Protokoll der Sitzung vom 15.03.2018

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Ehmke.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch für den Senat kann ich sagen, dass wir die Forderungen des Antrags grundsätzlich richtig finden. Die Innenministerkonferenz hat in vorauseilendem Gehorsam auch Ende des Jahres 2016 beschlossen, dass wir genau eine solche Lösung anstreben, und zwar genau eine solche Lösung im bundesweiten Verbund. Es macht nämlich in der Tat relativ wenig Sinn, dass 16 Länder und der Bund sich auf 17 verschiedene Lösungen verständigen, die dann nicht nur sehr teuer sind, sondern auch alle nicht miteinander kommunizieren können. Das ist in Bremen in seiner Insellage besonders dumm, macht aber auch für die anderen Bundesländer wenig Sinn.

Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich deshalb darauf verständigt, dass das Bundeskriminalamt als zentraler Dienstleister in diesem Bereich auftreten soll. Das bietet dann auch die Gewähr dafür, dass die Softwarelösung und die Endgeräte am Ende die erforderlichen Sicherheitsstandards und die Praktikabilität für das Einsatzgeschehen aufweisen und zugleich finanzierbar sind.

Wir gehen gegenwärtig davon aus, dass wir etwa im Jahr 2020 mit einer Einführung der bundesweiten Systematik rechnen können. Deshalb ist die Frage: Was machen wir bis dahin? In Bremen haben sich die Behördenleiter von Polizei Bremen und Ortspolizeibehörde Bremerhaven zusammen mit der Senatorin für Finanzen und dem Innenressort mit dieser Frage auseinandergesetzt, und man ist zu der gemeinsamen Auffassung gelangt, dass eine Übergangslösung geschaffen werden soll, bis ein bundesweites System zur Verfügung steht. Wir

haben dabei drei Bereiche identifiziert, die von besonderer Bedeutung sind. Das ist zum einen ein Messengerdienst für Spezialeinheiten, zum anderen ein Messengerdienst für die Polizei im Allgemeinen und im Weiteren für den Bereich des mobilen Arbeitens. Ich beginne ganz kurz mit Letzterem.

Wir haben viel von Tablets gelesen und gehört. Das wird eher schwierig, aber wir glauben, dass wir relativ zeitnah eine vernünftige Laptop-Lösung zustande bringen können, die dann in der Tat auch die nötigen Datenschutz- und Sicherheitsvoraussetzungen liefert.

Es gibt bei dem Messengerdienst für Spezialeinheiten eine Entwicklung der Polizei Sachsen und eine Kooperation mit Niedersachsen. Auch dazu können wir dann in dem vorzulegenden Konzept über die Ergebnisse berichten.

Für den Bereich der Messengerlösung für die Bediensteten im Allgemeinen haben wir uns das System aus Niedersachsen einmal angesehen. Dort gibt es eine solche Übergangslösung, das scheint durchaus funktional zu sein.

Man muss am Ende allerdings noch einmal die Kosten und den Nutzen für eine Übergangslösung ins Verhältnis setzen. Wir haben zu diesem Zweck eine Projektgruppe eingerichtet, die im Januar die Arbeit aufgenommen hat. Das heißt, ich bin sehr optimistisch, dass wir im Rahmen der vorgegebenen Zeit ein Konzept vorlegen können, das den Anforderungen der Bürgerschaft gerecht wird und eine vernünftige Übergangsphase bis zum Inkrafttreten einer bundeseinheitlichen Lösung beschreibt. – Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 19/1369 seine Zustimmung geben

möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Wissenschaftsfreiheit ist Grundpfeiler offener Gesellschaften Antrag (Entschließung) der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 5. Dezember 2017 (Drucksache 19/1429)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Kück.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Jäschke.

Sehr geehrter Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir können aktuell weltweit ein Erstarken von internationalen populistischen und autoritären Strömungen verfolgen, die sich gegen Weltoffenheit, Pluralität und Toleranz richten. Befeuert durch falsche Nachrichten schlägt sich das auf unterschiedliche Lebensbereiche nieder. Einer davon ist die Wissenschaftsfreiheit, die in vielen Staaten zunehmend beschnitten wird.

Die Wissenschaftsfreiheit ist in Deutschland insbesondere vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ein hohes Gut. Sie wird in Deutschland durch das Grundgesetz gewährleistet. Verfassungsrechtlich schützt es den gesamten wissenschaftlichen Erkenntnisprozess vor staatlicher Einmischung. Hierzu zählt unter anderem auch das Recht, ein bestimmtes Forschungsthema zu verfolgen und ein Forschungsergebnis oder eine bestimmte Lehrmeinung zu veröffentlichen.

Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass diese Freiheit in Europa und der Welt zunehmend ins Wanken gerät. Nur beispielhaft sei hier auf die polnische Regierung verwiesen, die das polnische Bildungs- und Wissenschaftssystem am Leitbild eines nationalen polnischen Heroismus ausrichtet, und auch auf die Türkei, die zuletzt Zehntausende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entlassen hat, oder auch Ungarn, dessen Regierung versucht, eine Universität per Hochschulgesetz zu schließen.

Durch die systematische Beschneidung der Freiheit wissenschaftlicher Einrichtungen werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf diesem Wege drangsaliert und teilweise ins Exil getrieben.

Gleichzeitig stellen Populisten die Grundrechte der Wissenschaftsfreiheit und darüber hinaus auch die offene Gesellschaft und die Demokratie infrage. Aus unserer Sicht kommt es deshalb darauf an, Solidarität zu zeigen und jene Werte zu verteidigen, die für die Wissenschaft wie für eine freie Gesellschaft zentral sind.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir sind der Überzeugung, dass nur eine enge internationale Kooperation, wie sie die Hochschulen in Bremen und Bremerhaven lange und erfolgreich pflegen, die Wissenschaftsfreiheit im Inland wie auch im Ausland sichert, und wir verurteilen alle Versuche, mithilfe von Hochschulgesetzen Wissenschaftseinrichtungen zu isolieren und zu drangsalieren.

(Beifall SPD)

Außerdem unterstützen wir die Initiativen unserer Hochschulen und Forschungseinrichtungen, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die verfolgt oder ins Exil getrieben werden, im Land Bremen eine neue Forschungsheimat zu geben.

(Beifall SPD)

Genauso haben wir es mit unserem Antrag ausgedrückt, und wir werden dem Antrag natürlich zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Dr. Müller.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Entschuldigung für die Verspätung, ich habe noch einmal unten geschaut, wie die Demonstration gegen die Offensive in Afrin angefangen hat! Entschuldigung dafür!

Wir legen Ihnen heute einen Antrag zur Wissenschaftsfreiheit vor, der etwas älter ist. Er ist aus dem Dezember 2017, und ich hätte mich eigentlich gefreut, wenn die Aktualität nachgelassen hätte und wir den Antrag heute vielleicht ohne Debatte hätten behandeln oder gar zurückziehen können. Die Zeiten haben sich aber nicht geändert. Die Wissenschaft steht unter massivem Beschuss und unter Druck.

Begrifflichkeiten wie Lügenwissenschaft oder Expertengeschwätz sind Begrifflichkeiten, mit denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und all diejenigen, die sich gern einmal anhand von wissenschaftlich fundierten Daten in eine politische Debatte einmischen, konfrontiert werden. Das ist eine Wissenschaftsfeindlichkeit, die aus meiner Sicht mit großer Sorge in die Zukunft blicken lässt. Da gibt es die Leugnung des Klimawandels und die Beschimpfungen von Forschern, die zum Klimawandel forschen. Davon sind sehr, sehr viele Kolleginnen und Kollegen aus Bremen und Bremerhaven betroffen. Es wird die Furcht vor dem Impfen geschürt, die für viele Kinder lebensgefährlich wird.

In der Türkei – das haben wir hier an dieser Stelle auch schon diskutiert und mit großer Sorge debattiert – werden Universitäten geradezu von unliebsamen Personen gesäubert. In Ungarn – auch das ist im letzten Jahr öffentlich immer wieder dramatisch in der Presse nachzulesen gewesen – existiert jetzt auch im Wahlkampf eine regelrechte antisemitische Hetzjagd gegen einen Förderer der International University in Budapest.

Schließlich – und das betrifft mich und sehr von mir geschätzte Kolleginnen – gibt es Angriffe gegen Gender Studies, die als „unwissenschaftlich“ diffamiert werden und einen tatsächlich manchmal auch angstvoll weiterarbeiten lassen. Zuletzt kamen die Meldungen aus Polen, wo ganze Schulbücher nach einer staatlichen Ideologie neu überarbeitet werden. Ich habe gedacht, das hätten wir vor 25 Jahren hinter uns gelassen.

Wir werden also in Zukunft – so hat es der Vorsitzende der Deutschen Forschungsgesellschaft, Herr Prof. Strohschneider, in einer sehr eindrucksvollen Rede im letzten Jahr gesagt – für aufgeklärte, wissensbasierte Gesellschaften kämpfen müssen. Ich glaube, da hat er leider sehr recht.

(Präsident Weber übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir brauchen eine Stärkung der Wissenschaft und der Forschungsleistungen in allen Hochschulen in Europa und den Nachbarregionen, und wir brauchen inzwischen auch eine massive Solidarität mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den USA.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Wir haben deswegen einen Antrag vorgelegt, der sich auf drei kurze und prägnante Forderungen begrenzt. Wir wollen nämlich weiterhin, wie es bisher in Bremen auch traditionell mit allen Hochschulen war, enge Kooperationen mit europäischen und außereuropäischen Hochschulen pflegen, und wir werden uns hier für einen intensiven Forschungs- und Studierendenaustausch einsetzen.

Wir werden uns innerhalb der Kontakte, die wir in der Europäischen Union haben, dafür einsetzen, dass die Wissenschaftsfreiheit sowohl in Ungarn als auch in Polen oder wo auch immer es noch auftauchen sollte geschützt wird, und zwar so geschützt, dass sie mit der EU-Grundrechtecharta vereinbar ist. Sollte das nicht der Fall sein, unterstützen wir entsprechende Vertragsverletzungsverfahren.

Schließlich wollen wir fortführen, was wir in Bremen begonnen haben, nachdem türkische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Bremen Exil gesucht haben: Wir werden ihnen weiter unsere Unterstützung und Hilfe angedeihen lassen, damit sie hier ihrer Forschungsleistungen und ihrer geistigen Freiheit weiter nachkommen können, wie sie es in der Türkei leider derzeit nicht können.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Im Sinne dieser drei Beschlusspunkte bitte ich um Ihre Unterstützung! – Danke!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Strunge.