Birgit Bergmann

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte behandelt zwei Gesetzentwürfe zur Änderung des Bremischen Tariftreue- und Vergaberechts und des Landesmindestlohngesetzes, das haben wir ja eben gehört. Ich beginne einmal mit der Änderung des Landesmindestlohngesetzes.
Ziel der Änderung ist es, ungleiche Lohngrenzen auf Landes- und Bundesebene zu vermeiden, und Bremen soll sich künftig am Bundesmindestlohn
orientieren und dazu auf ein eigenständiges Festsetzungsverfahren verzichten, dies also aussetzen. Als CDU-Fraktion plädieren wir dafür, den Landesmindestlohn nicht nur in der Höhe dem Bundesmindestlohn anzupassen, sondern den Landesmindestlohn komplett abzuschaffen.
Beides, Bundes- und Landesmindestlohn, parallel zu führen, bedeutet bürokratische Doppelarbeit, doppeltes Controlling, doppelte Nachweispflichten für Unternehmen bis in sämtliche Nachunternehmen hinein. Das betrifft neben staatlichen Eigenbetrieben die bremischen Eigen- und Beteiligungsbetriebe, alle Zuwendungsempfänger sowie sämtliche Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben. Niemandem bringt das einen substanziellen Gewinn, denn der Regelungsbereich des Mindestlohngesetzes deckt 95 Prozent des Landesmindestlohngesetzes sowieso ab. Es gibt den einzigen Unterschied, dass vom Landesmindestlohn die unter 18-Jährigen und die Langzeitarbeitslosen nicht umfasst werden. Das ist aber beim Bundesmindestlohn gut begründet, und umso mehr spricht dies für eine Abschaffung des Landesmindestlohngesetzes, die wir zusammen mit der FDPFraktion ja auch im Frühjahr dieses Jahres schon beantragt hatten. An dieser Auffassung halten wir fest, und darum lehnen wir das Gesetz zur Änderung des Landesmindestlohngesetzes auch ab.
Außerdem hat uns der Senat einen Gesetzentwurf zur Anpassung des Bremischen Tariftreue- und Vergabegesetzes vorgelegt. Das ist einfach nötig, um die Rechtsänderungen, die auf Bundesebene stattgefunden haben, jetzt auf Landesebene umsetzen zu können. Dabei geht es im Wesentlichen um die Umsetzung der Unterschwellenvergabeverordnung des Bundes. Änderungen gibt es demnach vor allem in den vereinfachten Vergabeverfahren. Aus der freihändigen Vergabe wird die Verhandlungsvergabe, und bei den beschränkten Ausschreibungen gibt es in Zukunft im Dienstleitungsbereich zwei Kategorien, abhängig vom jeweiligen Auftragswert, mit und ohne Teilnahmewettbewerb. Die Schwellenwerte ändern sich aber im Grunde nicht. Es sind technische Änderungen und Aktualisierungen, die für sich genommen einfach nötig sind und natürlich auch unsere Zustimmung finden.
Für problematisch halten wir als CDU-Fraktion an dem Gesetzentwurf hingegen die Änderungen der Nachunternehmerklausel im Tariftreue- und Vergabegesetz. Bisher war bereits geregelt, dass
Auftragnehmer die Einhaltung des Landesmindestlohns des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und bestehende Tarifverträge bei sämtlichen Nachunternehmen zu überwachen hatten. Das war in der Praxis einfach manchmal wenig praktikabel und hat dazu geführt, dass sich weniger Unternehmen für öffentliche Aufträge, auch im Land Bremen, beworben haben. Jetzt setzt der Senat noch einmal einen darauf, jetzt sollen die Auftragnehmer zum Beispiel verpflichtet werden, den Einsatz von jedem Nachunternehmer und dessen Nachunternehmer vor Beginn der Arbeiten schriftlich anzuzeigen.
Außerdem wird der Katalog, der bei einer Kontrolle vorgelegt werden muss, noch einmal deutlich erweitert, und die Sanktionen werden massiv verschärft. Wir sehen hier als CDU-Fraktion die Balance zwischen der notwendigen Kontrolle gesetzlicher Vorschriften und einer wirtschaftlichen Auftragsvergabe nicht mehr gegeben. Das Gesetz würde dazu führen, dass sich weniger Betriebe um öffentliche Aufträge bewerben, der Wettbewerb abnimmt und die Angebotspreise damit natürlich steigen. Das ist für ein Haushaltsnotlageland wie Bremen eigentlich ein Unding. Da wir diese Änderungen ablehnen, werden wir uns unter Berücksichtigung des zuvor Gesagten, dass eben diese technischen Änderungen alle nötig sind, bei der zweiten Gesetzesänderung enthalten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mehr denn je ist die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität von Unternehmen die Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt. In einer sich dynamisch verändernden Arbeitswelt wird derjenige überleben, der Motivation, Kreativität, Innovationsfähigkeit und Lernbereitschaft stärkt. Wenn ein Betrieb eine funktionierende Prozess- und Ideenkultur entwickelt, dann entsteht ein lernendes System, das sich seiner veränderten Umwelt anpassen kann. Dieses System lernt durch seine Menschen. Deswegen sind und bleiben bildungsfähige Mitarbeiter eine entscheidende Ressource der Unternehmen.
Wir wissen, dass die Beteiligung am Bildungsurlaub in Bremen von sehr wenigen Berufsgruppen in Anspruch genommen wird, das wurde vorhin schon gesagt. Als CDU-Fraktion halten wir es daher für stimmig und zielführend, dass das Bildungsurlaubsgesetz, beziehungsweise jetzt Bildungszeitgesetz, und das Weiterbildungsgesetz reformiert und gemäß dem aktuellen Gesetzesvorschlag angepasst werden. Deswegen haben wir im Januar dieses Jahres einen Antrag gestellt, die Weiterbildungsbeteiligung im Land Bremen zu erhöhen, den Bildungsurlaub zu modernisieren und lebenslanges Lernen stärker zu fördern.
Wir gehen dabei für die Bildungszeit von einem breiten Bildungsverständnis aus, das nicht nur funktionaler Natur ist, und damit nicht nur auf konkreten berufspraktischen Nutzen ausgerichtet ist. Ich habe an dieser Stelle schon einmal gesagt, dass Bildung das ist, was übrig ist, wenn ich alles vergessen habe, was ich gelernt habe. Bildung prägt Persönlichkeiten, die um ihre Selbstwirksamkeit wissen und von deren Ideen und Engagement unsere Gesellschaft, unsere Demokratie und unsere Unternehmen leben.
Die begriffliche Veränderung von Bildungsurlaub in Bildungszeit unterstützen wir, denn sie weist darauf hin, dass es sich eben nicht um Urlaub, sondern um den Erwerb eines Kompetenzzuwachses handelt. Die Fokussierung auf
den Kompetenzzuwachs, anstatt wie bisher auf irgendeine Form des organisierten Lernens, erhöht die Transparenz für den Arbeitgeber ebenso wie für den potenziell interessierten Teilnehmer, der jetzt nämlich auch weiß, dass das Ziel, also der Output der Maßnahme, für ihn potenziell nur ein Gewinn sein kann. Gerade ältere Arbeitnehmer, Menschen mit Migrationshintergrund, gering qualifizierte Beschäftigte aus kleinen Betrieben können so eher erkennen, welcher Vorteil für sie mit einem Bildungsurlaub verbunden ist.
Die doppelte Funktion des Senats bleibt dabei bestehen, nämlich erstens, die Bewerbung von Bildungszeit und die zielgruppenspezifische Verbreitung von Angeboten sicherzustellen. Wir warten hier auf die Trendwende durch den prozentualen Anstieg der Teilnehmerzahlen. Zweitens, es ist natürlich nach wie vor wichtig, die Kommunikation mit den Betrieben zu führen, die den Nutzen der erst einmal abwesenden Mitarbeiter während der Weiterbildungszeit natürlich erklärt bekommen müssen.
Um die Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeitern zu sichern, ist auch die Umstrukturierung und Anpassung des Landesausschusses für Weiterbildung und des Förderausschusses gemäß dem neuen Weiterbildungsgesetz nützlich. Die neu gebildeten Unterausschüsse, die die Landesregierung zum Thema Weiterbildung beraten, werden durch die neue ressortübergreifende Besetzung eher in der Lage sein, auch themenübergreifend zu arbeiten.
Wir als CDU-Fraktion halten es für richtig, dass das Innovationsmanagement und die Qualitätssicherung einen stärkeren Schwerpunkt erfahren, indem ständig tätige Untersuchungsausschüsse sich diesen Themen widmen, denn auch das den Landesausschuss beratende System sollte als ein selbstlernendes System durch Qualitätskontrolle und Optimierungsprozesse anpassungsfähig und flexibel bleiben.
Es steht der Verdacht einer potenziellen Selbstversorgermentalität seitens der Weiterbildungseinrichtungen im Förderausschuss im Raum. Ob das so ist oder nicht, das liegt in der Natur der Sache, die einen werden eher sagen, ja, das ist so, und die anderen werden sagen, nein, das ist völliger Quatsch.
Ich finde, allein, dass in der Stadt dieser Verdacht geäußert wird, ist aus meiner Sicht Anlass genug, vorsichtshalber auch den Anschein zu vermeiden, indem auf äußerste Transparenz geachtet wird. Daher sollten Ergebnisse und
Landtag 3895 50. Sitzung/21.09.17
Empfehlungen zur Förderung im Landesausschuss jeweils öffentlich beraten werden.
Als CDU-Fraktion messen wir qualifizierter Bildung und Weiterbildung hohe Bedeutung zu, daher stimmen wir den beiden Gesetzesanträgen gern zu. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Das hat mich jetzt auch noch einmal aufgerufen. Ich finde, wir kommen nicht weiter, wenn wir immer diese Interessen gegeneinander stellen. Wir müssen Lösungen finden, die für beide Lösungen sind, die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen berücksichtigen. Wenn man es wirklich durchdenkt, glaube ich, weiß jeder gesunde Betrieb, dass es auch für ihn zum Guten ist, wenn er die Mitarbeiterqualität pflegt, und dazu gehört auch die Bildung. Ein aufgeklärtes Unternehmen weiß das heute, deswegen ist das kein Gegeneinander. Die Interessen von beiden Seiten aber ernst und wahrzunehmen und zu antizipieren, wenn man die einen Interessen vertritt, halte ich für absolut notwendig, um in diesen Themen voranzukommen. - Vielen Dank!
Wir fragen den Senat:
Inwiefern und mit welchen personellen und zeitlichen Ressourcen in Bremen und Bremerhaven stellt die Gewerbeaufsicht des Landes Bremen die Durchsetzung von Handwerksrecht - Eintragung in die Handwerksrolle in zulassungspflichtigen Gewerken für die angebotenen beziehungsweise ausgeführten Tätigkeiten - insbesondere bei Bauarbeiten, sicher?
Wie viele diesbezügliche Kontrollen fanden in den letzten drei Jahren jeweils in Bremen und Bremerhaven statt, und welche Auffälligkeiten traten dabei zutage?
Landtag 3648 48. Sitzung/24.08.17
Inwiefern stimmt sich die Gewerbeaufsicht des Landes Bremen bei der Planung und Durchführung von Kontrollen mit den Institutionen des Handwerks - zum Beispiel der Handwerkskammer und der Kreishandwerkerschaft - sowie mit weiteren Beteiligten, zum Beispiel dem Zoll, ab?
Ich habe im Grunde genommen keine Antwort bekommen auf meine Nachfrage in Bezug auf die Zahlen, also, wie viele Kontrollen stattgefunden haben. In Anbetracht der Tatsache, dass das Handwerk sehr über den Wildwuchs besorgt ist, den es dort teilweise gibt, weil es eine solche Knappheit an Handwerkern gibt, wäre es schon sehr wichtig zu erfahren, wie häufig kontrolliert wird, was auffällt und was dann passiert.
Da würde mich dann noch einmal die Kooperation mit den Institutionen des Handwerks interessieren, die ja vielleicht auch Hinweise haben. Findet das statt, funktioniert das?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir von der CDU-Bürgerschaftsfraktion sehen es kritisch, dass Sie, die Fraktion DIE LINKE, ein erfolgreiches, sozial verantwortlich handelndes und für den bremischen Haushalt lukratives Unternehmen wie die BLG öffentlich an den Pranger stellen.
Sie tun damit der BLG, seinem Management und seinen Mitarbeitern Unrecht. Verstehen Sie mich nicht falsch! Natürlich haben Sie als Fraktion das Recht, die Entwicklung der Leiharbeit abzufragen und in Relation zu anderen Unternehmenszahlen und Unternehmensentwicklungen zu setzen.
Wir sehen Leiharbeit etwas anders, also nicht grundsätzlich negativ. Selbst wenn ich das einmal weglasse und mich auf Ihren Standpunkt stelle, muss ich sagen, dass die Antwort des Senats auf Ihre Große Anfrage eigentlich keine Munition für Ihren nachgeschobenen Dringlichkeitsantrag hergibt. Sie interpretieren die Zahlen und Zusammenhänge so kreativ, dass diese zwar die von Ihnen gewünschte politische Aussage unterstreichen, mit der Realität allerdings wenig zu tun haben.
Ich erläutere gern, was ich damit meine. Sie behaupten eingangs in Ihrem Antrag, die BLG Logistics habe im Jahr 2016 vor Ort im Geschäftsbereich Automobile eine Leiharbeitsquote von 37 Prozent und im Geschäftsbereich Contract von 79 Prozent erreicht. Um auf solche Quoten zu kommen, setzen Sie die Zahl der Leiharbeiter ins Verhältnis zu einer Teilzahl der Beschäftigten anstatt zur Gesamtzahl. Würde man, wie es korrekt wäre, die Beschäftigten aller inländischen Standorte zählen anstatt nur bremische Beschäftigte, so käme man auf deutliche niedrigere Quoten von 27 Prozent und 44 Prozent.
Selbst diese Zahlen muss man noch einmal kritisch betrachten, da Sie beim Gesamthafenbetrieb Beschäftigte als Leiharbeiter rechnen. Der Gesamthafenbetrieb ist aber kein Leiharbeitgeber im klassischen Sinn. Er ist eine Non-ProfitEinrichtung der Tarifvertragsparteien und arbeitet nicht auf Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, sondern auf Grundlage eines eigens dafür geschaffenen Bundesgesetzes. Danach gilt derselbe Lohntarifvertrag wie für alle anderen Beschäftigten der BLG, nicht aber die niedrigeren Zeitarbeitstarife der privaten Leiharbeitsfirmen. Liebe Claudia Bernhard, die Rechnung, die du hier aufmachst, ist also etwas abenteuerlich.
Die BLG hat rund 750 ehemalige GHBMitarbeiter in die Bereiche Automobile und Contract übernommen, 262 davon übrigens aus der zwischenzeitlich geschlossenen Logistiksparte. Wir als CDU-Fraktion erkennen an, dass die BLG damit soziale Verantwortung übernommen hat. Für die betroffenen Beschäftigten war das eine große Entlastung.
Eine Zunahme privater Leiharbeit bei der BLG gab es nur im Bereich Contract. Dort fiel er allerdings mit einem Anstieg um das Zweieinhalbfache zwischen 2012 und 2016 doch ziemlich deutlich aus. Auch wir als CDU-Fraktion sagen, das ist über das Ziel hinausgeschossen!
Das langfristige Ziel ist auch für uns viel gute Arbeit, also tarifvertraglich geregelte Festanstellungsverhältnisse. Wir sehen die beschriebene krasse Entwicklung mit großem Missfallen. Daran wird noch einmal deutlich, wie weit Anspruch und Wirklichkeit des rot-grünen Senats auseinanderklaffen.
Wer Leiharbeit in der freien Wirtschaft kritisiert, aber in seinem eigenen Einflussbereich akzeptiert oder sogar fördert, der lebt nach einer gewissen Doppelmoral. Man kann zu Leiharbeit stehen, wie man will, aber man darf sie nicht mit zweierlei Maß messen.
Eine Begrenzung der Leiharbeit bei der BLG, wie Sie es gerade formuliert haben, begrüßen auch wir grundsätzlich. Den in dem Antrag geforderten kompletten Verzicht auf dieses Instrument bei einem Logistikdienstleister, dessen Geschäft nun einmal schwankt, halten wir nicht nur für nicht praktikabel, sondern sogar für ein bisschen weltfremd.
Der Antrag postuliert übrigens noch einen Zusammenhang zwischen dem gestiegenen Einsatz von Leiharbeit und der wirtschaftlichen Expansion der BLG. Das ist eine weitere Zahlenjongliererei, die sich nicht bestätigt, wenn man die Realität betrachtet. Die Zahl der weltweiten Standorte und Unternehmensbeteiligungen hat sich im abgefragten Zeitraum nicht erhöht. Auch das Betriebsergebnis in den Bereichen Automobile, Contract und Container ist im Wesentlichen konstant geblieben. Die Umsatzrendite ist in allen drei Bereichen sogar gesunken.
Wir werden den vorliegenden Antrag deshalb ablehnen.
Man merkt dem Antrag an, dass wieder Wahlkampf ist. Zu dieser Einschätzung kommt man, wenn man ehrlich ist. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Stadtbürgerschaft 3597 47. Sitzung/23.08.17
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute auf Initiative der Fraktion DIE LINKE eine Frage, die uns als CDU-Bürgerschaftsfraktion schon länger unter den Nägeln brennt. Es geht um die Wirkungsbilanz des Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms, wir nennen es BAP. Damit werden die vom Jobcenter finanzierten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen mit europäischen, also ESF-Mitteln, und Landesmitteln ergänzt, wobei das Land eigene Schwerpunkte setzen kann. Zwar bekommen wir in der Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen einen jährlichen Umsetzungsbericht zum BAP, der schon fast den Umfang eines Buches hat, trotzdem finde ich es normalerweise schwierig, die entscheidenden Daten zu finden. Unsere Hauptfrage ist nämlich, in wie vielen Fällen nach dem Besuch einer Maßnahme eine Integration in eine Beschäftigung oder Ausbildung gelingt beziehungsweise in wie vielen Fällen auf dem Weg dorthin Vermittlungshemmnisse im Sinne einer Fördertreppe überwunden werden konnten.
Zugegeben, inwiefern jemand wirklich fitter für den Arbeitsmarkt geworden ist, lässt sich schwer messen, aber zumindest die Vermittlungsquoten in Beschäftigungen oder Ausbildungen ein Jahr nach Maßnahmenende müssten doch ohne Probleme zu erfassen sein. Ich halte es für ein Unding, dass wir als Parlamentarier diese Daten immer wieder im Zuge von parlamentarischen Alternativen, wie es jetzt DIE LINKE getan hat - wir haben es auch schon gemacht -, abfragen müssen. Eigentlich müsste das Bestandteil der regulären Berichterstattung zum BAP in der Wirtschaftsdeputation sein, denn ohne diese Form der Erfolgskontrolle lassen sich die verschiedenen Maßnahmen überhaupt nicht bewerten, und man kann sich die Lektüre des Berichts eigentlich sparen.
Landtag 3294 44. Sitzung/11.05.17
Leider gibt auch die vorliegende Mitteilung des Senats keinen vollständigen Überblick über die Erfolge der einzelnen Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen. Auch will Frau Bernhard das natürlich für bestimmte Bereiche, die sie besonders interessieren, abgefragt haben, es betrifft die Förderzentren und die geförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Bei den Förderzentren für unter 25-Jährige gelingt demnach 20 Prozent ein Übergang in Beschäftigung, Ausbildung oder andere Fördermaßnahmen. Bei den Förderzentren für über 25-Jährige sind es 32,6 Prozent. Betrachtet man nur die Übergänge in ungeförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, so sind es rund 16 Prozent.
Erschreckend ist jedoch eine andere Zahl, und das ist die hohe Zahl, der hohe Anteil von Maßnahmeabbrüchen, das sind nämlich 65 Prozent. 65 Prozent Maßnahmenabbrüche! Was ist der Grund für dermaßen hohe Abbruchquoten? Wie können wir nachjustieren? Das scheint im gesamten BAP einfach nicht zu geschehen, es taucht zumindest nicht auf. Spielt es für den Senat denn keine Rolle, ob die Gelder im Hinblick auf das angestrebte Ziel, das wir ja teilen, effizient eingesetzt werden oder nicht? Immerhin, wir haben das vorhin gehört, betragen die Gesamtkosten pro Teilnehmer im Monat 1 000 Euro, das ist ja eine ordentliche Summe, die da zusammenkommt. Ich weiß nicht, wem bekannt ist, dass es um solche Summen geht, mich hat es ein bisschen erstaunt. Mit der Frage nach den Abbruchursachen werden wir Sie als Regierungsfraktionen weiterhin in die Verantwortung nehmen müssen.
Bei der geförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ist die Quote für den Übergang in ungeförderte noch niedriger, sie schwankt zwischen den Jahren und den einzelnen Instrumenten außerdem stark. Wenn ich von Instrumenten spreche, spreche ich von Förderungen von Arbeitsverhältnissen, Eingliederungszuschuss, Beschäftigungszuschuss, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante, wobei es die letzten drei gar nicht mehr gibt.
In der Mitteilung des Senats ist es nicht besonders übersichtlich dargestellt, aber wenn man die Übergänge in die ungeförderte Beschäftigung insgesamt betrachtet, kommt man auf eine Übergangsquote zwischen 6,7 Prozent und 27 Prozent. Das ist also auch nicht so toll. Ich will da jetzt nicht daraufhauen, weil ich aus vielen Diskussionen weiß, dass die Personengruppe und die Sachlage differenziert zu betrachten sind, aber es ist wenig.
Sehr interessiert hätte mich noch die Evaluation des Landesprogramms „Perspektive Arbeit“ für 500 Langzeitarbeitslose, das im letzten Jahr aufgelegt worden ist, sie liegt jedoch nicht vor. Die kritische Auseinandersetzung mit dem BAP bleibt aus meiner Sicht eine Daueraufgabe für dieses Parlament. Ich finde, die miserablen Arbeitsmarktzahlen unter diesem rot-grünen Senat - höchste Arbeitslosen- und Langzeitarbeitslosenquoten aller Bundesländer, kaum wahrnehmbarer Anstieg der Erwerbstätigkeit und Rückgang der Erwerbstätigenquote - sind Anlass genug dafür. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kollegen und Kolleginnen! Wenn die SPD sich jetzt schon so lange mit den Fragen, die ich vorhin aufgeworfen habe, beschäftigt, dass es ihr tägliches Brot geworden ist, dann haben sie sicher auch Antworten. Diese würden mich dann gelegentlich einmal interessieren!
Wie häufig bei einer derart umfangreichen Großen Anfrage debattiert hier jetzt jeder einen anderen Aspekt aus der Mitteilung des Senats. Irgendwie reden alle ein bisschen aneinander vorbei, dabei sind die Schwachstellen, eigentlich die Versäumnisse in dieser Arbeitsmarktpolitik, aber doch sehr offensichtlich. Zwar ist es richtig, wie es in der Senatsantwort steht, dass das BAP nicht der Reparaturbetrieb für alles, insbesondere für makroökonomische Entwicklungen sein kann. Trotzdem muss doch etwas falsch laufen in unserem Bundesland, wenn es allen anderen und insbesondere auch den anderen beiden Stadtstaaten so viel besser gelingt, Beschäftigung aufzubauen und Arbeitslosigkeit zu senken. Dabei spielt die Wirtschaftspolitik eine Rolle. Der letzte Satz in der Mitteilung des Senats liest sich für mich, wie von jemandem geschrieben, der, ehrlich gesagt, auf einem anderen Stern lebt.
Ich zitiere, da heißt es: „Der Senat trägt mit seiner Wirtschafts-, Gewerbeflächen- und Innovationspolitik dazu bei, ein hohes Angebot an Arbeitsplätzen bereitzuhalten beziehungsweise zu akquirieren.“ Ich sage zunächst einmal, was
Landtag 3298 44. Sitzung/11.05.17
mir daran gefällt. Das ist die Erkenntnis, dass Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftspolitik zusammengehören und ineinandergreifen. Hier im Parlament habe ich den Eindruck, die Arbeitsmarktpolitik machen mittlerweile die Frauen, und die Wirtschaftspolitik machen die Männer, und es hat irgendwie nichts miteinander zu tun. Dass diese Dinge zusammengehören und ineinandergreifen, ja, ist eine gute Erkenntnis, und in manchen Diskussionsrunden habe ich entdeckt, Arbeitsplatzsicherung wird diskutiert, und der Gedanke, dass das irgendetwas mit Gewerbeflächen oder Gewerbeansiedlung zu tun hat, wird überhaupt nicht gesehen oder erwähnt.
Ich möchte jedoch auch noch einmal Stellung dazu nehmen. Um es heute noch einmal ganz zu konkretisieren, Ihre Gewerbeflächenpolitik hat dazu geführt, dass sich die Dispositionsreserve an fertig erschlossenen Gewerbeflächen in Ihrer Regierungsverantwortung fast halbiert hat. Sie hat dazu geführt, und jetzt wiederhole ich von gestern, dass Unternehmen wie Coca Cola uns in Richtung Achim verlassen haben, sich Amazon in Achim statt in Bremen ansiedeln will, wir wissen es auch vom Autozulieferer Boysen, der hat es auch schon getan, und auch Mercedes Benz hat seine Lagerhalle ebenfalls in Achim errichtet. Das hat auch etwas mit Arbeitsmarktpolitik zu tun. Ihre Wirtschaftspolitik hat dazu geführt, dass wir, über die gesamte rot-grüne Regierungszeit gerechnet, ein deutlich unterdurchschnittliches Wachstum haben. Es wird nachher mit Sicherheit gesagt werden, in den letzten zwei Jahren lief es besser, darauf werden Sie uns hinweisen, aber insgesamt betrachtet, sind diese Ereignisse kein Beleg für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik, und die Zahlen, die wir in der Arbeitsmarktpolitik sehen, sind auch kein Beleg für eine erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik. Das erzählen Sie sonst einmal dem Heer von Arbeitslosen in dieser Stadt.
Um noch einmal auf das BAP zurückzukommen. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, haben immer betont, die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze steigern und das Übergangssystem an außerbetrieblichen und schulischen Maßnahmen zurückdrängen zu wollen, eine Forderung, die wir als CDU ja auch immer gestellt haben, aber das hat einfach nicht funktioniert. Sie haben das gesetzte Ziel objektiv nicht erreicht. In der Senatsantwort finden wir, dass die Anzahl der betrieblichen Ausbildungsplätze im Land Bremen von 6 200 im Jahr 2012 auf 5 900 im Jahr 2016 gesunken ist, während die Anzahl der außerbetrieblichen Ausbildungsplätze, die also aus dem
BAP gefördert wurden, im gleichen Zeitraum von 61 auf 185 Plätze angestiegen ist.
Meine Hypothese ist, dass Sie die außerbetrieblichen Ausbildungsplätze anbieten, um Ihr plakatives Wahlversprechen einer Ausbildungsgarantie, trotz der gesunkenen Anzahl betrieblicher Ausbildungsplätze, auf dem Papier irgendwie einhalten zu können und die Jugendlichen für den Moment irgendwie zu versorgen.
Das Thema Betriebe, wie man die Betriebe ins Boot bekommt, dazu muss man mit den Betrieben im Dialog sein und müssen die Betriebe das Gefühl haben - -,
die wollen mich, sie sind nicht permanent gegen mich und machen Auflagen und Zwangsauflagen und das und das. Wir brauchen die Betriebe mit im Boot. Es wird sich in der Arbeitsmarktpolitik gar nichts verändern, wenn wir gegen sie arbeiten. Wir brauchen sie im Zusammenwirken, wir müssen mit denen arbeiten.
Ich glaube, ich bin mittlerweile lange genug in der Arbeitsmarktpolitik unterwegs, um sagen zu können, dass wir als Land, jetzt nicht als CDU oder SPD oder sonst etwas, sondern als Land Bremen in dem Punkt nicht weiterkommen, wenn sich die Regierung einer realistischen Analyse der Gesamtsituation verweigert. Man braucht erst einmal eine Analyse.0.
Der Bremer Arbeitsmarkt kann sich keine Dauerwahlkampfhaltung leisten. Deswegen muss ich noch einmal, auch im Namen meiner Fraktion, deutlich widersprechen, nein, das Land Bremen ist mit Ihrer Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, anders als in der Mitteilung des Senats behauptet, eben nicht gut aufgestellt. Eine Kurskorrektur ist nötig, damit wir wieder einen offenen und blauen Himmel in der Sache über uns haben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Landtag 3299 44. Sitzung/11.05.17
Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine Lücke beim Thema Ausbildung: Junge Menschen erhalten keinen Ausbildungsplatz, Unternehmen fehlen Auszubildende. Grundsätzlich gilt, eine Veränderung der Faktenlage können wir nur mit den Unternehmen und unter Einbindung der Schulen bewirken.
Landtag 3330 44. Sitzung/11.05.17
Heute sprechen wir noch einmal konkret über die Arbeitsmarktstatistik, die von der Bundesagentur für Arbeit erhoben wird. Diese Statistik bedarf einer ausreichenden Differenzierung und Transparenz, damit sie eine zielgenaue Beratung unterstützt. Letztlich geben die Zahlen der Bundesagentur eher Auskunft über Qualität und Erfolg der Arbeit der Agentur, aber nicht zielgenau darüber, wie viele junge Menschen eine Ausbildung machen möchten und letzten Endes auch einen Platz erhalten. Sind wirklich alle Teilnehmer von berufsvorbereitenden Maßnahmen nicht ausbildungsreif? Wer parkt im Studium oder Praktikum? Diese Fragen bleiben unbeantwortet.
Als wir das Thema beim letzten Mal im Parlament debattiert haben, habe ich darauf hingewiesen, dass die Insider, also die Statistiker, viel mit den unterschiedlichen Daten der Kammern und arbeitsmarktpolitischen Träger anfangen können. Dass Insider etwas damit anfangen können, ist zwar notwendig, aber nicht ausreichend. In der Demokratie müssen sowohl Politik als auch Verwaltung ihre Verhaltensweisen auch nach außen hin verständlich machen, und deswegen möchten wir wissen, wo die Jugendlichen verbleiben, die dem Datenaustausch zugestimmt haben.
Wir unterstützen den Antrag der Koalition, den Datenschutz sinnvoll anzupassen. Datenschutz ist ein hohes Gut, aber keine heilige Kuh, und der Datenschutz muss den jungen Menschen, die das möchten, unbedingt dienen.
Die Kenntnis der Sachlage durch eine differenzierte Statistik ist die Grundlage für ein zielgerichtetes politisches Handeln, aber das bedeutet nicht, dass es Aufgabe von Politikern oder Politikerinnen ist, sich ständig immer tiefer in detaillierte Verwaltungsanweisungen einzuarbeiten und dann Anweisungen zu geben, wer wann wie welche Daten erheben muss, wie dies im Antrag der LINKEN gefordert wird. Wir erwarten, dass bei klarer Zielvorgabe die operativen Organe die Umsetzung inklusive der Erhebung der nötigen Zahlen selbstständig realisieren können und fordern das natürlich auch ein. Daher lehnen wir den Antrag der LINKEN ab. Politik, die meint, in der Umsetzung detaillierter Verwaltungsarbeit besser zu sein als Verwaltung, Agenturen und Kammern, sollte vielleicht umsatteln. Da läuft irgendetwas schief, wenn wir ständig solch eine Arbeit machen.
Der CDU-Fraktion geht es im Wesentlichen um Zielfenster, und ich nenne hier die wichtigsten: Erstens, wir müssen nicht wissen, wer versorgt ist, sondern wer eine beziehungsweise keine berufliche Perspektive hat, zweitens müssen
wir wissen, wer realer Bewerber oder reale Bewerberin ist, und drittens müssen wir wissen, wer nicht ausbildungsreif ist und was das bedeutet. Wenn die Rollläden zu diesen Zielfenstern geöffnet und gereinigt werden können durch dieses angestrebte Modell zum Datenabgleich zwischen dem Bildungsressort, der regionalen Arbeitsagentur, dem Jobcenter und der Bundesagentur - das läuft ja jetzt im Moment -, dann hilft das weiter.
Aus der letzten Antwort des Senats zu dem Thema geht hervor, dass der Senat im Moment keine Bundesratsinitiative anstrebt. Wenn aber die gerade genannte bilaterale Lösung scheitert, dann fordern wir als CDU-Fraktion den Senat auf, seine Entscheidung diesbezüglich zu revidieren; zu viel hängt im Leben der Jugendlichen davon ab, ob sie einen Eingang in die Arbeitswelt erhalten oder nicht, und zu viel hängt für die Bremer Wirtschaft davon ab, ob sie ihren Nachwuchs sichern kann oder nicht.
Wir stimmen also dem Antrag der Koalition zu, aber wir erkennen auch, dass die Maßnahme selbst den Jugendlichen natürlich nicht unmittelbar zu einem Ausbildungsplatz verhilft und nach wie vor nur diejenigen in die Statistik einfließen, die sich auch bei den Institutionen melden, also beim Jobcenter, der Jugendberufsagentur und so weiter.
Wir machen uns keine Illusionen darüber, dass es Menschen gibt, die auch eine Jugendberufsagentur nicht erreicht, aber das ist kein Problem. Wenn jemand nach dem Abitur irgendwo in Deutschland oder Europa ein Studium beginnt und deshalb in Bremen keine Auskunft über seinen Verbleib vorlegt, dann ist das kein Problem, denn es geht nicht um Überwachung, sondern um Unterstützung für den, der darauf angewiesen ist, und wenn sich jemand bewirbt, dann soll ihm auch geholfen werden. Daher brauchen wir eine möglichst hohe Transparenz für die Arbeitsmarktpolitik.
Deswegen unterstützen wir sowohl die avisierte Modelllösung für einen passgenauen Datenaustausch und alternativ den Anstoß für die Bundesratsinitiative. Den Antrag der LINKEN lehnen wir aus den vorhin genannten Gründen ab. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zeitarbeit beziehungsweise Leiharbeit hat sich in der deutschen Wirtschaft schon längst zu einer eigenständigen Branche entwickelt. Dabei gelten für Leiharbeitnehmer Tarifverträge und Gesetze,
sodass Arbeitsbedingungen, Entlohnung und andere beruflichen Fragen eindeutig geregelt sind. Zeitarbeitnehmer haben also die gleichen Rechte wie alle anderen abhängig Beschäftigten auch.
In Deutschland gilt anders als im Rest Europas das Arbeitgebermodell mit festem Einkommen, und zwar auch in Zeiten des Nichteinsatzes. Durch die im letzten Jahr beschlossene Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes gelten seit dem 1. April 2017 außerdem eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten sowie der Grundsatz des Equal Pay, also der gleichen Bezahlung, nach spätestens neun Monaten Beschäftigung im Kundenbetrieb. Damit wird der Grundsatz gestärkt, dass Leiharbeit nicht auf Dauer angelegt sein darf. Missbräuchen wird ein Riegel vorgeschoben.
In dem Zusammenhang verallgemeinernd von prekären Arbeitsverhältnissen zu sprechen, wie es zwar nicht heute, aber doch von SPD, Grünen und Linken immer wieder getan wird, wird der Realität nicht gerecht. Es gibt durchaus Zeitarbeitsfirmen, die sich auf hochqualifizierte und auch gut bezahlte Tätigkeiten spezialisiert haben, in denen Jahresverdienste von 80 000 Euro und mehr möglich sind. Das gilt zum Beispiel für die Leihärzte, die bei der GeNo beschäftigt sind. Es liegt also nicht am Thema „Leiharbeit“ an sich.
Daher bezeichne ich diese pauschale Kritik an der freien Wirtschaft als unaufrichtig. Wir lesen in der uns vorliegenden Antwort des Senats auf die Große Anfrage der FDP, dass sich die Zahlen der Leiharbeitsverträge zwischen 2011 und 2016 in den senatorischen Diensten fast verdreifacht, an den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen mehr als verzehnfacht und in den Beteiligungsgesellschaften mehr als verdoppelt hat. Prozentual ist der Anteil der Leiharbeitnehmer an allen Beschäftigten mit rund 25 Prozent an den Schulen und 70 Prozent in den Beteiligungsbetrieben am höchsten.
Klar gibt es dafür Erklärungen! Bei der Leiharbeit in den Beteiligungsgesellschaften handelt es sich fast ausschließlich - wir haben es schon gehört - um Arbeitnehmer im Hafenbereich, die für die BLG arbeiten. Die überwiegende Mehrheit sind Beschäftigte des GHB, also der Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft. Die Situation des GHB haben wir mehrfach ausführlich im Hafenausschuss der Wirtschaftsdeputation und auch hier in der Bürgerschaft diskutiert. Es gibt eine unterschiedliche Bewertung.
Beim GHB läuft ein Umstrukturierungsprozess. In einer Sache waren wir uns aber doch einig. Der Hafenumschlag unterliegt nun einmal starken
Landtag 3197 43. Sitzung/10.05.17
Schwankungen. Deswegen liegt der GHB im Interesse der Beschäftigten und wird auch in Zukunft benötigt. Die in absoluten Zahlen große Bedeutung von Leiharbeit in diesem Bereich ist daher erklärbar und nachvollziehbar. Da liegen wir teilweise gar nicht weit auseinander.
Jetzt muss man der Ehrlichkeit halber auch sagen, dass sich der Einfluss des Senats auf die Beschäftigungspolitik der Beteiligungsgesellschaften in Grenzen hält. Bei Mehrheitsbeteiligungen wie bei der BLG ist er höchstens indirekt gegeben, und bei Minderheitsbeteiligungen ist er eigentlich gar nicht vorhanden. Wenn man etwas anderes sagt, weckt man Erwartungen, die man hinterher nicht erfüllen kann.
Ich werfe noch einmal einen Blick auf die Leiharbeitnehmerinnen und -nehmer in den Schulen. Es handelt sich dabei um Beschäftigte, die bei der Stadtteil-Schule, bei Schulvereinen und freien Trägern angestellt sind und die im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung an Schulen ausgeliehen werden. Das betrifft die Aufgabenfelder Unterrichtsvertretung, Ganztagsschulen, verlässliche Grundschule, Schulassistenten, Lese-IntensivMaßnahmen, Sprachförderung und Vorkurse für Migranten. Es handelt sich also um unterrichtendes und um nicht unterrichtendes Personal. Auch hier wird Leiharbeit eingesetzt, um die immer wieder aufklaffenden Lücken an Schulen kurzfristig halbwegs zu stopfen und neue Regelaufgaben - Stichwort Inklusion - personell abdecken zu können. Dass dies im Land Bremen bisher nicht hinreichend gelingt, weiß eigentlich jeder, der Zeitung liest. Ohne das Instrument Leiharbeit sähe es aber wahrscheinlich noch viel schlechter aus.
Insofern lautet meine Bitte an die Regierungsfraktionen: Kritisieren Sie nicht die freie Wirtschaft für ein Instrument, auf das Sie selbst in hohem Maße angewiesen sind und offensichtlich auch kräftig zurückgreifen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Debatte um die Leiharbeit spielen auch immer wieder Unterschiede in der Entlohnung im Vergleich zur Stammbelegschaft eine Rolle. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist einer der immer wieder betonten Gerechtigkeitsgrundsätze der SPD.
Für sie selbst scheint es schwierig zu sein, diesen Grundsatz umzusetzen. Schauen wir uns das einmal exemplarisch an der Leiharbeit an Schulen an.
Dort gibt es verbeamtete und angestellte Lehrkräfte im öffentlichen Dienst, und es gibt ausgeliehene Lehrkräfte, die nicht zum öffentlichen Dienst gehören. Alle werden unterschiedlich entlohnt. Das widerspricht doch im Grunde Ihrer eigenen Logik und Ihren moralischen Ansprüchen, liebe Kolleginnen und Kolleginnen der Regierungsfraktionen.
Das Projekt „Gute Arbeit an Schulen“, das Sie gestartet haben, ist in dieser Hinsicht höchstens ein Feigenblatt. Es bedeckt allerdings nur unzureichend, was es bedecken soll. Danach bestehen Überlegungen, die Beschäftigten der Schulvereine in den öffentlichen Dienst zu übernehmen.
So heißt es dazu vielsagend nichtssagend in der Antwort des Senats. Wo kein Geld da ist und die Schwerpunkte im Haushalt falsch gesetzt werden, können solche Wünsche eben auch nur schwer erfüllt werden.
Immerhin werden insgesamt 80 bislang bei Schulvereinen angestellte Sozialpädagogen für Ganztagsschulen in den öffentlichen Dienst wechseln. Im Vergleich zu 1 200 Leiharbeitsverträgen an Schulen ist das trotzdem ein bisschen wenig.
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist im bremischen Schuldienst eben keine Realität.
Für viele Unternehmen ist Zeitarbeit unverzichtbar, um betriebliche Flexibilität herzustellen und Auftragsspitzen zu bewältigen. Das ist einfach so. Das gilt offensichtlich nicht nur für die Privatwirtschaft und Beteiligungsbetriebe wie die BLG, sondern auch für die senatorischen Dienststellen, die städtischen Eigenbetriebe und die Anstalten des öffentlichen Rechts wie Immobilien Bremen.
Wir als CDU-Fraktion haben eine differenzierte Haltung zur Leiharbeit und stehen ihr grundsätzlich offen, aber auch nicht völlig kritiklos gegenüber. Unabhängig, wie man zu ihr steht, darf man nicht mit zweierlei Maß messen. Das, was man von der Privatwirtschaft fordert, muss man zunächst in seinem eigenen Regelungs- und Einflussbereich umsetzen, wenn man davon überzeugt ist. Die Antwort des Senats macht deutlich, dass das in Bremen nicht der Fall ist. Deswegen höre ich jetzt mit einem ganz bekannten Spruch auf: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Landtag 3201 43. Sitzung/10.05.17
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Begrüßungsgeld ist keine Sache des Bundes, sondern eine Angelegenheit der Länder. Jedes Land entscheidet für sich, wem wie viel Begrüßungsgeld gewährt wird, und es hat mich, ehrlich gesagt, ein bisschen verwundert, dass das tatsächlich wirkt. Es scheint im Abwägungsprozess, wohin man zieht, bei unseren Studierenden doch öfter das Zünglein an der Waage zu sein, sich dann für Bremen als Stadt
zu entscheiden. Das freut uns sehr. Es ist für Bremen selbst natürlich auch wunderbar, denn so können wir jeden Einzelnen persönlich begrüßen.
Wir haben mehr Personen, die ihren Hauptwohnsitz hier haben, und wir erhalten durch die Regelungen im Länderfinanzausgleich 5 000 Euro in die Kasse. Es stärkt unsere Wirtschaftssituation und natürlich auch die Kaufkraft in Bremen, ist also unter dem Strich eine komplette Win-win-Situation. Da uns Auszubildende genauso wichtig und genauso wertvoll sind wie Studierende, finden wir den Gedanken auch logisch und folgerichtig, und wir schließen uns da gern dieser Forderung an, das Begrüßungsgeld entsprechend auszuweiten.
Allerdings, wie soll ich sagen, ist es nicht nur für Bremer mit schwäbischem Migrationshintergrund wahrscheinlich so, dass man sich freut, einen Gutschein zu haben, wenn man in ein Restaurant geht. Nur, ob man dann auch mit Freude wieder herausgeht, das hängt dann natürlich auch von der Qualität des Essens und vom Service ab, die man in diesem Restaurant erlebt. Analog ist das mit dem Begrüßungsgeld. Das ist sozusagen ein schöner Bonus, und bei der Universität und den Hochschulen wissen wir, dass das auch gedeckt ist.
Bei den Berufsschulen sieht es ein bisschen anders aus. Deswegen muss ich in dem Zusammenhang dazu noch ein etwas sagen. Wir wissen, die Gebäude sind teilweise sehr marode und überfüllt. Wir wissen, es wird teilweise mit Büchern gearbeitet, mit denen die Meister schon gearbeitet haben. Es gibt zu wenig von den Büchern, sie verbleiben in der Präsenzbibliothek, und man kann sie nicht einmal mit nach Hause nehmen, um zu lernen.
Ja, es ist die Frage, ob sie alle nach Bremen kommen.
Die Mechatroniker arbeiten an Motoren aus den Neunzigerjahren, und das ist zwar spannend, aber auch nicht immer nur hilfreich.
Die Berufsschulen haben ein großes Lehrerproblem. Sie dürfen zwar selbst einstellen, können das Problem aber nicht allein lösen, weil der Markt leer gefegt ist. Wir wissen, dass Lehrer teilweise auch nicht so gern nach Bremen ziehen, weil das Umland mehr Gehalt zahlt und sich auch schneller entscheidet. Gleichzeitig haben die Zahlen der Auszubildenden stark zugenommen, teilweise bis zu 50 Prozent.
Ja, aber damit muss man irgendwie umgehen! Die Leistungsfähigkeit der Schüler hat parallel dazu abgenommen.
Das sind Aussagen, die ich von Handwerksmeistern und von Auszubildenden selbst erhalten habe. Teilweise wird es unterstützt, dass auch die – –.
Möchten Sie sich nachher noch einmal melden? Das können Sie gern machen.
Teilweise ist die Qualität des Unterrichts so, dass ein Lehrer in vier Klassen geht, die Arbeitsblätter einwirft, für Stunden verschwindet und nach vielen Stunden wiederkommt. Das ist nicht unbedingt eine Frage des Geldes. Es tut mir leid, dass ich Sie mit diesen Tatsachen nerven muss, aber das sind einfach die Realitäten, die man vor Ort vorfindet. So sehr wir wünschen, dieses Begrüßungsgeld auszugeben und allen Auszubildenden zu sagen, herzlich willkommen in Bremen, macht hier eure Ausbildung, so sehr möchten wir, dass dann eben auch die Servicequalität und die Qualität des Essens stimmt, um im Bild zu bleiben. Deswegen verbinden wir den Wunsch, diesen Antrag zu unterstützen, mit einer Forderung an den Senat, die Berufsschulausbildungen zu verbessern, diese nicht aus dem Blick zu verlieren, dafür die Substanz zu schaffen, denn wir brauchen eine Imageverbesserung für Ausbildungen in Bremen. Für die Hochschulen ist sie vorhanden.
Das Zweite ist natürlich, wenn die Menschen nach Bremen ziehen, dann brauchen sie auch bezahlbaren Wohnraum. Auch dazu gibt es eine Aufforderung an den Senat mit auf den Weg, damit wir mit einem guten Gefühl dieses Begrüßungsgeld anbieten können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kinder können ein Armutsrisiko sein, besonders stark sind alleinerziehende Frauen von diesem Ri siko betroffen. Wir haben das jetzt schon oft gehört. Erfreulicherweise gibt es seit dem Jahr 2010 bun desweit einen signifikanten Anstieg von berufstä tigen Alleinerziehenden, allerdings sank die Zahl im selben Zeitraum in Bremen auf 58 Prozent ab, damit halten wir bundesweit einmal wieder einen traurigen Rekord.
Es gibt wirkmächtige Stellhebel zur Verbesserung der Situation Alleinerziehender. Zwei davon sind in Bremen unumstritten anerkannt. Erstens, es braucht eine qualitativ und quantitativ ausreichende Kin derbetreuung, die auch Rand- und Nachtzeiten um fasst, zweitens eine sozialpsychologisch unterstützte Ausbildung, auch als Teilzeitausbildung. Dass diese Hebel wirksam sind, das sieht außer uns auch der Wirtschaftssenator so, jedenfalls laut seinem im Fe bruar 2016 erstellten Bericht.
Auch eine topaktuelle Studie der Arbeitnehmerkam mer unterstreicht die Wirksamkeit dieser Stellhebel. Zitat: „Erforderlich sind neben hinreichenden Krip pen- und Kitaplätzen mit bedarfsgerechten Betreu ungszeiten auch bildungs- und ausbildungspolitische Maßnahmen. Es geht vor allem um das Nachholen von Schul- und Bildungsabschlüssen sowie von be gleiteten Berufseinmündungen, Teilzeitausbildungen und Sprachkursen.“
In der letzten Sitzung der Stadtbürgerschaft haben wir erfahren, dass beide Stellhebel erst einmal nicht bedient werden. Stellhebel eins: Aufgrund man gelnder finanzieller Absicherung wird es weiterhin keine Erweiterung eines Rechtsanspruchs auf eine Krippenbetreuung von sechs Stunden geben und auch keine weitere Flexibilisierung von Betreuungs zeiten. Das Angebot von Kinderbetreuungsplätzen wird weiterhin unter dem Bedarf liegen. Dass auch eine zeitliche Ausweitung von Kitas in Randzeiten oder als Nachtangebote nicht angeboten wird, trifft die Alleinerziehenden in der Pflege und anderen Schichtdiensten besonders hart.
Beim zweiten Stellhebel, dem Programm zur assistier ten Aus- und Weiterbildung in Teilzeit für Alleinerzie hende mit sozialpsychologischer Betreuung, sind wir uns ebenfalls über die Wirkung einig. Einige Frauen könnten es so aus eigener Kraft schaffen, eine Ver besserung ihrer Lebenssituation zu erreichen und ihre Erwerbsbiografie weiter auszubauen. Der Antrag der CDU-Fraktion zu diesem Thema liegt seit langer Zeit vor. Ob dieser Stellhebel bewegt werden wird, dafür will der Senator aber noch bis zum 31. Dezember 2017 die Umsetzungsvoraussetzungen prüfen, was eine Realisierung praktisch in den Sommer 2018 schiebt.
Irgendwie sind wir da überrascht und sprachlos. Wir reden hier schließlich nicht über eine Ad-hocEmpfehlung einer einzelnen Partei, sondern über eine in monatelangem Prozess erarbeiteten fraktionsüber greifende Empfehlung – Armutskonferenz – zu einem der peinlichsten Themen dieser sozialdemokratisch geführten Stadt.
Daher fordern wir den rot-grünen Senat auf, die Prüfaufträge endlich hinter sich zu lassen und die Stellhebel, deren Wirkmechanismus bekannt und auch allgemein anerkannt ist, zu bedienen.
Den gleichen Duktus hören wir übrigens in Bezug auf die Forderungen von Betreuungsangeboten für unter Dreijährige, welche die Linksfraktion vor einem Jahr gefordert hat. Inhaltlich stehen wir da ein bisschen anders, aber haben sie gefordert. Zitat: „Hier soll ein Modellprojekt avisiert werden.“ Im Klartext, auch hier verstreicht ungenutzt Zeit statt zügiger Umsetzung.
Grundsätzlich sperren wir uns nicht gegen den Vor schlag des Senats, die Beteiligung von Alleiner ziehenden als Querschnittsziel zu berücksichtigen und Programme aufzulegen, die für alle betroffenen Personengruppen wirksam sind. Nur der Effekt in puncto Alleinerziehende ist bislang absolut nicht überzeugend.
Sie verweisen auf das Landesprogramm für Langzeit arbeitslose, LAZLO, und dass dort alleinerziehende Frauen stark berücksichtigt seien. Das hilft weiter, wenn LAZLO bei den Betrieben gut ankommt und auch bei den städtischen Eigenbetrieben gut funk tioniert. Das ist aber nicht so! Bei den städtischen Eigenbetrieben läuft LAZLO schleppend, bei den Betrieben kommt es nach dem, was ich erfahren habe, gar nicht an, denn im Gegensatz zum viel diskutier ten Parallelmodell in Baden-Württemberg wurde es im Land Bremen verpasst, die Unternehmen in die Konzeptausstellung frühzeitig mit einzubinden. Da war wieder etwas zu viel Marsch und zu wenig Tango.
Es gibt andere wirkmächtige Hebel, und manche stehen tatsächlich auf null, manche sind leicht an gezogen. Dies können wir als CDU-Fraktion weder nachvollziehen noch akzeptieren oder so stehen lassen. Die Aufforderung ist daher erneut, setzen Sie die Stellhebel in Bewegung, oder ziehen sie einmal mit Schmackes, anstatt zu avisieren oder zu prüfen, damit Alleinerziehende eine faire Chance auf dem Arbeitsmarkt erhalten!
Ich komme zum Schluss.
Den Antrag der LINKEN, der in dieselbe Richtung zielt wie der unsrige, werden wir unterstützen. Aufgrund der vagen und unkonkreten Prüfaufträge lehnen wir
den Antrag des Senats dagegen ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Doch, Frau Böschen, manchmal muss man einen Hebel ziehen, vielleicht nicht alle gleichzeitig, aber in dem Punkt mit der assistierten Teilzeitausbildung, finde ich, da muss man einen Hebel ziehen. Es ist nicht alles, aber es ist ein Teil davon.
Dann gibt es auch ein größeres Ganzes, und zwar glaube ich, dass die Situation alleinerziehender Frauen auch dadurch verbessert wird, dass die strategische Berufsförderung aller Frauen vorangetrieben wird. Das beginnt für die CDU-Fraktion mit einer ausge wogenen pädagogischen Begleitung und Beratung
junger Mädchen und Schülerinnen über ihre gesamte Ausbildungszeit. Dabei muss ihr Erfahrungs-, Erleb nis-, und Vorstellungshintergrund vom Kindergarten über die Schule bis hin in die Berufsorientierung hi nein geweitet werden, egal aus welchem familiären Hintergrund sie kommen. Dazu gehört die regelhafte Integration von schulischen Bausteinen, wie Schnup pergelegenheiten in MINT-Fächern, Girls` Day und die Begegnung mit ungewöhnlichen weiblichen Vorbildern, wie – wir haben es gestern gehört – den Klasse-Frauen oder den Astronautinnen, die letzte Woche in Bremen waren. Es kann nicht sein, dass es Glückssache ist, ob die eigene Lehrkraft Interesse oder Energie für solche Unterrichtselemente hat, es müssen regelhafte und fest integrierte Bausteine im Schulleben sein.
Da eine Wahl des Berufes im Kontext der gesamten Lebensvorstellung geboren wird, ist es nötig, dass Berufsorientierung in eine Art Gesamtlebensbera tung eingebettet ist. Ziel ist es dabei, die Neigungen, Interessen und Begabungen der jungen Mädchen zu entdecken, eigene Prägungen festzustellen und die jungen Frauen zu einer bewussten Wahl der eige nen Lebensgestaltung zu befähigen. Da dies nicht auch noch im Kräftekorsett der Lehrkräfte und im schulischen Zeitrahmen untergebracht werden kann, muss die Jungendberufsagentur eine entsprechende Lebensweltorientierung anbieten und die Eltern am besten gleich mit einbeziehen, denn deren Haltung und Votum wiegt, wie wir wissen, in der Berufswahl schwer.
Aufgrund häufig unterbrochener Ausbildungs- und Berufsbiografien brauchen Frauen Angebote für kleinschrittige Aus- und Weiterbildungsbausteine, die auf einen Berufsabschluss zielen. Haben Frauen den Weg in den Beruf geschafft, alleinerziehende Frauen oder eigentlich alle Frauen, so ist die wich tigste Förderung die konsequente Erstellung eines individuellen Berufsförderplans, und zwar integriert in regelmäßig stattfindenden Personalgesprächen. Diese Art der beruflichen Begleitung ist gerade auch für Alleinerziehende, die sonst manchmal keinen Reflexions- oder Ermutigungspartner haben, von hoher Bedeutung. Das gilt auch für hoch qualifizierte Alleinerziehende, von denen es, wie wir wissen, auch eine Menge gibt.
Auch in Berufen mit geringer Qualifikation sind Auf stiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Ich habe erst neulich von einem sehr ermutigenden Beispiel einer Reinigungskraft gehört, die sich in kleinen kompakten Qualifizierungsbausteinen zu einer recht lebenstüchtigen Führungspersönlichkeit vorgearbeitet hat, immer entlang eines für sie entwi ckelnden Förderplans.
Auch für Alleinerziehende, welche in Teilzeit arbeiten können, wollen oder müssen, muss es Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten geben. Um das im Auge zu behalten und damit nicht die Frauen ihren ein samen Marsch spielen müssen und die Betriebe den
ihrigen, gibt es Frauenbeauftragte in den Betrieben vor Ort. Sie müssen Tangotanzen lehren können, denn Frauen wollen in die Unternehmen, und die Unternehmen – das hatten wir gestern – brauchen die weiblichen Führungskräfte. Damit diese Aufgabe vor Ort flächendeckend motiviert durchgeführt werden kann, kann die Tätigkeit einer Gleichstellungsbe auftragten nicht einfach on top kommen, sondern muss durch adäquate zeitliche Freistellung und die Anerkennung der dabei erworbenen Qualifikationen attraktiver gemacht werden.
Übrigens fehlt mir nach wie vor eine bewusste Ent scheidung des Landes Bremen, ein Kompetenzcluster in einem Berufsfeld voranzutreiben und zu fördern, das Frauen von sich aus gern wählen. Es ist mir bewusst, dass diese Gedanken über die Armutsdebatte und die Betroffenheit Alleinerziehender hinausgehen, aber als CDU-Fraktion sind wir insgesamt davon überzeugt, wenn wir die Frauenförderung im Land Bremen zielgerichtet und erfolgreich aufstellen, haben alle etwas davon, auch die Alleinerziehenden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen, liebe Frau Hauffe! Die ZGF hat es sich zum Ziel gesetzt, mit ihrem beruflichen Wirken in unserem Land zur konkreten Umsetzung des gesellschaftlichen Fair Play in der Gesellschaft und auch in der Arbeit beizutragen. Dabei beeindruckt die Fähigkeit, auf der einen Sei
te fokussiert Schwerpunkte zu setzen und auf der anderen Seite gleichzeitig eine Themenbreite zu bedienen, die von Mädchenarbeit über die Gesundheit der Frau, berufliche Frauenförderung bis hin zu geflüchteten Frauen und Mädchen reicht. Dafür bedanken wir uns als CDU-Fraktion ganz herzlich bei Frau Hauffe und ihrem 14-köpfigen Team.
Sie erfahren als Person und als Team zu Recht eine hohe Wertschätzung und Wahrnehmung in diesem Land. Wir freuen uns aufrichtig über die konkreten, im Zwischenbericht aufgeführten Erfolge. Dennoch soll diese Debatte auch verdeutlichen, dass noch in vielen Bereichen Veränderungen auf Strukturebene auf den Weg gebracht werden müssen.
Ich konzentriere mich im Folgenden auf die beiden Themenbereiche Gewaltschutz/Gewaltprävention und berufliche Frauenförderung.
Zum ersten Themenbereich: Bei der Beurteilung von Vergewaltigungen und sexueller Nötigung gilt vor Gericht neuerdings: „Nein heißt nein!“ Das war ein längst fälliger und wichtiger Schritt. Das stärkt das Vertrauen in die Sanktionsmacht der Polizei und führt natürlich auch zu mehr Anzeigen. Jetzt muss darauf geachtet werden, dass die bremische Polizei und Justiz die Befugnisse erhält und die finanziellen und personellen Mittel aufwendet, um das gegebene Versprechen auch einhalten zu können, denn nur so bleibt das Vertrauen gewahrt.
Weiterhin ist es nötig, die Öffentlichkeit anhaltend für die Frauengruppen zu sensibilisieren, die sich nur sehr zögerlich oder gar nicht bei der Polizei melden, weil sie Angst haben. Hier gilt es, gegenüber Menschen wach zu sein, die am Erhalt von Gewaltstrukturen interessiert sind, weil ihre Taten nur so vertuscht werden können. Die Felder, von denen ich rede, sind Zwangsprostitution, häusliche Gewalt, insbesondere Vergewaltigungen, und Gewalt gegen Frauen und Mädchen aus Kulturkreisen, denen aus der Heimat sowohl die Polizei als „Dein Freund und Helfer“ als auch die Polizei als staatliches Gewaltmonopol fremd sind und die aufgrund ihrer Vorerfahrungen keinerlei Vertrauen zur Polizei und zum Staat haben, sondern davon ausgehen, dass man Dinge familienintern oder allein regeln muss. Themenfelder, die durch Zuwanderung intensiviert auftreten oder auch Neuland sind, wie Mehrfachehen, Kinderehen, Mädchenbeschneidung und so weiter, bedürfen ebenfalls weiterhin des wachen Blickes der ZGF.
Als Zweites möchte ich etwas zur beruflichen Frauenförderung in der Zeit von Arbeit 4.0 und Digitalisierung sagen. In der Flexibilisierung der Arbeitswelt liegt der Schlüssel für mehr Eigenverantwortung und Freiraum, für eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und auch für ein besseres Gelingen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es geht jedoch nicht ohne die Unternehmen.
Gleichzeitig sind wir die älteste Bevölkerung in Europa. Die Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte. Die Wirtschaft hat daher ein ökonomisch vernünftiges Interesse an einer systematischen beruflichen Frauenförderung. Es geht nicht ohne uns Frauen!
Manchmal spielt die Wirtschaft ihre Marschmusik, und die Frauenpolitik spielt ihren eigenen Marsch. Ich wünsche mir für die Zukunft weniger Marsch und mehr Tango!
Immer, wenn die Interessen der anderen Seite nicht wahrgenommen werden und wenn jeder seine eigene Sprache spricht, dann ist das Marschmusik. Wenn zum Beispiel finanzielle Interessen immer über allen anderen Argumenten stehen, ist das Marschmusik. Wenn die Reduktion der Arbeitszeit ohne Lohn oder sonstigen Abzug gefordert wird, ist das Marschmusik. Wir brauchen weniger Marsch und mehr Tango. Mit langen gemeinsamen Ausfallschritten geht es los. Dann kommt der Wiegeschritt, in dem die Interessen der anderen abgewogen werden müssen, um dann mit einem Vor-Seit-Schluss immer wieder bei konkreten gemeinsamen Ergebnissen zu landen. Die gegenseitige Anziehung ist ja da.
Frauen zieht es immer mehr in alle Ebenen der Unternehmen. Die Unternehmen brauchen die Frauen. Arbeit 4.0, demografische Entwicklung und Digitalisierung werden jetzt gestaltet. Das ist unsere Hintergrundmusik. Das ist kein Marsch. Im Marsch passiert nicht viel. Im Tango schreiten wir parallel, dann wieder in Konfrontation und grätschen einmal zwischen die Beine. Positionen wechseln, die Atmosphäre ist anders, der Rhythmus und die Dynamik sind schneller und die Bewegungen variabler.
Um diesen Tango in einer sich verändernden Zukunft weiterhin tanzen zu können, empfehlen wir als CDU-Fraktion der ZGF für die Zukunft, in den Feldern Justiz, Wirtschaft und Medizin hoch qualifizierte und berufserfahrene Personalprofessionalität aufzubauen oder zu erhalten. Durch Reduktion der Stellenanzahl ist dies gegebenenfalls auch kostenneutral zu realisieren.
Ich habe vorhin in Ihrem Beitrag, Frau Hauffe, gehört, dass ein schöner Tango im Grunde auch im Bereich Medizin auch aufgrund Ihrer medizinischen Professionalität, von der jeder weiß stattfindet. Ich glaube, mit diesem qualitativen Alleinstellungsmerkmal kann die ZGF ihre Ratsuchenden und auch in der Beratung der dezentralen Beratungsstellen für ein Fair Play zwischen den Geschlechtern als besondere Speerspitze wirksam sein und bleiben. Vielleicht gibt es dann auch in mehreren Bereichen weniger Marsch und mehr Tango. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nein, der Bremer Ausbildungsmarkt ist sicher keine heile Welt. Wenn nur 37 Prozent der Ausbildungsplatzbewerber und -bewerberinnen einen dualen Ausbildungsplatz finden, dann betrachten wir das als CDU-Fraktion mit Sorge.
In der vorliegenden Großen Anfrage und den Antworten des Senats wird deutlich, dass es eine große Verwirrung gibt, welche Zahlen denn nun überhaupt vorliegen, und was sie bedeuten. Die Antworten sind lückenhaft, und die Informationen, die die verschiedenen Quellen herausgeben, erscheinen widersprüchlich. Es stellt sich also die Frage, braucht es ein neues Zahlenwerk?
Ausbildungsplatzsuchende müssen mit einem passenden Zahlenwerk erkannt und erfasst werden, sonst kommen wir hier nicht weiter. Es gibt in der sogenannten Bremer Vereinbarung drei überblicksweise Seiten, die die wesentlichen Aussagen der Ausbildungsstatistik einmal zusammenfassen. Das Problem ist, Kammern, Agenturen, Schulen, Behörden benutzen unterschiedliches Vokabular und unterschiedliche Definitionen. Gemäß ihrer jeweilig unterschiedlichen Zuständigkeit erheben sie zweckorientiert die Daten und wählen natürlich auch unterschiedliche Kategorien und Darstellungsformen, und das schon innerhalb eines einzigen Hauses, ist ja klar. Die Statistikerin oder der Statistiker, muss also die Begriffe, zum Beispiel den des unversorgten Kandidaten, erst einmal aufschlüsseln. Ich habe jetzt Zeit genug, um mit den Akteuren des Alltags Kontakt aufzunehmen und weiß mittlerweile, dass sie das können.
Also, diese Statistiker, diese Insider, bekommen detaillierte Informationen durch diese Zusammenstellung geliefert, aber diese Informationen sind nach außen nicht transparent. Das wiederum, haben wir schon gehört, haben eine eifrige politisch aktive Schülergruppe und ihr Lehrer – den Lehrer sehe ich dort oben auf der Besuchertribüne sitzen – wieder und wieder mit Charme und Hartnäckigkeit in die Öffentlichkeit getragen. Bei denen und vielen anderen entsteht nachvollziehbar der Eindruck von Intransparenz, Widersprüchlichkeit, ja, beinahe Unehrlichkeit seitens der Arbeitsagentur und Jobcenter, wenn es um die Darstellung der Situation auf dem Ausbildungsmarkt geht.
Vielleicht braucht es kein neues Zahlenwerk, aber in jedem Fall neue einheitliche Definitionen, was zum Beispiel dieser Begriff unversorgt bedeutet. Hier erwarten wir, dass der Senat handelt und auf eine Vereinheitlichung der Darstellungen hinwirkt und Informationslücken ergänzt. Transparenz und Nach
vollziehbarkeit durch Öffentlichkeit und Parlament sind kein freundliches Add-on, sondern eigentlich demokratische Selbstverständlichkeit. Den Auftrag hat der Senat seitens des Parlaments bereits im Mai letzten Jahres explizit erhalten. Also fragen wir schon, wo bleibt die Umsetzung?
Übrigens kommen zunehmend auch Flüchtlinge im Ausbildungsmarkt an und müssen ihren Weg in die berufliche Integration finden. Die Argumente, und das sage ich jetzt ganz bewusst in Anführungszeichen, die wir in der letzten Bürgerschaft seitens des Sozialressorts gehört haben, warum trotz bestehender Finanzierung vorhandener Plätze und vorliegender Bewilligungen anerkannte Flüchtlinge keine vom Bund bezahlten Arbeitsangelegenheiten innerhalb ihrer Einrichtung oder außerhalb ihrer Einrichtung erhalten, finde nicht nur ich unglaublich.
Es schütteln auch bewährte Bremer Sozialhilfeträger den Kopf über die irrgartenmäßige Verwaltungsstruktur hier in der Behörde. Wir fordern vom Senat zur schnelleren Integration von Flüchtlingen in den Ausbildungsmarkt, dass er alles, aber auch alles, was in seiner Macht steht, dafür tut, dass das Kennenlernen von Sprache, von Kultur und von Arbeitswelt gefördert wird und die Zielgruppe übrigens auch von der gähnenden Langeweile in den Einrichtungen befreit wird. Dazu gehört auch, die vorhandenen Ein-EuroJobs für Flüchtlinge im vollen Umfang auszuschöpfen.
Ich werde nachher noch etwas – Thema Ausbildungsmarkt – zur Aktivierung von Unternehmen sagen. Ich habe noch meine zweite Runde. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die bremischen Jugendlichen gibt es in unserem Land unter dem Strich zu wenig Ausbildungsplatzangebote, also zu wenig Betriebe, die anbieten. Auch die Bremer Vereinbarung für Ausbildung und Fachkräftesicherung hat daran substanziell eigentlich nichts verändert.
Man muss allerdings auch bedenken, Frau Steiner hat es schon erwähnt, dass ein Drittel der dualen Aus bildungsplätze von Jugendlichen aus dem Umland besetzt wird und dass auf der anderen Seite aber noch 400 unbesetzte Ausbildungsplätze vorhanden sind, es kann sich also noch ein bisschen etwas zurechtrücken.
Natürlich gibt es auch viele vorbildliche Unternehmen – und das muss man auch sagen –, die ihre gesellschaftliche Verantwortung gern und auch von Herzen und mit Überzeugung wahrnehmen und teilweise auch über den Bedarf, über ihren eigenen Bedarf ausbilden. Das ist so! Trotzdem müssen wir alle, und da schließe ich insbesondere die Partner der Bremer Vereinbarung mit ein, uns noch einmal intensiv mit folgenden Fragen beschäftigen.
Erstens: Warum ist der Anteil der Betriebe, die überhaupt ausbilden, so gering und wie lässt er sich steigern? Das ist eine Frage, die wir beantworten müssen.
Zweitens: Wie groß ist das Problem der häufig beklagten mangelnden Ausbildungsreife wirklich, und durch welche Maßnahmen lässt sich das im System Schule oder auch ausbildungsbegleitend verbessern?
Die dritte Frage: Wie lässt sich die Berufsorientierung in den Schulen optimieren? Jugendliche müssen durch die Berufsorientierung ein realistisches Bild über mögliche Ausbildungsberufe und deren Anforderungen bekommen, im Übrigen auch einen erweiterten Blick über die geschlechtertypische Sichtweise hinaus. Sie müssen Klarheit über ihre eigenen Interessen und auch ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz im jeweiligen Wunschberuf sowie über mögliche Alternativen einfach informiert sein und Bescheid wissen. Mit anderen Worten: Auf welche Weise lässt sich das Matching zwischen Angebot und Nachfrage verbessern oder auch optimieren?
Viertens: Wie lässt sich die Zahl der Ausbildungsabbrüche weiter senken? Uns ist in einer Vielzahl von Gesprächen mit Kammern, Innungen und Betrieben immer wieder gesagt worden, dass es Bremer Betriebe schwer haben, ihr Unternehmen, ihre Branche und ihren Ausbildungsberuf in den Schulen vorzustellen. Das ist das nach wie vor häufig reservierte oder ablehnende Verhalten der Schulleitungen und der Behörden gegenüber Unternehmen. Dieses Verhalten können weder die Betriebe noch wir wirklich nachvollziehen. Dadurch gehen natürlich wertvolle Chancen für eine bessere Berufsorientierung ungenutzt vorbei, und das ist schade.
Eine weitere Verbesserung wäre, wenn die Jugendberufsagentur oder die Agentur für Arbeit direkt Bescheid sagen, wenn sie einen Kandidaten haben, der in ein bestimmtes Unternehmen passt, damit die Betriebe selbst on the Job punktgenau qualifizieren können, anstatt die Leute in irgendwelchen Qualifizierungsmaßnahmen zu parken. Dann gibt es noch Unternehmen, die bereit wären, Jugendliche auszubilden, sie scheuen aber vor dem Wirrwarr an Fragestellungen, Zuständigkeiten und rechtlichen Vorschriften zurück.
Für viele Azubis ist zum Beispiel für ihre Ausbildungszeit eine sozialpädagogische Begleitung wichtig. Mit ausbildungsbegleitenden Hilfen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich Unternehmen auch einmal für einen unterstützungsbedürftigen Bewerber entscheiden. In vielen kleinen Betrieben ist es unbekannt, dass es diese Hilfen gib. Dass es einen zentralen Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit, also so eine Art Pfadfinder durch den Dschungel der Zuständigkeiten und Fördermöglichkeiten, gibt, das ist ebenfalls häufig nicht bekannt.
Weil es wichtig ist, die Dienstleistungen des Arbeitgeberservices ortsnah zur Verfügung zu stellen, ha
ben wir Ende 2016 den Aufbau einer solchen Stelle in Bremen-Nord gefordert. Der Umsetzung sehen wir entgegen, wir werden sie dann also bald haben.
Zusammengefasst: Die Ausbildungsplatzbewerber in Bremen, ihre Eltern und Lehrer sind ein bisschen müde, sie wollen Lösungen. Die Jugendberufsagentur produziert nach wie vor nicht die erwarteten Früchte. Zahlen, die eine angeblich heile Welt transportieren, bewirken Misstrauen und Frustration. Daher fordern wir den Senat auf, die im Mai 2016 beschlossene transparente Darstellung der Ausbildungszahlen dringend umzusetzen und noch mehr dafür zu tun, dass junge Menschen auf dem Weg zu Ausbildung und Beruf begleitet werden und ankommen. Dieses vom Senat selbst formulierte Ziel ist nach wie vor nicht erreicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Du kannst nicht nicht kommunizieren!“,
sagt der Kommunikationswissenschaftler Watzlawick. Sie kennen das! Wenn Sie mir eine E-Mail schreiben und ich Ihnen darauf nicht antworte,
dann verstehen Sie wahrscheinlich ziemlich gut, was ich sagen wollte.
Wir verstehen, was uns ein junger Mensch mit Springerstiefeln und Glatze und was einer mit wallendem Haar, Schlabberpullover und Birkenstockschuhen sagen möchte. Wir entschlüsseln diese Botschaft in Sekundenschnelle nonverbal, unbewusst und assoziativ.
Trotzdem verstehen wir ein bisschen: Gestik und Mimik offenbaren etwas über den Seelenzustand der anderen Person. Der Blick in die Augen zeigt, ob eine Person mir geneigt ist, und er gibt mir soziale Orientierung. Ein voll verschleierter Mensch – ich spreche jetzt von voll verschleierten Menschen - macht diesen Teil der Kommunikation unmöglich. Da man aber nicht nicht kommunizieren kann, kommt trotzdem eine Botschaft beim Gegenüber an. Ich spreche immer von der Wirkung, nicht unbedingt davon, dass wir sie richtig interpretieren.
Die Botschaften, die dennoch beim Gegenüber ankommen, sind folgende: Ich rede nicht, ich möchte nichts mit dir zu tun haben. Du sollst keinen Einblick in mich, meinen Seelenzustand und meine Absichten dir gegenüber erhalten. Ich lebe in meiner eigenen Welt, ich kommuniziere nicht mit dir. Deswegen ist die Klappe zu.
Kommunikation ist aber eine Schlüsselvoraussetzung dafür, dass unterschiedliche Menschen und Kulturen zusammenleben können, und sie ist die Voraussetzung für Integration. Deswegen ist bei der Integration das Thema Sprache so zentral. Vollverschleierung passt nicht zu einer offenen Gesellschaft, sie dokumentiert Integrationsverweigerung und kann somit der Bil
dung einer Parallelkultur mit Paralleljustiz Vorschub leisten. Daher hat sie in unserer westlichen freien Welt keinen Platz.
Die Botschaft, die durch die Vollverschleierung beim Gegenüber ankommt, ist im Übrigen wirklich stimmig, wenn wir an die kleine Personengruppe denken, die überhaupt in Deutschland voll verschleiert herumläuft, damit meine ich die Komplettverschleierung. Das sind nämlich ausschließlich junge, meist deutsche, zum Islam konvertierte Mädchen. Sie brechen mit ihren Familien, heiraten früh und leben mit ihren Partnern eine extreme Form des wahhabitischen Islams, der hier eigentlich kaum vorkommt. Sie leben in ihrer eigenen Welt, wollen nichts mit uns zu tun haben und ordnen sich einem fremden Geschlechtersystem unter.
Warum tun sie das? Welche gesellschaftlichen Entwicklungen forcieren gegebenenfalls solche Entscheidungen? Was kann präventiv getan werden, um Alternativen anzubieten?
Das hat nichts mit dem Zeitpunkt der Bundestagswahl zu tun!
Themen wie Kinderehen, Vollverschleierung, Mehrfachehen, Mädchenbeschneidung und vieles mehr müssen in Bremen nicht erst in einem relevanten Ausmaß eine Rolle spielen, bis wir darüber diskutieren.
Ich finde, es steht Bremen durchaus gut an, solche Themen frühzeitig zu diskutieren, zu debattieren und auch Entscheidungen zu treffen und zu durchdenken, aber nicht erst immer dann, wenn die Hütte brennt.
Zurück zu den jungen Frauen! Sie nennen die Vollverschleierung eine religiöse Pflicht, aber im Koran gibt es keine Begründung für die Vollverschleierung. Millionen von Musliminnen üben ihren Glauben nicht minderwertig aus, nur weil sie nicht vollverschleiert herumlaufen.
Insofern ist ein Vollverschleierungsverbot kein Widerspruch zur Religionsfreiheit. Ich habe in mei
ner Recherche im Übrigen auch gehört, dass ein Vollverschleierungsverbot von Musliminnen ihnen sogar einen gewissen Druck nimmt, weil es eine Art Frömmigkeitswettbewerb ausschaltet, nämlich nicht fromm genug zu sein.
Wir leben in einem Land, in dem Frauen einen langen und erfolgreichen Weg der Emanzipation hinter sich haben. Frauen der westlichen Welt sind in allen Bereichen des wirtschaftlichen, kulturellen, politischen und sozialen Lebens sichtbar und können gleichberechtigt teilhaben.
Unsere ganze Gesellschaft würde nicht anders funktionieren. Immer dann, wenn wir an Länder denken, in denen diese Entwicklung nicht stattgefunden hat, wird auch denen, bei denen dieses Thema keine Priorität hat, deutlich, wie gut es unserer ganzen Gesellschaft tut, dass Frauen heute frei, selbstbewusst und eigenständig ihr Leben gestalten.
Wir Frauen und Männer der CDU-Fraktion wollen dahinter auch nicht zurück.
Zur rechtlichen Situation! In bestimmten Bereichen ist eine Vollverschleierung in der Bundesrepublik bereits verboten, zum Beispiel, wenn wir an das Vermummungsgesetz denken. Auf Landessebene haben wir uns im Bremischen Schulgesetz schon einmal auf einen Passus geeinigt, der das äußere Erscheinungsbild der Lehrkräfte einschränkt.
Die CDU-Fraktion fordert den Senat heute auf, sich in der Freien Hansestadt Bremen, wo immer grundgesetzlich möglich, für das Verbot der Vollverschleierung – ich spreche von Vollverschleierung! – einzusetzen. Dazu gehören behördliche Einrichtungen, Orte, an denen pädagogische oder soziale Arbeit geleistet wird, und Plätze mit einer starken gesellschaftlichen Identifikation für alle Bremerinnen und Bremer. Dafür reichen die Befugnisse und Möglichkeiten des Senats auch aus.
Diese Forderungen halten wir, die CDU-Fraktion, für machbar, realistisch und wünschenswert und bitten daher um Zustimmung zu unserem Antrag. Die anderen Anträge lehnen wir folglich ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Zunächst weise ich zurück, dass wir irgendwelche Anträge kopiert oder uns an Anträge herangehängt oder dass wir populistisch oder auch antimuslimisch argumentiert hätten. Das würden wir nicht tun.
Den Vergleich mit den Schlabberhosen finde ich so unpassend, dass ich das irgendwie Gefühl habe, man hat gar nicht verstanden, worum es eigentlich geht.
Weiter ist es so, dass es zwar nicht gehäuft vorkommt, aber dass es auch nicht nicht vorkommt. Ich hatte nicht die Zeit, dies auszuführen, aber es gab auch hier in Bremen schon Fälle, in denen zum Beispiel verschleierte Mütter ihre Kinder vom Kindergarten abgeholt haben und die Erzieherin gesagt hat: Ich weiß nicht, wer das ist.
Auch bei uns ging der heutigen Debatte eine differenzierte Diskussion voran. Frau Dr. Müller, das, was Sie gesagt haben, hat mir gut gefallen, und auch ich bin daran interessiert, mit diesen Frauen in Kontakt zu kommen. Ich halte aber die Akzeptanz von auf der Straße wandelnden Minigefängnissen für keine hilfreiche Alternative.
Wenn wir weiterdenken wollen, wie wir lösungsorientiert Wege finden, um an diese Frauen frühzeitig heranzukommen, bin ich sofort dabei, und darüber können wir hier dann auch gern weiterreden.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Weiterbildung ist wie Rudern gegen den Strom. Hört man auf damit, treibt man zurück. Weiterbildung ist daher eine wesentliche Voraussetzung für Chancengleichheit, Aufstiegsoptionen und den Erhalt von Beschäftigungsfähigkeit. Beruflicher Wandel geschieht im digitalen Zeitalter schneller und umfassender, und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen hängt an der Personalqualität ihrer Mitarbeiter.
Für uns als CDU-Fraktion hat der Blick über den eigenen beruflichen Tellerrand nicht nur funktionalen Charakter. Neue Kenntnisse und Fähigkeiten und die Offenheit gegenüber Veränderungen prägen unsere Persönlichkeit und unsere Selbstwirksamkeit. Von solchen Persönlichkeiten, ihren Ideen und ihrem Engagement leben unsere Gesellschaft, unsere Demokratie und unsere Unternehmen.
In Bremen geht die Beteiligung an Weiterbildung zurück und liegt unter dem Bundesdurchschnitt. Es besteht also Handlungsbedarf. Das haben wir schon gehört. Unsere Hypothese ist, dass wir als Gesellschaft eine prosperierende Weiterbildungskultur dringend aktiv fördern müssen. Viele kleine Bausteine haben wir in unserem Antrag aufgegriffen, Weiterbildungsberatung, Marketing, monetäre Förderinstrumente wie die Bildungsprämie und den Bremen Weiterbildungsscheck sowie die verstärkte Ansprache von Betrieben über die Kammern und Sozialpartner. Zentral ist für uns jedoch die Erkenntnis, dass die Grundlagen für lustvolles und eigenverantwortliches Lernen schon früh, nämlich in der Schule, gelegt werden.
Umso trauriger ist es natürlich, wenn unsere Schulen Abgänger produzieren, die keinen Abschluss haben. Aus Sicht der CDU-Fraktion fehlt es dem Senat an einer ganzheitlich ansetzenden Weiterbildungsstrategie, die alle genannten Felder miteinander verbindet. Deswegen wollen wir, dass das existierende Landesprogramm „Weiter mit Bildung und Beratung“ zu einer funktionierenden Strategie für lebenslanges Lernen weiterentwickelt wird. Es ist klar, dass man das man das nicht an einem Stück schafft, aber wir haben eine Vorstellung von den Leitideen.