Warum die erste Lesung jetzt und die zweite Lesung im Oktober? Wir haben deswegen einen gewissen Eilbedarf, weil wir natürlich ein Aufnahmeverfahren der Kindergärten für das Jahr 2016 berücksichtigen müssen. Wir haben eine neue Gebührenordnung zu erstellen, wir haben eine ganze Reihe großer Aufgaben vor uns. Ich will gar nicht von der Expansion reden, die wir uns sowohl im U3- als auch im Ü3-Bereich vorgenommen haben, diese beiden Bereiche noch einmal ganz massiv auszubauen. Heute Vormittag ist über den Flüchtlingszuzug gesprochen worden, und wir haben dabei auch noch einmal gelernt, dass dies selbstverständlich auch die Kindergärten und die Schulen in hohem Maße betrifft. Es gibt also reichlich Arbeit, sodass wir uns nicht endlos Zeit mit dem Übergang lassen können, der hier heute mit diesem Gesetz geregelt wird.
Lassen Sie mich noch einen Satz sagen! Das war jetzt der politische Teil, die Darstellung des politischen Willens der grünen Fraktion, dies so zu regeln. Es ist allerdings ein formaljuristisch sehr komplexer Vorgang. Heute liegt in erster Lesung ein Gesetzentwurf vor, und wir haben uns extra dafür eingesetzt, die erste und die zweite Lesung zu trennen, weil es zwischen diesen beiden Lesungen noch Beratungsbedarf gibt, ob genau und exakt im Detail dieser juristische Vorschlag, wie er heute vorliegt, dann die Lösung ist.
Sie alle haben gelesen und gehört, dass die LAG Freie Wohlfahrtspflege und die evangelischen Kindertagesstätten, Herr Knigge und Herr Schlepper, große Kritik hatten, formaljuristische Kritik, auch unterfüttert durch Professor Münder von der TU Berlin, dass es juristische Probleme gebe.
Uns Grünen ist sehr daran gelegen, das in diesen drei Wochen sehr ernsthaft zu prüfen. Wir haben mehrere Gremiensitzungen, die sich damit befassen, Anhörungen der Träger und der Experten, aber wir brauchen eine rechtssichere Regelung, weil es nicht passieren darf, dass wir, wenn wir mitten im Anwahlverfahren sind, vor dem Verwaltungsgericht hängen und niemand mehr weiß, wer für den Kindergartenbereich zuständig ist.
Also brauchen wir noch einmal eine externe Expertise. Wir brauchen verfassungsrechtliche und verwaltungsrechtliche Expertise, die ganz genau abprüft, ob die Bedenken von Herrn Professor Münder zutreffen oder nicht. Ich hoffe, sie treffen nicht zu und wir können das Ganze so verabschieden. Wenn es Änderungsbedarf gibt,
nur auf der formaljuristischen Seite, die sehr komplex und schwierig ist, dann ist die Grünen-Fraktion selbstverständlich bereit, das zur zweiten Lesung einzuarbeiten, um ein rechtssicheres Gesetz im Sinne der Eltern, der Kinder und aller Beschäftigter auf den Weg zu bringen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem heute vorliegenden Entwurf sollen frühkindliche und schulische Bildungsangebote zukünftig im Bildungsressort zusammengeführt werden. Viele Probleme, die es an den Schnittstellen in der Praxis über Jahre gab, sollen beseitigt werden. Das hört sich an, als ob sich jemand Gedanken darüber gemacht hätte, wie man Kinder und Jugendliche in dieser Stadt optimal fördern könnte, als ob Sie sich auch Gedanken darüber gemacht hätten, wie wir bei rund 34 Prozent Kinderarmut, in der die Kinder und Jugendlichen hier leben, eine größere Chancengerechtigkeit ermöglichen können, und zwar egal aus welchem Elternaus sie kommen. Dieser Ansatz ist an sich – da gebe ich Ihnen recht – erst einmal sehr löblich. Auch wir als CDU fordern seit Jahren, dass es endlich eine Bildungspolitik aus einem Guss geben muss, und haben immer wieder ein Senatsressort gefordert, das für die Bereiche Kinder, Jugend und Bildung zuständig ist. Wenn man sich den Gesetzentwurf aber genau ansieht, dann stellt man fest, dass mit diesem Gesetzentwurf leider keine Bildungspolitik aus einem Guss entsteht, die alle Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen mit einschließt, sondern dass hier leider ein fauler Kompromiss auf Kosten der Kinder und Jugendlichen gemacht wurde.
In den Koalitionsverhandlungen haben Sie am grünen Tisch Zuständigkeiten herumgeschoben, die das Machtgefüge nicht durcheinanderbringen sollten – Kindergärten zur SPD, dafür Sport zu den Grünen –, und damit der Verlust nicht ganz so schwer wiegt, sollte alles andere, wie der Kinderschutz, die außerschulische Jugendbildung oder die Förderung behinderter Kinder, wie bisher bei den Grünen bleiben. Damit haben sie einmal eben so am Reißbrett beschlossen, Untrennbares auseinanderzureißen. Ich erkläre Ihnen das gleich noch.
Übersetzt könnte man sagen: Ihr Gesetzentwurf gibt einen Torso in die Zuständigkeit der Bildungssenatorin, während die Sozialsenatorin die Beine behält. Dann erwarten Sie auch noch, dass die Person hinterher schneller und effektiver läuft. Meine Damen und Herren, das kann nicht funktionieren.
desebene einig: Hilfe aus einer Hand! Hilfe für Kinder mit Behinderung, mit Lern- und Entwicklungsstörung, Hilfe für Opfer von Kindeswohlgefährdung und Hilfe für Kinder, die außerschulische Angebote für ihre Entwicklung brauchen! Gerade in Bremen profitieren Kinder und Jugendliche heute von einer Vielzahl von Lern- und Unterstützungsangeboten, auch und vor allem außerhalb des Systems Kita und Schule. Es bestehen gewachsene und aufeinander eingespielte Strukturen: die Hilfen zur Erziehung, frühe Hilfen, gesundheitliche Unterstützungsangebote, Angebote in den Stadtteilen und so weiter, mit dem Bildungssystem Kita und Schule verzahnt. Das ist auch gut so. Kinder und ihre Familien sind darauf angewiesen, und zwar gerade weil sie es nicht so leicht haben. Das soll nun aber verloren gehen. Mit diesem Gesetzentwurf soll die Prämisse der Kinder- und Jugendhilfe, vom Kind aus zu denken, aufgehoben werden. Es werden nicht weniger Schnittstellen geschaffen, Herr Güngör, sondern mehr und neue Schnittstellen. Das, was Sie auf der einen Seite beseitigen wollen, werfen Sie auf der anderen Seite um und schaffen damit neue Schnittstellen.
Dabei wäre die Lösung doch so einfach! Ändern Sie den Gesetzentwurf und geben Sie die gesamte Zuständigkeit für die Kinder- und Jugendhilfe in die Zuständigkeit der Bildungssenatorin, so wie es in Berlin, Thüringen oder Brandenburg der Fall ist! Schaffen Sie hier keine Bremensie, die am Ende mehr Chaos als Gutes bringt! Am Anfang habe ich kurz gesagt, dass wir für die komplette Zusammenführung sind. Für uns als CDUBürgerschaftsfraktion ist das vor allem auch eine Antwort auf die Armutsproblematik in unserem Bundesland. Der Armutsausschuss hat uns in der vergangenen Legislaturperiode eindrücklich gezeigt und erklärt, welche Lern- und Bildungswirklichkeit für Kinder und Jugendliche hier stattfindet und welcher Instrumente es bedarf, um diese Kinder überhaupt zu erreichen. Genau das soll hier nachhaltig verloren gehen. Das ist unverantwortlich, und das werden wir als CDUFraktion nicht mittragen, meine Damen und Herren.
Darüber hinaus ist es aus unserer Sicht auch fraglich, ob das hier vorgelegte Gesetz rechtlich überhaupt haltbar ist. Erste Einschätzungen des Rechtsgutachtens von Herrn Professor Dr. Münder – Sie haben darauf hingewiesen, Herr Dr. Güldner –, der ja nicht irgendwer ist, sondern ein bundesweites Renommee besitzt, stützen diese These nachhaltig. Dass die Koalition an dieser Stelle dazu neigt, Gesetze zu beschließen, die hinterher gerichtlich wieder
einkassiert werden, wissen Sie selbst, der Sie auch in der vergangenen Legislaturperiode dabei waren. Ich erinnere nur an die Themen Kitagebühren und Hafenbetriebsgesetz. Ich könnte diese Liste noch fortführen. Ich denke aber, meine Damen und Herren, dass wir uns das hier an dieser Stelle nicht leisten können, denn der Kitaausbau ist auch in den nächsten Jahren einer der maßgeblichen Bereiche, die wir weiter forcieren und voranbringen müssen. Meine Damen und Herren, es muss besser und nicht schlechter werden.
Ich bitte Sie deswegen an dieser Stelle, noch einmal zu überprüfen, ob der Gesetzentwurf wirklich so bleiben soll, wie er uns hier vorliegt, oder ob wir nicht doch die gesamte Zuständigkeit zur Bildungssenatorin hinübergeben!
Ich komme zum Schluss! Meine Damen und Herren, damit hätten wir die Schnittstellenprobleme tatsächlich wesentlich besser im Griff. Dann sind wir wieder auf einer Linie, Herr Güngör. Dann schaffen wir es auch, an der Stelle mehr für Kinder und Jugendliche in dieser Stadt zu erreichen, denn ich denke, im Ziel sind wir uns einig, nur der Weg ist noch unterschiedlich. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Senatorin für Kinder und Bildung ist nun für die Kindergärten zuständig. So kommt es ja auch in der neuen Bezeichnung des Ressorts zum Ausdruck. Die FDP begrüßt diese Änderung sehr, entspricht sie doch unseren langjährigen Forderungen.
Diese Zuständigkeit sieht die Senatorin aber nicht in ihrer Gesamtheit, sondern nur für die Aufgaben bezogen auf die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege. Das Gesetz zur Neuregelung von Zuständigkeiten für die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege können wir so nicht akzeptieren. Es hat nicht das Gesamtwohl des Kindes im Blick, indem es nur die Verantwortung für Bildung in den Bereich der Senatorin übergibt.
Im Kinder- und Jugendhilfegesetz kann man sich über den Förderauftrag der Einrichtungen informieren. Ich zitiere:
„Der Förderauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren“.
So steht es im achten Buch des Sozialgesetzbuches. Dass in Zukunft zwei Ressorts für diese Aufgabe zuständig sein sollen, ist in unseren Augen verantwortungslos.
Reibungspunkte werden entstehen. Das Gesamtwohl des Kindes wird nicht im Mittelpunkt stehen. Es wird auseinandergerissen in ein Bildungs- und ein soziales Kind.
Es wäre bürokratischer Wahnsinn, zwei Jugendämter einzurichten, die in verschiedenen Ressorts ansässig sind. Bundesweit wird versucht, Doppelstrukturen abzubauen, hier wird eine neue geschaffen. Auch widerspricht die bremische Regelung dem Bundesrecht. Das Sozialgesetzbuch spricht zwingend von einem Jugendamt.
Die FDP-Bürgerschaftsfraktion fordert den Senat auf, sich um effektive Strukturen zu bemühen, die das Wohl der Kinder und Jugendlichen im Blick haben. Die Freien Demokraten wollen ein Jugendamt mit Zuständigkeit für Kinder und Jugendliche. In der vorliegenden Form können wir dem Gesetz nicht zustimmen. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir Linken sehen die Notwendigkeit der besseren Verzahnung von Kita und Schule. In unserem Wahlprogramm haben wir ein gemeinsames Referat vorgeschlagen, um die Abläufe und Übergänge besser miteinander in Einklang zu bringen.
Der Senat hat jetzt im Koalitionsvertrag ein gemeinsames Ressort Kita und Grundschule festgelegt, um die Kontinuität der Lernentwicklung zu erreichen, und möchte einen gemeinsamen Bildungsplan für Kinder von null bis zehn Jahren mit den Schwerpunkten Sprachförderung, Inklusion, Armutsbekämpfung, Elternarbeit und Übergangsgestaltung erstellen. Das
sehen wir als sinnvoll und auch als notwendig an, es gab auch vorher schon Rahmenpläne für die frühkindliche Bildung, in denen es auch Ausführungen zu den Übergängen gab. Wir fangen also nicht bei null an.
Ich glaube, wir sind uns einig, dass bei dieser Überführung eine Verschulung der Elementarpädagogik vermieden werden muss, das habe ich den letzten Ausführungen von Frau Dr. Bogedan auch so entnommen. Wir sperren uns also nicht grundsätzlich gegen eine institutionelle Verzahnung in einem gemeinsamen Ressort Kinder und Bildung, aber auf das Wie kommt es an.
Die vorliegende Gesetzesänderung halten wir für einen Schnellschuss, denn die Kritik an der schlechten Vernetzung und Zusammenarbeit der Ressorts ist in den letzten Jahren vor allem vom Bündnis gegen Armut und durch den Armutsausschuss thematisiert worden. Qualitative Antworten gibt es jetzt aber erst einmal noch nicht, genau das ist aber notwendig. Es wurde auch thematisiert, es sind qualitative Verbesserungen, Investitionen in die Qualität erforderlich! Der Gesetzentwurf ist erst einmal ein Schnellschuss, um Aktivität zu simulieren, aber noch keine qualitative Verbesserung.
Diese qualitative Verbesserung auch der Vernetzung ist natürlich wünschenswert, ich glaube, das wollen wir alle hier im Haus. Es muss über eine ernsthafte und vernünftig gemachte Zusammenlegung diskutiert werden. Das muss aber handwerklich gut gemacht werden, es muss mit Ressourcen und vor allem mit einem inhaltlichen Konzept unterlegt werden. Das erfordert mehr Zeit als einen Sommer, und es braucht auch eine bessere Beteiligungskultur. Der Personalrat sah sich bis jetzt noch nicht in der Lage, diesen Gesetzentwurf überhaupt zu beurteilen. Es wäre wünschenswert, wenn diese Prozesse auch mit einer besseren Beteiligung abliefen.
Die Probleme werden in der jetzt angedachten Konstellation, so lange sie noch nicht inhaltlich angefüttert worden ist, zunächst einmal inhaltlich verschoben. Es fehlt das inhaltliche Konzept der frühkindlichen Bildung aus einem Guss. Dies soll erstellt werden, darauf sind wir dann gespannt.
Es bleibt allerdings noch im Dunkeln, welche Antworten für Präventionsketten, Elternarbeit und so weiter gefunden werden sollen, und es bleibt auch die Frage offen, wie der Schutz des Kindeswohls aus einem Guss gewährleistet werden soll und wie die Struktur mit zwei Jugendämtern damit korrelieren soll.