Dieses Fundament und diese Kooperation sind in den Tagen, die wir gerade gemeinsam erleben, einem enormen Stresstest ausgesetzt. Wir sind gut beraten,
wenn wir betonen, was uns verbindet, und wenn wir betonen, dass nicht nur ein Präsident eine Inaugu rationsrede gehalten hat, sondern dass auch eine Demonstration von 500 000 Frauen in Washington stattgefunden hat.
Herr Röwekamp, Herr Eckhoff und Herr Kastendiek haben diese Demonstration bestimmt gut gefunden. Denn sie ist ein Hinweis darauf, dass wir mit einem großen demokratischen Land, das eine lange zivil gesellschaftliche Tradition hat, verbunden sind und nicht nur mit einem unberechenbaren Trampeltier.
Das muss man sich klarmachen, wenn man nach Osten blickt. Da war Deutschland, da war Europa doch gut beraten – ja, da kann man seufzen –,
Dialog und Abschreckung, Festigkeit und Kooperation zur Grundlage seiner Außenpolitik zu machen. Als jemand, der vor ziemlich vielen Kasernen gesessen, an ziemlich vielen Demonstrationen der Friedensbe wegung teilgenommen und sich in dem Zusammen hang immer intensiver mit den Argumenten, die uns entgegengehalten wurden, beschäftigt hat, weiß ich: Abschreckung ist in einer unübersichtlichen Welt ein wichtiges Element von Stabilisierung, wenn man sie denn klug betreibt.
Lieber Arno, wenn du uns den Vorwurf machst, wir würden uns nicht in das Drama des zerfallenden Imperiums auf der russischen Seite einfühlen, dann bitte ich dich herzlich, diese Empathie zu nutzen und die langen Linien der Entwicklung in der Ukraine, in Lettland und in Polen anzuschauen. Sie dir an, was den Völkern in diesen Staaten widerfahren ist! Von Westen kamen Hitlers Truppen, und es folgten Mas saker. Von Osten kamen, als Folge der Verständigung im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes, sowjetische Truppen. Bitte! Da droht bei euch ein riesiger Ausfall beim Hinschauen. Davon möchte ich abraten, das sollten wir uns nicht zu eigen machen.
Lange Linien – dazu gehört, dass der Westen, dass Deutschland, insbesondere deutsche Politiker, immer wissen, was die Reichswehr und der Sicherheitsdienst in Russland angerichtet haben. In jedem Wort, das man spricht, in jeder Anklage und in jeder Geste des
Respekts muss das Wissen darum mitklingen. Wir dürfen aber niemals vergessen, dass die Unterschrift unter den Hitler-Stalin-Pakt von zweien geleistet wor den ist und dass es gerade einmal 14 Tage Differenz gegeben hat zwischen dem Einmarsch der Reichswehr in Polen und dem Einmarsch der russischen Truppen in den Osten der mittelosteuropäischen Staaten. Das sollten wir wissen. Und Katyn ist keine Nazilegende gewesen.
Wenn wir uns das klarmachen, dann kommen wir zu dem Ergebnis, dass es Irrsinn wäre, wenn wir die Sicherheitsbedürfnisse dieser Völker ignorieren und eine Selbstanklage erfinden würden nach dem Motto, es sei Säbelrasseln, wenn vier NATO-Bataillone in diese Länder verlegt werden, um das Sicherheitsgefühl dieser Völker zu bedienen und um sicherzustellen, dass es ein Minimum von Abschreckung gibt in einer Situation, in der die russischen Flugzeuge sehr selbst verständlich den Luftraum dieser Länder verletzen und in der die Größe der russischen Truppenmanöver alles in den Schatten stellt, was auf der westlichen Seite versucht wird.
An den Antworten muss weiter gearbeitet werden. Aber wir sind der Auffassung, der Westen muss fest und deutlich auftreten. Er muss auch gerüstet sein, wenn er gute Entspannungs- und Dialogpolitik be ginnen möchte. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen des Hohen Hauses! Ich wundere mich schon etwas über den Ton gegenüber dem frei gewählten amerikanischen Präsidenten. Ich habe auch Fanta sien, wie ich Frau Merkel gern einmal bezeichnen würde. Ich finde aber nicht, dass das unbedingt auf dieses Podium gehört. Vielleicht würde ich noch etwas Schärferes als „Trampeltier“ gegenüber Frau Merkel äußern; ich tue es nicht. Ich nehme aber zur Kenntnis, dass die Grünen doch einen scharfen Ton gegenüber Russland und Amerika fordern.
In der Lage, in der Deutschland sich befindet, hat es keine Weltgeltung. Das hat auch viel mit schwarzrot-grüner Politik zu tun. Sanktionen haben ebenfalls noch nie und nirgends irgendetwas gegen tatsächliche Unrechtsregime gebracht.
All die riesenhaften historischen Vergleiche, die ge bracht werden, schwächen ein im Grunde sinnvolles Anliegen, wie es in dem Antragstitel zum Ausdruck kommt, nämlich Menschrechtsverletzungen auch mit Solidarität entgegenzutreten. Dann aber folgt in den Reden das Hochgreifen in die Geschichte.
(Abg. Frau Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich denke, Sie wissen etwas von der Geschichte? Lesen hilft!)
In diesem Hause geht es heute anscheinend nicht kleiner. Zum zweiten Mal schwächt man ein im Grunde korrektes Anliegen durch völlig überbetonte, gera dezu hetzerische Reden, in diesem Fall gegenüber dem Ausland. Die AfD in Bremen lehnt einen solchen Ton gegenüber Russland und Amerika ab.
Ich danke – dazu komme ich ja nicht oft – meiner Vorrednerin Leonidakis, deren Äußerungen ich in diesem Fall zu hundert Prozent unterstütze.
Ja, herzlichen Glückwunsch! – Sie verlangen immerzu Bekenntnisse von mir, Sie bekommen sie heute gern.
Die Begründung, die der Redner der CDU-Fraktion heute für den Antrag vorgetragen hat, findet sich so in dem Text nicht wieder. Die CDU scheint die clin tonsche Wahlkampffinanzierung durch islamistische Staaten der Finanzierung des Wahlkampfs durch Putin vorzuziehen. Ich habe nicht begriffen, was das alles mit der Solidarität und der Menschrechtsstärkung in Osteuropa und der Welt zu tun hat.
Das muss es nicht, aber vielleicht klären Sie mich darüber noch einmal auf. – Vielen Dank, meine Da men und Herren!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Arno Gott schalk, Sie sollten darüber nachdenken, welche Bündnispartner Sie hier in der Debatte haben. DIE LINKE und die AfD stehen fest an Ihrer Seite. Das
Ich möchte mit einigen Punkten aufräumen, die durch Arno Gottschalk immer so subversiv nach dem Mot to angesprochen worden sind: Man hat die Russen schlecht behandelt.
Man hat sozusagen das, was nach Ende des Kalten Krieges vereinbart wurde, alles nach und nach außer Kraft gesetzt.
Man hat Russland sehr schnell in den Bereich G8 und G20 und später auch in die WTO aufgenommen. Ab 1997 hatte Russland sogar als einziges Land einen Sitz und Zutritt zum NATO-Hauptquartier, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dies wurde erst 2008, nach dem Überfall von Georgien, außer Kraft gesetzt. Man hat Russland mit rund 50 Milliarden Dollar in den 1990er-Jahren geholfen. Man hat ver schiedenste andere Unterstützungsmaßnahmen für Russland gestartet.
Wie waren die Fakten? Herr Gottschalk, es hilft, sich auch einmal mit den Fakten auseinanderzusetzen. Im Zwei-plus-Vier-Vertrag gibt es keine Zusagen über eine Neutralität Mitteleuropas oder Deutschlands. Moskau hat sogar zugestimmt, dass Deutschland in der NATO bleibt, weil man nämlich keine Allein stellung Deutschlands im Zentrum Europas wollte.
1990 wurde die KSZE-Schlussakte auch von Russland unterzeichnet. Sie billigt jedem KSZE-Staat das Recht zu, seine Bündniszugehörigkeit frei zu wählen. Trotz dem gab es im Westen am Anfang Vorbehalte gegen den Beitrittswunsch vieler osteuropäischer Länder. Erst fast zehn Jahre später, 1999, hat die NATO mit Polen, Ungarn und Tschechien drei neue Mitglieder aufgenommen. 2004 folgten dann Bulgarien, Rumä nien, Slowenien und die Slowakei und 2009 Kroatien und Albanien.
Herr Gottschalk, das sind die Fakten, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Es gibt eine sehr lange Rücksichtnahme des Westens auf Russland. Wenn man sich aber dazu bekennt, dass wir die Grenzen anerkennen und die Staaten in diesen Grenzen ihre Bündniszugehörigkeit frei wählen können, müssen wir es auch akzeptieren und sie aufnehmen, wenn sie den Wunsch haben, der NATO beizutreten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es gibt die Mär, Russland reagiere immer nur auf die Aufrüstung der NATO. 2009 gab es ein großes Manöver mit Weißrussland zusammen. Sapad 2009: Ein Angriff auf Polen wird vom dortigen Manöver
geübt. – Sapad 2013: 150 000 Mann aus allen Waf fengattungen üben den Großangriff auf die EU, die NATO und auf die Territorien von Polen, Baltikum, Finnland et cetera, inklusive eines Nuklearpräven tivschlages. – 2014: Größtes Manöver seit Ende der Sowjetunion mit ähnlichen Zielen.
Seit 2008 gab es diverse Tests neuer Mittelstrecken raketen. 2014 gab es allein 400 Luftraumverletzungen durch Russland. Das ist die Realität. Beschäftigen Sie sich damit, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, und nicht mit dem Wunschdenken in der Welt, in der Sie leben.
Ich will auch noch einmal ganz deutlich sagen: Wir haben uns im letzten Jahr von Hans Koschnick ver abschieden müssen. Hans Koschnick war ein großer Unterstützer der Solidarność-Bewegung. Er hat sich über Jahre bilateral dafür engagiert. Solidarność in Polen hat seinen Abschluss 1989 auch in der Siche rung Polens als demokratischem Staat gefunden und damit, die Grenzen von Polen anzuerkennen. Es hat aber auch damit ein Ende gefunden, dass sich Polen das Bündnis frei aussuchen konnte.