Protokoll der Sitzung vom 08.11.2017

Ich komme jetzt zu den Anträgen, und zwar zunächst einmal zu dem gemeinsamen Antrag mit den Koalitionsfraktionen zum Institut für Qualitätsentwicklung! Wir finden die Gründung des Instituts generell richtig, und wir haben uns dafür entschieden, den Antrag zur Gründung des Instituts für Qualitätsentwicklung gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen einzubringen. Das kann hoffentlich ein gemeinsames Signal sein, dass wir einen Aufbruch in der Bildungspolitik benötigen.

Wir sehen hier eine echte Chance für die Weiterentwicklung der pädagogischen Kompetenz an den Schulen in Bremen. Wir hoffen, dass sich Angehörige des Instituts, die Schulaufsicht, die Schulleitungen und die Lehrkräfte auf Augenhöhe treffen und dass sie gemeinsam die Probleme an den Schulen angehen. Es ist uns extrem wichtig, dass die Probleme nicht nur besser benannt werden - das ist auch wichtig, da gebe ich dem Kollegen Dr. Güldner recht -, sondern dass auch wirklich gezielte Angebote für die Schulen gemacht werden, die diesen wirklich helfen.

Uns ist deswegen der zweite Beschlusspunkt, nämlich die Weiterentwicklung des Landesinstituts, besonders wichtig. Wir haben deswegen als Fraktion auch darauf gedrängt, dass im Konzept für das neue pädagogische Landesinstitut, wie ist dann heißen soll, auch die Personalentwicklung berücksichtigt wird. Wir denken, dass es logischerweise personalintensiver sein wird, schulscharfe Fortbildung zu entwickeln, sie immer wieder anzupassen und den Schulen zur Seite zu stehen. Das muss man natürlich auch für die zukünftige Arbeit berücksichtigen. Wenn dieser Schritt nicht vollzogen wird, befürchten wir, dass das auch von uns selbst gewollte Qualitätsinstitut zu einem Wasserkopf verkommen wird, und das brauchen wir nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall DIE LINKE)

Wie Sie wissen, bin ich nach 15 Jahren Bildungspolitik bezüglich der Frage der Ausstattung in Bremen sehr skeptisch, aber dadurch,

dass sich die beiden Regierungsfraktionen relativ unaufgeregt an diesem Punkt mit uns geeinigt haben, bin ich tatsächlich verhalten optimistisch. Ich sehe in den Ressorts, aber auch in den Reihen der Fraktionen die gereifte Erkenntnis, dass man in Bremen inzwischen so weit an die Wand gedrückt worden ist, dass man einfach nicht wie bisher weitermachen kann. Es ist aus meiner Sicht eine echte Chance für einen Neuanfang.

Die Forderung nach einem Personalentwicklungsplan für das PLI ist auch kein Widerspruch zu unserem bereits gestellten Änderungsantrag zum Haushalt, sofort am derzeitigen LIS zusätzliches Personal für die Ausbildung der zusätzlichen Referendarinnen und Referendare einzustellen. Ich kann meine vorherigen Ausführungen auch noch einmal verdeutlichen:

Im Augenblick ist ein Ausbilder am LIS für 30 Referendarinnen oder Referendare zuständig. Diese Zahl ist deutlich zu hoch. Darunter leidet die Qualität der Ausbildung, und deswegen muss man angesichts der gestiegenen Zahlen bei den Referendarinnen und Referendare, die absolut wichtig ist, um dem Lehrermangel entgegenzuwirken, natürlich auch bei der Ausbildung nachsteuern. Ein mittelfristiges Konzept für die Begleitung der Schulen im Sinne einer Qualitätsentwicklung vorzulegen, widerspricht diesem Änderungsantrag zum Haushalt überhaupt nicht, sondern beides ergänzt sich.

Mit diesen Ausführungen beende ich die erste Runde. Ich werde in einem weiteren Redebeitrag zum Antrag der CDU noch einmal detailliert Stellung nehmen, weil wir die getrennte Abstimmung beantragt haben, und das möchte ich natürlich erläutern. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Güngör.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herrn! „Regierung ohne Erklärung - Bürgermeister schwänzt die Bildungsdebatte“! Die IQB-Studie ist jetzt, glaube ich, drei oder vier Wochen alt. Ich glaube, die Aussage kam aus Ihren Reihen, dass es eigentlich anlässlich einer Länderstudie nicht sinnvoll ist, das Thema im Rahmen einer Aktuellen Stunde zu beraten. Diese Aussage hat eine Halbwertzeit von nicht einmal zwei Wochen gehabt. Sie haben diese Aktuelle Stunde eingereicht.

Landtag 3941 51. Sitzung/8.11.17

Sie haben dann noch einmal kritisiert, ob Länderstudien immer der Anlass für Aktuelle Stunden sein müssten. Herr Röwekamp, wenn in Bremen eine Schule den Deutschen Schulpreis erhält oder nur nominiert wird, dann ist das für Sie meistens kein Anlass eine Aktuelle Stunde zu beantragen.

(Beifall SPD) Wenn aus einem Stadtteil, der sich besonderen sozialen Herausforderung stellen muss, die besten Abiturienten kommen, obwohl wir ein Zentralabitur haben und obwohl wir einen gemeinsamen Aufgabenpool haben, dann ist es für Sie auch selten ein Anlass, um eine Aktuelle Stunde einzureichen. Nun fordern Sie hier Erklärungen - und ich glaube, da stimmen wir überein -, warum wir nach der letzten Studie alles andere als gut im Bildungsbereich dastehen. Wir haben hier genug überdurchschnittlich viele Kinder aus Elternhäusern, die von Armut bedroht oder betroffen sind. Jedes zehnte Kind benötigt eine sonderpädagogische Förderung und jedes zweite Kind spricht Deutsch nicht als Muttersprache! Das alles erklärt einiges, und all das lasten Sie diesem Senat an. Interessant ist auch, wenn Deutsch nicht die zweite Muttersprache ist, dass dafür der Bürgermeister oder die Bildungssenatorin verantwortlich sind. (Abg. Röwekamp [CDU]: Nein, aber dass das zum Problem wird, dafür ist er verantwortlich!)

Der Versuch der CDU, mit dieser Aktuellen Stunde dies alles dem Bürgermeister anzulasten, das halte ich für falsch,

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

denn dieser Senat und die Koalitionsfraktionen haben die Dramatik des Problems weit vorher erkannt. Es zählt definitiv - und das muss man in einer entsprechenden Debatte, finde ich, auch erwähnen - zu den Verdiensten des Bürgermeisters, den Sie im Übrigen als Schwänzer bezeichnen, er schwänzt nicht, er sitzt vorn auf der Senatsbank, Herr Röwekamp --.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Aber er redet nicht!)

Das wissen Sie doch gar nicht!

(Abg. Röwekamp [CDU]: Als Vertreter des Se- nats ist die Senatorin benannt!)

Dem Bürgermeister öffentlich Schwänzen vorzuwerfen, das ist nicht in Ordnung, Herr Röwekamp. Es zählt definitiv zu den Verdiensten des

Bürgermeisters, dass in den vorliegenden Haushaltsentwürfen eine klare Botschaft steckt. Mit den beiden Jahren hat der Senat ein überdeutliches Signal gesetzt. Bremen investiert in Bildung. Im Vergleich zum Jahr 2017 stehen für den Bildungsbereich für das Jahr 2018 122 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, für das Jahr 2019 sind es zusätzlich 151 Millionen Euro.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Aber viel Geld hilft eben nicht immer viel!)

Diese deutliche Erhöhung unter den Konsolidierungsbedingungen zu realisieren, das zeigt deutlich, dass dieser Senat vor der IQB-Studie gehandelt und verstanden hat, dass wir hier einen Schwerpunkt setzen müssen.

(Beifall SPD, Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Es hat aber nicht geholfen! - Abg. Röwekamp [CDU]: Also alles richtig gemacht?)

Das sage ich nicht! Ich lasse nur nicht den Vorwurf gelten, dass dieser Senat tatenlos gewesen ist oder irgendwelche Debatten schwänzt.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Was hat er denn falsch gemacht?)

Ich will trotzdem nicht verhehlen, dass die IQBLänderstudie auch noch einmal ein Weckruf für den Senat, für das Bildungsressort oder vielleicht für uns alle hier im Parlament war.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Wecken kann man ihn nur, wenn er geschlafen hat!)

Ein Weckruf! Dafür muss man nicht unbedingt schlafen, es kann noch eine Erinnerung sein.

Wenn Sie sich die Ergebnisse im Fach Mathematik anschauen, dann stellen Sie fest, dass wir in den Jahren 2011 und 2012 besser als Hamburg waren. Wir standen auf Platz 15, und auf Platz 16 standen die Hamburger.

(Lachen, Zurufe CDU - Abg. Röwekamp [CDU]: In der Bundesliga würden beide absteigen!)

Sie brauchen gar nicht zu lachen, Sie müssen sich einfach nur die Zahlen anschauen! Im Übrigen gab es dort in allen Ländern einen Aufwärtstrend. Frau Vogt, die Mathematikaufgaben für den Test des Jahres 2017 waren im Vergleich zum Jahr 2016 eben gerade nicht textlastig.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Die, die wir vor- gelegt bekommen haben, schon!)

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Es ist deshalb folgerichtig, weil wir vorher einen Aufwärtstrend gehabt haben und jetzt einen dramatischen Rückgang, dass jetzt wirksame Maßnahmen umgesetzt werden, meine Damen und Herren. Die Erhöhung der Lernzeit ist dort der Dreh- und Angelpunkt. Deshalb ist es richtig, dass jetzt noch einmal kurzfristig vier Millionen Euro für Grundschulen mit besonders großen sozialen Herausforderungen zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist absolut richtig, einen weiteren Schritt zu machen, um dem Lehrermangel entgegenzuwirken, indem auch bei pensionierten Lehrkräften um Unterstützung gefragt wird. Es ist auch richtig, dass wir die Ausbildungskapazitäten erhöhen. Es ist ebenso richtig, dass gezielte Verstärkungsmaßnahmen auch im personellen Bereich besonders den Schulen zugutekommen, die viele Kinder aus benachteiligten Familien besuchen.

Im Hinblick auf die zukünftige finanzielle Ausstattung des Bildungsbereichs lässt sich feststellen, Bremen steigert diese Ausgaben seit Jahren. In den nächsten zwei Jahren werden sie noch einmal überdurchschnittlich gesteigert.

Aber - und das gehört auch zur Wahrheit dazu - lassen Sie uns bei dem Thema, das wir diskutieren, auch aufrichtig bleiben! Bereits im November 2016 haben wir hier im Rahmen einer Aktuellen Stunde die Verbesserung der Hamburger Leistungen diskutiert - schauen Sie im Protokoll nach -, wir haben bereits von einem Monitoringsystem gesprochen.

Anlässlich eines Antrags der LINKEN haben wir - ich meine, es war im Dezember - im Dezember 2016 gesagt: Der Blick auf Hamburg und die Ankündigung, besonders auch die Unterrichtsstunden in Deutsch und Mathematik, müssen wir uns in diesem Sinne anschauen und besser ausstatten. Der Bildungssenatorin nun vorzuwerfen, sie würde aus CDU-Papieren abschreiben und uns als Fraktion, die schon gut vor einem halben Jahr die Einführung eines Qualitätsinstituts für den Schulbereich gefordert und koalitionär abgestimmt haben, zu unterstellen, auch dies sei eine CDU-Idee gewesen, wie Sie es gestern im Rahmen einer Pressemitteilung verlauten ließen, sind Manöver, die weder zielführend sind, noch entsprechen diese Vorwürfe der Wahrheit.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Vielleicht noch einige Worte, aus welchen Gründen wir dieses Institut etablieren wollen! Sie haben es gesagt, Herr Röwekamp, in Deutschland

sind fast alle Schulen schlechter geworden, in Bremen besonders, nur Hamburg hat sich verbessert. Kein anderes Land vergleicht die eigenen Schulen in dem Maße Hamburg. Die Schulentwicklung hat in Hamburg die Grundlage von Leistungsvergleichen.

(Abg. Frau Ahrens [CDU]: Ach!)

Hamburg hat zwischen 2011 und 2016 deutliche Fortschritte gemacht, während fast alle Länder, selbst die Spitzenreiter, sich verschlechtert haben.

Meine Damen und Herren, es war im Jahr 2012, als in Hamburg ein Brandbrief aus zwei Stadtteilen mit besonders schwieriger sozialer Lage die Schulbehörde erreichte. Das war das Jahr, in dem Hamburg sein Institut für Qualitätsentwicklung gegründet und eingerichtet hat. Es hat sich dort eine Kultur des Hinschauens entwickelt. Dabei sind standardisierte Testverfahren bei Lehrkräften und bei Eltern teilweise nicht unumstritten.

Im Übrigen: Einen Tag, nachdem wir pressewirksam im „Weser-Kurier“ erklärt hatten, dass wir ein entsprechendes Institut koalitionär einrichten wollen, hat der Personalrat Schulen dieses Vorhaben für Unsinn erklärt. Daran sehen Sie, welcher Widerstand hier vorhanden war. Wir glauben, dass das Beispiel Hamburg richtig ist, weil sich in Hamburg die Kultur des Hinschauens entwickelt hat.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir hatten - und das haben wir auch angekündigt - den Leiter des Hamburger Instituts, Herrn Maritzen, zu Gast in Bremen. Bei der Veranstaltung saß Ihr Mitarbeiter, Herr Röwekamp, in der ersten Reihe und hat fleißig mitgeschrieben, so viel noch einmal zum Thema abschreiben!