Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie wir der täglichen Berichterstattung der Medien entnehmen können, werden ältere Menschen immer häufiger gezielt Opfer von Straftaten. Mittlerweile gehen die Täter mit mafiaähnlichen Strukturen rücksichtslos vor. - Später werde ich einige Beispiele nennen. - Dabei nehmen sie nicht nur den materiellen Schaden, sondern auch große psychische Probleme der Opfer billigend in Kauf. In der Regel bewegt sich der Vermögensschaden mittlerweile bei deutlich über 10 000 Euro pro Opfer. Die Folge davon ist, dass die Opfer häufig dauerhaft unter der Tatsache, auf solche Machenschaften hereingefallen zu sein, leiden und jegliches Vertrauen zu sich und der Umwelt verlieren.
Die CDU-Fraktion hält das Verhalten der Täter nicht nur für höchst kriminell, sondern auch in höchstem Maße für unmoralisch und unsozial.
das gebe ich zu - diese Entwicklung zum Anlass genommen, mit einer Großen Anfrage vom Senat Auskunft darüber zu erhalten, wie viele typische Tathandlungen gegen ältere Menschen begangen werden und welche Maßnahmen der Senat ergreift, um die Prävention zu verbessern - das ist zu Recht ein sehr großes Thema hier im Hause -, um die Taten besser aufklären, die Täter vor Gericht stellen und möglichst auch verurteilen zu können.
Aus den Antworten des Senats geht hervor, dass in den letzten zwei Jahren die Anzahl der Straftaten zum Nachteil älterer Menschen - das sind die sogenannten SÄM-Delikte - deutlich angestiegen ist. Die Anfrage ist schon ein bisschen älter. Ich habe mir von der Polizei die aktuellen Zahlen geben lassen: Allein im Jahr 2017 wird mit deutlich über 1 200 angezeigten Fällen im Land Bremen gerechnet. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Dunkelziffer, also die Zahl der Taten, die aus Scham nicht angezeigt werden, vermutlich noch sehr viel höher ist.
Ich komme auf die Tatbegehungsweisen zurück. Diese ändern sich nach Angaben des Senats regelmäßig, was darauf schließen lässt, dass die Täter die Medienberichterstattung - in Anführungsstrichen - „auswerten“ und immer wieder neue Handlungen entwickeln und diese modifizieren. Gegenwärtig wird der, wie ich finde, besonders heimtückische Modus Operandi „falscher Polizeibeamter“ angewandt. Dabei wird den Opfern in Telefongesprächen suggeriert, sie seien im Fokus von Einbrechern und müssten umgehend ihr Geld und ihre Wertsachen an Polizeibeamte aushändigen, die zeitnah bei Ihnen vor der Tür stehen würden. Ich hatte einen solchen Anruf auch schon. Ich weiß gar nicht, wie die auf mich gekommen sind.
(Heiterkeit CDU, SPD, DIE LINKE - Abg. Röwekamp [CDU]: Ich denke, das richtet sich an ältere Menschen! - Zuruf: Sie sollten sich einmal in Gefahr begeben!)
Nach Angaben des Senats handelt es sich bei den Tätern um gut organisierte, aus dem Ausland, in der Regel aus der Türkei, gesteuerte Tätergruppen. Dort befinden sich Callcenter - so viel hat man schon festgestellt , die die Telefonnummern anhand der Vornamen aus Deutschland aus den Telefonbüchern oder aus dem Internet heraussuchen und diese Anrufe tätigen. Weiterhin arbeiten sie bei der Abholung der Wertsachen an der Haustür arbeitsteilig und verschicken die Beute danach ins Ausland an die Haupttäter. Teilweise, wenn die Opfer wirklich gutgläubig
sind, werden diese Maßnahmen sogar zwei-, dreimal wiederholt, bei demselben Opfer wohlgemerkt. Die Opfer werden den Angaben in der Antwort des Senats zufolge hinsichtlich der nach höherem Alter klingenden Vornamen aus dem Telefonbuch ausgewählt, sind in der Regel deutlich über 60 Jahre alt und laut Statistik häufig weiblichen Geschlechts.
Für die CDU-Fraktion handelt es sich bei diesen Taten um besonders perfide Delikte. Leider konnte der Senat unsere Frage zur Aufklärungs- und Verurteilungsquote bei diesen Straftaten mit der Begründung, dass die dafür erforderlichen Daten nicht separat gespeichert würden, nicht beantworten. Wir halten das für einen Fehler, denn nur mit einer detaillierten Informationssammlung und -auswertung können Fehler bei den Ermittlungen und im Gerichtsverfahren vermieden werden. Wir erwarten deshalb vom Senat, dass er seine Maßnahmen zur Prävention - wie beispielsweise den Hinweis auf die Löschung der namentlichen Telefonbucheintragung - sowie zur Ermittlung und Verurteilung der Täter deutlich verstärkt. Dazu gehört für uns auch eine regelmäßige öffentliche Berichterstattung über die Taten zur besseren Aufklärung der betroffenen älteren Menschen. Nur so können aus unserer Sicht in Zukunft weitere Taten verhindert werden. - Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Land Bremen steigt die Zahl der Straftaten gegen ältere Menschen in der Tendenz an. Im Jahr 2016 gab es in Bremen über 800 Straftaten zum Nachteil älterer Menschen, 60 Prozent scheiterten im Versuch. In diesem Jahr sind es bis Mitte Oktober 1 123 angezeigte Taten, davon blieben jedoch über 800 im Versuch stecken. Mich persönlich stören diese Taten immens, denn hierbei handelt es sich um besonders perfides Verhalten oder Vorgehen, wie Herr Hinners gerade schon dargestellt hat.
Aus der Antwort auf die Große Anfrage kann man genau herauslesen: Die erheblichen, auch bundesweit zu registrierenden Fallzahlsteigerungen sind insbesondere auf den Trickbetrug nach dem Modus Operandi „falscher Polizeibeamter“ zurückzuführen. Das hat Herr Hinners gerade schon angeführt. Neben einer steigenden Tätigkeitsaktivität sei der Anstieg aber auch durch die dank intensiver Öffentlichkeitsarbeit in der Bevölkerung vorhandene Sensibilität für diese Delikte zu
begründen, welche erfahrungsgemäß zu einer erhöhten Anzeigebereitschaft führt. Letztes ist trotz der betrüblich stimmenden Zahlen positiv zu bewerten.
Im Deliktfeld SÄM werden systematisch teilweise vorhandene Schwächen wie eine gewisse Unsicherheit und Stärken wie die Hilfsbereitschaft der älteren Menschen ausgenutzt. Es besteht keinerlei Respekt einer Lebensleistung gegenüber, geschweige denn Anerkennung von hart Erarbeitetem. Bei den Geschädigten handelt es sich nämlich meist nicht um Personen, die Geld im Überfluss haben. - Vielleicht haben sie dich deshalb angerufen, Willi Hinners, das kann sein. - Oftmals werden Opfer dieser Straftaten ihrer letzten Reserven beraubt. Darüber hinaus entsteht ein großes Schamgefühl, darauf hereingefallen zu sein, und auch Scheu, den Betrug oder Diebstahl zur Anzeige zu bringen.
Ich bin froh, dass in diesem Punkt eine Umkehr zu verzeichnen ist. Es wird viel gewarnt, und ältere Menschen haben dafür genauso ein Bewusstsein wie jüngere Menschen oder Menschen, die mitten im Leben stehen. Trotzdem lauert man nicht immer auf den nächsten Betrüger. So kann jeder von uns ebenfalls auf diese geschulten und leider auch erfahrenen Täter treffen und hereinfallen.
Die Modi Operandi wurden schon geschildert und lassen sich in der Antwort des Senats gut nachlesen. Sie sind darüber hinaus auch bekannt. Allzu oft sind es eben der Modus Operandi „falscher Polizeibeamter“, persönlich oder telefonisch, oder der perfide Enkeltrick, die zum strafrechtlich relevanten Erfolg führen. Aus diesem Grund ist die Prävention gerade hier ein nicht wegzudenkender Faktor. Ich bin fest davon überzeugt, dass hierdurch wirklich etwas erreicht werden kann, so viel wie sicherlich in wenigen anderen Deliktfeldern. Sprechstunden der Kontaktpolizisten, Vorträge und auch Infostände werden angelaufen, und die Informationen, die man dort bekommen kann, können helfen, diese Straftaten zu verhindern.
Ich möchte noch einmal betonen: Die Geschädigten dieser Delikte sind Menschen mit einer Lebensleistung. Sie verdienen nichts anderes als die besondere Fürsorge des Staates. Wir dürfen nicht lockerlassen und das Ganze als Kleinkriminalität mit leichtgläubigen Geschädigten abtun, denn so ist es auch nicht.
Das besondere Problem ist gerade, dass es sich mittlerweile um professionell organisierte, international agierende Banden - die Anrufe kommen aus der Türkei - mit Mittelsmännern in Deutschland handelt. Das hat der Kollege
Hinners schon dargestellt. So war es auch bei Fällen, die Ende Oktober zu Festnahmen führten und für die Polizei Bremen und die Polizeidirektion Oldenburg einen erheblichen Ermittlungserfolg bedeuteten. Zu diesem Fall gab es eine Pressemitteilung, in der berichtet wird, dass die Polizei Bremen seit Mitte August dieses Jahres mit der Polizeidirektion Oldenburg in der ständigen gemeinsamen Ermittlungsgruppe GEBO umfangreiche Ermittlungen gegen eine professionelle Bande von Betrügern führte, die gewerbsmäßig Straftaten zum Nachteil älterer Menschen mit dem Modus Operandi „falscher Polizeibeamter“ beging. In Berlin kam es zur Festnahme, nachdem eine ältere Dame dem Tatverdächtigen mehrere Goldbarren ausgehändigt hatte.
In enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Bremen und der Berliner Polizei konnten noch am selben Tag drei weitere Tatverdächtige in Berlin und Bremerhaven vorläufig festgenommen werden. Hieran wird ansatzweise deutlich, wie komplex die Fälle sein können und wie wichtig auch die Zusammenarbeit mit anderen Polizeien ist.
An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich für die hervorragende Arbeit der Polizei Bremen und auch der Polizeidirektion Oldenburg sowie für die Unterstützung der Polizei aus Berlin in diesem Fall bedanken. Genau so muss weitergearbeitet werden.
Mit einer solchen guten polizeilichen Arbeit und entsprechender Prävention kann Menschen, die Schutz und Fürsorge mehr als verdient haben, immens geholfen werden.
Herr Hinners, ich sehe es genauso wie Sie: dass wir dieses Thema noch öfter in der Innendeputation beraten sollten und uns eventuell auch jährlich einen Bericht über die Fallzahlen geben lassen sollten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Straftaten gegen ältere Menschen - das wurde hervorgehoben - sind
besonders perfide, weil man deren eingeschränkte Möglichkeiten und deren Vertrauensseligkeit ausnutzt. Tricks sind dargestellt worden: der Betrüger, der sich als Enkel, Handwerker, Polizeibeamter oder Anwalt ausgibt. Verschiedene Tricks und immer wieder neue Variationen führen zum Erfolg.
Ich möchte nicht alles wiederholen, was in der Anfrage steht und was die Vorredner schon referiert haben. Aber Herr Hinners hat gesagt, die Höhe des Schadens betrage pro Fall im Durchschnitt 10 000 Euro. Mich interessiert erstens, ob der Staatsrat diese Zahl in etwa bestätigen kann. Zweitens interessiert mich, ob es Erfolge gegeben hat, sodass die Geschädigten ihren Schadensersatz durchsetzen konnten, oder ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Geld ein für alle Mal weg war. Dritter Punkt, der mich interessiert: Gibt es Verbesserungsbedarf im Bereich der Prävention? Hat man das einmal evaluiert? Es gibt ja eine ganze Menge an Präventionsmaßnahmen, die seitens der Polizei angeboten werden. Wir haben uns vor Ort schlau gemacht. Die Maßnahmen greifen ganz ordentlich. Aber zu fragen ist, ob es weitere Verbesserungsmöglichkeiten gibt.
Nicht beantwortet haben Sie die Frage zur länderübergreifenden Zusammenarbeit. Da hätte ich mir auch noch etwas mehr Butter bei die Fische gewünscht. Wir haben ja gehört, dass es sich nicht um Einzeltäter aus der Nachbarschaft handelt, sondern um Täter, die von auswärts, zum Teil aus dem Ausland, kommen, die in Banden organisiert sind. Da kann man natürlich etwas mehr zur Beantwortung der Frage erwarten: Was ist unternommen worden, bundesrepublikanisch, länderübergreifend oder vielleicht europäisch oder auch in Richtung Türkei - das Stichwort ist hier auch gefallen -, in Richtung Izmir.
Es stellt sich die Frage, was wir verbessern, wie wir die Schäden präventiv einschränken können. Wir wollen das in Zukunft nicht nur händisch aufgearbeitet haben, wir wollen es auch in die Statistik mit aufgenommen wissen, sodass wir uns bei den nächsten Malen über zuverlässiges Zahlenmaterial unterhalten können. Weiterhin brauchen wir vielleicht auch ein Schwerpunktteam, das sich mit diesen SÄM-Delikten beschäftigt. Wir brauchen eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Ländern und auch innerhalb Europas. Wir müssen die Präventionsarbeit evaluieren.
Ich könnte mir vorstellen, dass es auch sinnvoll wäre, die Mitarbeiter von Kreditinstituten, die ja ihre Kunden häufig kennen, zu sensibilisieren, damit nicht von Konten Summen abgerufen werden, die man sich gar nicht vorstellen kann.
Denkbar wäre auch, das Pflege- oder Betreuungspersonal von älteren Menschen noch stärker in die Präventionsarbeit einzubeziehen und auch die Familien, die ja den besten Kontakt zu ihren Angehörigen, zu den älteren Menschen, haben, in die Präventionsarbeit einzubinden, denn ihnen glaubt man am ehesten das, was an Präventionsmaßnahmen vorgeschlagen wird. Schließlich, da häufig auch über Telefon und Falschschaltungen operiert wird: Inwieweit kann die Telefonüberwachung noch verbessert werden und die Ermittlungsarbeit zum Erfolg führen?
Das sind unsere Vorschläge. In diese Richtung sollte sich der Senat Gedanken machen. Dann wird es unsere Aufgabe sein, im nächsten Jahr zu schauen, was sich im Bereich der Straftaten gegenüber älteren Menschen verbessert hat und was nicht. - Danke schön!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren wiederholt - in diesem Fall zum Glück wiederholt - auf Initiative der CDU über die Straftaten gegen ältere Menschen, über die sogenannten SÄM-Delikte. Es ist hier schon viel darüber gesagt worden, wie sie funktionieren. Ich möchte nur noch ein Beispiel nennen. Es hat Fälle gegeben, in denen erst der sogenannte Callcenter-Betrug erfolgt ist, das heißt, jemand hat sich zum Beispiel als Polizist ausgegeben und Geld kassiert, und dann gab es einen späteren Anruf, in dem gesagt wurde: Sie haben sich an einem Betrug beteiligt, weil Sie Betrügern Geld gegeben haben; deswegen kann ich Ihnen nur helfen und ein Strafverfahren gegen Sie verhindern, wenn Sie mich bezahlen. Das ist perfide und zeigt, wie planvoll die vermutete Unsicherheit älterer Menschen für kriminelle Aktionen ausgenutzt wird.
Wir hier vorn sind um die 50 Jahre alt und hatten gerade eine kleine Diskussion darüber, wie das denn passieren kann. Es wurde gesagt, auf so etwas falle man doch nicht herein. Dazu sage ich nur: Im Alter ist man vielleicht unsicherer, gerade wenn man alleine lebt. Man hat sich vielleicht auch verändert, weil man zum Beispiel einen Schlaganfall gehabt hat. Das führt zu einem anderen Umgang, sodass man sich auch schneller einschüchtern lässt. Ich würde meinen Kolleginnen und Kollegen nicht anraten, das aus der Warte von jüngeren Menschen zu sehen. Ich glaube, dass das Potenzial, ältere
Was ich schade finde - das hat der Kollege Zenner gerade auch gesagt -: Die Bremer Polizei gibt an, dass sie die Delikte zwar als Schwerpunkt ihrer Arbeit auffasst, aber in der Antwort des Senats finden sich wenig belastbare Zahlen, weil diese nicht erhoben oder eben nicht zugeordnet werden. Das macht es deutlich schwieriger, sich ein zutreffendes Bild von Umfang und Schwere des Deliktbereichs zu machen.
Die Ortspolizeibehörde Bremerhaven führt eine solche Statistik, und ich bin der Auffassung, dass die Bremer Polizei, wie Herr Zenner gerade gesagt hat, ebenfalls eine solche Statistik einführen sollte. Aus der Statistik für Bremerhaven geht zum Beispiel für die bekannt gewordenen Opfer hervor, dass 10 Prozent über 90 Jahre und 45 Prozent über 80 Jahre alt waren. Das ergibt noch einmal einen anderen Fokus für die polizeiliche Arbeit, wenn man so etwas weiß. In Bremen scheint auffällig zu sein, dass es eine regionale Häufung von Delikten dieser Art im Bremer Osten gibt. So etwas zu wissen, ist ebenfalls hilfreich.
Soweit die Zahlen überhaupt vorliegen, steigt die Zahl der SÄM-Delikte tendenziell an. Meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen, dass es allerdings auch eine hohe Dunkelziffer gibt, weil sich ältere Menschen schämen, wenn sie einem solchen Betrug zum Opfer gefallen sind, und wollen, dass das weder die Polizei noch ihre Angehörigen mitbekommen. Wir finden es deswegen begrüßenswert, dass im polizeilichen Präventionszentrum verschiedene Multiplikatoren für dieses Thema sensibilisiert werden und Beratung angeboten wird. Es stellt sich dann die Frage, ob und in welchem Umfang das ausgeweitet werden sollte; auch daher wäre eine statistische Erfassung sinnvoll. Dann wüsste man genau wie und wo. Vielleicht wäre das einmal ein guter Beratungspunkt für die Innendeputation.