Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Wir setzen uns für Wachstum und für gute Arbeit in den Häfen ein und damit natürlich auch für die Hafenarbeiter im Land Bremen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU, LKR)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dogan.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Frau Grobien, ich schätze Sie sehr,

(Zurufe CDU: Oh!)

ich möchte aber am Anfang meiner Ausführungen sagen: Weil wir kurz vor einer Bundestagswahl stehen, heißt es nicht, dass einzelne Abgeordnete, die auf der Liste stehen, keine Anträge mehr hier in der Bürgerschaft diskutieren dürfen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen - Abg. Frau Gro- bien [CDU]: Das habe ich am Anfang auch ge- sagt!)

Ich möchte einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Herrn Schmidt machen, mit denen er die Antragsbegründung begonnen hat. Wir kennen alle ganz viele Hafenarbeiter, und natürlich treibt sie die Digitalisierung und die damit verbundene Automatisierung um. Was passiert mit uns? Was passiert mit unseren Jobs? Ich glaube schon, dass sie entsprechende Debatten nicht nur hier, sondern auch im Hafenausschuss sehr intensiv verfolgen. Warum wir ein Interesse hatten, diesen Antrag hier einzubringen, möchte ich jetzt begründen.

Wir wissen alle, dass das Laschen - und das haben Sie ja auch gesagt, Frau Grobien - eine gefährliche Schwerstarbeit ist. Bei Wind und Wetter wird diese Arbeit im Freien durchgeführt. Diese Arbeit ist besonders gefährlich, wenn das Laschen auf See oder beim Einlaufen in den Hafen, aber nicht im Hafen stattfindet. Wir wissen alle - wenn man sich die Arbeitszeiten der Seeleute anschaut -, dass die Arbeitsbelastung der Seeleute auch ohne das Laschen bereits enorm ist. Wenn das Laschen noch dazukommt, gefährdet es alle durch die erhöhte Belastung.

Meine Damen und Herren, wir wissen auch, dass kurze Liegezeiten in den Häfen und durchgetaktete Fahrpläne zu einer hohen Arbeitsbelastung der Seeleute führen. Deshalb ist es

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wichtig, dass die Besatzungsmitglieder die vorgeschriebenen Ruhezeiten einhalten. Keiner von uns - auch nicht Rot-Grün - hat in Abrede gestellt, dass das Laschen gut gemacht wird, aber dennoch ist es wichtig, das intensiver zu kontrollieren. Es darf nicht zu Unfällen kommen - und wir wissen alle, dass es in verschiedenen Häfen auch durch Überarbeitung zu tödlichen Unfällen, aber auch zu Unfällen, bei denen Hafenarbeiter beispielsweise Finger verloren haben, gekommen ist -, weil die Ladung nicht richtig gesichert gewesen ist.

Wir als Rot-Grün sagen ganz klar - und so habe ich Sie auch verstanden, Frau Grobien -, dass Leib und Leben der Seeleute nicht gefährdet werden darf. Deshalb muss auch damit Schluss sein, dass das Laschen durch die Seeleute auf See erfolgt. Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass gut ausgebildete und zertifizierte Hafenmitarbeiter das Laschen durchführen.

(Abg. Frau Grobien [CDU]: Das ist doch schon so!)

Es kann nicht sein - darauf ist Herr Schmidt auch eingegangen -, dass man den Seeleuten diese Aufgabe überträgt, um zu sparen. Ich finde, dieses Problem darf auch nicht vor dem Hintergrund der bevorstehenden Bundestagswahl am Sonntag kleingeredet oder schöngeredet werden. Wir werben noch einmal für unseren Antrag. Sie selbst, Frau Grobien, haben gesagt, man könne den Antrag überweisen.

(Abg. Frau Grobien [CDU]: Aber den Antrag ha- ben Sie doch gestellt! - Zuruf FDP: Überwei- sen!)

Vielleicht können Sie sich überwinden, dass wir den Antrag gemeinsam hier heute beschließen, denn das wäre auch ein Signal. Sie haben ja richtigerweise, Frau Grobien, gesagt - Sie haben es heute gesagt, bereits gestern hat es Frau Bürgermeisterin Linnert gesagt, und wir haben das Thema in der letzten Sitzung des Hafenausschusses erörtert -, wie viele Arbeitsplätze die Hafenwirtschaft bereitstellt und wie viele Menschen im Land Bremen direkt oder indirekt in der Hafenwirtschaft beschäftigt sind. Wir haben gestern auch über das Thema Armut gesprochen.

Ich glaube, uns allen liegt es am Herzen, dass die Menschen, die in der Hafenwirtschaft arbeiten, ihre Arbeitsplätze nicht verlieren und dass das qualitativ auch umgesetzt wird. - Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Hilz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Laschen, darüber haben wir, glaube ich, in dieser Bürgerschaft, zumindest so lange, wie ich jetzt dabei bin, noch nicht gesprochen. Insofern ist es einmal ein neues Thema. Im Ausschuss für die Angelegenheiten der Häfen wurde es natürlich schon behandelt, aber hier im Plenum bisher noch nicht.

Worum geht es eigentlich? Sie sagen immer, Laschen muss qualifiziert durchgeführt werden, die Ladung muss sicher sein, und wir müssen Unfälle vermeiden. Darin stimmen wir natürlich überein. Sie sagen dann aber auch, dass das nur durch Hafenarbeiter durchgeführt werden kann. Ich habe mich einmal informiert und zwei Stellenanzeigen zum Thema Laschen herausgesucht - es werden Hafenarbeiter für Laschtätigkeiten gesucht - und habe mir einmal angeschaut, welches Profil eigentlich gefordert ist.

Ich lese den Text einfach einmal vor: „Für diese körperlich anspruchsvolle Tätigkeit können wir uns auf Ihre Kraft und Ihr technisches und handwerkliches Geschick sowie Ihre Ausdauer und Belastbarkeit verlassen. Sie brauchen Führerschein Klasse B, weil die Wege weit sind auf der Carrier. Sie müssen schwindelfrei sein, Nässe, große Höhen, Nachtarbeit, schwere Lasten sind besonders in diesem Fall gefragt.“ Jetzt habe ich die Zeile verloren, Entschuldigung!

(Heiterkeit)

„Die Arbeitssicherheit ist besonders groß, das ist für Sie so selbstverständlich wie für uns.“ Am Ende heißt es: „Wir freuen uns, wenn Sie schon einmal im Hafen tätig waren. Es gehen aber auch andere Leute, was Sie nicht können, bringen wir Ihnen bei.“

Mit der zweiten Stellenausschreibung werden Aushilfskräfte als Lascher für die deutschen Seehäfen gesucht, und zwar auf 450-Euro-Basis. Das Profil ist ganz ähnlich beschrieben: „Gültige Pkw-Fahrerlaubnis, Flexibilität und Mobilität, körperliche Fitness und Zuverlässigkeit.“ Warum erzähle ich das alles? Auf die zweite Stellenanzeige, Aushilfskräfte, sage ich, könnten sich unsere Studierenden bewerben und sich ganz gut etwas verdienen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Herr Professor, das passt! - Abg. Schmidt [SPD]: Wer hat das aus- geschrieben?)

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Die erste Stellenanzeige stammt von Eurogate, die zweite Stellenausschreibung ist von einer Zeitarbeitsfirma.

Punkt eins: Der Lascher ist kein Lehrberuf. Das heißt, auch Aushilfskräfte, ungelernte Kräfte können, unter fachlicher Aufsicht selbstverständlich, beim Laschen helfen. Das ist in den Häfen auch gängige Praxis, insbesondere beim Verladen von Kraftfahrzeugen. Von Frau Grobien ist gesagt worden, dass 95 Prozent der anfallenden Arbeiten bereits von Hafenarbeitern abgewickelt werden, fünf Prozent eben nicht. Fünf Prozent der Arbeit erledigen Seeleute, die das auch gelernt haben und die eine Verantwortung für ihr Schiff tragen. Der Kapitän eines Schiffs hat sogar am Ende die Verantwortung, er muss alles noch einmal kontrollieren. Deswegen verstehen wir nicht, warum man den Seeleuten nicht erlaubt, auch zu laschen,

(Beifall FDP)

denn im Zweifel kennen sie ihr Schiff besser als die Hafenarbeiter.

Diese fünf Prozent bewegen sich im Feederbereich. Gerade auf den kurzen Wegen im Reviere wird die Besatzung oft zum Laschen eingesetzt. Was passiert, wenn wir es ihnen verbieten? Ganz einfach: In Rotterdam und in Antwerpen ist es weiterhin erlaubt, und das heißt, wir sehen die Gefahr, dass sich dann insbesondere der Feederverkehr an den deutschen Seehäfen vorbeibewegt.

Warum wollen Sie hier eigentlich, ein, ich sage einmal, Monopol für die Hafenarbeiter schaffen, wenn sowieso schon 95 Prozent der anfallenden Arbeiten von Hafenarbeitern erledigt werden? Darüber gibt der zweitletzte Absatz auf der ersten Seite Ihres Antrags in Verbindung mit dem Vortrag, den ein ver.di-Vertreter vor dem Nautischen Verein in Bremerhaven gehalten hat, Aufschluss: Sie haben Angst vor der Automatisierung und der Digitalisierung.

Aus unserer Sicht wollen Sie sich hier für die Gewerkschaften und für die Betriebsräte in eine starke Stellung für anstehende Arbeitskämpfe bringen. Das ist Ihr gutes Recht, das dürfen Sie auch. Ich glaube, die Gewerkschaften und die Betriebsräte sind stark genug, um es auch ohne diesen Antrag zu schaffen. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen. - Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Hilz! Ja, ich finde es auch notwendig, dass sich beschäftigte Arbeiterinnen und Arbeiter gegen Folgen der Digitalisierung und Automatisierung wehren, die ihnen zum Nachteil gereichen. Von daher ist das Ansinnen, wenn wir mit diesem Antrag dem Lohndumping, den unregelmäßige Arbeitszeiten, der Dequalifizierung oder dem Jobverlust etwas entgegensetzen wollen, meines Erachtens völlig richtig.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Frau Grobien, ich finde es legitim, wenn man mit vernünftigen Forderungen Wahlkampf macht. Das wünschte ich mir von Ihrer Fraktion manchmal auch.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Worum geht es? Wir müssen nach meinem Kenntnisstand die Seefahrt vor dem Krügervirus schützen. Sie erinnern sich vielleicht an einen gewissen Mike Krüger, der einmal gesungen hat, da muss man nur den Nippel durch die Lasche ziehen.

(Heiterkeit - Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Wie geht das?)

Es gibt also eine Tendenz - ja, das ist nicht zum Scherzen, was ich gelernt habe -, die Befestigung und das Losmachen von Containern und anderen Waren auf Schiffen, das sogenannte Laschen und Entlaschen, an eine Stelle zu verlagern, an deres vielleicht betriebswirtschaftlich günstiger ist, aber höchstwahrscheinlich von weniger qualifiziertem Personal erledigt wird. Man kann sich vorstellen, dass man mit einem Schiff auf der Elbe in Richtung Hamburg fährt oder noch in der Nordsee ist und sagt, komm, wir machen schon einmal langsam die Container los, dann liegen wir nicht so lange im Hafen. Oder man sagt, komm, mach das einmal eben fest, wir fahren schon einmal los, und den Rest machen wir während der Fahrt fest. Das darf nicht sein.

Es ist für jeden klar, der sich das vorstellen kann, dass Ladung auf Schiffen, seien es Container oder andere Waren, ordentlich festgebunden sein müssen, seien es Ketten oder Gurte, weil man natürlich - in ruhiger See ist das alles kein Problem, wenn aber ein Sturm aufkommt und solch ein Schiff ordentlich gebeutelt wird, dann sieht es anders aus - aufpassen muss, dass die Ladung nicht über Bord geht und dass sie nicht durch die Gegend fliegt. Wenn man weiß, welche unterschiedliche Ladung auf einem Schiff transportiert werden

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kann, dann wird einem die Bedeutung der Sicherheitsvorkehrungen deutlich. Es werden nämlich Plüschbären aus China zusammen mit Sprengstoffen, zusammen mit entzündlichen Flüssigkeiten und unter anderem auch Uranhexafluorid, also dem Grundstoff für die Urananreicherung auf einem Schiff transportiert.

Wie es aussieht, wenn da einmal irgendetwas misslingt, hat man vor einiger Zeit Weile am JadeWeserPort sehen können, als dort ein Schiff ausgebrannt ist. Das ist eine ernsthafte Gefahr, und in der Tat müssen wir dafür sorgen, dass Schiffe nicht zu schwimmenden Bomben werden und als schwimmende Bombe in einen Hafen einlaufen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Wenn ich mich richtig erinnere, dann standen wir in Hamburg schon einmal dicht vor einer Katastrophe.

Jetzt komme ich wieder zu den Problemen zurück! Es wird gefordert, dass das Laschen Hafenarbeit ist und dass die Leute, die das tun, etwas davon verstehen müssen. Das fand ich auch toll. Sie müssen den sogenannten CSSCode einhalten, Code of Safe Practice for Cargo Stowage and Security, also den Code für die sachgerechte Stauung und Sicherung von Ladung zur Beförderung auf Seeschiffen.