Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Senkal.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Bremischen Vergnügungssteuer gesetzes soll in der Freien Hansestadt Bremen eine besondere Vergnügungssteuer auf Wettbüros einge führt werden. Der Betrieb eines Wettbüros, in dem das Vermitteln und Verfolgen von Wetten möglich ist, soll dadurch besteuert werden. Wie es auch in der Begründung schon richtig steht, sind Wetten, insbe sondere Livewetten, suchtgefährdend, ganz ähnlich wie Geldspielautomaten. Gerade Livesportwetten, bei denen ein gewisses Vorwissen, Sportkenntnisse und Hintergrundinformationen vermeintlich zum schnellen, lohnenden Gewinn führen, haben einen besonderen Reiz auf Spieler.

Für Automatenkasinos gibt es bereits eine Besteu erung nach dem Bremischen Vergnügungssteuer gesetz. Dass Livewetten dahinter zurücktreten, ist nicht einleuchtend, auch hier muss der Betrieb mit der gleichen Argumentationslinie besteuert werden. Unsere Gründe für die Einführung sind dabei aber nicht eindimensional: Auf der einen Seite wollen und müssen wir alle Einnahmepotenziale für Bremen als Haushaltsnotlageland ausschöpfen – das ist richtig, und wir stehen damit auch nicht allein da, auch an dere Städte haben in den vergangenen Jahren eine kommunale Vergnügungssteuer auf das Vermitteln und Verfolgen von Wetten eingeführt –, und deshalb hat Bremen ein Stück weit die Pflicht, hier kein Geld liegen zu lassen.

Das ist aber nicht der einzige Grund für die Einführung der neuen Abgabe: Wir finden auf der anderen Seite die Besteuerung auch aus regulatorischen Gründen wichtig. In manchen Gebieten der Stadt gibt es inzwi schen eine Vielzahl von Wettbüros, die das Stadtbild zum Negativen verändern, insbesondere dann, wenn sich in unmittelbarer Umgebung oft auch noch ein Automatenkasino befindet.

Durch die Besteuerung von Wettbüros wollen wir das Geschäft regulieren und weniger attraktiv für Betrei ber machen und, ja, im Endeffekt auch Spielstätten dadurch reduzieren. Außerdem kann die Steuer im Sinne eines effektiven Spielerschutzes dazu dienen, dass das bereits bestehende Angebot nicht noch weiter ausgeweitet wird. An einer Ausweitung von Wettbüros, egal ob konzentriert am Bahnhof oder in typisch betroffenen Stadtteilen, haben wir als Koa lition kein Interesse.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Dann verzichten wir im Sinne einer verringerten Versuchung und damit im Sinne eines angemesse nen Spielerschutzes auch lieber auf die Einnahmen.

Einen wichtigen Aspekt neben dem genannten Sinn und Zweck des Gesetzes gibt es noch: Neben in haltlichen Regelungen zur Bemessungsgrundlage, Entstehung der Steuer, Besteuerungsverfahren, Fäl ligkeit und Nachschau der Wettbürosteuer enthält das Gesetz auch eine Änderung des Bremischen Abgabengesetzes, die es ermöglichen soll, Verstöße gegen das Ordnungsrecht an die zuständigen Be hörden weiterzugeben und solche nicht wie bisher zu verschweigen.

Die Möglichkeiten der Offenbarung zum Zwecke der Bekämpfung der Geldwäsche sind damit vorgesehen und, wie ich finde, auch unverzichtbar. Fallen Miss stände bei Kontrollen auf, müssen diese Informationen weitergegeben werden, um dann weiter dagegen vorgehen zu können. Aus all diesen Gründen bin ich froh, dass wir diese Gesetzesänderung hier heute in zweiter Lesung beschließen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Hilz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ging ja schnell, aber ich habe aufmerksam zugehört und erkenne als Quintessenz daraus, dass Sie die Wett büros insgesamt aus dieser Stadt drängen wollen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Keine schlechte Idee!)

Legal sind diese Wettbüros – sie sind auch nicht mei ne Lieblingsläden, ich war einmal in einem solchen

Laden, das gefällt mir jetzt atmosphärisch auch nicht besonders, aber das ist meine persönliche Meinung, der Punkt ist, sie sind legal –, und sie sind auch legal im Glücksspielbereich in der Stadt als Läden prä sent. Wenn Sie durch eine zusätzliche Besteuerung versuchen, diese Läden aus der Stadt zu drängen, dann sind aus unserer Sicht damit zwei Probleme verbunden: Zum einen können Sie Jugendschutz und Suchtprävention im Präsenzleben immer noch besser betreiben, als wenn die Spieler in den Onlinemarkt gedrängt werden.

(Beifall FDP)

Ich habe es hier auch schon mehrfach an dieser Stelle angesprochen, der Onlinemarkt ist vorhanden, es sind deutschsprachige Seiten auf Servern in Gibraltar, die den Eindruck vermitteln, als wären sie nebenan. Die Werbung ist in Funk und Fernsehen und im Internet geschaltet, also ist die Versuchung dann noch größer, und die Möglichkeit der Prävention, des Jugend schutzes ist dann weniger gegeben.

Die zweite Argumentation, die uns nicht gefällt, ist, dass Sie hier selektiv eine bestimmte Art von Läden verdrängen wollen. Das halten wir für gefährlich und falsch, denn Sie fangen an, hier einzelne Läden zu besteuern, weil Ihnen die Außenfassade der Wettbüros und das Geschäftsmodell nicht gefällt.

Sucht gibt es auch bei Tabakläden. Tabak wird be steuert, aber wollen Sie vielleicht demnächst auch Tabakläden besteuern oder vielleicht die Kioske im Viertel? Diese sind ja auch einigen, insbesondere den Grünen, ein Dorn im Auge.

(Abg. Senkal [SPD]: Aber der Tabak wird doch be steuert!)

Vielleicht ist das Waffengeschäft in der Bahnhofstraße als Nächstes betroffen, vielleicht kommt dieser Vor schlag von der linken Seite ja als nächster.

(Abg. Senkal [SPD]: Aber der Tabak wird besteuert! Da sind wir uns doch einig, oder?)

In diesem Fall kommen Sie dann vielleicht als Nächs tes mit Alkohol, mit den Weinläden zum Beispiel!

(Abg. Senkal [SPD]: Wird auch besteuert! – Abg. Frau Vogt [DIE LINKE] Branntweinsteuer heißt sie!)

Wenn es Ihnen nicht gefällt, dann fangen Sie an, auch diese zu besteuern!

Das ist aus Sicht der Freien Demokraten der falsche Weg. Entweder es ist legal und wird bundesweit einheitlich besteuert, oder es ist nicht legal, dann gehört es verboten und abgeschafft. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Danke!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich habe schon einmal gesagt, dass ich relativ häufig in Japan bin, und in Japan ist Spielsucht eine der Volkskrankheiten Nummer eins. 60 Prozent der Ja panerinnen und Japaner sind dieser offensichtlich nicht nur vollständig verfallen, und was dort an Automatenspielen und Sportwetten und Sonstigem angeboten wird, ist wirklich besorgniserregend. Das heißt jetzt nicht, dass wir auch schon so weit sind, aber ich finde, Maßnahmen, die dazu dienen, diese Form von Sucht zu bekämpfen, sind notwendig und wichtig und müssen von diesem Haus beschlossen werden,

(Beifall DIE LINKE, SPD)

und das machen wir heute.

Wir reden dabei nicht über irgendein Produkt, das mehr oder weniger ungefährlich ist. Natürlich ist das legal. Ich frage mich manchmal, warum, aber es ist legal. Es entstehen durch diese Spielsucht auch gesellschaftliche Kosten, denn Spielerinnen und Spieler, die süchtig werden, brauchen irgendwann öffentliche Hilfe, und ich bin relativ sicher, dass die Höhe der Einnahmen, die wir generieren, diese Schä den nicht deckt. Wir erheben die Tabaksteuer unter anderem deswegen, weil Tabak Schäden verursacht, und wir erheben Branntweinsteuer, und diese Dinge haben einen inneren Zusammenhang. Deswegen ist es notwendig, das zu tun, und möglicherweise müs sen wir uns bei der Frage von Onlinewetten andere Maßnahmen ausdenken. Das steht möglicherweise in Bremen auch nicht wirklich unter unserer Regie, das können wir möglicherweise nur sehr begrenzt beeinflussen.

Wir können diese Dinge nicht verbieten und haben auch gar nicht die Möglichkeit, diese Server auf Malta oder Gibraltar oder in Rumänien und Russland oder sonst wo abzuschalten, da müssen wir wahrscheinlich auf internationaler Ebene agieren oder entsprechende Zugänge organisieren, das ist schwierig. An der Stelle, wo wir etwas machen können, finde ich, sind wir aber gefordert. Da muss man eine solche Steuer erheben und dafür sorgen, dass die Spielsucht zumindest in diesem Punkt erschwert wird, und es ist ja dann auch nach wie vor nicht vollkommen verboten.

(Zuruf Professor Dr. Hilz [FDP])

Das ist ja immer die interessante Frage! Wir werden diese Frage noch einmal aufwerfen, wenn wir im Zusammenhang mit der Legalisierung von Cannabis

und der apothekenpflichtigen Freigabe von anderen Drogen darüber diskutieren, ob das dann auch eine andere Form von Verdrängung ist. Nein, es wird einen Verdrängungseffekt geben, aber zum größten Teil wird dieser dazu führen, dass die Spielsucht unter Umständen eingegrenzt wird. Das ist nicht die Lösung für alles, sondern vielleicht nur für einen Teil, aber diesen Teil müssen wir leisten, und deswegen bin ich dafür.

Wenn es dazu führt, dass die Anzahl der Wettbüros sinkt, dann bin ich im Übrigen auch dafür, weil das die Stadt und die Straßen verändert, und da muss man vielleicht auch schauen, ob es nicht noch andere eine Variante gibt. Was macht es ihnen eigentlich so leicht, sich dort anzusiedeln? Weil es immer mehr Leer stände gibt und immer mehr kleine Läden schließen, die einfach nicht mehr existieren können! Vielleicht haben wir eine Möglichkeit, von der anderen Seite aus dafür zu sorgen, dass die lokale Wirtschaft und kleinräumige Wirtschaftsstrukturen nicht zerstört werden, denn wenn sie zerstört sind, dann kommen dort unter Umständen solche Geschäfte hinein, und da haben wir eine andere Möglichkeit, das zu be einflussen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Özdal.

Frau Präsidentin, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon das meiste vorweggenommen: Kernziele dieses Änderungsgesetzes sind zunächst die Ausschöpfung weiterer Einnahmequellen – es werden 300 000 bis 400 000 Euro Steuermehreinnahmen im Jahr erwartet, und das sind wohl auch realistische Zahlen –, und des Weiteren ist die wirtschaftliche Regulierung des ausufernden Marktes der Wettbüros beabsichtigt, denn die Einführung der Wettbürosteuer wird ohne Frage die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Betreiber maßgeblich beeinflussen.

(Beifall CDU, SPD)

Ein weiterer ganz wichtiger Aspekt ist auch aus Sicht der CDU-Fraktion, dass diese Gesetzesvorlage der Bekämpfung der Suchtgefahr dient,

(Beifall CDU, SPD)

bei Sportwetten insgesamt, aber insbesondere auch bei Livewetten. Sucht hängt vom Angebot ab. Ein Wildwuchs von Wettbüros kann ja nicht erwünscht sein, und dem wollen wir damit entgegenwirken.

(Beifall CDU, SPD)

Die CDU-Fraktion hat dem deshalb bereits im Haus halts- und Finanzausschuss zugestimmt, und wir werden auch hier der Gesetzesnovelle zustimmen.

Herr Hilz, Ihre Fraktion war ja die einzige, die diese Novelle diskutieren wollte, und ich habe Ihrer Rede jetzt aufmerksam zugehört.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Das ist auch gut so!)

Ich habe auf schlagkräftige Argumente gewartet, aber sie kamen nicht. Sie haben gesagt, diese Wett büros seien legal, und das stimmt, sie sind nach der Rechtsprechung des EuGH legal. Sie haben dann Tabak und Alkohol als Vergleich angegeben, aber meine Kollegen haben es schon gesagt, dass sie schon einheitlich besteuert werden.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Nicht die Läden! Der Alkohol und der Tabak werden besteuert! – Zurufe SPD)

Ich möchte Sie noch an die Novelle erinnern, die in diesem Jahr noch ansteht: Wir müssen wahrscheinlich in diesem Jahr hier noch die Novelle des Glücks spielstaatsvertrags ratifizieren, und dann können wir diese Themen noch einmal insgesamt ausführlich diskutieren.