Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Die CDU hat deshalb vor zwei Jahren - der Präsident hat eben gerade darauf hingewiesen - den vorliegenden Antrag eingebracht, der zwischenzeitlich in der Innendeputation beraten worden ist. Meine Damen und Herren, wenn wir uns die Entwicklung der versuchten und vollendeten Terroranschläge in Europa in den letzten beiden Jahren, also 2016 und 2017, anschauen, dann müssen wir feststellen, dass laut einer internationalen Statistik insgesamt 69 Attentate aufgelistet werden, davon 26 in der Türkei, 13 in Frankreich - Sie erinnern sich an den schweren Anschlag in Nizza am 14. Juli 2016 mit einem Lkw und mit 85 Toten - und acht Anschläge in Deutschland, der schwerste, wie bekannt, am 19. Dezember 2016 in Berlin mit zwölf Toten, ebenfalls ausgeführt mit einem Lkw.

Meine Damen und Herren, Herr Röwekamp hat während der ersten Lesung unseres Antrags im Jahr 2016 die Frage gestellt, ob unsere Sicherheitsbehörden in Deutschland personell und materiell richtig aufgestellt sind. Er hat weiterhin gefragt, ob die Zusammenarbeit zwischen den insgesamt 40

zuständigen Sicherheitsbehörden in Deutschland ausreichend funktioniert, um drohende Terroranschläge möglichst verhindern zu können.

Wenn wir uns die bisherigen Erkenntnisse zum Anschlag in Berlin am 19. Dezember 2016 anschauen, meine Damen und Herren, lautet die Antwort eindeutig: Nein! Der „Weser-Kurier“ hat passend dazu in einem Artikel vor wenigen Tagen, nämlich am 23. Januar, festgestellt, dass es skandalöse Abstimmungspannen zwischen den Behörden gegeben habe. Das ist zwischenzeitlich auch durch einige Untersuchungsausschüsse festgestellt worden.

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion ergibt sich daraus, dass wir gegenwärtig ganz offensichtlich nur unzureichend in der Lage sind, uns gegen terroristische Bedrohungen in unserem Land zu wehren, ganz zu schweigen von weiteren Bedrohung der inneren Sicherheit durch die organisierte Kriminalität, durch Raubüberfälle, durch tägliche Straßenkriminalität, durch das Leben bedrohende Körperverletzungsdelikte, durch Wohnungseinbrüche und so weiter. Ich will das hier nicht tiefergehend ausführen.

Uns als Politiker muss diese Entwicklung zum Nachdenken darüber bringen, ob die Sicherheitsarchitektur in Deutschland verbesserungsbedürftig ist und ob die vorhandenen Rechtsgrundlagen ausreichen. Dazu bietet der von uns vorgelegte Antrag viele Hinweise und Anregungen. Für uns ist insbesondere wichtig, dass die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden - ich habe gerade von insgesamt 40 gesprochen - in Deutschland erheblich verbessert werden muss, denn der mangelnde Informationsaustausch, wie im Fall Amri, darf sich nicht wiederholen.

(Beifall CDU, BIW)

Dafür müssen klare Regelungen zwischen dem Bund und den Ländern getroffen werden, und zwar wer wann welche Informationen weitergeben muss, nicht sollte, kann oder darf, sondern muss.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns aber auch in Bremen den Anforderungen und Herausforderungen stellen und die notwendigen Rechtsgrundlagen schaffen, um die Polizei in die Lage zu versetzen, damit sie Terroranschläge und Schwerstkriminalität möglichst früh erkennt und verhindert und damit sie die Aufklärungsquote deutlich verbessern kann. Dafür hat der Senator für

Inneres aktuell nach Ansicht der CDU-Fraktion einen sinnvollen Vorschlag gemacht, der das bremische Polizeigesetz in folgenden Punkten - die ich hier nur kurz anreißen werde - verbessern soll:

Er will die Videoüberwachung im öffentlichen Raum ausweiten. Er möchte Telekommunikationsmaßnahmen der Überwachung ermöglichen. Er möchte Aufenthalts- und Kontaktverbote aussprechen können, und die elektronischen Aufenthaltsüberwachungsmaßnahmen, zum Beispiel die sogenannte Fußfessel, sollen eingeführt werden. Wie gesagt, meine Damen und Herren, das sind sinnvolle Maßnahmen, leider haben die Grünen, DIE LINKEN und die FDP in der Innendeputation signalisiert, diese neuen Bestimmungen im Polizeigesetz nicht mittragen zu wollen.

Darüber hinaus haben wir heute zu unserem Antrag einen total nichtssagenden Änderungsantrag von Rot-Grün zur Abstimmung vorgelegt bekommen,

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das stimmt aller- dings! - Abg. Senkal [SPD]: Die einen sagen so, die anderen sagen so!)

den wir als CDU ablehnen werden, weil er der gegenwärtigen Bedrohungslage absolut nicht gerecht wird.

Wir werden auch den durch Mehrheitsbeschluss zustande gekommenen Bericht der Innendeputation ablehnen, weil er unseren Antrag ablehnt, ohne eigene, sinnvolle Maßnahmen vorzuschlagen. - Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der CDU wurde in der zuständigen Deputation für Inneres beraten und mit den Stimmen der SPD, den LINKEN und den Grünen abgelehnt. Eine Ausnahme bildet die Ziffer 1. d), die wir in einem eigenen Änderungsantrag noch einmal neu formuliert haben.

Der Antrag der CDU ist ein buntes Potpourri von unterschiedlichen Maßnahmen, die Bund und Länder gemeinsam beschließen sollen. In vielen Punkten verkennt der Antrag jedoch die bereits in Bremen getroffenen Maßnahmen und blendet dabei

auch aus, was die Polizei Bremen und die Ortspolizeibehörde Bremerhaven leisten und welche Verstärkungsmitteln der Senat im Rahmen der Haushalte für die Polizei und die Justiz bereits beschlossen hat.

Mit den Verstärkungsmitteln für die Polizei und die Justiz erfüllen wir bereits Ihren Punkt 1. b), Herr Hinners. Eine standardisierte Ausrüstung der Polizeien der Länder, wie im Punkt 1. a) gefordert, findet bereits heute in wesentlichen Punkten statt. Die Frage der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches ist auch schon thematisiert worden. Es gibt bereits gemeinsame und von allen getragene Fortbildungen und einen Austausch über Einsatzkonzepte. Ich erinnere an das Einsatzkonzept zum G20-Gipfel, gemeinsam von uns getragen.

Insgesamt bleibt von Ihrem Antrag, wenn man sich den Antrag genau anschaut, bis auf den knackigen Titel kaum etwas übrig. Trotzdem hat er es bis in die Koalitionsvereinbarung der neuen Großen Koalition geschafft und ist auch Bestandteil der Beratungen der CDU/CSU, der FDP und der Grünen zur Bildung einer Bundesregierung gewesen. Inhaltlich sind die darin geforderten personellen Verstärkungen auf Bundesebene auch dringend notwendig, denn zwölf Jahre lang CDU/CSU-Bundesinnenminister gehen mit einem Stellenabbau bei der Bundespolizei einher, meine Damen und Herren.

Zur Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden - weil wir gerade dabei sind, Sie haben es angesprochen, vollkommen korrekt - stellt sich doch die Frage, welche Aufgabe eigentlich das Bundesinnenministerium hat, wenn es nicht gerade die Vernetzung eben jener Sicherheitsbehörden betreiben sollte? Meine Damen und Herren, auch hier hat in den letzten zwölf Jahren der CDU-Bundesinnenminister nicht so viel bewegt.

Sie fordern ferner in Ihrem Antrag in verschiedenen Bereichen Strafverschärfungen, ein Klassiker der CDU Rechtspolitik. Im Detail sehen wir dann aber, dass die knackigen Formulierungen meistens ihr Ziel verfehlen. Wie die Erfahrungen auch mit der Bodycam zeigen, lassen sich stark alkoholisierte Menschen von Strafen nicht beeindrucken. Das Ziel ist richtig, Beamte noch besser zu schützen. Die Maßnahme erscheint uns aber nicht ausreichend. Im Übrigen sei mir der Hinweis gestattet, dass der Bundesgesetzgeber ja auch hier bereits eine Veränderung des Strafrechts vorgenommen hat. Ihr Antrag ist damit auch in diesem Punkt obsolet.

Wir unterstützen die Ziffer 1. d), in der es um die Forderung geht, die Arbeit der Polizei durch Technik zu stärken. Hier sehen wir in der Tat noch Verbesserungsbedarf, und wir werden daher diese Ziffer beschließen. Technisch wird es dann so aussehen, dass wir Ihren Antrag dahingehend ändern werden, dass allein dieser Punkt Bestandteil des Antrags bleibt. Wir werden dem dann so geänderten Antrag zustimmen.

Die Koalition hat allerdings - und darauf sei deutlich hingewiesen - diesem Punkt bereits aufgegriffen und einen entsprechenden sehr konkreten Antrag eingebracht, den Sie unter Tagesordnungspunkt 44 der Tagesordnung finden. Genau dort geht es darum, durch eine bessere technische Ausstattung die Grundlagen der Polizeiarbeit zu verbessern.

Alles in allem reicht uns Ihr Antrag nicht aus. Er verkennt die in Bremen und Bremerhaven stattfindende Arbeit der Polizei und die Maßnahmen des Senats zur Verstärkung des Personals bei der Polizei.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein Wort zu Ihren Ausführungen zum Bremischen Polizeigesetz sagen. Es ist richtig, dass es einen Entwurf des Innensenators gibt, den wir beraten haben. Wir haben ihn lediglich beraten, und nichts anderes ist geschehen. Wir haben ihn als gute Grundlage für die weiteren Diskussionen bezeichnet. Er ist in der Tat kein Überwachungsstaatsmonstrum, wie wir es aus den Entwürfen anderer Landesregierungen zur Kenntnis nehmen mussten, aber wir sagen ganz klar, dass wir als grüne Fraktion hier am Ende des Tages noch Gesprächs- und Änderungsbedarf haben, weil uns die eine oder andere Formulierung noch etwas zu offen ist. Wir wollen diesen Dingen noch einmal im Detail nachgehen, und nichts anderes ist passiert.

Sie haben ja das Echo in den Medien lesen können: Polizeigesetz nimmt erste Hürde in der Innendeputation. Oder: Grüne lassen den Senator durchfallen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Ja! Stimmt ja auch!)

Wir haben uns einfach vorgenommen, das Ganze dezidiert zu besprechen. Wir wollen uns Gedanken machen, was aus unserer Sicht möglich und notwendig ist. Wir befinden uns genau in diesem Diskussionsprozess. Ich habe wahrgenommen, dass es auch aus der SPD-Fraktion einen Änderungsbedarf gegeben hat und dass die FDP signalisiert hat, dass sie diesen Gesetzentwurf dem Grunde nach als

eine vernünftige Beratungsgrundlage ansieht. Die FDP hat allerdings auch bei einigen Punkten Änderungsbedarf.

Es ist also heute noch nicht der geeignete Zeitpunkt, den Sachverhalt abschließend zu diskutieren, denn es liegt noch kein geeinter Gesetzentwurf vor, den wir dem Parlament präsentieren könnten. Ich bin mir aber ziemlich sicher - bisher haben wir es nämlich immer geschafft -, dass SPD und Grüne am Ende im Bereich der Innenpolitik einen vernünftigen, soliden und ausgewogenen Vorschlag präsentieren werden. - Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor circa zwei Jahren hat die CDUFraktion den Antrag „Pakt für die innere Sicherheit“ gestellt. Die innere Sicherheit ist für uns alle ein wichtiges Thema. Die Freiheit für die Bürger, für die Bevölkerung gegenüber Verbrechen, Kriminalität und Terror zu schützen, ist eine Pflichtaufgabe des Staates, und es ist auch völlig unzweifelhaft, dass die Polizei und die Justiz gut ausgestattet werden müssen, damit sie ihre Problemfelder zügig abarbeiten.

Dabei muss allerdings im Hinblick auf die Maßnahmen der Polizei berücksichtigt werden, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger nicht aus den Augen verloren werden und dass die Grundsätze der Effektivität und der Verhältnismäßigkeit eingehalten werden. Das sind die Prämissen, unter denen man ein solches Maßnahmenbündel diskutieren kann.

Der Antrag der CDU ist eine Aneinanderreihung von sicherheitspolitischen Allgemeinplätzen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU) : Wie bitte? - Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Dagegen war ich freundlich!)

Er war nicht in der Lage, Konkretes zu benennen, was im Einzelnen aufgenommen werden sollte. In der Beratung in der Deputation hat sich dann das eine oder andere konkretisiert. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre hat sich natürlich in verschiedenen Sicherheitsfeldern eine Menge getan, sodass die Aktualität, die damals aus der Bevölkerung vielleicht begründbar war, seinerzeit vorhanden gewesen ist.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Und das ist alles nur Ihnen zu verdanken! - Abg. Frau Steiner [FDP]: Ihnen aber auch nicht!)

Wir haben im Bereich der Ausstattung der Polizei 2 600 Stellen beschlossen. Wir haben vorgeschlagen, dass wir 2 900 Polizeibeamte einstellen sollten, um wirklich effektiv ein hohes sicherheitspolitisches Niveau zu erreichen.

(Abg. Timke [BIW]: Sie haben sich doch immer ent- halten!)

Nächster Punkt: Sie haben Richterstellen gefordert. Dies ist zwischenzeitlich mit aufgenommen worden. Wir waren dabei, das Sexualstrafrecht zu verschärfen. Das ist auch durchgeführt worden. Wir haben für den Bereich der Vollstreckungsbeamten und der Rettungskräfte im Strafrecht Verbesserungen umgesetzt. Wir haben gesagt, dass wir ein Einwanderungsgesetz benötigen. Es ist bereits eine ganze Palette von Maßnahmen umgesetzt worden. Das halten wir bisher für ausreichend.

Wenn Sie Ihren Antrag hier nach zwei Jahren noch einmal aufrufen, dann können Sie nicht in der Allgemeinheit des Antrags von 2016 hier Politik machen, sondern dann müssen Sie ganz konkret sagen, zu welchem Punkt Sie welche konkrete Maßnahme wünschen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Wir reden hier über einen Bericht, Herr Zenner! - Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Ihr habt der Verbindung nicht zugestimmt! Der wäre doch längst schon abgefrühstückt gewe- sen!)

Dies ist nicht der Fall, Herr Kollege!

Jetzt haben wir noch die Ziffer 1. d) als Konsenspunkt mit der Koalition! Letztlich wird nur ein Wort hinzugefügt, in dem man das Wort Bundesrat einfügt, und dann wird daraus ein Änderungsantrag. Das ist - so würde ich es sagen - ein bisschen sicherheitspolitisches Schaulaufen. Das ist ein bisschen gehaltlos, und zwar deshalb gehaltlos, weil seit zwei Jahren dieser Spiegelstrich auf der Tagesordnung steht. Wer im Bund den Bundeskanzler stellt, den Innenminister stellt, wer Seehofer hat, wer Bouffier hat,

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Ja, und wen haben Sie? Sie haben Zenner!)

von dem hätte man erwarten können, dass man diesen Punkt konkretisiert und dazu dann auch konkrete Anträge einbringt.

(Beifall FDP - Abg. Röwekamp [CDU]: Dass Sie an Ihre eigene Partei keine Ansprüche haben, das kann ich verstehen!)