Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Unter dem Strich bleiben also circa 400 Millionen Euro, die wir ab dem Jahr 2020 mehr bekommen. Ich habe mir die Mühe gemacht und versucht, erstens den mittelfristigen Finanzplan, zweitens die Steuerschät zung November 2016 zusammenzurechnen. Denn das muss man tun, meine ich, um herauszufinden, was

uns eigentlich diese 400 Millionen Euro nützen, und welchen Spielraum wir denn 2020 theoretisch haben.

Sind wir dann in der Lage, 400 Millionen Euro direkt in die Tilgung zu geben, weil wir sie gar nicht mehr brauchen, oder müssen wir etwas ganz anderes ma chen? Das findet man nicht heraus, indem man hier die Politik von Rot-Grün oder Ähnliches in Bausch und Bogen verurteilt, sondern man muss es rechnen. Das ist eine Verpflichtung, die wir eingehen müssen, ich habe es versucht zu rechnen, und ich werde Sie wiederum mit Zahlen langweilen. Es kommt ungefähr Folgendes dabei heraus: Zunächst weist der mittel fristige Finanzplan für das Jahr 2020 im Moment ein Defizit von circa 150 Millionen Euro aus, also halten wir die Schuldenbremse nach der jetzigen Planung nicht ein, zumindest vor der Steuerschätzung. Nach der Steuerschätzung stellt sich heraus, dass wir im Jahr 2020 ungefähr 200 Millionen Euro mehr Ein nahmen haben werden, wir haben eine Chance auf 200 Millionen Euro.

Dann sagt man, das ist eine gute Idee, damit ist es geschafft, dann haben wir ungefähr 50 Millionen Euro mehr, als wir bisher dachten, und dann können wir frei über die 400 Millionen Euro verfügen. Ich sage, das ist aber nicht so, der jetzige mittelfristi ge Finanzplan enthält Annahmen, die mit größerer Wahrscheinlichkeit so nicht eintreten werden. Die Personalkosten sind in den letzten vier Jahren um 3,1 Prozent gestiegen, in den nächsten vier Jahren sollen sie um 1,3 Prozent steigen, und das ist eine Steigerung, die so wahrscheinlich überhaupt nicht ein zuhalten ist, selbst wenn man weitere Stellen streicht. Die Sozialleistungen sind in den letzten vier Jahren um knapp vier Prozent gestiegen, in den nächsten vier Jahren sollen sie noch um 1,5 Prozent steigen. Ich halte das für sehr optimistisch. Die konsumtiven Ausgaben – also alle Zuschüsse, insbesondere auch an die BSAG und an die Universitäten et cetera – sind in den letzten vier Jahren jährlich um drei Prozent gestiegen und sollen in den nächsten vier Jahren nur um ein Prozent steigen. Auch das halte ich für optimistisch.

Wenn ich damit rechne, dass in den nächsten vier Jahren die Kosten für das, was ich genannt habe, ge nauso ansteigen wie in den letzten vier Jahren, dann komme ich zu dem Schluss – wenn ich die Kosten für die Flüchtlinge, die für das Jahr 2016 noch mit 60 Millionen Euro geschätzt werden, mit einrechne –, dass wir eigentlich, um auf den Stand zu kommen wie jetzt, im Jahr 2020 ungefähr 300 Millionen Euro mehr brauchen. Das reduziert schon einmal deutlich die Überschüsse, die wir haben, und wenn wir in den nächsten vier Jahren nur eine Zinssteigerung von 0,4 Prozent haben – und das ist nicht unwahrschein lich –, dann müssen wir auch ungefähr 100 Millionen Euro mehr für Zinsen ausgeben.

Unter dem Strich ist es so, dass wir mit diesen 400 Millionen Euro, die wir zur Verfügung haben und nicht in die Tilgung stecken müssen, faktisch mög

licherweise nicht mehr haben, den Status quo von heute einfrieren. Das schmälert meines Erachtens diese Form von Einigung und Erfolg, denn dann haben wir wahrscheinlich immer noch zu wenig Geld für die Sanierung öffentlicher Gebäude und werden wahrscheinlich immer noch zu wenig Lehrerinnen und Lehrer haben, zu wenig Kitas und zu wenig Schulen, und ich kann diese Liste noch weiter fortführen. Das bedeutet nicht, dass dieses Ergebnis schlecht ist, sondern unter Umständen ist es eigentlich nicht gut genug, um die damit verbundenen Ziele zu erreichen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe ja jetzt nachgewiesen, dass mit hoher Wahr scheinlichkeit gar nicht 400 Millionen Euro übrig bleiben, über die man in irgendeiner Weise verfügen kann. Gesetzt den Fall, man würde es schaffen, den Haushalt so zu kürzen, dass dann im Jahr 2020 tat sächlich 400 Millionen Euro zur Verfügung stünden, die man dann in die Tilgung stecken kann: Wie will man dann bitte schön in der verbliebenen Zeit den Investitionsstau an öffentlichen Gebäuden, Stra ßen und sonstigen Dingen abbauen? Wir sind heute schon in der Situation, dass wir nur die Hälfte für Sanierungsmittel und Bauunterhaltung ausgeben, als eigentlich nötig wäre. Wir haben vor zwei Wochen im Haushalts- und Fi nanzausschuss eine Antwort bekommen, dass allein an den bremischen Hochschulen ein Sanierungsstau von ungefähr 125 Millionen Euro aufgelaufen ist. Das heißt, dass die These von Herrn Röwekamp, wonach investive Mittel für die Zukunft ausgerichtet sind und Zinsen für die Vergangenheit, schon deswegen nicht stimmt, weil wir nicht nur Zinsen, sondern auch investive Mittel zur Bewältigung vergangener Lasten aufwenden müssen, und das ist eben noch keine In vestition in die Zukunft. Das sind bisher nicht mehr als unbedingt notwendige Instandhaltungsmaßnah men. Das ist eben nicht nach vorn gedacht, was jetzt an Investitionen ansteht, sondern es ist nach wie vor Vergangenheitsbewältigung.

(Beifall DIE LINKE)

Ich mache darauf aufmerksam, dass wir hier vor gestern eine Debatte über die Personalsituation im Jugendamt hatten. Die kriechen auf dem Zahnfleisch. Dort bräuchten wir eigentlich eine Halbierung der Fallzahlen, so ist etwa die Größenordnung. Wenn man aber die Fälle pro Mitarbeiterin beziehungs weise Mitarbeiter halbiert, dann bräuchte man nach einem einfachen Dreisatz eigentlich doppelt so viel Personal. Wenn wir dieses Personal nicht einstellen und diese Situation nicht auflösen, dann erzeugt dies weitere Probleme, die letztendlich auch fiskalisch wirksam werden, ganz abgesehen davon, dass wir es offensichtlich momentan nicht schaffen, dringend notwendige Hilfe für Menschen und insbesondere Kinder zu organisieren, die sie brauchen.

Auch da ist die Frage, welche Lasten wir eigentlich den nächsten Generationen zurücklassen, ob finan zieller Art oder aber durch Schaffung großer sozialer Probleme. Meine Antwort ist eindeutig, das kennen Sie von mir: Wir brauchen mehr Schulen und mehr Kitas, und wir brauchen Investitionen in Zukunft, und wir brauchen diese 400 Millionen Euro, wenn wir denn einen Teil davon wirklich zur freien Verfügung haben, um dort zu investieren.

Das Schlimme an der Forderung, 400 Millionen Euro in die Tilgung zu stecken, ist, das finde ich persön lich, dass sie meines Erachtens nichts macht, als – ich habe jetzt ein neues Wort gelernt – postfaktisch eine Politik zu machen, indem man populäre Dinge aneinanderreiht, von denen alle denken, dass dies eine gute Idee wäre, und am Ende bedient man nichts weiter als Altersgefühl von Menschen und von Wählerinnen und Wählern.

Wenn man sagt, wir machen zu wenig für die Bil dung, wir haben zu wenig Lehrerinnen und Lehrer, wir haben zu wenig Polizisten, wir müssen dringend investieren in Wirtschaftskraft stärkende Dinge, und man dann auch sagt, 400 Millionen Euro könnten in die Tilgung gesteckt werden, dann weiß Herr Röwe kamp, dass das nicht geht. Das weiß er,

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

das kann er selbst berechnen.

(Abg. Gottschalk [SPD]: Na, na!)

Ich sage einmal, ja, auch als Anwalt kann man Grund rechenarten – –.

(Heiterkeit SPD)

Nein, ich finde, er weiß es und stellt diese Forde rung wider besseres Wissen auf und täuscht damit die Wählerinnen und Wähler, als könnte er so ein Politikziel erreichen, und das finde ich nur begrenzt in Ordnung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde es interessant, dass die Begründung für die zusätzliche Hilfen jetzt die Einhaltung der Schul denbremse, die Tilgung und die Stärkung der Wirt schafts- und Finanzkraft sind. Jetzt habe ich zwei verschiedene Interpretationen gehört: Die einen sagen, Wirtschafts- und Finanzkraft sei eng auszu legen, das müsste sozusagen investiert werden in Infrastruktur, und die anderen sagen, das könnten wir auch für Bildung und Soziales ausgeben. Meiner Meinung nach wäre es angesichts der Lage, in der sich nicht nur Bremen befindet, wichtig gewesen, in diese Vereinbarung hineinzuschreiben, dass diese Form von Hilfen zum Beispiel der Einhaltung der

Schuldenbremse, der Tilgung oder der Wirtschafts- und Finanzkraft dienen, aber es hätte auch hinein geschrieben werden müssen, dass es dem sozialen Zusammenhalt in diesem Land und auch in dieser Stadt dient. Das wäre dringend nötig angesichts der Tatsache, wie es hier jetzt gerade aussieht. Das ist nicht geschehen, und das zeugt von dem Geist, dass man dies nicht gewollt hat.

(Beifall DIE LINKE)

Wir konnten jetzt in der Zeitung lesen, dass der Stabilitätsrat oder das Bundesfinanzministerium si gnalisiert hat, dass die erhöhten Ausgaben für die Unterbringung von geflüchteten Menschen im Rahmen des normalen Haushalts zu erbringen sind, weil wir ansonsten die 300 Millionen Euro Sanierungshilfe nicht bekommen, die wir in diesem Jahr bekommen könnten. Das bedeutet, dass wir unter Umständen mit diesen Mehrkosten den Sanierungspfad reißen und diese 300 Millionen Euro nicht bekommen.

Man sieht jetzt, dass jetzt versucht wird, die Ausgaben in diesem Jahr in irgendeiner Weise in das nächs te Jahr zu verschieben. Meines Erachtens werden Sondervermögen herangezogen, um den Haushalt in irgendeiner Weise glatt zu bekommen. Die Tat sache, dass das vom Bundesfinanzministerium nicht anerkannt wird, ist meines Erachtens eine Ohrfeige für das Bundesland Bremen und für alle Menschen in Bremen, die sich dafür eingesetzt haben, geflüchtete Menschen hier so schnell wie möglich unterzubrin gen und zu integrieren, und dass das Geld kostet, ist klar. Mit einer solchen Maßnahme, das nicht als Sonderbelastung anzuerkennen, bestrafen Sie diese Menschen dafür, dass sie sich hier dafür eingesetzt haben, dass hier geflüchtete Menschen untergebracht werden können. Das ist meines Erachtens mehr als unanständig, das ist purer Geiz und gehört nicht in eine Verhandlung über die Finanzierung von Ländern und Kommunen.

(Beifall DIE LINKE)

Letztes Mal habe ich schon gesagt, dass es in diesem Jahr 108 Millionen Euro mehr Steuereinnahmen gibt. Die Vereinbarung mit dem Bund sieht vor, dass dies im Sanierungspfad nicht zählt. Entschuldigung, das ist ja kein Geld, das wir geschenkt bekommen, sondern das ist sozusagen ein Ergebnis möglicherweise auch von Wirtschaftskraft stärkenden Maßnahmen. Das ist gegebenenfalls hier ein Erfolg von Sanierungspolitik der vergangenen Jahre, und dass dieses Geld jetzt nicht zählen soll, wenn wir diesen Haushalt sanieren, das verstehe ich nach wie vor nicht, und das hätte man mit dem Bund vereinbaren müssen, dass das so nicht funktionieren kann. Wir haben auf der einen Seite erhöhte Kosten im Bereich der Flüchtlinge, die wir in den Haushalt hineinrechnen sollen, und auf der anderen Seite 100 Millionen Euro mehr Steuer

einnahmen, die aber irgendwie nicht zählen. Das kann man auf der Straße niemanden erklären, und deswegen muss es geändert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Die Frage lautet, was eigentlich bis zum Jahr 2020 ist. Was machen wir bis dahin? Sind wir gezwungen, aufgrund der Sanierungsvereinbarungen auf einen Punkt hin zu sanieren, zu kürzen und Ausgaben zu deckeln, den wir dann nicht mehr einhalten müssen? Mit der jetzigen Vereinbarung ist die Einhaltung der Schuldenbremse, ob man sie will oder nicht, erst einmal vergleichsweise gesichert. Wir müssen also keine zerstörerische Form von Haushaltspolitik mehr betreiben. Wir können schauen, wo und an welchen Stellen wir mehr Personal brauchen, wo es einfach nicht mehr weitergeht. Wir können sehen, wo wir mit Investitionen heute einen Sanierungsstau aufheben, beheben und zukünftig Kosten vermeiden. Das geht aber nur, wenn uns erlaubt werden würde, diesen Sanierungspfad bis zum Jahr 2020 möglicherweise in Grenzen zu verlassen. Ist es nicht. Ich finde es absurd, dass wir gezwungen sind, auf einen Punkt hin zu kürzen, der dann nicht mehr notwendig ist. Letztendlich wird es möglicherweise ein Anwachsen der Schulden begrenzen, aber wir werden auf anderer Ebene Kosten haben, die das mehr als ausgleichen. Die Frage ist, in welcher Welt wir leben.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: In dieser!)

Meiner Meinung nach hat sich der Bundesfinanz minister als eitler Geizkragen entlarvt. Er hat sich mit Sicherheit irgendwann einmal zum Grundgesetz bekannt. Er bekennt sich wahrscheinlich auch zu christlichen Werten, weil er ja in der entsprechenden Partei ist. Ich nehme ihn im Moment eher wahr als einen Finanzminister mit feudalistischen Attitüden, und ich finde, das geht gar nicht. Deswegen muss man hier in Bremen und auch anderswo für eine andere Politik streiten. Für eine Politik, die Haushaltssanie rung nicht vor die Interessen der Menschen stellt, sondern genau umgekehrt, dass man die soziale Lage der Menschen sowie den sozialen Zusammenhalt in Bremen, in der Bundesrepublik verbessert, den Feudalismus verhindert, die Demokratie erhält. Das ist die erste Aufgabe, und es ist nicht die erste Auf gabe, auf Biegen und Brechen eine schwarze Null zu bekommen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als Nächste hat das Wort die Ab geordnete Frau Steiner.

Sehr geehrter Herr Prä sident, lieber Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Prinzip wurde ja schon eigentlich

alles, was an Zahlen so vorliegt, gesagt. Ab dem Jahr 2020 muss Bremen jährlich nun 50 Millionen Euro in die Schuldentilgung stecken, sowie alle fünf Jahre noch einmal 150 Millionen Euro zusätzlich, das wären also durchschnittlich 80 Millionen Euro jährlich für die Schuldentilgung. Damit ist die in der letzten Woche getroffene Einigung des Bundes und der Länder sicherlich ein kleiner Erfolg für die nachfolgenden Generationen, denn das bedeutet, dass mindestens jährlich 80 Millionen Euro in die Schuldentilgung gegeben werden. Diese Tilgung ist wirklich ein wichtiges, richtiges und vor allem endlich ein willkommenes Signal für die Generati onengerechtigkeit.

(Beifall FDP)

Herr Bürgermeister, wenn die eigenen Koalitions fraktionen einmal wieder mit Ausgabenwünschen zu Ihnen kommen, ist das, glaube ich, ein guter Weg, auch an diese Aufgaben, an diese Verpflichtung zu verweisen, und das kann Sie sicherlich auch vor dem einen oder anderen schützen. Ehrlich gesagt, das finde ich sehr beruhigend, denn, Sie kennen es alle vielleicht auch selbst von früher, das Taschengeld hat immer früher in der Hosentasche gebrannt, und es wurde sofort ausgegeben. So ist es auch bei den Regierungen und ihren Fraktionen. Da will man das Geld eben lieber heute als morgen für die Lieblings projekte unter die Menschen bringen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Was haben Sie eigentlich für ein Verständnis von Haushaltspolitik und Erfüllung von öffentlichen Aufgaben?)

Ich schätze es sehr, Herr Bürgermeister, wie Sie sich dann für diese Konsequenzen und diesen Weg einsetzen, denn, ganz ehrlich, es ist ja eben sehr viel einfacher, Everybody`s Darling zu sein, statt der Mah ner, der diesen harten Weg in den nächsten Jahren gehen wird. Im Prinzip ist es ein sehr gutes Signal für die nachfolgenden Generationen, es ist nämlich das Signal, dass wir mehr hinterlassen wollen als nur einen monströsen Schuldenberg. Wir sollten nicht vergessen, dass wir uns mit jedem Euro, der zusätzlich auf den Schuldenberg oben darauf kommt, nicht nur dem Risiko steigender Zinsen aussetzen, sondern es ist ja noch viel mehr. Es ist langfristig gedacht insofern viel schlimmer, als dass wir unseren jungen Genera tionen, unseren Kindern und Enkelkindern damals die Gestaltungsspielräume wegnehmen, und damit legen wir den nachfolgenden Generationen riesige Brocken in den Weg. Jeden Cent, den wir heute an Krediten aufnehmen und ausgeben, können unsere Kinder und Enkelkinder eben nicht mehr ausgeben, und damit legen wir den nachfolgenden Generationen sehr große Hindernisse in den Weg, die Möglichkeit, auch die Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

(Beifall FDP)

Für mich ist es, ehrlich gesagt, ungerecht, wenn wir den Menschen, die nach uns die wichtigen politischen Entscheidungen treffen und zu treffen haben, die Chancen nehmen, für die eigenen visionären Projekte diese anzugehen und sich vor allem damit auch den Herausforderungen für die Zeiten von morgen und übermorgen zu stellen.

Wir sollten bei allem, was wir heute politisch umsetzen, eben immer im Blick haben, dass die nachfolgenden Generationen nicht über Gebühr belastet werden und dass wir sie nicht zu sehr einengen, sondern wir sollten ihnen das Recht einräumen, das auch wir haben, nämlich die Möglichkeit, selbst zu gestalten. Deswegen ist diese Einigung sicherlich ein sehr gutes Signal, aber es ist eben auch nur ein kleines Signal, denn wenn Bremen ab dem Jahr 2020 jedes Jahr 80 Millionen Euro in die Schuldentilgung steckt, dann brauchen wir immer noch 275 Jahre, um alle Schulden abzubezahlen. Damit sind das dann elf Generationen, das heißt, meine Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel werden das irgendwann einmal erleben.

Ich glaube, wir können da viel mehr leisten, wenn wir nur den Mut dazu aufbringen. Sie, lieber Herr Bürgermeister, können die Ausgabenwünsche Ihrer Koalition für Prestigeprojekte mit dem Hinweis, dass Bremer Schuldentilgung wichtig ist und dass Sie dazu verpflichtet sind, abwehren. Trotzdem bleiben ja jährlich noch rund 100 Millionen Euro übrig, und diese dürfen wir auch nicht einfach so ausgeben. Es ist entscheidend, dass wir sie klug verplanen, und dafür braucht es eindeutige Botschaften, dass Bremen sich dazu verpflichtet, dieses Geld primär für Investitio nen auszugeben. Das heißt, eben in die langfristige Wertschöpfung, die dann auch so langfristig wieder neue Gelder erzeugt.

(Beifall FDP)

Das Geld, das Bremen zusätzlich bekommt, ist ja auch für uns im Prinzip eine Art Schuldenbremsung-Ret tungspaket, und das Geld, das wir nicht zwingend in die Schuldentilgung stecken müssen, das können wir wirklich für eine echte Investitionsoffensive ausgeben. Herr Röwekamp, ich fände es falsch, wenn jetzt alles sofort in die Tilgung fließen würde, denn bei dem Investitionsstau, den wir heute haben, wäre das fahr lässig und auch nicht das Richtige, um Bremen fit für die Zukunft und fit für die Enkel zu machen.

(Beifall FDP)

Sie haben eben erklärt, das sei Ihr Weg, um Bremen wieder zu sanieren und damit auch wieder schul denfrei zu stellen. Ich sage, ich habe noch keine komplette Vorstellung davon, wie das mit Ihnen dann wäre, denn ich kenne nur eine einzige Fraktion, die null Änderungsvorschläge zum Haushalt unterbreitet hat, und das war Ihre.

Allein in den Bereichen Häfen und Hochschulen stehen wir vor einem sehr großen Investitionsstau, nämlich von einer halben Milliarde Euro, und der muss dringend abgebaut werden, um Bremen auch weiterhin als Standort für Luft- und Raumfahrt, für Automobilbau und Lebensmitteltechnik attraktiv zu halten. Darüber hinaus brauchen wir eben auch eine exzellente Hochschulinfrastruktur, die diese Bereiche benötigen.

Gleichzeitig ist Bremen deutscher Exportmeister, denn mehr als 55 Prozent des Gesamtumsatzes bre mischer Unternehmen wird allein durch den Export generiert. Damit sind unsere Unternehmen auf eine exzellente Infrastruktur angewiesen, zu der auch ganz besonders die Häfen gehören. Da können wir jetzt endlich anpacken und zusehen, dass Geld in Bildung, in Hochschulen und in die Infrastruktur fließt.