb Millionen Euro gesprochen haben. Das ist natürlich Klein-Klein und keine Haushaltssanierung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind noch einmal einige Nachhutgefechte der Haushaltsberatungen. Gut, solche Aktuellen Stunden haben es ja an sich, dass jeder alles erzählen kann, Thema egal. Ich will einmal versuchen, mich auf den Kern der Auseinan dersetzung zu beziehen, jedenfalls so, wie ich ihn verstanden habe, wobei Herr Dr. Hilz so gut wie überhaupt nicht darüber gesprochen hat, sondern das erzählt hat, was er bei den Haushaltsberatungen auch schon gesagt hat.
Der Kern der Debatte ist: Die Opposition kritisiert, dass die Nachmeldungen, die Bremen gegenüber dem Stabilitätsrat vorgenommen hat, nicht ausreichend oder qualitativ minderwertig seien und die Falschen treffen oder der Schuldenbremse dienen würden. Das ist, glaube ich, der Kern.
Bei den Haushaltsberatungen haben wir darauf hinge wiesen, dass wir dem Stabilitätsrat die Haushaltsdaten melden. Das gehört zu unserer regelmäßigen Bericht erstattung. Wir haben auch transparent gemacht, dass der Stabilitätsrat nicht gesagt hat, er ist damit nicht zufrieden. Es gibt noch keine Entscheidung darüber, ob wir die 300 Millionen Euro bekommen haben, sondern der Stabilitätsrat sagt das, was formal vorgesehen ist, völlig nach Gesetzestext: Wenn ein Sanierungsland mit seinen angemeldeten Zahlen die Zahlen, die im Sanierungsvertrag stehen, überschreitet, wird das Land zu weiteren Maßnahmen aufgefordert. – Nur das, nicht mehr und nicht weniger ist passiert. Das ist, Herr Eckhoff, auch keine Vorentscheidung für das nächste Jahr, und ich habe im Namen des Se nats niemals einen Hehl daraus gemacht, dass wir die gesamte Überschreitung des Sanierungsweges, die wir wegen der hohen Flüchtlingsausgaben ha ben, unter gar keinen Umständen aus dem gerade beschlossenen Haushalt einsparen können. Das ist nicht nur menschenunmöglich, das ist einfach auch nicht sinnvoll. Damit war klar, dass das, was wir vor dem Hintergrund eines ziemlich spät beschlossenen Haushalts noch leisten können, auf keinen Fall die Dimension haben wird, dass wir unter Berücksichti gung der Flüchtlingskosten den Stabilitätsrat inso fern zufriedenstellen können werden, als dass keine Überschreitung der Kreditobergrenze erfolgen wird.
Wie geht es jetzt weiter? Anfang Dezember wird sich der Stabilitätsrat mit den Nachmeldungen Bremens
beschäftigen. Ich will noch einmal darauf hinweisen, auch wenn das hier gern ein bisschen kleingeredet wird: Der Stabilitätsrat hat in den letzten Berichten anerkannt, dass Bremen in den letzten Jahren struk turell wirksame Maßnahmen in einer Größenordnung von über 300 Millionen Euro, die haushaltsentlastend wirken, getätigt hat. Das ist bei einem Bundesland in unserer Lage eine hohe Leistung, die wir – jedenfalls im Gegensatz zu Ihnen, Herr Dr. Hilz – durchaus als Anstrengung sehen. Dass man damit nicht immer zufrieden sein kann, ist ein anderer Punkt. Diese 300 Millionen Euro erhöhen wir jetzt aber auf über 400 Millionen Euro, und wir werden sehen, dass der Stabilitätsrat eine Reihe von Maßnahmen, die auch in den nächsten Jahren wirkt, anerkennen wird – nicht alle, das ist richtig. Die besonderen Bußgelder von Unternehmen werden wir nur einmalig haben, das sind keine strukturell wirkenden Maßnahmen. Der Stabilitätsrat wird sie sich aber anschauen und wesentliche Teile davon anerkennen. Wir werden in Abhängigkeit von der Haushaltsent wicklung des Jahres 2016 sehen, dass vielleicht auch noch in einigen Bereichen weniger Geld gebraucht wird, als der Haushaltsgesetzgeber bereitgestellt hat. Deshalb werden wir Nachmeldungen im Stabilitätsrat in Abhängigkeit der Einnahmen- und Ausgabenent wicklung vornehmen, wie wir sie aus den Control lingberichten Ende des Jahres sehen. Wir werden melden, wie der reale Stand ist und wie hoch die Überschreitung der verabredeten Kreditobergrenze tatsächlich ausfallen wird. Jetzt ist eine deutliche Senkung gelungen. Zufrieden sind Finanzmenschen nie, aber es ist meiner Meinung nach eine Leistung der Regierung und der sie stützenden Fraktionen, doch noch eine ganze Reihe von Punkten zu finden, die im Übrigen in einer ganzen Reihe von Bereichen gar nicht im Jahr 2016 wirken, sondern auch Folge wirkungen in den nächsten Jahren haben werden. Im Frühjahr 2017 – dabei haben die Bundesregie rung und die uns kontrollierenden Bundesländer Rheinland-Pfalz und Bayern ein wichtiges Wort mitzu sprechen, denn sie bewerten unsere Haushalte – wird dann die Entscheidung des Stabilitätsrates darüber fallen, ob die Anmeldung Bremens akzeptiert wird, von der Ausnahmeregelung im Sanierungsvertrag und im Grundgesetz Gebrauch machen zu können, dass wir wegen der sich sehr hoch entwickelnden Flüchtlingszahlen die verabredete Kreditobergrenze überschreiten. Deshalb ist es für uns sehr wichtig, dass wir die Flüchtlingsausgaben sehr transparent und detail liert darlegen. Der Bürgermeister hat dies gerade Vertretern des Städtetages präsentiert. Wir haben eine Veranstaltung in Berlin geplant mit sehr gute Anmeldezahlen aus allen Bundesländern, die sich sehr dafür interessieren, wie Bremen die Ausgaben für Flüchtlinge vorbildlich aufbereitet, und die das als Vorbild nehmen wollen, um genauer zu schauen, welche realen Ausgaben es eigentlich bei den Län dern und Gemeinden gibt.
Es ist richtig, dass Angela Merkel für die Außenver tretung unseres Landes zuständig und für die Aus handlung des Vertrages mit der Türkei verantwortlich ist. Wir haben, ohne jemals auch nur ein böses Wort darüber zu verlieren, die Flüchtlinge hier aufgenom men und die dazugehörigen Finanzen bereitgestellt. Ich würde sagen, Herr Eckhoff, darin sind wir quitt, wobei ich bei meiner Meinung bleibe, dass sich der Bund stärker an den Kosten beteiligen muss.
Ich möchte trotzdem gern auf eine Reihe von Punkten eingehen, die hier genannt oder kritisiert wurden. Das ist erst einmal die Frage – oder die Chimäre, Herr Dr. Hilz – der Gebührenerhöhungen. Das Wesen von Gebühren ist, dass sie in aller Regel erst einmal kos tendeckend sein sollen für den Staat, weil man sonst sagen würde, dass es der allgemeine Steuerzahler/ die Steuerzahlerin subventioniert, wenn jemand zum Beispiel einen Waffenschein beantragt. Warum soll er das? Dafür gibt es eine Gebühr, das ist das We sen von Gebühren. Wenn wir jetzt feststellen, dass wir mit einer etwas stringenteren Betrachtung aller Gebührentatbestände und
Gebührenpassungen und einer Vereinheitlichung der Regeln dazu kommen, dass der Haushalt entlastet wird, weil die Subventionierung nicht mehr nötig ist, fällt mir, ehrlich gesagt, überhaupt nichts ein, was man dagegen haben kann, sondern das ist normal.
Dann haben Sie das Fiskaltaxameter genannt und gesagt, wir würden alle Taxifahrer unter General verdacht stellen. – Es gab hier doch wirklich eine gute Debatte zum Taxameter. Es ist ab 1. Januar 2017 gesetzlich vorgeschrieben, und in Hamburg macht man das schon. Ich habe mit dem Kollegen Dr. Lohse eine ganze Reihe von Gesprächen mit Taxiunterneh mern geführt. Die wollen das gerade. Sie sind richtig wild darauf, weil das nämlich endlich die Spreu vom Weizen trennt und uns hilft, dass aufgehört wird mit Sozialbetrug, Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung, und das ist eine gute Maßnahme.
Zu den Maßnahmen aus Bremerhaven, die Sie gelobt haben: In der Tat, wir haben uns gefreut, weil es da mit zu einer guten Kooperation in Haushaltsfragen kommt. Das sind Maßnahmen, die nicht der Senat verantwortet hat, sondern die vom Magistrat der
Seestadt Bremerhaven kommen. Ich will nur in aller Demut darauf hinweisen, dass die Bremer Personal einsparzahlen in den letzten Jahren weit höher sind als das, was man sich in der Seestadt zugetraut hat. Ich will das jetzt nicht bewerten, aber insofern gibt es dort vielleicht eine etwas leichtere Ausgangslage, als wir sie hier vorfinden.
Zur Kritik an der Erhöhung der Gruppengröße für U3 will ich Ihnen etwas sagen. Erst einmal steht darin nur „zeitlich befristet“, und richtig ist auch: Bremen hat aus vielen guten Gründen – auch wegen der Debatte, die wir eben geführt haben – bundesweit, was die Gruppengröße betrifft, einen Spitzenplatz. Ich nenne das auch gern, weil es richtig ist, dass man den Kindern gerade am Anfang viel Liebe, Fürsorge und Förderung angedeihen lässt. Jetzt sind wir in einer Lage, in der Plätze knapp sind, und völlig unabhängig von Geldproblemen ist es total okay, dass man die Erhöhung überall dort befristet zumuten kann, wo es die Räume zulassen. Wir haben in den Kindergärten viele Stunden mit einer Zweitkraft ausgestattet. Es ist wirklich auch eine Frage der Solidarität untereinan der, es hinzubekommen, dass nicht die einen einen Platz haben und die anderen in die Röhre schauen.
Die Frage der Verschiebung der Investitionen hat hier auch die Gemüter erregt. Ich bin mir mit Herrn Rupp in einem Punkt einig: Es wäre besser, wenn der Staat mehr in Infrastruktur investieren würde. Das gilt aber nicht nur für Bremen, sondern es gilt insgesamt, ich glaube, auch für Europa.
Ja, Brücken und Straßen, energetische Sanierung von Gebäuden, ausreichende Sportstätten – das alles sind wichtige Punkte. Vielleicht kann man sich, wenn man einmal die Kirche im Dorf lassen will, überlegen: Sie haben ja den Vorwurf, wir hinterlassen den nächsten Generationen eine Trümmerwüste. Meine Mutter war bei Kriegsende 15 Jahre alt, die kann etwas über Trümmerwüsten erzählen. Man muss ein wenig vorsichtiger sein. – Es ist immer, auch bei den Inves titionen, ein Abwägen, ob die weitere Entwicklung in Richtung Erhöhung des Schuldenstands – in Bremen, in Deutschland und in Europa – das Schlimmere ist oder die Sparsamkeit bei Investitionen. Darauf gibt es nie nur eine Antwort, sondern es ist immer ein Abwägen.
Ich bin im Gegensatz zu Ihnen fest davon über zeugt, dass wir auch und vor allem im Interesse der Menschen, die einen handlungsfähigen Staat brauchen, dem politischen Ziel der Begrenzung der Kreditaufnahme sehr viel Kraft widmen müssen, aber niemals ist es das Primat, sondern es geht immer um das Abwägen gegen oder zugunsten der Interessen armer Menschen, des Bildungsbereiches, der Kin dergartenversorgung und auch der Investitionen.
Herr Dr. Hilz, die von Ihnen kritisierte Gewinnab schöpfung wird von ordentlichen Gerichten ent schieden. Warum Sie sich nun auf die Seite derje nigen schlagen müssen, die sich, sagen wir mal, in sehr sonderbarer Weise haben bestechen lassen und versuchen, den Staat zu betrügen, verstehe ich überhaupt nicht.
Das Geld nehmen wir jedenfalls gern, und wir wissen, dass es nicht strukturell wirkt, aber in der Lage, in der wir jetzt sind, ist es korrekt und legitim, es für den Haushalt einzusetzen.
Sie kamen gerade auf die 40 Millionen Euro zu sprechen. Da hatte ich die Hoff nung, dass Sie uns noch einmal genau sagen könnten, wo Sie diese 40 Millionen Euro auflösen, weil das sehr zur Klarheit – vielleicht auch in der Diskussion zwischen Ihnen und Herrn Rupp – beitragen würde.
Ja. Wir haben festgestellt – das machen wir –, dass sich in allen Sondervermö gen sehr hohe Rücklagen befinden, also Immobilien und Technik, Infrastruktur- und Hafeninvestitionen, und wie immer man das mit dem OTB bewertet, er ist vom Senat beschlossen, aber wenn man das Geld jetzt nicht braucht, um ihn zu bauen, dann kann man übergangsweise die Zuweisungen an die Sondervermögen reduzieren. Das ist ein normaler Vorgang. Für die Sondervermögen gelten ja kei ne kameralen Strukturen – wie die CDU sehr gut weiß, deshalb wollte sie sie ja immer –, und deshalb muss man jetzt nicht auch noch in Gebilde, die hohe Rücklagen haben, was ja im kameralen Staat nicht üblich ist, zusätzliche Mittel geben. Deshalb gehe ich davon aus, dass es zu Verschiebungen kommt, die aber nicht so sehr finanzinduziert sind, sondern bauablaufinduziert. Wenn dann weniger Geld ge braucht wird, muss man nicht zusätzliches Geld in Sondervermögen geben. So schlicht ist das.
Wir haben dankenswerterweise mittlerweile eine maßnahmenbezogene Investitionsplanung, die sich auch auf die Sondervermögen bezieht. Ich schlage vor: Lassen Sie sich im Haushalts- und Finanzausschuss den jeweiligen Baufortschritt zeigen, ich bin mir si
cher, dann werden Sie sehen, dass das für die beiden Haushaltsjahre 2016/2017 ein vertretbarer Weg ist.
Vielleicht können Sie zur nächsten Sitzung des Haushalts- und Finanzaus schusses einen Bericht vorlegen, wie Sie sich diese 40-Millionen-Euro-Auflösung in diesem Jahr genau vorstellen, denn wir sprechen da ja über dieses Jahr.
Vielen Dank, Frau Bürgermeisterin! Erst einmal hat es mich gefreut, dass Sie nicht strukturell mit Unternehmensgeldbu ßen planen, sondern mit einmaligen Effekten. Gibt es in den letzten Monaten Erkenntnisse, dass solche Geldbußen oder Strafgelder ausgesprochen wurden, die bereits verbucht werden können?