Protokoll der Sitzung vom 14.06.2017

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

(Abg. Frau Wendland [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Landtag 3406 45. Sitzung/14.06.17

Gesetz zu dem Staatsvertrag über die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung und zur Änderung hochschulrechtlicher Gesetze Mitteilung des Senats vom 23. Mai 2017 (Drucksache 19/1074) 1. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Kück.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das heute in erster Lesung zu verabschiedende Gesetz zum Staatsvertrag über die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung ist in unseren Augen ein wichtiger und lange überfälliger Schritt hin zu einer transparenteren, komfortableren und einheitlichen Zulassung an den deutschen Hochschulen. Wir begrüßen deshalb die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung.

(Beifall SPD)

Bisher bewerben sich angehende Studierende oftmals an verschiedenen Hochschulen, um ihre Chancen auf eine Studienplatzzusage zu erhöhen. Liegen dann mehrere Zusagen vor und ist die Entscheidung für eine Hochschule gefallen, beginnt häufig das Problem für die übrigen Hochschulen. Leider geht die Entscheidung für einen Studienort oftmals nicht mit einer Absage an die anderen Hochschulorte einher. Das bringt das Nachrückverfahren ins Stocken. Schlimmstenfalls zieht es unbesetzte Studienplätze nach sich. Diese Ineffizienz des bisherigen Verfahrens muss überwunden werden. Die Weiterentwicklung zu einem dialogorientierten Serviceverfahren mit einem neuen effizienteren Bewerbungsverfahren ist an dieser Stelle der Schritt in die richtige Richtung und auch die richtige Lösung.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Sobald die entsprechenden technischen Voraussetzungen geschaffen sind, wird es künftig möglich sein, sich durch die Nutzung eines einzigen Programms für zulassungsbeschränkte Studienplätze an Hochschulen im gesamten Bundesgebiet online zu bewerben. Die Universität Bremen wird darüber hinaus nicht nur im Bereich der zulassungsbeschränkten Studienangebote auf dieses Verfahren zurückgreifen,

sondern dieses künftig auch für Bewerbungsverfahren in nichtzulassungsbeschränkten Studiengängen nutzen. Erfolgreiche Bewerbungen an der Universität Bremen führen bei Teilnahme an diesem gemeinsamen Verfahren künftig automatisch dazu, dass ein Studienplatz an einer anderen teilnehmenden Hochschule zentralgesteuert neu besetzt werden kann, weil diese Information über die Aufnahme und Freistellung dieses Bewerbers automatisch von Bremen dort ankommt. Die Hochschulen werden in der Zulassungspraxis durch die Zusammenführung bisher parallel laufender Verfahren künftig entlastet. Das ist eine Lösung, die anzustreben ist.

Daneben, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte man beachten, dass die gemeinsame Einrichtung für Hochschulen auch den Studieninteressenten zugutekommt. Ihnen steht in Zukunft nicht nur ein nachvollziehbares und einheitliches Verfahren zur Verfügung. Für sie kann es auch ein Ende der chaotischen und überhandnehmenden Zahl an Bewerbungsverfahren bedeuten und diese aktiv erleichtern und vereinfachen.

Es hat in Mecklenburg-Vorpommern von der LINKEN und in Schleswig Holstein von der FDP Kritik gegeben, dass man sich in Bereichen wie Medizin künftig halbjährlich bewerben müsse und dies doch ein großer Aufwand sei. Ich glaube, gemessen an dem bisherigen Verfahren ist das eine hinnehmbare und zumutbare Maßnahme. Sie ändert insgesamt nichts daran, dass dieses Verfahren deutlich leichter, transparenter und komfortabler wird. Deshalb bitte ich Sie, diesem Gesetz zuzustimmen. - Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Strunge.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über das Gesetz zum Staatsvertrag, das verschiedene Bereiche der Hochschulzulassung mit zwei gänzlich unterschiedlichen Themen regelt. Einen Punkt hat Herr Gottschalk am Ende seiner Rede angesprochen, den anderen Punkt hat er gar nicht angesprochen. Ich fange mit den ersten Punkt an.

Durch das vorgelegte Gesetz wird der neue Staatsvertrag in Kraft gesetzt, mit dem die Zulassung in den Fächern mit zentralgesteuerter Aufnahme wie Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin oder Pharmazie geregelt wird. Seit dem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1972 ist klar, dass die im

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Grundgesetz garantierte freie Wahl des Berufes auch die freie Wahl des Studienfaches für alle Abiturienten bedeutet. Um dieses Grundrecht zu realisieren, wurde das Vergabeverfahren aus Numerus clausus und Wartesemestern entwickelt, welches garantieren sollte, dass man zumindest nach einer gewissen Wartezeit sicher einen Studienplatz im Wunschfach bekommen kann. Inzwischen sind die Wartezeiten in der Medizin aber so abstrus hoch - wir sprechen gerade von 14 Semestern -, dass diese länger sind als der Zeitraum, den ein Medizinstudium insgesamt dauert. Es gibt begründeten Zweifel daran, ob das derzeitige Vergabeverfahren noch dem Urteil aus dem Jahr 1972 gerecht wird.

(Beifall DIE LINKE)

Für die Misere, dass es viel zu wenige Studienplätze insbesondere in der Medizin gibt, gibt es eigentlich eine einfache und gute Lösung. Man könnte neue Medizinfakultäten gründen. Dann würde man direkt zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Studieninteressierten hätten den Studienplatz ihrer Wahl, und der immer stärker werdende Ärztemangel könnte bekämpft werden. Dieser sinnvolle Weg wurde von der Kultusministerkonferenz allerdings nicht gewählt. Stattdessen wird das Vergabeverfahren mit der Neufassung des Staatsvertrags über die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung noch komplizierter. Bisher galt die Regelung, dass jedes nicht studierte Semester automatisch als Wartesemester für die Vergabe zählt. Nun werden die Wartesemester abgeschafft und durch Bewerbungssemester ersetzt. Es zählen nur noch aufeinanderfolgende Semester, in denen man sich um einen Studienplatz beworben hat. Das heißt, dass sich eine Abiturientin, wenn sie Ärztin werden will, aber keinen Abiturdurchschnitt von 1,0 oder 1,2 hat, jedes Semester über Jahre hinweg offiziell neu bewerben muss. Herr Gottschalk sagt, dass das zumutbar sei und man das ruhig machen könne. Ich glaube, dass es eine deutliche Hürde darstellt. Hier werden jungen Menschen, die wir später als Ärzte dringend benötigen, Steine in den Weg gelegt. Wir finden diesen Weg falsch.

(Beifall DIE LINKE)

Darüber hinaus bestraft die neue Regelung auch junge Erwachsene, die sich nicht sofort nach dem Abitur für ein Studium entscheiden. Wer zuerst eine Ausbildung macht, beispielsweise als Krankenpfleger, und danach studieren will, startete bislang automatisch mit sechs Wartesemestern. Diese fallen jetzt einfach weg. Wer sich anschaut, wer in dieser Gesellschaft oft zuerst eine Ausbildung wählt und dann gegebenenfalls ein Studium anhängt, der weiß,

dass diese neue Regelung in der Hochschulzulassung gerade Menschen aus Nichtakademikerhaushalten benachteiligt. Diesen Irrweg können wir nicht mittragen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir fordern Sie auf, mit dem Bund und den Ländern Lösungen für den Mangel an Studienplätzen in den medizinischen Fächern zu finden. Nur das kann der richtige Weg sein.

Ein zweites Thema hat Herr Gottschalk gar nicht angesprochen. In dem Gesetz werden Regelungen getroffen, die nur Bremen betreffen. Es wird geklärt, wie Menschen mit einem im Ausland erworbenen Lehramtsabschluss eine Anerkennung ihres Abschlusses in Bremen erlangen können. In vielen Fällen müssen sie dazu ein zweites Schulfach nachstudieren, da man im Ausland oft mit nur einem Fach Lehrerin oder Lehrer werden kann. Nun wird die Möglichkeit eines Zweitfachstudiums an der Universität Bremen geschaffen. Das begrüßen wir natürlich grundsätzlich. Wir kritisieren aber ausdrücklich, dass die Universität im ersten Schritt für das Zweitfachstudium geöffnet und diese Tür im zweiten Schritt direkt wieder zugeschlagen wird, weil die Zulassungsquote eine Studienkapazität von lediglich zwei Prozent vorhält. Das heißt, dass so gut wie in allen Lehramtsfächern aus dieser Gruppe lediglich ein Studienplatz zur Verfügung steht.

Seit Monaten steht in den Vorlagen des Senats zum Lehrkräftemangel, dass die Anerkennung ausländischer Lehramtsabschlüsse ein wichtiger Baustein sei, um dem Lehrkräftemangel in Bremen zu begegnen. Das sehen wir genauso. Deswegen finden wir es falsch, dass beim Zugang zur Universität wieder eine neue Hürde eingezogen wird. Mit diesem Gesetz wird im schlechtesten Fall verhindert, dass es eine Weiterqualifizierung für ausländische Lehrkräfte gibt. Sie benötigen wir aber dringend. Deshalb können wir damit nicht einverstanden sein. Wir lehnen dieses Gesetz daher ab. - Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Müller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin wirklich irritiert. Ich habe den letzten Passus schlicht nicht verstanden. Meine Kollegen haben ihn auch nicht verstanden. Ihr könnt ein bisschen nachdenken und es vielleicht gleich aufklären. Ich habe ehrlich gesagt gar nicht mit der Debatte über den

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Gesetzesentwurf gerechnet, über den wir jetzt diskutieren, weil mir nichts eingefallen ist, was hier kontrovers zu debattieren wäre. Frau Kollegin Strunge hat uns jetzt aufgeklärt.

Ich fange mit dem letzten Punkt an. Ich sehe das überhaupt nicht so. Ich finde, dass der vorliegende Staatsvertrag in dem bremischen Teil eine Verbesserung darstellt und für Studierende mit ausländischem Abschluss die Möglichkeit eröffnet, hier die Lehrerausbildung zu beginnen. Es ist eine Verbesserung zu den Regelungen, die wir bisher hatten.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Den zweiten Punkt habe ich auch recherchieren können, weil wenige, aber doch einige linke Fraktionen in anderen Bundesländern die Causa Wartesemester in die Debatte eingebracht haben. Ich sehe das wie mein Kollege Gottschalk. Wenn Menschen medizinische Berufe studieren wollen, den erforderlichen Numerus clausus nicht erbringen und sich sowieso auf ein paar Wartesemester - oder jetzt Bewerbungssemester - einstellen müssen, ist es keine besonders hohe Zumutung, wenn man erwartet, dass diejenigen dabeibleiben und sich einmal im Semester oder pro Jahr um diesen Studienplatz bewerben.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich finde allerdings, Frau Strunge hat recht damit, dass wir uns grundsätzlich einmal über Zulassungsbedingungen zu medizinischen Berufen oder überhaupt über die Studiermöglichkeit von medizinischen Berufen auseinandersetzen könnten und müssten. Das ist gerade dann der Fall, wenn man sich - ich habe es gerade persönlich erlebt - den Ärztemangel im ländlichen Raum, beispielsweise in der Wesermarsch, vor Augen führt. Dass wir mehr Ärztinnen und Ärzte benötigen, ist klar. Dass man sich generell einmal mit dem Thema auseinandersetzen müsste, ist richtig. Allerdings sollte das nicht im Rahmen des Staatsvertrages zu den Zulassungsbedingungen erfolgen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ansonsten bleibt mir eigentlich nur zu wiederholen - das möchte ich ungern tun -, was Herr Gottschalk schon vorgetragen hat und was wahrscheinlich gleich noch einmal kommt. Wir finden, dass es transparenter und gerade für Studienanfänger viel planbarer ist. Die Studierenden können nach den neuen Zulassungsbedingungen im besten Fall davon ausgehen, dass ihr Studium dann im Oktober anfängt und nicht Mitte oder Ende November, bis sie irgendwann einen Zulassungsbescheid erhalten. Es

ist planbarer für die Studierenden. Zu wissen, wann das persönliche Studium beginnt, fördert die Studierfähigkeit und damit - und das ist jetzt wirklich eine ganz lange Schleife - vielleicht auch den Studienerfolg der Studierenden in Bremen und in anderen Ländern. - Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Grobien.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem doch sehr diffus und kontrovers debattierten Tagesordnungspunkt zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz haben wir bei diesem Punkt eigentlich gar keinen Debattenbedarf gesehen.

Ich danke an dieser Stelle Arno Gottschalk, der in den Grundzügen festgestellt hat, dass die Mitteilung des Senats über die allgemeine Hochschulzulassung einen Staatsvertrag aus dem März 2016 in Landesrecht umsetzt. Wir begrüßen die allgemeine Hochschulzulassung, die dadurch transparenter, komfortabler und eben auch einheitlich in ein Online-Bewerbungsverfahren mündet. Es hat den Vorteil, dass es Doppelungen und zu lange unbesetzte freie Stellen verhindert und viele Nachteile der Mehrfachbewerbungen außer Kraft setzt. Es entlastet die Hochschulen.