Zweite Bemerkung: Sie hatten zu Recht das Thema Attraktivität von Berufen angesprochen. Da müssen wir auch einmal feststellen, dass es hier regionale Unterschiede gibt. Das Schöne an Süddeutschland ist ja, dass es dort noch in jedem Dorf ein bis zwei
handwerklich organisierte Metzger gibt, und bei uns gibt es nur noch die Supermärkte mit heißer Theke, wo das in der Regel dann Fabrikware ist.
Gut, ich auch, aber die Beobachtung, dass es regi onal unterschiedlich ist, wie auch handwerkliche Berufe angewählt werden, ist richtig. Wir stellen fest, dass wir auch in unserer Region in bestimmten handwerklichen Bereichen eine Unteranwahl von Ausbildungsplätzen haben. Darüber ist, glaube ich, kein Streit möglich.
Ich glaube, dass ein wichtiger Faktor natürlich auch darin liegt, den sozialen Status von Berufen attraktiver zu machen. Wir haben deswegen auch, im Übrigen durchaus mit dem Einverständnis des Handwerks, in die Veränderung unserer Vergabe hineingenommen, dass die regional gültigen Tarifverträge, nämlich die, die unsere Handwerker mit den zuständigen Gewerk schaften abgeschlossen haben, die Grundlage bei der unterschwelligen Vergabe sein sollen. Das war durchaus auch ein Wunsch der Handwerker, und ich würde dem Handwerk dringend empfehlen, diesen Weg der tariflichen Absicherung von Arbeitsverhält nissen weiterzugehen, den ja auch einige Branchen, einige Innungen gehen, wobei aber auch einige Innungen gesagt haben, sie wollten das nicht mehr, was ich für falsch halte. Eine gute Sozialpartnerschaft im Handwerk ist auch eine gute Grundlage für die Suche nach Fachkräften.
Frau Bernhard, das will ich Ihnen sagen, gerade in Bezug auf Nachwuchs ist es besser, man sieht ein bisschen realistischer hin! Es ergibt keinen Sinn, hier davon zu reden, dass man nach einem zehn- bis elfstündigen Arbeitstag, also deutlich oberhalb der zulässigen Grenze von Erwachsenen – von Jugend lichen wollen wir gar nicht reden –, noch gezwungen ist, die Leistung einer ausbildungsbegleitenden Hilfe in Anspruch zu nehmen! Das ist Quatsch, das ist falsch! Das ist diese klassische Vorstellung, alle seien nur überlastet und überfordert. Ich glaube, dass man Angebote, die helfen, im Leben weiterzukommen, nutzen muss und ein bisschen Arbeit und Lernbe reitschaft auch dazugehört, sich sozusagen in einen Beruf hineinzubewegen.
Es hilft nicht, dass man da immer nur über die eine oder andere staatliche Hilfe und die eine oder an dere Entlastung nachdenkt, damit man diesen Weg überhaupt gehen kann. Das mag vielleicht etwas konservativ klingen, aber das ist zumindest die Er
kenntnis, die ich nach 45, 46 Jahren Berufstätigkeit gewonnen habe. Im Übrigen kann ich Ihnen einmal bei Gelegenheit meine Berufsschulzeugnisse aus dem ersten Lehrjahr zeigen. Das werden Sie auch nicht glauben!
Ein bisschen Bereitschaft, sich auch anzustrengen und Angebote anzunehmen, gehört auch zu einem Einstieg ins Arbeitsleben. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar für die Debatte heute, weil sie noch einmal deutlich macht, mit welch wichtigem Wirtschaftsfaktor wir es hier zu tun haben. Das Handwerk ist nämlich ein solcher. Mit über 5 000 Betrieben im Land Bremen hat es für uns eine sehr hohe Bedeutung.
Ich habe die Debattenbeiträge ganz überwiegend so verstanden, dass hier – jedenfalls überwiegend – die Ansicht geteilt wird, dass die Grundvoraussetzungen gut sind, dass die Betriebe sich selbst auch auf einem wirklich guten Weg sehen und es eine hohe Zufrie denheit gibt. Unsere Handwerksbetriebe in Bremen und Bremerhaven sind stark, und das wird durch die Mitteilung des Senats sehr deutlich dokumentiert.
Wir sind seitens des Senats in einem kontinuierlichen Austausch mit den Betrieben, mit den Innungen der Kreishandwerkerschaften, in Bremen und in Bremer haven natürlich mit der Handwerkskammer selbst. Wir versuchen selbstverständlich auch, Betriebe intensiv dort zu unterstützen, wo uns das möglich ist. Es gibt eine ganze Vielzahl von Herausforderungen, die wir dabei immer auch berücksichtigen müssen.
Die Fördermöglichkeiten, die grundsätzlich für jedes Unternehmen im Land Bremen bestehen, bestehen natürlich auch für Handwerksbetriebe. Wir versu chen, Unterstützung zu leisten, wenn es darum geht, Existenzgründungen auf den Weg zu bringen oder auch bei den ganzen Fragen zur Unternehmungs nachfolge, aber auch selbstverständlich bei der Suche nach qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbei tern. Das ist auch eine echte Herausforderung, weil der Fachkräftemangel auch hier Raum greift. Den Fachkräftemangel werden wir sicherlich nur zum Teil beeinflussen können, er betrifft alle Branchen gleichermaßen, es gibt definitiv zu wenige Fachkräfte. Umso wichtiger ist es, dass die Betriebe selbst ihrem Auftrag nachkommen und ausbilden. Das tun sie, dafür muss man den Betrieben durchaus dankbar sein, weil sie auch über den eigenen Bedarf hinaus ausbilden. So eine Ausbildung macht sich ja nicht
von selbst. Insofern ist das ein ganz wichtiger Beitrag, den die Handwerksbetriebe hier für den Übergang von der Schule in das dauerhafte Arbeits- und Er werbsleben leisten.
Eine weitere Herausforderung, bei der uns die Hand werksbetriebe mit Sicherheit auch sehr stark unter stützen und helfen, ist die Herausforderung rund um das Thema Flüchtlinge. Wir suchen händeringend nach Möglichkeiten, wie wir es schaffen, den jungen Menschen Perspektiven zu ermöglichen und zu zeigen, dass es sich lohnt, eine Ausbildung zu machen, weil man gerade mit den praktischen Fähigkeiten in Hand werksbetrieben auch dauerhaft dafür Sorge tragen kann, seinen eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Da kommt den Handwerksbetrieben auch eine ganz hohe Bedeutung zu, trotz aller Schwierigkeiten – das muss man auch sehen –, die es dabei gibt; wir haben hier schon so oft über solche Fragestellungen diskutiert, etwa über Deutschkenntnisse, dass man Sicherheitsbestimmungen zumindest teilweise ken nen muss et cetera. Die Handwerksbetriebe leisten aber einen ganz wichtigen Beitrag zur Integration der Menschen, die zu uns gekommen sind.
Angeklungen ist auch, dass wir sorgsam in der Ab wägung damit umgehen müssen, Flächen zu finden. Handwerksbetriebe brauchen keine riesigen Flächen, aber sie brauchen oftmals Flächen, die einigerma ßen wohnortnah sind, damit sie sich dort entfalten können, das ist hier hinreichend beleuchtet worden. Wir brauchen immer die ausgewogene Balance zum Wohnungsbau, damit wir beides bedienen können. Wir werden unsere Anstrengungen da sicherlich auch noch einmal erhöhen müssen, im Rahmen von Verdichtungen beispielsweise, um hier entsprechen de Angebote zu machen, damit die Betriebe direkt vor Ort sind.
Meine Damen und Herren, einen Punkt möchte ich ansprechen, der immer angeklungen ist, aber vielleicht in der Deutlichkeit noch nicht richtig herausgekommen ist, das ist die große Herausforderung rund um die Digitalisierung oder um das Thema 4.0. Man muss sehen, das betrifft nicht nur die großen Unterneh men, das betrifft nicht nur Hightech-Unternehmen, sondern es betrifft selbstverständlich auch unsere Handwerksbetriebe.
Angeklungen sind solche Dinge wie E-Vergabe. Sie brauchen zukünftig sicherlich auch für Bestell wege eine vernünftige EDV, nicht nur, dass da ein Computer steht, sondern dass sie auch in der Lage sind, damit so virtuos umzugehen, um überhaupt in einem immer komplizierter werdenden Einkauf auch bestehen zu können. Sie brauchen mit Sicher heit auch hier Bewegung, weil die europäischen Regelungen vorsehen, dass wir zukünftig ab einem bestimmten Schwellenwert ausschließlich über EVergaben vergeben können. Wenn unsere Betriebe da mithalten wollen, müssen sie sich auf diesen Weg machen. Dieses Angebot machen wir auch, wir un
terstützen die Unternehmen dabei. Wir sind in den Dialogen, hier Maßnahmen zu ergreifen, damit wir insbesondere die Handwerksbetriebe hierbei auch unterstützen können.
Ich will gern auf die Kritik an der zentralen Ser vice- und Koordinierungsstelle – so ist der genaue Titel – eingehen. Hier geht es darum, dass wir ein Angebot machen, eine Servicestelle haben, um Ver gabeprozesse bei Bauvergaben im Land Bremen so auszugestalten, dass sie optimiert werden können. Ich gebe unumwunden zu – auch darüber haben wir umfangreiche Debatten hier im Hause wie auch in der Deputation gehabt –, dass wir dabei Anlaufschwie rigkeiten hatten, das ist richtig. Ich finde aber, dass wir enorm aufgeholt haben.
Wenn Sie heute auf die Webseite schauen, welche Möglichkeiten wir dort insbesondere für Handwerks betriebe anbieten, auch hier mit dabei zu sein, finde ich wirklich erwähnenswert, dass sich das sehr gut entwickelt hat. Es geht hier nämlich im Wesentli chen darum, dass wir zu einer einheitlichen Vergabe kommen, zu Standards kommen, mit denen eine Verlässlichkeit hergestellt wird, und sich auch die Betriebe damit beschäftigen können, damit wir zu einer Rechtssicherheit kommen. Das hilft am Ende beiden Seiten, sowohl den Unternehmen als auch der Verwaltung bei der ständigen Vergabe in diesem Bereich. Insofern sind wir auch da noch nicht am Ende, wir werden auch noch weiter daran arbeiten müssen, das ist gar keine Frage. Wir wollen ja auch die Anzahl von Vergabestellen reduzieren, auch das ist ein Faktor, der dazu führen soll, dass wir schlicht weg die Rechtssicherheit erhöhen. Das werden wir auch weiterhin verfolgen. Insofern teile ich die Sorge nicht, die hier heute geäußert worden ist, das will ich noch einmal so deutlich sagen.
Es gibt eine ganze Reihe von Einzelfragen aus den Reihen der FDP, die so dezidiert sind, dass es sich, glaube ich, vor allem auch noch einmal anbietet, das Thema vielleicht in der Deputation zu vertiefen, weil die Fragestellungen ja durchaus sehr interessant sind. Wir sollten dazu auch in jedem Falle ein gemeinsames Verständnis entwickeln, denn das, finde ich, ist aus der Debatte wirklich deutlich geworden: Wir haben im Land Bremen sehr stabile Handwerksbetriebe, einen wichtigen Wirtschaftszweig, und das soll auch so bleiben! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will das Wort ergreifen, um den letzten Punkt, den Sie angespro chen haben, Herr Staatsrat, intensiver zu beleuchten.
Es ist jetzt, Herr Reinken, lieber Andreas Kottisch, vier Jahre her, dass der Antrag zur Einrichtung einer zentrale Vergabestelle damals zusammen von der SPD und den Grünen eingebracht worden ist.
(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir haben sogar ein Gesetz eingereicht! Es war ein Ge setzesantrag!)
Sogar ein Gesetz, es ist vier Jahre her! Wenn Sie jetzt immer noch im Konjunktiv sprechen, was Sie erreichen wollen, dann muss ich sagen, Sie sollten die Ansätze, die Sie in dem Zusammenwirken zwischen den Ressorts haben, einmal kritisch hinterfragen. Es geht nämlich dabei auch darum, inwiefern die öf fentliche Hand von den Unternehmen und Betrieben als attraktiver Auftraggeber wahrgenommen wird.
Die FDP hat schon eine Frage aufgeworfen, die von Interesse ist. Es geht nicht nur um 30 Tage, sondern es geht auch um kürzere Zahlungsfristen. Es ist nicht nur die Schlussrechnung, die eine Zahlungsfrist von 30 Tage ausweist, sondern es geht auch um Fristen für Abschlagszahlungen. Bei der Lieferung von fertigen Produkten sind kürzere Zahlungsfristen vorhanden. Es ist hier vollkommen richtig angesprochen wor den, dass viele Unternehmen, gerade die kleineren Handwerksbetriebe, Liquiditätsprobleme bekommen, kritisch von den Banken nachgefragt wird und hohe Refinanzierungskosten bei den Banken entstehen, wenn Zahlungsfristen nicht eingehalten werden.
Deswegen sollten Sie sich als Senat die kritische Frage stellen: Wie kann die öffentliche Hand bei den Betrieben als attraktiver Auftraggeber wahrgenom men werden? Es ist ein erhebliches Defizit sowohl bei den Handwerksbetrieben als auch generell bei den übrigen Betrieben vorhanden. Ich kann Ihnen aus eigener beruflicher Erfahrung sagen, dass es nicht besonders attraktiv ist, an öffentlichen Aus schreibungen teilzunehmen. Das Verfahren und der Bürokratieaufwand sind kritisch zu hinterfragen. Die Vergaben erfolgen immer nur an den billigsten, aber nicht besten Anbieter, denn die Qualität spielt offensichtlich keine Rolle. Gleiches gilt für die Regi onalität des Anbieters.
Das sind die Punkte, die ich Ihnen mit auf den Weg geben will. Unabhängig von der Selbstgefälligkeit, die hier immer wieder zum Ausdruck kommt, bitte ich Sie, sich selbst kritischer zu hinterfragen! – Vielen Dank!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 19/948, auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP Kenntnis.
Kinderrechte endlich im Grundgesetz verankern! Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 16. Januar 2017 (Drucksache 19/902)
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! 25 Jahre, nachdem die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland in Kraft getreten ist, wird immer noch darum gerungen, ob die Kinderrechte im deutschen Grundgesetz verankert werden sollen. Die Koalition legt Ihnen heute einen Antrag vor, um dem dringen den politischen Ziel, die Kinderrechte in unserem Grundgesetz zu verankern, auf Bundesebene aus dem Land Bremen heraus noch einmal deutlichen Nachdruck zu verleihen.
Es ist erstaunlich, dass wir in diesen Tagen 15 Jah re Tierrechte im Grundgesetz feiern, die völlig zu Recht im Grundgesetz stehen, dass selbstverständ lich auch die Gleichstellung von Mann und Frau im Grundgesetz aufgenommen worden ist, und zwar mit allen „Nachbesserungen“, die das Grundgesetz seit seinem Inkrafttreten erfahren hat. Es ist aber umso merkwürdiger, dass ausgerechnet die Rechte der Kinder immer noch nicht im Grundgesetz stehen.
Unser Antrag geht in die Richtung, die Kinderrechte in sechs Punkten auszuführen, also nicht nur zu sagen, Kinder sollen Rechte haben, Punkt, und das war es dann, sondern konkret zu sagen, sie sollen Träger eigener Rechte sein.
Es hat sich historisch sehr viel verändert. Während Kinder früher historisch als Anhängsel, manchmal als Besitz der Eltern wahrgenommen worden sind, aber nicht als Rechtssubjekt vorkamen, sollten sie heute ein eigenes Rechtssubjekt sein. Sie sollten Träger eigener Rechte sein, und das soll im Grundgesetz auch zum Ausdruck kommen.
Sie sollen ein Recht auf Entwicklung und Bildung haben. Sie sollen vor Gewalt geschützt werden. Sie sollen beteiligt werden, und zwar von Anfang an. In der Debatte haben wir es heute gerade gehört, dass bereits im Kindergarten, ich glaube, Frau Senatorin Dr. Bogedan hatte es angesprochen, selbstverständ lich Kinder auch verstehen, dass sie sich altersgemäß in Entscheidungen mit Ihren Wünschen einbringen können.