(Abg. Röwekamp [CDU]: Ich wollte mir das sowieso nicht angucken! – Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Gucken hättest du schon können!)
Meine Damen und Herren, für die Aktuelle Stunde ist von der Abgeordneten Frau Dr. Schaefer und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgendes Thema beantragt worden:
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil wir glauben, dass es einem Parlament gut ansteht, sich mit der Frage zu befassen, die wohl gerade die meisten Menschen bewegt, wenn sie Nachrichten hören oder auch sehen, nämlich mit der Frage: Welche Auswirkungen hat Trumps Politik auf Europa, auf Deutschland, aber vielleicht auch auf Bremen?
Der amerikanische Präsident ist nun etwas mehr als drei Wochen im Amt, und er hat es geschafft, viele Menschen nicht nur in Amerika, sondern weltweit in Sorge zu versetzen. Per Dekret wurde die bisherige Politik der USA von Trump komplett auf den Kopf gestellt. Gestern meinte ein Freund von mir, eigentlich entspreche dies fast einer Revolution, allerdings nicht im positiven Sinne.
Könnte man sich bei der Abschaffung von Obamacare, der Krankenversicherung, die für viele Amerikaner eher ein Segen war und für uns alle in Deutschland wohl eher eine Selbstverständlichkeit ist, als Europäer vielleicht irritiert wundern, so ist dies dennoch eine inneramerikanische Angelegenheit. Aber mit seiner Ankündigung des Mauerbaus an der mexikanischen Grenze, mit dem Einreisestopp für Muslime, mit der Ankündigung von Strafzöllen und der Aufkündigung von Freihandelsabkommen hat er Menschen in vielen Ländern der Welt verunsichert.
Außerdem sorgt er nicht nur mit alternativen Fakten, zum Beispiel bei seiner Amtseinführung, und mit frauendiskriminierenden Äußerungen für Schlagzeilen, sondern auch, indem er die Justizministerin entlässt, weil sie sein Einreiseverbot für Muslime für verfassungswidrig erklärt hatte.
Meine Damen und Herren, es muss uns doch mit größter Sorge erfüllen, dass eine Supermacht wie die USA jetzt von einem Präsidenten regiert wird, der schon in den ersten drei Wochen deutlich macht, dass für ihn Prinzipien wie die klare Trennung von Exekutive, Legislative und Judikative nicht gelten sollen. Das sind aber die Grundprinzipien der Demokratie.
Diese werden meines Erachtens von Trumps Politikstil infrage gestellt. Er tritt wiederholt die demokratische Gewaltenteilung und die verfassungsmäßigen Grundsätze mit Füßen.
Weltweit haben Tausende Menschen gegen die Ausgrenzungspolitik Trumps, gegen den Mauerbau an der mexikanischen Grenze, demonstriert. Viele demonstrieren für Frauen- und Minderheitenrechte. Wenn es etwas Gutes an Trump gibt, so besteht dies darin, dass er mit seiner willkürlichen und rüpeligen Art die Menschen in der Welt, und zwar nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa, wieder wachrüttelt. Ihnen und uns ist klar: Die USA standen für „liberty“. Die Freiheit ist ein hohes Gut, und dieses Gut gilt es zu verteidigen.
Gerade in dieser Woche sagte es die Schauspielerin Meryl Streep: Trump hat uns gezeigt, wie zerbrechlich die Freiheit ist, und zwar innerhalb von wenigen Tagen. Aus diesem Grund können wir nicht wegschauen und so tun, als ob das alles nur ein amerikanisches Problem sei und uns nichts anginge.
Trump hat uns gezeigt, dass man zwar mit populistischen Parolen und vermeintlich einfachen Antworten auf komplexe Probleme Wahlen gewinnen kann, deswegen aber noch lange keine gute Politik macht, und vor allem mehr Probleme schafft, als man löst.
Ich finde, das sollte eine Warnung auch an die Wähler in Bremen sein, nicht auf den billigen Populismus von Rechtspopulisten hereinzufallen.
Trump begründet seine Ausgrenzungspolitik damit, dass er angeblich islamische Terroristen aus den USA fernhalten will. Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern sollen nach seinem Willen für drei Monate keine Visa erhalten. Für Bremerinnen und Bremer, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen, könnte dies eine Familientrennung oder die fehlende Möglichkeit, in den USA zu studieren, bedeuten. Ein Schüleraustausch wäre ebenfalls nicht mehr möglich. Es würde auch zu Beschränkungen für Angestellte internationaler Unternehmen führen.
Der US-Präsident setzte zudem das gesamte Regierungsprogramm zur Aufnahme von Flüchtlingen für vier Monate aus. Flüchtlinge aus Syrien dürfen für unbestimmte Zeit gar nicht mehr einreisen. Meine Damen und Herren, dieses Einreiseverbot ist unmenschlich, willkürlich und widerspricht dem Grundgedanken der internationalen Kooperation.
Menschen dürfen nicht aufgrund ihrer Nationalität, Rasse oder Religion diskriminiert werden. Die Diskriminierung, die Trump vollzieht, kann durch keine Art von Bekämpfung des internationalen islamischen Terrors gerechtfertigt werden; denn auch in den USA gilt die Genfer Flüchtlingskonvention. Ich möchte
für uns Grüne heute und hier sagen: Wir sprechen uns ganz klar dafür aus, dass weiterhin Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten, die verfolgt oder diskriminiert werden, Schutz beziehungsweise Asyl in Deutschland erhalten und auch in Bremen eine neue Heimat finden.
Auch wenn sich Europa abschottet, ob am Mittelmeer oder dadurch, dass die Balkanroute geschlossen worden ist – das haben wir im Übrigen als Grüne auch kritisiert –, sind ein pauschales Einreiseverbot und ein Pauschalverdacht nur aufgrund der Religionszugehörigkeit inakzeptabel.
Ich erwarte im 21. Jahrhundert, dass Menschen nicht mehr aufgrund ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihres Geschlechts oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden. Das erwarte ich von einem aufgeklärten westlichen Land wie den USA, in dem bisher die freiheitlichen Grundwerte gegolten haben, worauf die USA bisher auch stolz gewesen sind.
Das willkürliche Einreiseverbot ist gerichtlich gestoppt worden. Die America-first-Politik Trumps birgt aber weitere Risiken. Der ehemalige Wirtschaftsberater Jared Bernstein warnt aufgrund der Deregulierungspolitik Trumps vor einer neuen Finanzkrise. Es besteht die Angst, dass die Risiken der Finanzmärkte aufgrund der Deregulierungspolitik unkalkulierbar werden. Die Auswirkungen internationaler Finanzkrisen können gerade an einem Handels- und Logistikstandort wie Bremen besonders gut eingeschätzt werden.
Trump kündigt Strafzölle an. Damit will er erreichen, dass Konzerne vermehrt in den USA produzieren. Er ignoriert dabei ganz offensichtlich, dass die USA ein Teil der weltweiten Wertschöpfungskette sind. Wenn ein Teil dieser Kette herausbricht, wie beispielsweise die USA, dann wird damit der gesamte Weltmarkt destabilisiert. Ich finde es irritierend, dass die neue Trump-Administration gerade Deutschland vorwirft, sich durch hohe Leistungsbilanzüberschüsse und einen niedrigen Euro auf Kosten der USA zu bereichern und Amerika auszubeuten.
Ich glaube, das sind gezielte Spitzen Trumps, um Europa zu spalten. Gerade jetzt ist deshalb ein gemeinsames Agieren der Europäischen Union nötig. Der Brexit, Trumps Wahlsieg und dessen Abschottungspolitik befördern nationalistische Bestrebungen in den EU-Ländern, in denen jetzt Wahlen anstehen. Auch das muss in den Niederlanden, in Frankreich und in Deutschland Sorge bereiten. Jene Länder, die schon dabei sind, müssen gestärkt werden.
Die deutsche Automobilindustrie hat vor Kurzem vor Trumps Handelsbeschränkungen gewarnt. Ein Automobilstandort wie Bremen und damit viele Arbeitsplätze wären von ihnen stark betroffen. Neben der Automobilbranche gibt es ungefähr 400 in Bremen ansässige Firmen, die Handelsbeziehungen mit den USA haben und die unter dieser ausgrenzenden Handelspolitik leiden würden, bis hin zu den Häfen, die natürlich vom internationalen Handel in einer globalisierten Welt leben,
und bis hin zum Bereich der Wissenschaft und der Forschung, der vom internationalen Austausch lebt und ebenfalls vom Einreiseverbot betroffen wäre.
Mögliche Finanz- und Handelskrisen können immer auch den Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten. Das können wir uns an den Standorten Bremen und Bremerhaven nicht leisten.
Was können wir tun? Ich stehe nicht hier und denke, die kleine Bremer Bürgerschaft und das Bundesland Bremen würden jetzt Herrn Trump aufhalten. Ich glaube nicht, dass er sich hinstellt und sagt: Bremen is great, I change my mind. Wir können allerdings – auch in einem Landesparlament – Haltung zeigen.
Wir dürfen als Parlament nicht die Augen vor diesem willkürlichen Trumpismus verschließen, sondern wir müssen die Probleme benennen und anprangern, da unser Land, unser Logistikstandort, aber auch die Menschen aufgrund ihrer Religion oder Nationalität unter Trumps pauschaler Diskriminierung leiden. Jeder, der mit Amerikanern oder amerikanischen Firmen Kontakt hat, sollte die Probleme ansprechen, sollte signalisieren, dass wir uns auch hier in Bremen und in Deutschland Sorgen machen, damit noch mehr US-Unternehmen gegen Trumps kurzsichtige und schädliche Politik protestieren. Microsoft hat dies gerade getan.
Meine Damen und Herren, ich finde, Bundestagspräsident Professor Dr. Lammert hat es auf den Punkt gebracht: Wer Abschottung statt Weltoffenheit predigt, wer sich einmauert, wer „Wir zuerst!“ zum Programm erklärt, darf sich nicht wundern, wenn alle anderen – mit fatalen Nebenwirkungen für die internationalen Beziehungen – gleichziehen.
Ich frage Sie: Wie viel Vertrauen kann man einem Präsidenten einer Supermacht schenken, der es offensichtlich mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, der seinen Schwiegersohn einstellt, obwohl dies nicht mit den US-Gesetzen gegen Günstlingswirtschaft vereinbar ist, der in Wildwestmanier per Dekret seine Vorstellungen von Politik durchsetzt, die weltweit für Unruhe sorgen und von deren Auswirkungen das Schicksal Tausender Menschen weltweit betroffen ist,
der den Klimawandel negiert und dessen pauschale Verdächtigung und Diskriminierung von Muslimen den Islamisten geradezu in die Hände spielt? Das macht die Welt keineswegs sicherer.
Was sollen wir von einem Präsidenten halten, der Menschen aus Kriegsgebieten die Hilfe verweigert, der unbequeme Minister nach nur einer Woche entlässt, der Spitzenberater nach nur drei Wochen verliert und der den Eindruck hinterlässt, dass seine Politik nur einem dient, nämlich ihm selbst? Er will die gesamte demokratische Grundordnung der USA aushebeln.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns zusammenstehen für Weltoffenheit, für die sich Bremen bekanntlich rühmt, für die Gewaltenteilung, für die Menschenrechte und vor allen Dingen für die Demokratie. – Herzlichen Dank!
Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, darf ich auf der Besuchertribüne eine Gruppe von der Wirtschafts- und Sozialakademie der Arbeitnehmerkammer Bremen recht herzlich begrüßen.