erst kürzlich über ein solches Heim in der Marcusallee, wie eine meiner Vorrednerinnen anmerkte. In letzter Zeit hat sich dort die personelle Situation stark verschlechtert. Leider ist sie dort schon länger schlecht, sei es ins Bett legen, schnell Waschen, alles was dazugehört. Es werden Medikamente verschrieben, aber sie werden erst am nächsten Tag verabreicht. So ist Pflege heute. Das war eine Aussage, schrecklich, grausam und menschenunwürdig. Mehr als satt und sauber ist einfach zu wenig. Nicht einmal das Minimum wird hier erfüllt.
Meine Damen und Herren, gefällt Ihnen das? Das sind Menschen und keine Ware, die man abschöpfen kann oder nach Richtlinien einer Verwaltung behandeln und versorgen muss. Wo ist da die Aufsichtspflicht? Aber wenn das Betriebsklima vielleicht schon schlecht ist, dann sollte man darüber nachdenken. Wie sagte es die CDU: Solche Führungskräfte wären in der freien Wirtschaft untragbar. Stellen Sie sich Ihrer Verantwortung. Ich appelliere an das Gewissen. Die eigene Partei diskutiert schon über einen Neuanfang ohne die Senatorin oder ist es gewissensneutral?
Vier Abende hintereinander wurde mein Vater ungewaschen in das Bett gelegt, es kamen immer die Aussagen, gewaschen wird nur morgens in der Früh. Wir legen die Bewohner erst hin, dann müssen wir schauen, was wir alles noch in unserem Dienst schaffen. Unfassbar! Den Pflegekräften kann man keinen Vorwurf machen, sie machen eine hervorragende Arbeit. Doch was zu viel ist, ist zu viel. Sie sind sehr unzufrieden mit ihrer Situation denn sie wissen, was gemacht werden müsste, können es aber nicht, weil es zeitlich einfach nicht zu schaffen ist. Mündliche Aussagen wie: Hier in diesem Hause möchte ich eigentlich nicht mehr arbeiten, da kann einem nur schlecht werden, einfach menschenunwürdig! Bitte, meine Damen und Herren, das sind Aussagen vom Pflegepersonal und nicht von mir.
Heimbetreiber und auch Prüfer spielen immer alles herunter, es werde nach den Vorgaben mit Bezug auf die Pflegeschlüssel, Besetzung von Nachtschichten und alles eingehalten, was die Vorschriften verlangen. Vielleicht stecken Finanzinvestoren dahinter, denen die persönliche Pflege vollkommen egal ist, Hauptsache das Geld stimmt.
Verwandte, die in diesen Heimen sind. Wie Sie aus der Presse in letzter Zeit erfahren haben, hat sich kürzlich ein 52-jähriger Mann in Vegesack, laut Polizei, selbst getötet. Offenbar erst seine Mutter und dann sich selbst, weil er mit der Pflege seiner 86 Jahre alten Mutter überfordert gewesen sei. Meldungen wie diese sind alarmierend und stimmen mich sehr, sehr traurig. Wo ist da die qualifizierte Kontrolle? Ein Heim, das nicht ordentlich pflegt, solch ein unmögliches Heim bekommt sogar noch die Note 1,2. Eine Note sechs wäre noch viel zu gut dafür. Betroffene können sich leider meist nicht wehren. Woran sollen sich denn die Bürgerinnen und Bürger orientieren? Bestimmt nicht an so einer Lügenbenotung. Einzelbenotungen können immer ausgleichen, wenn alles rechtzeitig gemacht und dokumentiert wird. Meine Damen und Herren, eine Schande für das Ressort und die Senatorin, ich muss es leider immer wieder sagen.
Ausnahmsweise ist Bremen einmal nicht auf dem letzten Platz mit der Auffälligkeit von Heimen in der Pflege in Deutschland. Aber an viertschlechtester Stelle mit 68,6 Prozent in diesem traurigen Ranking. Das Problem lag bislang darin, dass die vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung festgestellten Prüfergebnisse beschönigend in den Pflegenoten dargestellt werden und festgestellte Missstände nur auf den zweiten Blick erkennbar sind. Zwar erstellen die Prüfer der Krankenkassen detaillierte, aussagekräftige Berichte über den Zustand der Bewohner, doch die bleiben immer unter Verschluss und werden nicht veröffentlicht. Wird da vielleicht etwas verschwiegen? So viel zur Transparenz.
Die Bundesregierung sieht sich für all dies nicht in der Verantwortung: Schuld am Pflegedschungel sei nicht die Politik, sondern die Selbstverwaltung, also die Kassen und die Heimbetreiber, bei denen laut Gesetz die Verantwortung für ein aussagekräftiges Qualitätstransparenzsystem liegt. Leider können die Vertreter sich nicht auf ein wirklich aussagekräftiges System verständigen. Herausgenommen sind deshalb die noch immer geltenden Pflegenoten für die Heime, die die Menschen in die Irre führen und in denen oft gelogen wird. Jetzt versteht man auch warum.
Im vergangenen Jahr hat der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen die Aussetzung des Notensystems gefordert. Während man sich in der Pflegebranche bereits Gedanken darüber machte, wie das System verbessert werden könnte, steuert die SPD im Bund dagegen und ver
hindert die Aussetzung mit dem Argument, es bestehe dann die Gefahr, dass es am Ende gar keine Bewertungssysteme mehr gebe. Meine Damen und Herren, dann lieber kein Bewertungssystem als so ein verlogenes und korruptes Bewertungssystem.
Ich komme zum Schluss! Mitte 2018 soll es neue Bewertungsstandards geben, laut Bundesregierung. Wir als Bürger in Wut fordern, dass endlich die Heimaufsicht ihrer Aufgaben gerecht wird und spätestens bei eklatanten Vorfällen umgehend auch ein Heim schließen lässt, einschneidende Maßnahmen ergreift beziehungsweise einen neuen Träger fordern sollte. Wir sind gern bereit, an einem runden Tisch teilzunehmen. Wir stimmen dem Antrag der LINKEN zu und den Antrag der SPD werden wir ablehnen, weil es sich nur um Absichtserklärungen handelt. – Danke, meine Damen und Herren!
Lassen Sie mich in meiner zweiten Stellungnahme noch einmal etwas zu den Anträgen der CDU und der Koalition sagen. Der CDU-Antrag, ich glaube, das hat man schon gemerkt, geht aus unserer Sicht sicherlich in die richtige Richtung. Aber, ich will es einmal so ausdrücken, sie drücken sich wieder vor dem Konkreten. Konkret wäre, wenn Sie eine Zahl nennen würden, wieviel Personal die Wohn- und Betreuungsaufsicht braucht. Das tun sie aber wieder nicht. Ich finde, das ist ein immer gleichbleibendes Muster. Ich möchte auch sagen, wenn wir als Opposition keine konkreten Personalzahlen benennen, dann kommen am Ende die bescheidenen und eigentlich nicht tolerierbaren zwei Stellen der Koalition dabei heraus. Ich glaube, so kann man nicht vorgehen.
Sie müssen an solchen Stellen auch einmal Farbe bekennen. Damit müssen Sie natürlich auch Farbe bekennen, was das kostet, und dann müssen Sie auch Farbe bekennen, wo Sie das herholen wollen. Das tun Sie nicht. Deshalb ist das so eine Anstrengung hier.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie machen aber immerhin einen anderen Vorschlag, nämlich in Ihrer Forderung 1b und 1f fordern Sie den Einkauf von Unternehmensberatungsfirmen. Was soll ich dazu sagen? Ich bin der Meinung, wie die einzelnen Heime, wie Alloheim oder so, aufgestellt sind, ist mir einerlei. Denen will ich nicht noch mit Unternehmensberatungen auf einen profitmaximierten Weg helfen. Das kann nicht unsere Absicht sein. Was wir tun, muss den Bewohnerinnen und Bewohnern helfen. Und deshalb werden wir in diesem Fall Ihren Antrag ablehnen.
Zur Koalition: Was das Gute an diesem Antrag, finde ich, das muss man auch wirklich sagen, ist die Ehrlichkeit. Sie geben zu, dass die Regelversorgung in dieser Aufsichtsbehörde einer Prioritätenliste gewichen ist. Sie sehen auch eine Aufstockung des Personals als unerlässlich an. Aber natürlich dann da zwei Stellen hineinzuschreiben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, das ist mir zu wenig. Und interessanterweise, wenn ich nun kritisiert habe, die CDU greift dann zur Unternehmensberatungsfirma, dann schreiben Sie einfach vor – Frau Grönert hat das dankenswerter Weise auch schon erwähnt – dass das Personal sich selbst rationalisieren soll. Na ja, die einen mit der Unternehmensberatung, die anderen sagen, die sollen das selbst tun. Nein, das ist einfach kein Weg.
Lieber Kollege Möhle, mein Lieblingsfreund sozusagen, es ist doch wirklich schon ein bisschen zum Lachen, wenn Sie hier auf einmal den Antikapitalisten machen.
Das können Sie ja gerne tun. Da bin ich auch mit Ihnen, das ist ja gar keine Frage. Das machen wir gemeinsam. Aber das Entscheidende ist doch, Sie müssen dann irgendwann einmal auch sagen, dass Sie etwas konkret tun wollen.
Das, was hier passiert, fällt ja nicht vom Himmel, sondern es wird von uns hier im Parlament auch gesteuert und entschieden. Und da müssen wir etwas machen. Und da muss auch der Kollege Möhle irgendwann einmal etwas machen.
Ich sage zum Abschluss noch einmal in aller Deutlichkeit, denn es geht doch manchmal um die Zielsetzung. Ich sage, wer im Lande Bremen in einer älter werdenden Gesellschaft eine gute Altenpolitik betreiben will, der muss die negativen Auswirkungen der Profitmaximierung in den Residenzen und in den Pflegeheimen durch Kontrolle und öffentliche Transparenz minimieren, wenigstens minimieren! Aber Herr Möhle, ich sage Ihnen auch ganz deutlich, wir als LINKE werden weiter dafür kämpfen, dass dieser ganze Sektor wieder zurückkommt in den Non-Profit-Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge, denn da gehört er hin. Die Profitjäger haben meiner Meinung nach in den Altenheimen nichts zu suchen.
Trotzdem, letztendlich brauchen wir aber mehr Personal zur Kontrolle. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu. Es ist auch Ihre Zukunft. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Missstände, die durch den NDR öffentlich wurden, sind beunruhigend. Wir sehen uns gefordert zu handeln. Aber wir sehen uns auch gefordert, über den Tag hinaus zu denken und zu planen. Die Themen Alter und Pflege werden uns fortlaufend begleiten. Sie bedürfen unserer Aufmerksamkeit und nicht nur, wenn die Medien das Thema in den Vordergrund bringen. Wir brauchen kluge und finanzierbare Lösungen, die nachhaltig wirken. Unser Augenmerk wird weiter darauf liegen, Interventionskräfte zu stärken. Die Ausweitung der Wohn- und Betreuungsaufsicht um zwei Stellen ist dazu ein wichtiger Schritt.
Zum Antrag der CDU möchte ich sagen, dass ich überrascht bin. Kaum ist das Gesetz verabschiedet, fordern Sie einen neuen Gesetzesentwurf zu immer wieder den gleichen Punkten, wie zum Beispiel der Veröffentlichungspflicht. Ich verweise auf die Regelung in § 10 des Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetzes zur Transparenz und Veröffentlichungspflichten. Ich bin auch überrascht über Ihren Vorschlag, die Tätigkeiten der Wohn- und Betreuungsaufsicht nach außen verkaufen zu wollen, gerade das wollen wir ja nicht. Wir wollen diese wichtige Aufgabe in staatlicher Verantwortung lassen und eben nicht ökonomisieren. Für uns steht
der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner eindeutig über der unternehmerischen Freiheit der Einrichtungsbetreiber. Zu guter Letzt, das Gesetz wurde gerade erst verabschiedet. Es enthält viele neue, gute Ansätze, wie die kultursensible und gleichgeschlechtliche Pflege als auch Gewaltschutzprogramme. Diese innovativen Bestandteile haben es verdient, sich zu bewähren und auch zu entfalten. Das Gesetz ist bis 2022 befristet. Danach gibt es erneut die Möglichkeit, sich einzubringen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin doch in gewissem Sinne erschüttert, wenn ich höre, wie Herr Möhle und auch andere sich so hoch emotional, dass ich es beinahe Hass nennen würde, äußern und sich in Bezug auf private Einrichtungsträger und gemeinnützige Einrichtungen komplett an die andere Seite stellen. Ich bin der Überzeugung, es gibt schlechte Pflege in jeder Einrichtungsform, natürlich nicht in jeder Einrichtung, wir haben viele Einrichtungen, in denen gut gepflegt wird. Aber es gibt bei allen Anbietern schlechte Pflege und auch nur einmal schlechte Pflege und da passieren auch Unglücke und so weiter. Die Standards, die wir haben, gelten für alle. Die gelten nicht nur für private oder gemeinnützige, sondern für alle Einrichtungen. Vorurteile helfen hier grundsätzlich nicht weiter.
Es kann doch niemand von vornherein sagen, wenn eine Einrichtung antritt um Pflege anzubieten, dort wird schlecht gepflegt werden. Aber den Eindruck hatte ich eben.
Dass gewissermaßen gleich vorweg angenommen wird, wenn bestimmte Einrichtungen antreten, muss die Pflege wohl schlecht werden. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass Endzeitszenarien wirklich weiterhelfen. Ich glaube, dass kaum jemand von denen, die heute gesprochen haben, dort war. Trotzdem sind sie in sämtlichen Beschreibungen – und da haben sich ja alle maßgeblich auf das eine Haus bezogen, bei dem ich überhaupt nicht sagen würde, dass es da nicht Probleme gibt, die
gibt es ganz bestimmt – aber Sie haben bis in das kleinste Detail beschrieben, was da alles nicht gemacht wird, was da alles schrecklich und furchtbar ist. Das ist okay. Das Thema hat eine hohe Emotionalität. Aber sich hinzustellen und das so zu beschreiben und zu malen, nur weil einem das so vielleicht in den Kopf kommt, so müsste das aussehen. Aber als Politiker zu sagen, so ist das, das finde ich ganz schwierig.
Es gibt nämlich auch Menschen, die fühlen sich in dieser Einrichtung zu Hause und die fühlen sich dort gut. Es bestehen dort auch Freundschaften und es ist beileibe nicht so, dass alle Menschen sagen, wir wollen hier unbedingt weg. Wenn es in Richtung Schließung gehen muss, dann sollte es in die Richtung gehen, dass man erst einmal über Teilschließungen nachdenkt und dass man sehr sorgfältig mit diesen unterschiedlichen Bereichen umgeht, denn die Probleme gibt es meistens im Bereich Pflegestufe 4 und 5. Mich hat das zusätzlich betroffen gemacht, weil Herr Möhle die Bilder aus den Medien oder aus dem einen Medium, die gezeigt wurden und die wirklich schlimm und erschreckend und traurig waren, so in den Fokus seiner Debatte gestellt hat. Ich weiß nicht, ob Sie sich jemals gefragt haben, ob dieser Mann dort vielleicht schon mit Wunden eingeliefert wurde. Mein Informationsstand ist, dass dieser Mann seine Wunden schon hatte, als er in diese Einrichtung kam, und zwar mit einer so schlimmen Diagnose aufgrund seiner Vorgeschichte, dass da schon klar war, dass er an diesen Wunden irgendwann sterben wird, dass die sich ausbreiten werden und er daran sterben wird.
Nein, das braucht es auch nicht und das kann ich auch nicht erklären. Für mich steht zu sehr im Raum, und ich will das wirklich auch nicht in Schutz nehmen, aber es steht im Raum, dass dieser Mann dort hingekommen ist und war gesund, hat sich dort Dekubitusstellen durch schlechte Pflege erworben und ist letztlich daran gestorben. Ich finde, man muss die Kirche auch im Dorf lassen. Man darf das nicht so auf die Spitze treiben. Ich bin natürlich gegen schlechte Pflege. Aber trotz Emotionalität bei diesem Thema, denke ich, sollte man sachlich bleiben und jetzt schauen, wie man das mit dieser Einrichtung wieder hinbekommt. Aber auch mit anderen Einrichtungen, die medial nicht im Fokus stehen und bei denen es auch Probleme gibt und wo die Heimaufsicht auch hin muss.
Nein, das macht es auch nicht besser. Aber trotz allem kann es nicht sein, dass da Falschmeldungen im Raum stehen. Man muss auch einmal dahinter schauen. – Danke!