Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

Mir ist aber wichtig, dass seit 2010 identische Missstände angesprochen worden sind. Insofern hat man natürlich den Eindruck gewonnen, dass diese fünf Jahre ohne Effekt verstrichen sind. Die Besuchskommission kann zwar Missstände benennen, aber die Reaktion hält sich in Grenzen.

Der zweite Punkt, der mir wichtig ist, ist noch einmal, dass nicht alle dieselben Möglichkeiten haben, sich zu beteiligen. Das ist auch bei den Mitgliedern der Besuchskommission sehr unterschiedlich.

Mir wäre jetzt noch einmal ein Anliegen, das mir in dem Zusammenhang aufgefallen ist: Wir haben für die Abgeordneten keine Vertretungsregelung. Das gilt nicht für die Mitarbeiterinnen der senatorischen Behörde, die haben diese Möglichkeit. Wenn Sie jetzt tatsächlich das PsychKG auch hinsichtlich der Besuchskommission ändern, dann würde ich diesen Aspekt ganz gern noch einmal reflektiert wissen. Ich finde es zumindest gut, dass man all diesen Vorschlägen offen gegenübersteht. Ich möchte hier auch noch einmal betonen, dass ich das auf jeden Fall honoriere. – Danke schön!

Als nächster Redner hat das Wort für eine Kurzintervention der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zu Frau Bernhard sagen: Ich glaube, das ist ein ganz versöhnlicher Ausklang der Debatte. Sie haben wohl gemerkt, dass es keine Mehrheit für Ihren Antrag gibt. Es ist deutlich geworden, dass es den Besuchskommissionsmitgliedern und den Mitgliedern hier im Hause, aber auch der senatorischen Dienststelle nicht gefällt, wenn Missstände so lange nicht abgestellt werden. Das kann uns alle nicht befriedigen.

Ich möchte aber zurückweisen, dass die Möglichkeiten, dort die Besuche wahrzunehmen oder dort mitzuarbeiten, unterschiedlich seien. Nein, formal haben alle die gleichen Möglichkeiten. Die Frage ist natürlich immer, wie sie genutzt werden und wie diese Chancen dann auch wahrgenommen werden. Das bleibt so. Das liegt aber auch an der Unterschiedlichkeit der Mitglieder, an der Unterschiedlichkeit der Arbeitsweise und der Herangehensweise. Die formalen Möglichkeiten sind aber für alle Mitglieder gleich.

(Beifall FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten, Drucksache 19/867, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, LKR, Abg. Tassis [AfD], Abg. Timke [BIW], Abg. Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt das Gesetz in erster Lesung ab.

Damit unterbleibt gemäß Paragraf 35 Satz 2 der Geschäftsordnung jede weitere Lesung.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft von der Mitteilung des Senats, Drucksache 19/778, Kenntnis.

Verbot der Gesichtsverschleierung im öffentlichen Raum Antrag des Abgeordneten Tassis (AfD) vom 3. November 2016 (Drucksache 19/819) Wir verbinden hiermit: Vollverschleierung von Frauen verfassungskonform unterbinden Antrag der Fraktion der CDU vom 25. Januar 2017 (Drucksache 19/920) sowie Vollverschleierung aktiv unterbinden Antrag der Fraktion der FDP vom 25. Januar 2017 (Drucksache 19/921)

und Aufklärung und Emanzipation statt Verbot von Vollverschleierung Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 15. Februar 2017 (Drucksache 19/945)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tassis.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen dieses Hohen Hauses! Ich freue mich, dass heute doch eine größere Debatte über das Thema Burkaverbot und die drei Anträge, die noch eingegangen sind, angesetzt ist.

Sie gestatten mir, vorab – ich habe mir natürlich ein kleines Bonbon für Sie überlegt – einige Zeilen aus dem Gedicht „Deutschland, meine Mutter“ des arabischstämmigen Journalisten Imad Karim zu zitieren!

„Deutschland, meine Mutter! Land, das mich die Liebe lehrte und mir die Göttin meiner Frau gab, Land, das mich die Freiheit lehrte, Land mutiger Frauen, ich sorge mich um dich, denn die Hyänen sind da. Deutschland, meine Mutter! Du bist Mumien und ihren willenlosen Helfershelfern in die Hände gefallen. Sie werden dich nicht töten können, aber Narben in deine geschichtenreiche Haut ritzen. Deutschland, meine Mutter, die Hyänen sind da!“

Imad Karim will mit diesen eindrucksvollen Zeilen vor der Islamisierung unseres Landes warnen, zu dem die Burka und das Tragen ähnlicher Ganzkörperverschleierungen ihren Beitrag leisten. Der Journalist Henryk M. Broder hat vor über einem Jahr gesagt – natürlich provokativ –, die Islamisierung sei keine Gefahr mehr, sondern sie sei durchgeführt. Darüber mag man streiten, aber auf alle Fälle ist es keine Überraschung mehr, dass dieses Thema heute diskutiert werden soll.

Die Frauenbeauftragte des Landes Bremen, Frau Hauffe, hat natürlich recht, es hat viel mit Wahlkampf zu tun, dass sich jetzt auch die CDU und die FDP mit relativ weitgehenden Anträgen zu diesem Thema vorgewagt haben. Das macht aber nichts. Ich finde das gut und möchte kurz auf die Anträge eingehen.

Der Antrag der FDP geht am weitesten, und dafür möchte ich mich doch sehr bedanken. Seine Überschrift lautet „Vollverschleierung aktiv unterbinden“. Das ist sehr vernünftig. Die Bremische Bürgerschaft wird aufgefordert – also wir alle –, sich gegen die Vollverschleierung auszusprechen.

Bei der CDU ist es dann schon etwas abgeschwächter, die Überschrift lautet „Vollverschleierung von Frauen verfassungskonform unterbinden“. Es ist natürlich immer klar, wenn etwas unterbunden werden soll, dass es verfassungskonform geschehen muss, aber

immerhin lässt man sich auch damit auf einen Antrag der AfD ein, anders als in anderen Landesparlamenten, in denen man sich mit den Anträgen auf ein Burkaverbot der AfD-Fraktionen erst gar nicht beschäftigt oder die CDU sie sogar abgelehnt hat.

(Abg. Frau Böschen [SPD]: Das wäre klüger gewesen!)

Schließlich ist der Antrag der Koalition heute Morgen gegen 8.30 Uhr eingegangen. Das zeigt vielleicht auch das Ranking dieses Themas für die Koalition: Man möchte sich eigentlich nicht so recht damit beschäftigen und hat schnell noch eineinhalb Stunden vorher etwas zusammengeschrieben.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Vielleicht hat eine demokratische Abstimmung auch ein bisschen länger gedauert! Das ist nämlich auch Demokratie!)

So liest sich das dann auch. Man möchte, anders als sämtliche westeuropäischen Nachbarn – also die Länder der EU, die an unserer Westgrenze liegen, von den Niederlanden bis zur Schweiz –, eben kein Burkaverbot einführen. Man weist darauf hin, dass dieses Verbot in diesen Ländern negative Auswirkungen gehabt haben soll, aber auch darüber kann man natürlich spekulieren.

Ich wünsche mir natürlich sehr, dass Sie dem Antrag der AfD als dem vielleicht am weitesten gehenden, schärfsten und klarsten Antrag zustimmen.

(Abg. Frau Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein!)

Ich werde selbstverständlich auch dem Antrag der FDP zustimmen und mich bei dem Antrag der CDU enthalten.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Das beru- higt uns!)

Ich spreche mich allerdings sehr gegen den Antrag der Koalition aus. Wer sich selbst bei diesem so kennzeichnenden Akt der Islamisierung wie der Vollverschleierung von Frauen nun wieder mit der innenpolitischen Situation in anderen Ländern herausredet, sich windet und relativiert, der muss sich dann auch nicht wundern, dass sich die Wähler dann eher von bestimmten Parteien abwenden. Wir haben das heute Morgen schon beraten.

Der Unmut entsteht vor allem dadurch, dass sich die deutschen Leser des „Weser-Kurier“ nun explizit mit irgendwelchen Dingen über Vollverschleierung beschäftigen müssen, die sie eigentlich gar nichts angehen und kulturfremd sind. Die AfD sagt eindeutig, dass sie die Vollverschleierung ablehnt. Ich glaube, dass dies tatsächlich auch im Sinne aller muslimischen Freunde und aller Menschen hier in diesem Lande

ist, die hier in der Tat mit uns Deutschen in einer demokratischen Werteordnung leben wollen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bergmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Du kannst nicht nicht kommunizieren!“,

(Abg. Bensch [CDU]: Watzlawick!)

sagt der Kommunikationswissenschaftler Watzlawick. Sie kennen das! Wenn Sie mir eine E-Mail schreiben und ich Ihnen darauf nicht antworte,

(Abg. Bensch [CDU]: Dann war es Kommunikation!)

dann verstehen Sie wahrscheinlich ziemlich gut, was ich sagen wollte.

Wir verstehen, was uns ein junger Mensch mit Springerstiefeln und Glatze und was einer mit wallendem Haar, Schlabberpullover und Birkenstockschuhen sagen möchte. Wir entschlüsseln diese Botschaft in Sekundenschnelle nonverbal, unbewusst und assoziativ.

(Abg. Frau Aulepp [SPD]: Das nennt man Vorurteile!)

Trotzdem verstehen wir ein bisschen: Gestik und Mimik offenbaren etwas über den Seelenzustand der anderen Person. Der Blick in die Augen zeigt, ob eine Person mir geneigt ist, und er gibt mir soziale Orientierung. Ein voll verschleierter Mensch – ich spreche jetzt von voll verschleierten Menschen - macht diesen Teil der Kommunikation unmöglich. Da man aber nicht nicht kommunizieren kann, kommt trotzdem eine Botschaft beim Gegenüber an. Ich spreche immer von der Wirkung, nicht unbedingt davon, dass wir sie richtig interpretieren.