Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

(Beifall SPD)

Als Nächste hat das Wort die Ab geordnete Frau Dr. Schaefer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! in der letzten Bürgerschaftssitzung im November hatte uns der Bürgermeister bereits von den für Bremen damals, wie ich finde, erfolgreichen Verhandlungen berichtet. Bremen bekommt ab dem Jahr 2020 jährlich 487 Millionen Euro, und dies haben wir im November als erfolgreiche Verhandlungen gewertet, aber in diesem Zusammenhang auch eine Verantwortung für Bremen anerkannt. Ich habe damals gesagt, dass der finanzielle Boden Bremens stärker geworden ist, aber es wäre noch kein Tanzboden.

Jetzt, nachdem es am 8. Dezember auch eine Einigung über die Konkretisierung in den Gesetzentwürfen gibt, hat sich dieser Erfolg manifestiert, und ich finde, das ist erst einmal eine gute Nachricht für das Land Bremen, meine Damen und Herren!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Zu Beginn meiner Rede möchte ich sagen, ich finde, es gebührt dem Bürgermeister, der Finanzsenatorin und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den beteiligten Ressorts, die die Verhandlungen vorbereitet, begleitet und bestritten haben, unser Dank für dieses Ergebnis.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich teile die Einschätzung von Herrn Liess, dass dies die finanzielle Position Bremens stärkt, es stärkt vor allen Dingen aber auch die Unabhängigkeit unseres Bundeslandes. Wir bleiben als Stadtstaat lebens- und handlungsfähig, und zusätzlich sind die finanziellen Weichen für die Stärkung des Föderalismus gestellt worden.

Die Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteu er erfolgt zukünftig grundsätzlich nach Maßgabe der Einwohnerzahl, davon profitiert Bremen. Die unterschiedliche Finanzkraft der Länder wird durch Zu- und Abschläge zum angemessenen Ausgleich der Unterschiede in der Finanzkraft berücksichtigt, und davon profitiert auch Bremen.

Weiter heißt es: „Zur besonderen Entlastung des Saar lands und der Freien Hansestadt Bremen kann der Bund künftig Sanierungshilfen gewähren. Die Länder ergreifen gleichzeitig Maßnahmen zum Abbau der übermäßigen Verschuldung sowie zur Stärkung der Wirtschafts- und Finanzkraft.“ Dies kann man auf der Seite des Bundesfinanzministeriums lesen. Das zeigt doch, Herr Röwekamp, dass der Bundesfinanzminis ter anerkennt, dass verschuldete Länder Schulden auch tilgen müssen, aber sie müssen eben auch die Möglichkeit haben, ihre Wirtschafts- und Finanzkraft weiter zu stärken und investieren zu können, und da folge ich in diesem Fall dem Bundesfinanzminister.

Ich finde, das ist ein ganz bedeutender Punkt: Wir bekommen 487 Millionen Euro, die dazu dienen, zum einem Schulden zu tilgen, den Sanierungspfad einzuhalten und auch etwas mehr Spielraum in den künftigen Haushalten zu haben. Ich finde, das ist eine ausgewogene Finanzstrategie, meine Damen und Herren.

Aber auch von der folgenden Regelung wird Bremen profitieren: Es wird eine Mitfinanzierungskompetenz des Bundes für bedeutsame Investitionen finanz schwacher Kommunen im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur eröffnet, um eine gezielte För derung insbesondere finanzschwacher Kommunen zu ermöglichen. Der Bund wird dafür den seit dem Jahr

2015 existierenden Kommunalinvestitionsförderungs fonds um weitere 3,5 Milliarden Euro aufstocken.

Meine Damen und Herren, gerade in einem so wich tigen Bereich wie der Bildung – ich finde, das ist ehrlich gesagt keine rot-grüne Spielerei – wird der Bund Bremen in Zukunft finanziell mehr unterstützen, Herr Bürgermeister Sieling hat vorhin den Betrag von 40 Millionen Euro genannt, und ich finde, das ist auch richtig so. Der Bildungsstandard und damit die Chance für Kinder und Jugendliche, eine gute Bildung zu erhalten, die ihnen später hilft, einen Beruf zu erlernen, das darf nicht von der Finanzkraft einer Kommune abhängen. Kinder aus armen Kommunen und Haushaltsnotlageländern müssen die gleichen Ausgangsbedingungen und Chancen auf gute Bildung bekommen wie Kinder aus reicheren Kommunen, meine Damen und Herren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Daneben werden die Voraussetzungen für die Wei tergewährung der Finanzhilfen des Bundes in den Bereichen Seehäfen und Gemeindeverkehrsfinanzie rung geschaffen. Die Änderungen des Grundgesetzes sehen vor, dass der Bund den Ländern Finanzhilfen ab dem Jahr 2020 in Höhe von rund 330 Millionen Euro jährlich gewährt. Auch davon profitiert ganz klar das Land Bremen als Hafenstandort.

Es gab ja während der Verhandlungen sehr hitzige Debatten zum Thema Finanzierung der Verkehrsin frastruktur. Der Bund erhält weiterhin die alleinige Verantwortung für Planung, Baubetrieb, Erhaltung, Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung der Bundesautobahnen. Ich bin, ehrlich gesagt, sehr froh über dieses Ergebnis und finde es auch richtig so. Autobahnen sind wichtige Verkehrsinfrastrukturen, die die einzelnen Bundesländer verbinden, aber auch die Wirtschaftsverkehre ermöglichen – wir sind ein Wirtschaftsstandort –, und ich finde, so etwas darf nicht privatisiert werden und dann in unterschiedliche Standards bundesweit zerfallen, je nachdem, wie gut etwas funktioniert oder nicht.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Also, in den Ergebnissen zusammengefasst, heißt es: Bremen erhält 487 Millionen Euro jährlich als Belastungsausgleich. Davon sollen ab dem Jahr 2020 jedes Jahr 50 Millionen Euro als Sockeltilgung, also zur Schuldentilgung, verwendet werden. Des Wei teren werden über einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren in frei wählbaren Jahrestranchen zusätzlich 150 Millionen Euro in den Schuldenabbau fließen. Das heißt, im Prinzip sind es 80 Millionen Euro in den ersten fünf Jahren, aber der Bürgermeister hat ja auch darauf hingewiesen, es gibt da eine Flexibilisierung bei diesen 150 Millionen Euro. Neben der Tilgung und der Einhaltung der Schuldenbremse jedoch haben

wir auch noch etwas mehr finanziellen Spielraum in den zukünftigen Haushalten für Investitionen, und das, meine Damen und Herren, finden wir wichtig.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Wenn man der Forderung der Bremer CDU sowohl vom November als auch jetzt bei dem Redebeitrag von Herrn Röwekamp folgt, und die gesamten 487 Millionen Euro allein für die Schuldentilgung her angezogen hätte,

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das hat er gar nicht gesagt! Von 400 Millionen Euro war die Rede!)

dann würde dies ein Einfrieren der jetzt schon sehr angespannten Haushaltslage bedeuten, mit allen Sparzwängen, die wir haben. Ganz ehrlich, das kann doch keiner im Ernst wollen! Noch nicht einmal auf Bundesebene ist dies erwartet worden. Es muss doch auch möglich sein, Investitionen zukünftig zu tätigen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Noch einmal, Kitas, Bildung, Sozialbeiträge als rotgrüne Spielereien zu bezeichnen, das wirft schon auch ein bestimmtes Licht auf die Bewertung der CDU. Oder: schönster Blumenladen!

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Er meinte eher Radwege und autofreie Städte!)

Sie sind mir im Übrigen eine Antwort schuldig ge blieben, Herr Röwekamp, ich wollte nicht wissen, ob rot-grüne Schulden besser sind als schwarz-rote Schul den, aber die Frage, die ich Ihnen gestellt habe, ist,

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Sie haben keine Frage gestellt, Sie haben hereingebrüllt!)

wie viel Schulden haben denn Sie damals getilgt, wenn Sie jetzt hier fordern, die gesamten Gelder, die wir zukünftig bekommen, allein in die Schuldentil gung hineinzustecken. Sie sagen, Wachstum finden Sie wichtig. Ich glaube, das teilt hier jeder im Saal. Abbau der Arbeitslosigkeit, das Ziel teilt doch auch jeder hier im Saal, aber dass Sie das schaffen wollen, indem Sie das gesamte Geld in die Schuldentilgung hineingeben, das, finde ich, ist Sand in die Augen der Menschen streuen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Vielleicht lassen Sie mich auch noch einmal etwas anderes sagen.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Wie viel soll denn bei Ihnen getilgt werden? Haben Sie eine konkrete Vorstellung?)

Wissen Sie, Herr Röwekamp, ich habe auch im No vember schon gesagt, und ich habe versucht, es auch jetzt noch einmal klarzustellen: Man wird weder das ganze Geld in den Haushalt einstellen können, um es irgendwie zu investieren, noch wird man es komplett in die Schuldentilgung hineinstecken.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Wie viel? Wie viel ist das denn?)

Es muss ein ausgewogener Haushalt sein. Wenn Sie zugehört hätten, ich habe Ihnen doch gerade in meiner Rede erklärt, dass ich den Vorschlag, wie er jetzt vor liegt, nämlich 80 Millionen Euro in die Schuldentilgung hineinzustecken, den Sanierungspfad einzuhalten, aber auch noch Spielraum im Haushalt zu haben, für ausgewogen halte. Ich möchte aber auch noch einmal sagen, dass das Ergebnis, so wie es sich für Bremen darstellt, bei den Verhandlungen auch nur möglich war, weil Bremen sich eben im Gleichklang der anderen Länder befunden hat.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich glaube, es wäre nicht möglich gewesen, dass die anderen Länder sich so solidarisch mit Bremen gezeigt hätten, wenn man sich von vornherein komplett – zum Beispiel wie DIE LINKE – von dem Sanierungspfad oder der Schuldenbremse verabschiedet. Aus meiner Sicht kann man Verhandlungen nur erfolgreich führen, wenn das im Gleichklang ist und man sich eben von Maximalpositionen hier gar nicht beeinflussen lässt, sondern wirklich auch Sparanstrengungen vorzeigt, und das ist ja auch anerkannt worden.

Meine Damen und Herren, die Neuregelungen des jetzt vorliegenden Beschlusses des Länderfinanz ausgleichs bedeuten zwar nicht, dass ab dem Jahr 2020 die Probleme Bremens mit einem Handstreich gelöst sind oder hier die goldenen Zeiten anbrechen. Nein, diese Erwartung, finde ich, darf man auch nicht haben. Es bedeutet aber dennoch, dass wir unsere zukünftigen Haushalte auf etwas solidere Füße stellen, mehr Geld für den Bildungsbereich haben, die Häfen abgesichert sind, Bremen und Bremerhaven attraktive Wohnorte sind und auch bleiben. Ich finde es nicht in Ordnung, ein aus meiner Sicht so anständiges Verhandlungsergebnis hier derart schlechtzureden, wie es gerade von der CDU gemacht worden ist.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich glaube, wir können mit dem erzielten Ergebnis wirklich zufrieden sein. – Herzlichen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als Nächster hat das Wort der Ab geordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Kolle ginnen und Kollegen! Ich möchte am Anfang, weil Herr Bürgermeister Dr. Sieling gesagt hat, dass wir immer alles, was unterhalb der Schuldenbremse ist, einfach in Bausch und Bogen abtun, meine eigene Rede von vor vier Wochen zitieren. Da habe ich ge sagt, ich halte diese Einigung der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs im Kern für richtig und im Kern für gut. Das ist etwas anderes! Ich bitte, dies einmal im Zusammenhang zu registrieren.

Gleichwohl ändert es nichts an meiner Meinung, dass so etwas wie eine Schuldenbremse ins Grundgesetz oder in die Landesverfassung zu schreiben, ein großer historischer Fehler gewesen ist, der nachfolgende Generationen hindert, unter Umständen in Zukunft zu investieren, und der – es wird sich herausstel len – einen Zwang zur Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge und öffentlichen Eigentums nach sich ziehen wird. Das ist jedoch eine andere Debatte.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben im Vergleich zu vor vier Wochen heute jetzt konkretere Rahmenbedingungen, unter denen Bremen ab dem Jahr 2020 Sanierungshilfen bekommt, und zwar 400 Millionen Euro, sowie konkrete Rah menbedingungen in Bezug auf den neuen Länder finanzausgleich, aus dem Bremen, je nachdem wie sich die Steuereinnahmen entwickeln, irgendetwas zwischen 80 und 90 Millionen Euro mehr erhalten wird. Wir wissen auch, dass andere Rahmenbedingungen gesetzt werden, unter anderem, dass das Bundesfi nanzministerium kontrollieren kann, ob Tilgungen erfolgen oder nicht, weil ein Teil der Vereinbarung darin besteht, dass man von diesen 480, 490 Milli onen Euro insgesamt durchschnittlich 80 Millionen Euro pro Jahr in die Schuldentilgung stecken muss.

Ich sage einmal, zu behaupten, am Anfang tilgen wir nur 50 Millionen Euro und dann am Ende der fünf Jahre, wo man sich verpflichtet hat, dann 150 Millionen Euro, das halte ich für ein bisschen in die Tasche gelogen.

(Beifall DIE LINKE)

Denn letztendlich muss man eingestehen, wenn man eine langfristige Haushaltspolitik auf dieser Ebene machen will, dann wird Bremen nicht umhin kommen, jedes Jahr ungefähr 80 Millionen Euro in die Tilgung zu stecken. Das kann man nicht auf die lange Bank schieben, und das kann man auch nicht verteilen.

Unter dem Strich bleiben also circa 400 Millionen Euro, die wir ab dem Jahr 2020 mehr bekommen. Ich habe mir die Mühe gemacht und versucht, erstens den mittelfristigen Finanzplan, zweitens die Steuerschät zung November 2016 zusammenzurechnen. Denn das muss man tun, meine ich, um herauszufinden, was