Wenn man sich den Bremer Arbeitsmarkt anschaut, kann man davon, wie ich finde, ruhigen Gewissens ausgehen. Deswegen haben wir in der Tat immer wieder nachgefragt und nachgehakt, wie es mit der Randzeitenbetreuung in Bremen aussieht. Es stimmt auch, dass wir es schön gefunden hätten, wenn wir uns an dem KitaPlus-Programm in irgendeiner Art und Weise mit einem Modellprojekt beteiligt hätten. Dann wären wir heute schon weiter, was die Frage des tatsächlichen Bedarfs angeht.
Wir sind uns in dem Ziel einig, dass wir die Langzeitarbeitslosigkeit in Bremen massiv bekämpfen wollen. Deswegen wollten wir wissen - darauf gründet sich die Große Anfrage -, welche Rolle die Kita-Betreuung, insbesondere auch die Randzeitenbetreuung, im Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit spielt. Dazu liegt uns die Antwort des Senats vor. Darin sind gute Nachrichten enthalten. Es wird sozusagen ein Zusammenhang zwischen Langzeitarbeitslosigkeit und nicht ausreichender Kinderbetreuung hergestellt, wobei noch nicht ganz klar wird, wie hoch der Bedarf an Randzeitenbetreuung ist.
Ich möchte das jetzt einmal relativ strukturiert durcharbeiten. In Bremen gibt es 16 000 Langzeitarbeitslose. Das ist kein Geheimnis. Es ist auch kein Geheimnis, dass mehr als 8 000 davon Alleinerziehende - vor allem Mütter, aber auch ein paar Väter - sind. Wir wissen, dass ein Drittel der alleinerziehenden Mütter und Väter sagt, dass ein Hauptgrund dafür, dass sie sich nicht in den Arbeitsmarkt integrieren können, die mangelnde Kinderbetreuung ist. Wir können davon ausgehen, dass sich ein Großteil von ihnen auf die Regelbetreuung bezieht. Ein anderer Teil wird vielleicht auch darüber sprechen, dass zwischen 17 und 20 Uhr keine Kinderbetreuung zur Verfügung steht. Es ist die Regel, dass es hier große Defizite gibt.
Wir haben vor, das zu ändern. Dafür hat zum Beispiel der Senator für Arbeit ein Modellprojekt aufgelegt und die Zielgruppe der Alleinerziehenden als eine der drei Zielgruppen erkannt, für die wir besondere Maßnahmen brauchen, um sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Bei dieser Zielgruppe besteht auch das Problem, dass viele nicht ausreichend qualifiziert sind und wir sie in Qualifizierungs- und Weiterbildungsprogramme überführen müssen. Ich gehe davon aus, dass dafür die Regelbetreuung, wie sie in Bremen angeboten wird, ausreichend ist, da Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen wahrscheinlich zwischen 8 und 16 Uhr stattfinden.
Was ist aber - das betont meine Fraktion - mit den alleinerziehenden Frauen, die wir, wenn wir uns den Bremer Arbeitsmarkt - so frauen- und männerspezifisch, wie er aufgeteilt ist - anschauen, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eher in den Gastronomie-, Dienstleistungs- oder Gesundheitsbereich vermitteln wollen? Wie sieht es in diesen Bereichen eigentlich aus? Wie sind dort die Arbeitszeiten? Diese Arbeitszeiten sind weit entfernt von einer Regelbetreuung zwischen 7 und 17 Uhr. In der Gastronomie und im Gesundheitsbereich, also in der Alten- und Krankenpflege, sind die Arbeitszeiten doch andere. Sie kennen das alles. Das ist gestern auch hier debattiert worden.
Insoweit besteht tatsächlich ein Hauptproblem bei der Vermittlung der Alleinerziehenden. Es ist gut, dass wir spezielle Netzwerke für die Beratung und Begleitung von Alleinerziehenden aufbauen und dass sich Vermittler und Vermittlerinnen im Jobcenter speziell um Alleinerziehende kümmern. Was haben wir aber von allen diesen Maßnahmen, wenn es eine Stelle gibt, die Mutter oder der Vater willig ist und sich freut, aber es am Ende daran scheitert, dass er oder sie das Kind nicht unterbringen kann?
Ich habe mir deswegen - es ist schön, dass wir in Bremen sehr transparent arbeiten - einmal die aktuellen Arbeitsangebote der Leitstelle für das LAZLO-Programm herausgesucht. Wenn es um die Frage des Bedarfs der Randzeitenbetreuung geht, ist es sinnvoll, sich Stellenausschreibungen anzuschauen, um zu wissen, welche Arbeitszeiten eigentlich angeboten werden beziehungsweise was von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwartet wird, welche Arbeitszeiten sie in Kauf nehmen sollen. Da lesen wir von Arbeitszeiten von 6 bis 15
Uhr. Das ist außerhalb der Regelbetreuung. Wir lesen von einem Zwei-Schichten-System von 8 bis 22 Uhr. Wir lesen auch von einer regelmäßigen Arbeitszeit von 6 bis 23 Uhr oder auch: Arbeitszeit Montag bis Sonntag, Feiertage mit Sondergenehmigung. Das ist alles jenseits der Regelbetreuung. Das sind die Stellen, in die wir im Rahmen von LAZLO hineinvermitteln wollen!
Das ist unsere Zielgruppe. Die Fraktion der Grünen plädiert dafür, das genauer in den Blick zu nehmen. Genau für diese Zielgruppe brauchen wir ein weitergehendes Angebot jenseits von 17 Uhr
und jenseits von Montag bis Freitag, um das Ziel, das uns alle eint, zu erreichen und die Langzeitarbeitslosigkeit in Bremen zu bekämpfen.
In der zweiten Runde möchte ich noch etwas zu der generellen Haltung zu der Frauenerwerbstätigkeit in Bremen sagen. - Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Müller, es war sehr wohltuend, nach der Debatte, die wir gestern geführt haben, an dieser Stelle Ihren Beitrag zu hören. Diese Debatte hat sich in Teilen ganz anders angehört. Das zeigt, was ich von Anfang an gesagt habe: Es gibt eine Diskrepanz in der Regierungskoalition.
Dass die Grünen hier diejenigen sind, die sich jetzt für die Alleinerziehenden und insbesondere für die Langzeitarbeitslosen einsetzen,
(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Meine Güte! Jetzt schleimt ihr aber um Jamaika herum! Es ist nicht zu fassen!)
anders als die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, ist auch schon eine Nummer für sich, meine Damen und Herren.
Ja, es stimmt. Sie haben völlig recht, Frau Müller. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Langzeitarbeitslosigkeit, den Hemmnissen, die Alleinerziehende haben, und der mangelnden Kinderbetreuung. Wir haben in Bremen in Wirklichkeit kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Das haben nicht nur wir als CDU, sondern ebenso DIE LINKE und auch die FDP in ihren Anträgen, die sie zur Flexibilisierung der Kinderbetreuungszeiten eingebracht haben, schon lange gesehen. Leider sind alle diese Anträge abgelehnt worden, inklusive des letzten Antrags gestern. Das zeigt uns, dass es zwischen dem Wunsch, den Sie formuliert haben, und dem Koalitionsvertrag, der bindet, manchmal am tatsächlichen Handeln hindert, wenn ein Koalitionspartner nicht will. Dann klaffen an dieser Stelle genau die Lücken, die wir schließen müssen, meine Damen und Herren. Wenn wir vorankommen wollen, wird es Zeit, dass wir für genau diese Gruppen von benachteiligten Personen in Bremen, von denen es eine ganze Menge gibt, die Kinderbetreuung flexibilisieren.
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle ein paar weitere Daten nennen. Ich habe das gestern schon gemacht, wiederhole das aber noch einmal, weil es mir sehr wichtig ist.
Aus anderen Ländern wissen wir, dass die Berufstätigkeit Alleinerziehender seit der Einführung des Rechtsanspruchs für Kinder unter drei Jahren stark angestiegen ist. In Hamburg und beispielsweise in Berlin ist diese auf bis zu 71 beziehungsweise 65 Prozent gestiegen. Dort sind die Rahmenbedingungen teilweise mit Bremen vergleichbar. Was ist aber hier in Bremen passiert? Im gleichen Zeitraum ist hier nach der Einführung des Rechtsanspruchs der ohnehin schon geringe Anteil berufstätiger Alleinerziehender auf den bundesweit schlechtesten Wert abgesunken. Wir sind inzwischen nur noch bei 58 Prozent, und das wegen politisch hausgemachter falscher Rahmenbedingungen, die diese rot-grüne Regierung setzt, meine Damen und Herren.
Deswegen haben wir vonseiten der versammelten Opposition aus allen drei Parteien versucht, hier eine Veränderung herbeizuführen. Wir werden auch an dieser Stelle nicht aufhören. In den Antworten des Senats auf die zu Recht gestellten, guten Fragen der Fraktion der Grünen haben wir den Geist von Prüfaufträgen, Schulterzucken und „Weiter so!“ wahrgenommen. Das, meine Damen und Herren, haben die Bremerinnen und Bremer
nun wirklich nicht verdient. Das haben die Kinder, die sich hier in Kinderarmut befinden, nicht verdient. Inzwischen ist die Kinderarmut auf 34 Prozent angestiegen, und weiterhin zeigt die Tendenz nach oben. Das könnten wir ändern, würden wir in Bremen endlich anfangen, etwas zu tun. Dazu fordere ich Sie auf. Sie regieren. Handeln Sie endlich!
(Beifall CDU, BIW, Abg. Tassis [AfD] Die Träger haben uns im Unterausschuss mitgeteilt - das können Sie sogar im Protokoll nachlesen, Herr Güngör, das hatten Sie ja gestern nicht auf dem Zettel -, dass sie mehr Geld brauchen, weil ihnen bisher nur neun Stunden bezahlt werden. Damit können sie entweder die Stunde von 7 bis 8 Uhr o- der die Stunde von 16 bis 17 Uhr - oder vielleicht morgens eine halbe Stunde früher und nachmittags eine halbe Stunde länger - finanzieren, aber eben nicht mehr. Dass vielfach eine weitergehende Flexibilisierung gewünscht wird, zeigt sich daran, dass viele Eltern auf den Betreuungsantrag schreiben: Eigentlich bräuchte ich das und das, aber leider gibt es das in der Kita nicht. Das könnten Sie bei den Trägern er- fragen. Dann würden Sie eine klarere Einschät- zung dieses Themas erhalten. Wir haben viele Strukturen gehabt, um Langzeitar- beitslose zu unterstützen. Es gab ein Bundespro- gramm, das wirklich hervorragend war. Sie haben dieses Bundesprogramm auslaufen lassen und ge- gen den Protest der CDU-Fraktion und auch der Fraktion DIE LINKE eingestellt. Ich erinnere mich an unsere gemeinsame Debatte, Frau Bernhard. Jetzt, zwei bis drei Jahre später, nachdem Sie das, trotz der guten und auch im Rahmen der Evaluation nachweisbaren Erfolge eingestellt haben, fangen Sie an, Teile davon wieder ins Leben zu rufen, in- dem Sie sagen: Jetzt machen wir einen Prüfauftrag mit dem Jobcenter, ob wir diese Ganztagsplätze im Kindergarten nicht wieder vorhalten. Meine Damen und Herren, das ist scheinheilig und zeigt, dass es bei Ihnen am Stückwerk und nicht an einer guten handwerklichen Arbeit liegt, dass hier in Bremen das Problem von Langzeitarbeitslosen und das Problem von Alleinerziehenden, denen wir immer wieder begegnen, so massiv ist. Das ist Ihre Politik. Das muss geändert werden. - Danke schön! (Beifall CDU, BIW, Abg. Tassis [AfD])
eine Gruppe von Lehramtsreferendaren als Pioniere in unserem neuen Projekt „Die Bremische Bürgerschaft als außerschulischer Lernort“.
Sie absolvieren in diesem Monat in unserem Hause einen Wahlpflichtkurs des Landesinstituts für Schule in Kooperation mit der Bremischen Bürgerschaft und der Landeszentrale für politische Bildung in vier Modulen. Ich wünsche Ihnen viele Erkenntnisse, viel Spaß und tollen Erfolg. Herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für eine erfolgreiche Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben ist ein bedarfsdeckendes Angebot an Kinderbetreuungsplätzen eine wichtige Voraussetzung. Das Thema flexible Kinderbetreuung wurde in der Sitzung der Stadtbürgerschaft ausführlich diskutiert. Der Antrag der Freien Demokraten dazu wurde mehrheitlich abgelehnt.
Wir reden heute über eine Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Fragestellung: „Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit auch durch bessere Kinderbetreuung ermöglichen?“ Sicherlich wird eine bessere Kinderbetreuung auch beim Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit helfen. Das wird doch nicht bezweifelt. Dies ist aber nur ein Teil der großen Aufgabe, für eine bessere Kinderbetreuung zu sorgen.
Wir Freien Demokraten sehen nicht, dass dies in Bremen in einem ausreichenden Maß geschieht. Die Frage nach besserer Kinderbetreuung in diesen Kontext zu stellen, kommt uns scheinheilig vor,
Die Kollegin Müller hat uns dazu eine Begründung geliefert. Wenn die Informationen in der Antwort des Senats dazu dienen, die Notwendigkeit, tätig zu werden, zu unterstreichen, dann wünsche ich viel Erfolg!
Für die Antwort des Senats möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Sie ist ausführlich und zeigt die Situation in Bremen gut, sie benennt aber auch die Grenzen.
Es gibt offene Fragen: Warum werden nur Daten zur Erwerbsfähigkeit der Eltern erhoben, jedoch nicht zur Erwerbslosigkeit? Ist es wirklich so, wie auf Seite drei erklärt, dass die Betreuungszeiten an den Bedarfen der Familien und deren Lebensrealitäten ausgerichtet werden? Das deckt sich nicht mit dem, was mir die Mütter und Väter erzählen.
Auch stellt das Jobcenter Bremen fest, dass es teilweise noch Engpässe an wohnortnahen, zeitlich flexiblen Betreuungsplätzen für Kinder gibt.
Interessant finde ich auch hier die Beispiele aus Hamburg und Berlin. Dort organisieren die jeweiligen Anbieter je nach Situation unterschiedliche Betreuungslösungen. Außerdem gibt es das Bundesprogramm KitaPlus. Die Freien Demokraten fragten wiederholt, warum dies in Bremen so zögerlich angenommen wird. Die Antworten stellen uns nicht zufrieden.