Klaus Remkes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen, liebe Besucher! Zum wiederholten Mal debattiert die Bürgerschaft über Maßnahmen gegen den zunehmenden Wohnraummangel und die steigenden Mieten im Land Bremen. Gleich neun Tagesordnungspunkte der heutigen, letzten Sitzung der Bremischen Bürgerschaft in dieser Legislaturperiode befassen sich mit diesem Thema. Das unterstreicht doch die Dringlichkeit des Problems.
Bereits am 15. März 2018 hatte die Bürgerschaft den Senat dazu aufgefordert, die Möglichkeit zu prüfen, ob und wann welche Flüchtlingsunterkünfte und Übergangswohnheime in den nächsten
drei Jahren nicht mehr benötigt werden und entweder endgültig oder vorübergehend für Wohnzwecke genutzt werden können, um so die Wohnungsnot abzumildern.
In seiner Antwort vom 16. Oktober 2018 weist der Senat zu Recht darauf hin, dass nur schwer zu prognostizieren ist, wie sich der Zuzug von Asylsuchenden nach Deutschland und damit auch ins Bundesland Bremen in den nächsten Jahren entwickeln wird. Das setzt der grundsätzlich vernünftigen Konversion von Flüchtlingsunterkünften in Wohnraum, insbesondere für den dauerhaften Nutzen, Grenzen, soll es am Ende nicht zu Härten kommen. Die Vorbehalte des Senats sind leider berechtigt.
Entgegen den offiziellen Erklärungen der Bundesregierung ist die Flüchtlingskrise keineswegs vorbei, auch wenn sich die Zahl der Asylbewerber gegenüber dem Höhepunkt der Zuwanderungswellen im Jahr 2015 deutlich reduziert hat. Trotzdem kamen im Jahr 2017 rund 200 000 Asylsuchende nach Deutschland, im Jahr 2018 waren es immerhin noch 162 000, das ist deutlich mehr als in der ersten Dekade des Jahrtausends, wo im Jahresdurchschnitt nur etwa 45 000 Asylanträge in Deutschland gestellt wurden.
Der positive Entwicklungstrend, der sich nach dem Jahr 2015 gezeigt hat, könnte sich im Übrigen schnell wieder umkehren. Man denke aktuell etwa an die militärische Eskalation des Bürgerkriegs in Libyen oder auch an die anhaltende Spannung im Nahen Osten, die schnell neue Fluchtbewegungen auslösen können. Außerdem steigt wegen der dynamischen Bevölkerungsentwicklung in Afrika der Migrationsdruck stetig an. Bremen ist deshalb gut beraten, Aufnahmekapazitäten in Reserve zu halten.
Wie der Senat in seiner Mitteilung vom Oktober des letzten Jahres weiter ausführt, sei bei zehn vakanten Flüchtlingsunterkünften eine Wohnfolgenutzung rechtssicher nicht möglich, weil diese Umwidmung der Bestimmung des Baugesetzbuches zuwiderlaufe und deshalb der Bundesgesetzgeber aktiv werden müsse. Das mag zwar richtig sein, kann aber nicht bedeuten, die Hände einfach in den Schoß zu legen. Schließlich könnte das Land Bremen eine entsprechende Gesetzesinitiative über den Bundesrat anstoßen oder zumindest anregen.
Im Übrigen wäre zu prüfen, ob in den fraglichen Objekten, die ursprünglich als Übergangswohn
heim dienten, abgelehnte Asylbewerber mit Duldungsstatus einquartiert werden können, die heute in Wohnungen leben. Diese Personen sind ausreisepflichtig, weigern sich aber, Deutschland wieder zu verlassen und können oftmals aus diversen Gründen derzeit nicht abgeschoben werden. Für viele Bürger ist nicht nachvollziehbar, warum geduldete Ausländer in Wohnungen untergebracht sind, was den Wohnraummangel in Bremen verschärft und damit zum Anstieg der Mietpreise beiträgt.
Die Verlegung abgelehnter, geduldeter Asylbewerber in frühere Flüchtlingsunterkünfte, die für andere Wohnzwecke nicht genutzt werden können, wäre deshalb eine vernünftige Lösung, die aus unserer Sicht auch rechtlich zulässig sein sollte.
Für sehr wichtig halten wir es, kleinere, ursprünglich für Asylsuchende geschaffene Einrichtungen, die derzeit nicht benötigt werden, zumindest vorübergehend obdachlosen Menschen zur Verfügung zu stellen. Deren Zahl nimmt nicht zuletzt wegen der steigenden Mietpreise leider auch im Land Bremen zu. Die Einrichtungen in der Obervielander Straße und im Vinnenweg, die nach Ansicht des Senats wegen der Lärmbelästigung im Umfeld nicht für dauerhaftes Wohnen geeignet sind, könnten zum Beispiel für diesen Zweck genutzt werden. Die meisten Obdachlosen dürften auch gerade in der kalten Jahreszeit froh sein, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben und sich deshalb weniger am Lärm stören. Im Übrigen könnte man dem Problem durch Einbau schalldichter Fenster begegnen.
Lassen Sie sich mich nun kurz auf den Antrag der FDP mit dem Titel „Niedrigere Baukosten schaffen mehr Wohnraum! – Niederlande zum Vorbild nehmen“ eingehen. Dem Antrag stimmen wir im Grundsatz zu, Experten zufolge ist die Anzahl der Bauvorschriften in den letzten zehn Jahren von 5 000 auf 20 000 gestiegen und damit auch die Kosten für das Bauen. Die wichtigsten Preistreiber sind dabei die Energieeinsparungsverordnung und das erneuerbare Energiewärmegesetz. Normen also, die Ausfluss der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung sind.
Diese Vorschriften haben das Bauen in Deutschland in den letzten Jahren drastisch verteuert, mit der Folge, dass es sich für private Investoren nicht mehr lohnt, in niedrigpreisigen Wohnraum zu investieren. Stattdessen fließt das durchaus vorhandene Kapital in die Errichtung hochpreisiger Ob
jekte sowie in Luxussanierungen, weil nur in diesem Segment noch angemessene Renditen zu erzielen sind.
Die FDP fordert in ihrem Antrag, dass unnötige kostentreibende Bauanforderungen gestrichen und speziell im Bereich Energieeinsparung nur noch Zielwerte vorgegeben werden. Uns geht es da nicht weit genug.
Wir fordern die befristete Aussetzung von der Energieeinsparungsverordnung und dem Wärmegesetz im sozialen Wohnungsbau für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren. Ein solches Moratorium würde den Anreiz für private Investoren erhöhen, preiswerten Wohnraum zu schaffen und damit die Chancen für Menschen mit geringerem Einkommen auf dem Mietwohnungsmarkt verbessern. Ein solcher Schritt ist auch aus klimapolitischer Sicht vertretbar, wenn man denn die Auffassung vertritt, dass CO2 den entscheidenden Faktor für die Erderwärmung darstellt, was in der Fachwelt nicht gänzlich unumstritten ist.
Fest steht jedenfalls, dass Deutschland nur einen Anteil von knapp zwei Prozent am weltweiten CO2Ausstoß hat. Der größte Emittent China bringt es dagegen auf knapp 30 Prozent, was wir schon vor einigen Monaten gehört haben. Der Beitrag der energetischen Gebäudesanierung zur globalen CO2-Reduktion ist deshalb minimal. Es ist daher zu verantworten und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch geboten, die streng gesetzlichen Regelungen für Neubauten im unteren Preissegment vorübergehend auszusetzen, um so die Wohnungsnot, die sozial schwache Menschen besonders hart trifft, zu bekämpfen.
Volle Zustimmung erfährt von uns die Forderung nach einer Senkung der Grunderwerbssteuer, die das Bauen ebenfalls verteuert und damit private Investitionen in den Wohnungsmarkt behindern. Es ist ein Unding, dass Bremen diese Steuer in etwas mehr als zehn Jahren um über 42 Prozent angehoben hat, um die öffentlichen Kassen zu füllen. So hat der nimmersatte Fiskus zum Wohnungsmangel im Land beigetragen, den die Mieter auszubaden haben und hatten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, meine Damen und Herren.
Ebenfalls von der FDP kommt der Antrag zusätzlichen Wohnraum durch Dachaufstockungen zu schaffen. Auf das erhebliche Potential, das diese
Form der baulichen Nachverdichtung auch in Bremen bietet, hatten wir als Bürger in Wut in diesem Hause bereits im September 2017 hingewiesen. Leider ist diese Möglichkeit zur Linderung der Wohnungsnot vom Senat verpasst worden, obwohl sich mehr als 70 Prozent der dafür infrage kommenden Geschosswohnbauten im öffentlichen Besitz befinden.
In den letzten Jahren sind große Teile des Wohnungsbestandes der GEWOBA energetisch saniert worden. Diese Gelegenheit hätte man kostensparend für Geschosserweiterungen und Aufbauten nutzen können. Doch das wurde versäumt, was ebenfalls zur aktuellen Misere auf dem bremischen Wohnungsmarkt beiträgt.
Dieser Fehler muss rasch korrigiert werden, das Bauressort sollte überdies prüfen, ob neben Wohnhäusern auch öffentliche Gebäude für Dachaufstockungen geeignet sind oder wären. Sofern sich diese Objekte im kommunalen Besitz befinden, könnte Bremen dieses Potential als Bauherr gezielt für die Schaffung von Sozialwohnungen nutzen. Auch Gewerbebauten wie Parkhäuser, Supermärkte und Bürogebäude kämen für On-Top-Etagen in Betracht. Das Potential dürfte also noch größer sein, als die 28 000 zusätzlichen Wohneinheiten, die das Pestel-Institut in seiner Studie für Bremen errechnet hatte, weil sich diese Untersuchung allein mit der möglichen Aufstockung von Mehrfamilienhäusern befasst hatte.
Geschosserweiterungen bieten gegenüber Neubauten zahlreiche Vorteile. Sie sind ökologisch sinnvoll, weil das knappe Flächenangebot in Ballungsräumen optimal genutzt werden kann. Dieses Argument ist für Bremen in besonderer Weise zutreffend, weil sich die Stadt im Gegensatz zu anderen Kommunen nicht ins Umland ausdehnen kann, um neues Bauland zu erschließen.
Durch die Aufstockung bestehender Gebäude müssen keine Grünflächen versiegelt werden, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Außerdem sinken die Baukosten, weil weder ein Fundament gegossen werden muss, noch eine zusätzliche Infrastruktur mit Straßenkanälen und Versorgungsleitungen erforderlich ist.
Aufstockungen tragen auch zur Energieeinsparung bei, weil sie den Energiebedarf in der darunterliegenden Etage um circa 50 Prozent reduziert. Prof. Dr. Tichelmann von der TU Darmstadt, Mitautor der Pestel-Studie, bringt es auf den Punkt: Die bes
ten und günstigsten Grundstücke in Ballungszentren liegen auf den Dachflächen der Gebäude, die schon vorhanden sind.
Es wird Zeit, dass dieses brachliegende Potential endlich auch in Bremen konsequent erschlossen wird. Wer in Bremen neuen Wohnraum mit möglichst geringem Flächenverbrauch schaffen will, der wird auch am Thema Hochhäuser in absehbarer Zeit nicht mehr vorbeikommen; denn dieser Gebäudetyp bietet viel nutzbaren Raum im Verhältnis zur Baufläche. Dabei geht es natürlich nicht um die seelenlosen Wohnsilos der 1960er und 1970er Jahre, die als Bausünden gestartet wurden und im Laufe der Zeit oft genug zu sozialen Brennpunkten verkommen sind. Uns geht es um moderne, schlanke und begrünte Hochhäuser im Öko-Design, die so einen Beitrag zu Umwelt und Klimaschutz leisten können.
Durch ein differenziertes Wohnungsangebot für verschiedene Einkommensgruppen ergänzt durch ein intelligentes Miet- und Quartiermanagement, kann auch in Hochhäusern eine ausgewogene soziale Durchmischung der Bewohnerschaft erreicht werden. Es ist eigentlich ganz einfach: Wenn der Platz beschränkt ist, dann muss man in die Höhe und nicht in die Breite bauen.
Aus diesem Grund stehen wir auch der Forderung kritisch gegenüber, in größerem Umfang Bauland für Einfamilienhäuser auszuweisen. Der Pro-KopfFlächenverbrauch ist vergleichsweise hoch, was die Zerstörung von öffentlichen Grünflächen begünstigt, die Bremen aber braucht, um für die Menschen lebenswert zu bleiben.
Wie gesagt, die Stadt der Zukunft muss in die Höhe wachsen. Das gilt für Bremen und Bremerhaven in besonderer Weise wegen der besonderen Lage unseres Landes. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Abgeordnete, liebe Besucher! Es ist leider nicht das erste Mal, dass wir uns in diesem Haus mit den Personalproblemen der Bremer Justiz beschäftigen müssen. Stand im Herbst letzten Jahres die unzureichende Zahl von Richtern im Fokus der Debatte, geht es heute um die Staatsanwälte. Das hat seinen Grund. Eine aktuelle Personalbedarfserhebung zeigt, dass die Bremer Staatsanwaltschaft rund 207 Mitarbeiter benötigen würde, um ihre Aufgaben in angemessener Zeit und in der erforderlichen juristischen Qualität bewältigen zu können. Tatsächlich stehen der Behörde aber nur 158 Angestellte zur Verfügung. Es fehlen also knapp 49 Bedienstete, darunter neun Staatsanwälte, drei Amtsanwälte und 25 Mitarbeiter im Service.
Kurzum, die Bremer Staatsanwaltschaft ist in fast allen Personalbereichen unterbesetzt, und das nicht erst seit gestern, sondern schon seit vielen Jahren. Dabei hätte längst gehandelt werden müssen, denn die Arbeitsbelastung der Bremer Justiz ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Gingen zwischen 2010 und 2014 im Jahresdurchschnitt 56 470 Ermittlungsverfahren neu bei der Staatsanwaltschaft ein, sind es seit 2015 rund 64 000 gewesen, eine Steigerung also von rund 13 Prozent. Im vergangenen Jahr bekam jeder der 56 Bremer Staatsanwälte 659 neue Verfahren auf seinen Schreibtisch, die 16 Amtsanwälte sogar 2 155 pro
Kopf. Weil es der Anklagebehörde an Personal fehlt, um die Neueingänge zeitnah abzuarbeiten, verharrt die Zahl der Altbestände nun auf einem hohen Niveau.
2017 waren bei der Staatsanwaltschaft Bremen 14 273 Ermittlungsverfahren anhängig, 2018 immerhin noch 13 140. Parallel dazu nimmt die durchschnittliche Dauer der Verfahren ebenfalls zu. Sie betrug 2010 im Durchschnitt noch 1,7 Monate. 2015 waren es bereits 1,9 Monate. Aktuell nimmt die Bearbeitung eines Falls rund 2,3 Monate in Anspruch. Die vorgenannten Zahlen zeigen, dass die Bremer Staatsanwälte infolge des akuten Personalmangels kaum in der Lage sind, ihre Alltagsgeschäfte zu bewältigen. Immer häufiger kommt es vor, dass selbst Angeklagte, denen man schwere Strafen zur Last legt, aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, weil ihre Verfahren unvertretbar lange dauern. Man denke hier auch an die Wirtschafts- und Cyberkriminalität, vor allem aber an das organisierte Verbrechen, das für Bremen als eine Hochburg ethnischer Clans in Deutschland ein besonderes Problemfeld darstellt. Die Ermittlungen gestalten sich hier regelmäßig schwierig und erfordern einen entsprechend hohen Aufwand an Arbeitspotenzial. Die Staatsanwaltschaft im Land Bremen arbeitet also schon jetzt am Anschlag.
Die anstehende Pensionierungswelle wird bis zum Jahre 2030 bundesweit 40 Prozent der Juristen erfassen. Vor dieser Entwicklung hat der Deutsche Richterbund schon vor Jahren gewarnt. Gleichzeitig gestaltet sich die Rekrutierung von qualifizierten Nachwuchsjuristen für die Bremer Justiz sehr schwierig, was auch mit den vergleichsweise unattraktiven Arbeitsbedingungen in der Hansestadt zu tun hat. In Bayern beispielsweise verdienen angehende Staatsanwälte im Monat 350 Euro mehr als in Bremen. Noch größer sind die Unterschiede mit Blick auf große Anwaltskanzleien, die deutlich höhere Vergütungen bezahlen als der Staat. Kein Wunder also, dass die Staatsanwälte in der juristischen Auseinandersetzung mit hoch bezahlten, gewieften Strafverteidigern zunehmend in eine ungünstige Lage geraten und selbst Schwerverbrecher nicht selten mit relativ milden Strafen davonkommen, was in der Bevölkerung natürlich auf Unverständnis stößt und Verärgerung auslöst.
Für uns Bürger in Wut ist es deshalb trotz der angespannten Haushaltssituation, in der sich das Land Bremen bekanntlich befindet, unerlässlich, die Besoldung von angehenden Staatsanwälten auf das höhere Niveau anderer Bundesländer anzuhe
ben. Andernfalls werden sich die Personalprobleme in der Bremer Justiz absehbar weiter verschärfen zum Schaden unseres Rechtsstaates. Außerdem darf man nicht vergessen, dass eine personell gut ausgestattete Justiz nicht nur Geld kostet, sondern auch Einnahmen in die Staatskasse spült. Darauf hat kürzlich der leitende Oberstaatsanwalt Bremens, Herr Kuhn, gegenüber dem „Weser Kurier“ hingewiesen. Allein die Abschöpfung von Vermögen aus kriminellen Handlungen hat Bremen seit 2012 fast 100 Millionen Euro eingebracht.
Meine Damen und Herren, so kann es nicht weitergehen. Die Politik muss alles tun, um die angespannte Personalsituation bei der Bremer Justiz zu entschärfen, damit gerade die Staatsanwaltschaft ihrem Auftrag, den Gesetzen Geltung zu verschaffen und Verbrechen zu bekämpfen, auch gerecht werden kann. Eine schwache Justiz gefährdet die innere Sicherheit, weil potenzielle Rechtsbrecher den Eindruck gewinnen, dass sie für ihre Taten am Ende nicht zur Verantwortung gezogen werden oder mit milden Strafen davonkommen können.
Was jetzt notwendig ist, ist eine realistische Personalplanung, die den wachsenden Herausforderungen, mit denen sich die Bremer Justiz konfrontiert sieht, Rechnung trägt. Für die Staatsanwaltschaft heißt das, die Anzahl der Stellen ist sukzessive zu erhöhen, um am Ende auf die von der Behörde errechnete Zielzahl von 207 Mitarbeitern zu kommen.
Es wird immer schwieriger, die bundesweit 10 000 Richter und Staatsanwälte, die bis 2030 aus dem Justizdienst ausscheiden werden, durch nachrückende Kräfte zu ersetzen. Wir Bürger in Wut schlagen unter anderem vor, materielle Anreize zu schaffen, damit Richter und Staatsanwälte ihren Dienst auch nach Erreichen des Regelalters auf freiwilliger Basis fortsetzen können. Ein solcher Anreiz könnte ein Besoldungszuschlag bei Pensionsberechtigten sein. Dieser könnte auch früheren Mitarbeitern der Justiz angeboten werden, die sich bereits im Ruhestand befinden. Ein solcher Zuschlag könnte auch bereits im Ruhestand befindlichen Justizmitarbeitern angeboten werden, um sie zu motivieren, für einen befristeten Zeitraum in den Staatsdienst zurückzukehren. Außerdem gilt es, die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung für die Justizverwaltung nutzbar zu machen, um auch die Arbeit der Bremer Staatsanwaltschaft effizienter zu gestalten und die Belastung des Personals mit administrativen Tätigkeiten zu reduzieren,
das sich dann verstärkt seinen Kernaufgaben widmen kann.
Gefordert ist aber nicht nur die Justiz, sondern auch das Wirtschaftsressort. Das Studienplatzangebot an der Juristischen Fakultät der Universität in Bremen muss erweitert werden, um die Anzahl der Absolventen mittelfristig zu erhöhen, um so dem Nachwuchsmangel entgegenzuwirken. Notwendig ist also ein ganzheitlich und langfristig angelegtes Konzept aus einem Guss, um den Personalbedarf der Justiz zu sichern, nicht nur in der Gegenwart, sondern auch für unsere Zukunft. Der Fokus ist dabei auf die Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens zu legen, dort stellt sich die Situation besonders dramatisch dar.
Meine Damen und Herren, die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates und seine Akzeptanz bei den Bürgern sind von der Fähigkeit der Justiz abhängig, gesetzwidriges Handeln zeitnah zu ahnden und Normenverletzer ihrer Strafe zuzuführen.
Jetzt muss das Konzept geändert werden, soll der Rechtsstaat nicht unter die Räder kommen. Das wird eine wichtige Aufgabe für die neue Landesregierung in der kommenden Legislaturperiode sein.
Zum Schluss sei noch erwähnt: Hochachtung an alle Staatsanwälte, Richter und Justizangestellte für ihren großen Einsatz! Danke dafür! – Ich danke auch für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Was bedeutet Schulpflicht? Diese Frage richtete Christoph Heinemann, Redakteur des Deutschlandfunks, vor einigen Tagen in einem Interview an Herrn Anton Hofreiter, den Co-Vorsitzenden der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Anlass waren die sogenannten Fridays-for-Future-Demonstrationen, an denen seit einigen Wochen auch Tausende von Kindern und Jugendlichen teilnehmen und dafür dem Schulunterricht fernbleiben. Zehn Minuten lang redete Herr Hofreiter darum herum, um am Ende eine klare Antwort auf die Frage schuldig zu bleiben. Der Tenor seiner Äußerungen lässt sich aber wie folgt zusammenfassen: Die Missachtung der Schulpflicht sei gerechtfertigt, weil es den Demonstrationsteilnehmenden ja um wichtige Zukunftsfragen gehe.
Die Frage, warum die Schüler-Demonstrationen gegen den Klimawandel ausgerechnet freitags zur besten Unterrichtszeit stattfinden müssen, geht in der medialen Hysterie dagegen weitgehend unter. Warum rufen die Veranstalter nicht am Wochenende oder in der schulfreien Zeit zu den Kundgebungen auf?
Weil man so mehr öffentliche Aufmerksamkeit erregt, so die Antwort der Initiatoren. Man hört und sieht doch, wie hier gesprochen wird. Oder steckt hinter der Terminwahl nicht vielmehr die Besorgnis, dass die Teilnahmebereitschaft bei den jungen Protestlern deutlich geringer ausfallen würde, wenn man anstelle von nervigen Schulstunden die eigene Freizeit dafür opfern müsste? Wir sagen klar: Politisches Engagement ist richtig und wichtig, besonders von den Jugendlichen. Dieses Engagement muss sich aber im Rahmen der geltenden
Gesetze bewegen, die für jeden Menschen in diesem Land verbindlich sind, egal ob alt oder jung. Wer vorsätzlich der Schule fernbleibt, verlässt diesen Rahmen, und politische Aktivisten, die Minderjährige dazu anstiften, tun das erst recht.
Wie sind die Proteste nun aber inhaltlich zu bewerten? Nach Meinung von Bündnis 90/Die Grünen haben es die Schüler und Schülerinnen verstanden. Die Bundesregierung müsse mehr für den Klimaschutz tun, weil ansonsten die CO2-Ziele verfehlt würden. Ich werde an dieser Stelle keine Debatte um die Frage führen, welchen Einfluss CO2 auf die Erderwärmung hat und welche Klimawirkungen andere Faktoren wie die Aktivitäten der Sonne, die Verschiebung der Pole, die Abholzung der Regenwälder oder veränderte Siedlungsstrukturen entfalten.
Der wissenschaftliche Erkenntnisstand zu diesem komplexen Thema ist keineswegs so eindeutig, wie es von offiziellen Seiten allein vor dem Weltklimarat sowie von den Massenmedien dargestellt wird. Unklar ist deshalb auch, ob die international vereinbarte Verringerung des CO2-Ausstoßes die globale Erwärmung tatsächlich im erwarteten Umfang eindämmen oder gar stoppen kann. Doch selbst wenn man dieser These folgend CO2-Emissionen sofort auf null herunterfahren würde, dauert es Jahrzehnte, bis sich die Temperaturentwicklung auf der Erde normalisieren würde. Das räumt auch der Klimawissenschaftler ein, diese Tatsache kommt in der aufgeladenen öffentlichen Debatte viel zu kurz.
Mir geht es aber um etwas anderes. Im Jahr 2016 betrug der Anteil Chinas an den weltweiten CO2Emissionen 28,2 Prozent. In den USA kamen wir auf rund 16 Prozent und in Indien immerhin auf 6,2 Prozent. Diese drei Länder mit dem höchsten Ausstoß an Treibhausgasen unter allen Nationen sind also für mehr als die Hälfte des Kohlendioxids auf unserem Globus verantwortlich. Zum Vergleich: Deutschlands Anteil beträgt gerade einmal 2,2 Prozent. Die EU insgesamt kommt auf knapp 12 Prozent. Allein Brände der unterirdischen Kohleflöze in China, die praktisch nicht zu löschen sind, geben im Jahr mehr CO2 an die Atmosphäre ab, als Deutschland insgesamt verursacht.
Den meisten der Schüler, die jeden Freitag auf die Straße gehen und von deutschen Politikern mehr Klimaschutzmaßnahmen fordern, dürften diese Zahlen überhaupt nicht bekannt sein. Überspitzt formuliert wäre es zielführender, in Peking und Washington gegen die Erderwärmung zu protestieren als in Berlin und Bremen.
Politiker von Bündnis 90/Die Grünen wenden an dieser Stelle gern ein, dass der Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 in Deutschland höher ist als in China oder in Indien. Einmal abgesehen davon, dass es darauf nicht ankommt, weil die Gesamtemission über den Beitrag einer Volkswirtschaft zur CO2-Konzentration in der Atmosphäre entscheidet, hängt dieser Befund schlicht mit der größeren Bevölkerungszahl in diesen Ländern zusammen. Während in Deutschland gerade einmal 83 Millionen Menschen leben, sind es in Indien über 1,3 Milliarden und in China über 1,4 Milliarden. Deshalb fällt dort die CO2-Belastung auf Pro-Kopf-Basis logischerweise niedriger aus.
Apropos Kohle, eine Hauptforderung der deutschen Fridays-for-Future-Bewegung ist der schnelle Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bis zum Jahr 2030. Die sogenannte Kohlekommission der Bundesregierung hat bekanntlich im Januar beschlossen, das letzte Braunkohlekraftwerk erst im Jahr 2038 abzuschaffen. Den Schülerdemonstrationen geht das zu langsam. Wissen die jugendlichen Aktivisten aber eigentlich, dass rund die Hälfte der weltweit genutzten Kohle in China verbrannt wird, wo zurzeit jede Woche zwei neue Kohlekraftwerke an das Netz gehen?
Ist Ihnen bekannt, dass die Türkei, eines der Länder mit dem stärksten Wirtschaftswachstum weltweit, die Kohleverstromung nicht etwa beendet, sondern im Gegenteil weiteren Braunkohletagebau aufschließen will, um ihren Energiebedarf zu decken? Ist Ihnen des Weiteren bekannt, dass in Südafrika, wo 90 Prozent des Stroms aus Kohle erzeugt werden, der Bau neuer Kohlekraftwerke geplant wird, die nach ihrer Fertigstellung zu den größten der Erde gehören werden?
Lieber Kollege, aber die Erde ist komplex zu betrachten. Insgesamt sind aktuell 1 380 Kohlekraftwerke mit zusammen 672 Gigabyte in Planung, meine Damen und Herren!
Übrigens könnte die Kohledebatte in Deutschland sehr viel entspannter geführt werden, wenn die Kanzlerin Frau Merkel 2011 nicht auf die Idee gekommen wäre, in Reaktion auf die Havarie eines Atommeilers im japanischen Fukushima Hals über Kopf aus der Kernenergie auszusteigen. Würde Deutschland heute noch genauso viel Atomstrom produzieren wie im Jahre 2000, bräuchte man die Hälfte aller hierzulande laufenden Braunkohlekraftwerke nämlich nicht mehr. Sogar die Ikone der neuen Klimabewegung Greta Thunberg hat unlängst auf die vom Weltklimarat vertretene Position aufmerksam gemacht, dass die Kernkraft Teil einer CO2-freien Energielösung sein kann, wenn Länder keinen Zugang zu erneuerbaren Energien haben.
Die Regierungen vieler Staaten sehen das genauso. 446 Atommeiler sind weltweit in Betrieb, weitere 150 Atommeiler werden gebaut oder geplant.
Doch in Deutschland will man nach dem Atom- auch den Kohleausstieg. Woher soll dann der Strom kommen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht?
Technologien, die es ermöglichen würden, elektrische Energie aus regenerativen Quellen in großem Umfang und zu vertretbaren Kosten zu speichern, fehlen, Herr Kollege!
Wie will man hierzulande also in Zukunft die durchgängige wetterunabhängige Versorgung von Wirtschaft und Privathaushalten zu bezahlbaren Preisen sicherstellen? Der Strom aus französischen Atomkraftwerken oder aus polnischen Kohlekraftwerken? Ist den jungen Klimaaktivisten, die hier
zulande für den raschen Ausstieg aus der Kohle demonstrieren, diese Problematik eigentlich bekannt? In ihrer Antragsbegründung weisen Bündnis 90/Die Grünen auf das Klimaübereinkommen von Paris aus dem Jahre 2015 hin, in dem die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad vereinbart wird. Angestrebt wird die Marke von 1,5 Grad. Weil aber die Bundesregierung ihre selbst gesteckten Vorgaben, den CO2Ausstoß bis zum Jahr 2020 mit 40 Prozent gegenüber den Werten des Jahres 1990 zu senken, verfehlt, ist dieses Ziel ebenfalls in Gefahr. Das ist mit Verlaub Unsinn, weil Deutschland, wie gerade ausgeführt, nur 2 Prozent zu den weltweiten Emissionen beiträgt. Sollte das anvisierte 1,5-Grad-Ziel am Ende tatsächlich nicht erreicht werden, dann liegt das in erster Linie an den Konstruktionsfehlern des Klimaabkommens selbst.
Einmal abgesehen davon, dass die Vereinbarung gegenüber säumigen Unterzeichnerstaaten nicht durchgesetzt werden kann, de facto also unverbindlich ist, muss der größte CO2-Produzent der Welt, nämlich China, laut Abkommen bis 2030 überhaupt keine Kohlenstoffdioxide einsparen. Im Gegenteil wird das Reich der Mitte seinen Ausstoß in den nächsten Jahren weiter steigern und erst 2030 seinen Peak erreichen. Das war übrigens ein wesentlicher Grund für US-Präsident Trump, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Wie vor diesem Hintergrund die Forderung des jüngsten IPCC-Berichts umgesetzt werden soll, die weltweiten CO2-Emissionen schon bis 2030 um mindestens 45 bis 50 Prozent zu verringern, bleibt deswegen sehr rätselhaft.
Machen wir uns nichts vor, das 1,5-Grad-Ziel ist realistisch nicht mehr zu erreichen, auch wenn Bündnis 90/Die Grünen der Öffentlichkeit aus wahltaktischen Gründen etwas anderes weismachen wollen. Denn dazu müssten – und jetzt passen Sie auf – bis zum Jahr 2050 – weltweit! – 900 Milliarden US-Dollar jährlich in die CO2-Optimierung des Energiesystems investiert werden. Andere Studien halten sogar den doppelten Betrag für erforderlich, also 1,8 Billionen. Zusätzlich müssten jedes Jahr 700 bis 1 000 Milliarden Dollar in Energiesparmaßnahmen fließen.
Für Deutschland bedeutet dies, dass sich die Kosten der Energiewende von heute 34 Milliarden Euro im Jahr verdoppeln bis verfünffachen müssten. Das kann und will niemand bezahlen, die Verbraucher nicht und auch nicht die Wirtschaft, die schon heute unter den europaweiten Strompreisen zu leiden haben.
Die Folgen für den Standort Deutschland wären desaströs. Aus dem UN-Report ergibt sich außerdem, dass weltweit bis zu acht Millionen Quadratkilometer Weide und Ackerflächen für den Anbau von Energiepflanzen umgewidmet werden müssten. Um CO2 zu bilden, wären neue Wälder auf einer Fläche in der Größe der USA erforderlich. Dass diese Klimaschutzvorhaben mit dem Ziel kollidieren, die weltweiten Nahrungsmittelproduktionen zu steigern, den Hunger zu bekämpfen und die Lebensmittelpreise möglichst niedrig zu halten, liegt auf der Hand.
Ein wichtiger Faktor, der in der Klimadebatte nur selten thematisiert wird, ist das Bevölkerungswachstum, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent. Laut UNO-Prognose werden im Jahr 2050 rund 9,8 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Zur Jahrhundertwende sollen es sogar 11,2 Milliarden sein. Dass eine wachsende Bevölkerung, die noch dazu einen steigenden Lebensstandard anstrebt, mehr Emissionen verursacht, bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Wer also die CO2-Emissionen als den entscheidenden Grund für die globale Erderwärmung ansieht, der muss sich auch dem ungebremsten Bevölkerungszuwachs zuwenden und Maßnahmen zur Geburtenkontrolle fördern. Außerdem tragen die steigenden Lebenserwartungen, die Urbanisierung sowie kleinere Haushaltsgrößen dazu bei, den Kohlenstoffausstoß signifikant zu steigern. Diese globalen Trends lassen sich nicht einfach umkehren. Anstatt an irrationalen Temperaturzielen festzuhalten, sollten die begrenzten Ressourcen vorrangig darauf verwendet werden, Menschen und Umwelt an die Folgen der unvermeidbaren Klimaänderung anzupassen, die wir seit Jahrtausenden nebenbei haben.
Wer darüber hinaus die CO2-Emissionen senken will, der muss das in der Region der Welt tun, in der der Ausstoß dieses Gases besonders hoch ist, weil dort der Mitteleinsatz am effizientesten ist. Für Europa gilt das nicht. Experten haben errechnet, dass
jeder Euro, der in der EU für Klimaschutz eingesetzt wird, gerade einmal drei Cent an Klimafolgekosten einspart. Was Deutschland bis 2050 unter größten Anstrengungen an CO2 vermeiden kann, emittiert China binnen weniger Monate. Dafür nehmen wir explodierende Energiepreise durch die Subventionierung teurer Ökostromtechniken, steigende Mieten für die energetischen Gebäudesanierungen und den Verlust Hunderttausender Arbeitsplätze in der Automobilindustrie durch den Umstieg auf Elektrofahrzeuge in Kauf. Außerdem sollten wir uns in der politischen Diskussion sehr viel ernsthafter mit der Möglichkeit des Geo-Engineering befassen.
Ich komme zum Schluss! Wir werden in Zukunft viele gut ausgebildete Menschen brauchen, um in der Lage zu sein, die Herausforderungen der Menschheit zu meistern und das Leben auf unserem Planeten zu sichern. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Häftlinge mit islamistischen Bezügen sitzen derzeit in der JVA Bremen ein, bei wie vielen Strafgefangenen besteht der Verdacht, dass sie dem Islamismus nahestehen?
Zweitens: Wie viele der Personen aus Frage 1 wurden wegen extremistischer oder terroristischer Straftaten verurteilt, wie viele gelten als gewaltbereit?
Drittens: Was wird von den Verantwortlichen getan, um andere Insassen der JVA Bremen und das Justizvollzugspersonal vor Gefährdungen durch Häftlinge mit islamistischem Hintergrund zu schützen sowie eine weitere Radikalisierung dieser Personen während ihrer Haftzeit zu verhindern?
Sind diese extremistischen oder terroristischen Personen in Einzelhaft untergebracht, leben sie in den Wohngruppen oder wo halten sie sich auf?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Pflegefachkräfte und Auszubildende für diesen Beruf mit ausländischer Staatsbürgerschaft waren zum 31. Dezember 2018 in Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeeinrichtungen des Landes Bremen beschäftigt und wie hat sich die Zahl dieser Mitarbeiter seit dem Jahr 2014 entwickelt? Bitte getrennt nach Jahren ausweisen.
Zweitens: Was waren die fünf wichtigsten Herkunftsländer ausländischer Pflegefachkräfte im Land Bremen zum Stichtag 31. Dezember 2018? Bitte die Länder und die jeweilige Zahl der Fachkräfte angeben.
Drittens: Wie viele ausländische Pflegefachkräfte haben ihre Tätigkeit im Land Bremen im Zeitraum zwischen den Jahren 2014 und 2018 beendet? Bitte getrennt nach Jahren ausweisen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Der Senat legt uns heute eine Antwort auf eine Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Mehr Gesundheitsschutz und Prävention durch Drugchecking?“ vor. Wie die Landesregierung ausführt, ist es für die Umsetzung der mit diesem Konzept verbundenen
Zielsetzungen, der Schadensreduktion und der Suchtprävention, von zentraler Bedeutung, dass Drugchecking in das bestehende Suchthilfesystem eingebunden ist. Ein Konsument soll nicht einfach nur eine Droge auf ihre Zusammensetzung testen lassen können, sondern weitergehend beraten und über die grundsätzliche Gefährlichkeit des jeweiligen Betäubungsmittels informiert werden.
Allerdings stellt sich die Frage, ob dadurch nicht viele Konsumenten abgeschreckt werden, dieses Angebot überhaupt in Anspruch zu nehmen, oder, um es etwas plastischer auszudrücken: Wer auf einer Technoparty feiern will, der möchte einfach nur schnell wissen, ob die Droge, die er vielleicht gerade bei einem Drogenhändler gekauft hat, sauber ist oder nicht. Er hat aber keine Lust, sich stundenlang von einem Mitarbeiter des Drogenprüfstandes über die Risiken der jeweiligen Substanzen belehren zu lassen. Dann verzichtet er lieber auf den Drogentest. Außerdem haben vor allem sozial unauffällige Konsumenten Skrupel, sich, durch die Inanspruchnahme einer solchen Einrichtung, öffentlich als solche zu bekennen.
Im Übrigen hat sich die Vorstellung bereits in der Vergangenheit als irrig erwiesen, man könne durch Angebote wie Drogenanalysen, Räume für den Drogenkonsum oder die kontrollierte Abgabe von Rauschgiften, Konsumenten an staatliche Hilfsangebote heranführen und am Ende sogar zum Ausstieg aus der Sucht motivieren. Im Gegenteil, wird die Motivation des Einzelnen ein Leben ohne Drogen zu führen oder den Ausstieg aus einer bestehenden Abhängigkeit zu schaffen, durch solche Programme eher geschwächt.
Das Konzept Drugchecking erweckt gerade bei Kindern und Jugendlichen den falschen Eindruck, dass Rauschgifte nur dann gefährlich seien, wenn die darin enthaltenen psychoaktiven Wirkstoffe zu hoch dosiert oder die Drogen durch Streckmittel verunreinigt sind. Weil die Analyse der Inhaltsstoffe diese Risiken vermeintlich ausschließt, wird insbesondere bei jungen Erst- und Gelegenheitskonsumenten die Hemmschwelle für den Einstieg in die Sucht gesenkt. Jugendliche, die bislang vor sogenannten Partydrogen zurückschreckten, weil sie deren Wirkung nicht einschätzen konnten oder gar nicht auf die Idee kamen, solche Drogen zu konsumieren, könnten durch das Drugchecking ermutigt werden, genau das gemäß dem Wahlspruch zu tun: Man kann es ja einmal probieren. Im Ergebnis wird die Zahl der Konsumenten psychoaktiver Substanzen und hier vor allen Dingen von Partydrogen steigen und nicht sinken.
In Wahrheit ist Drugchecking nichts anderes als staatliche Beihilfe zum bedenkenlosen Drogenkonsum, der grundsätzlich zu akzeptieren sei, so die Befürworter des Modells. Schließlich müsse der Einzelne selbst entscheiden, was er tue, der Staat dürfe sich nicht einmischen.
Die gesellschaftlichen Folgen der Rauschgiftsucht und die damit einhergehenden finanziellen Belastungen für das Gemeinwesen, werden von Vertretern dieser Denkrichtung ebenso ausgeblendet wie die erheblichen Gefährdungen, die aus einer permissiven Drogenpolitik für Kinder und Jugendliche erwachsen. Dabei vermittelt Drugchecking nur eine trügerische Sicherheit, denn gerade Designerdrogen, von denen praktisch jede Woche neue Spielarten auf den Schwarzmarkt kommen, weisen Inhaltsstoffe auf, die bei mobilen Vorortanalysen nicht identifiziert werden können oder deren Wirkungen auf den menschlichen Organismus unbekannt sind. Dasselbe gilt übrigens auch für klassische Rauschgifte wie Cannabis. So enthalten Cannabisblüten etwa 300 verschiedene Wirkstoffe, von denen bislang nur ein kleiner Teil wissenschaftlich erforscht ist.
Außerdem ist der Konsum von Rauschgift auch ohne Beimischung für die Nutzer gefährlich, weil sie eine Abhängigkeit ausbilden und damit eine erhebliche Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit eintreten kann. Dasselbe gilt für körperliche Langzeitschäden, die mit dem fortgesetzten Konsum einhergehen und sogar zum Tod des Süchtigen führen können.
In seiner Antwort auf die Anfrage der Regierungsfraktionen weist der Senat dankenswerter Weise darauf hin, dass regelmäßig nicht die Überdosierung einer Droge zum Tod führt, sondern Herz- und Kreislaufversagen als Folge eines langjährigen Konsums. Deshalb ist es auch so wichtig, Betroffene möglichst rasch aus ihren Rauschgiftabhängigkeiten herauszuführen, statt durch eine akzeptierte Drogenpolitik Suchtkarrieren zu verlängern.
Jedenfalls ist die Behauptung, Drugchecking stelle keinen Anreiz für den Konsum psychotroper Substanzen dar, sondern sei ein effektives Instrument der Gesundheitsförderung, nicht nachvollziehbar. Diese Auffassung fußt auf der These, dass Rauschgift nur deshalb gefährlich sei, weil es von skrupellosen Schwarzmarkthändlern mit gefährlichen Bei
mischungen gestreckt beziehungsweise in schwankender Dosierung verkauft werde. Genau diese These ist aber falsch, wie ich gerade ausgeführt habe.
Letztlich ist auch das Drugchecking nur eine weitere Etappe auf dem Weg zur Legalisierung von Rauschgiften, ein Ziel, das die politische Linke in Deutschland schon seit den Tagen der 68er Bewegung systematisch verfolgt.
Dass sie diesem Ziel immer näher kommt, ist neben ihrer beharrlichen Propagandaarbeit vor allem der Naivität der bürgerlichen Parteien geschuldet. Das hat zuletzt die Zulassung von natürlichem Cannabis als Arzneimittel, ausgerechnet unter Führung einer Bundesdrogenbeauftragten von der CSU, gezeigt. Damit meinte ich nicht die medizinischen Zwecke. Man muss zuhören.
Für uns Bürger in Wut ist klar: Drogen sind nicht zu akzeptieren oder gar zu legalisieren, sondern konsequent zu bekämpfen. Deshalb darf ihr Konsum auch nicht gefördert werden, wie das etwa durch Drugchecking geschieht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen! Wer in Deutschland keine Arbeit hat, bekommt vom Staat Unterstützung in Form der Grundsicherung für erwerbfähige Leistungsberechtigte, umgangssprachlich auch Hartz IV genannt. Diese Grundsicherungsleistung ist für eine alleinstehende Person mit 424 Euro Regelbedarf zuzüglich Geld für angemessene Wohnung, Heizung, einem Zuschuss zur Krankenversicherung und möglichen Mehrbedarfen nicht üppig ausgestaltet. Sie ist bei sparsamer Lebensführung aber ausreichend, um den Betroffenen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
Im Gegenzug sind die Leistungsempfänger verpflichtet, alles zu tun, um ihre Arbeitslosigkeit zu beenden und die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zu unterstützen. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, drohen Leistungskürzungen, die bei wiederholten Verstößen bis zu 100 Prozent betragen können. Das Bundesverfassungsgericht muss nun klären, ob diese Sanktionen unzulässig in das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum eingreifen. Die Linkspartei als Initiator des der Bürgerschaft vorliegenden Antrags will die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts nicht abwarten und fordert, Hartz IV politisch zu überwinden. Betrachten wir die Frage also von der politischen Warte aus. Sind Sanktionen für Bezieher von Arbeitslosengeld II gerechtfertigt, ja oder nein?
Die meisten Leistungskürzungen werden wegen Meldeversäumnissen verhängt, weil der Erwerbslose nicht zu einem Termin beim Jobcenter erschien, ohne dass es dafür einen wichtigen Grund gab. Allerdings führt dieses Versäumnis nicht automatisch zur Streichung von Mitteln. Zunächst erfolgt nur eine Ermahnung. Erst nach wiederholtem Fehlverhalten kommt es zu Sanktionen. Kürzungen treffen also nur die Leistungsempfänger, die sich hartnäckig ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht verweigern. Dieses Verhalten kann verschiedene Gründe haben. Entweder fehlt es den Betroffenen an Tugenden wie Pflichtbewusstsein und Zuverlässigkeit, die in unserer modernen Arbeitswelt unverzichtbar sind. Dann aber stellt sich die Frage, ob die Leistungsempfänger überhaupt als erwerbsfähig gelten können, was eine zentrale Anspruchsvoraussetzung für den Bezug von Hartz IV darstellt, oder schlicht arbeitsunwillig sind, in Wahrheit also gar keine neue Beschäftigung finden wollen, sondern lieber von den staatlichen Zuwendungen leben.
Ginge es nach dem Willen der Linkspartei und auch der Grünen, dann müssten auch Erwerbslose, die der letztgenannten Gruppe zuzurechnen sind und die ich jetzt bewusst einmal provokativ als „Sozialschmarotzer“ bezeichne, bei Pflichtverletzungen keine Konsequenzen mehr fürchten. Das wäre ein Schlag ins Gesicht der arbeitenden Bevölkerung, wie der zuständige SPD-Bundesminister Hubertus Heil zutreffend ebenfalls meint.
Die 45 Millionen Menschen, die jeden Morgen aufstehen und zur Arbeit gehen, sind es, die mit ihren Steuern die Sozialtransfers für erwerbslose, Entschuldigung, erwerbsfähige Leistungsbezieher finanzieren. Sie dürfen deshalb auch erwarten, dass vom Staat alimentierte Hilfsbedürftige alles in ihrer Macht Stehende tun, um einen neuen Job zu finden und finanziell wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Mit ihrem Antrag setzen sich die Sozialisten also nicht für die Beschäftigten in Deutschland ein, sondern für diejenigen, die das System ausnutzen, um sich auf Kosten der Allgemeinheit ein arbeitsfreies Leben zu gönnen.
Das ist mit uns nicht zu machen. Wir bekennen uns ausdrücklich zum Prinzip Fördern und Fordern und das übrigens nicht nur auf dem Feld der Sozialpolitik. Andernfalls wird der Sozialstaat auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung auf kurz oder lang nicht mehr finanzierbar sein. Das Argument, die Arbeitsagenturen würden nur gegen 3 Prozent der ALG-II-Empfänger Sanktionen verhängen, weshalb eine Abschaffung der Leistungskürzungen bei Verletzung der Mitwirkungspflichten kaum Mehrbelastung für den Sozialstaat erwarten lasse, geht fehl. Es wird nämlich übersehen, dass die Androhung solcher Sanktionen einen disziplinierenden Effekt auf alle Leistungsbezieher hat. Verzichtet man darauf, wie es die Antragsteller wollen, stiege absehbar die Zahl derjenigen Erwerbslosen, die sich nicht an die Regeln halten und ihre Vermittlung in den Arbeitsmarkt hintertreiben würden.
Man kann deshalb davon ausgehen, dass der Missbrauch von Arbeitslosengeld II und damit die Kosten für den Sozialstaat signifikant steigen würden. Das wäre erst recht der Fall, wenn das Hartz-IVSystem durch eine existenzsichernde Garantiesicherung ohne Arbeitszwang ersetzt werden würde, wie sie etwa Robert Habeck, Mitvorsitzender der Grünen fordert. Er will neben Erwerbslosen auch gleich noch Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen in den Kreis der Anspruchsberechtigten einbeziehen. Dann aber hätten, wie Herr Habeck selbst eingeräumt hat, 4 Millionen Haushalte zusätzlichen Anspruch auf Leistungen aus dem steuerfinanzierten Sozialtopf.
Diese Schätzung dürfte noch viel zu niedrig gegriffen sein, denn wenn sich die neue Generosität des deutschen Sozialstaates erst einmal in der Welt herumgesprochen hätte, würden sich alsbald Armutsmigranten, insbesondere aus Osteuropa, in großer Zahl auf den Weg nach Deutschland machen, um gegebenenfalls am sozialen Transfereinkommen ohne Gegenleistung zu partizipieren.
Möglicherweise wird genau dieses Ziel von einigen Befürwortern der Garantiesicherung oder ähnlichen Modellen insgeheim auch verfolgt. Letztlich geht es den Grünen und der Linkspartei mit ihrer Agitation gegen die Hartz-IV-Sanktionen darum, den Boden für ein bedingungsloses Grundeinkommen zu bereiten, das von linker Seite schon seit langem gefordert wird.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde die Arbeits- und Qualifikationsbereitschaft der Menschen untergraben, was sich Deutschland schon wegen der demografischen Entwicklung und dem Rückgang der Erwerbspersonenzahl und den mit der Digitalisierung verbunden Herausforderung nicht leisten kann, von der Finanzierbarkeit dieses Modells auch mit Blick auf die dann zu erwartenden Migrationsströme nach Deutschland einmal ganz zu schweigen.
Sicherlich weist das heutige System der Grundsicherung für erwerbsfähige Arbeitslose Defizite auf, die es auch zu beheben gilt. Die Bemessung des Regelbedarfs sollte bei Arbeitssuchenden, die langjährig erwerbstätig waren, die Zahl der geleisteten Berufsjahre berücksichtigen, –
damit diese Anspruchsberechtigten mehr Geld bekommen als beispielsweise junge Menschen nach der Ausbildung, die noch nie gearbeitet haben. Das Schonvermögen für Erwerbslose im rentennahen Alter, also für Menschen ab 50 sollte erhöht werden, um die Betroffenen nicht ihrer finanziellen Vorsorge für den Ruhestand zu berauben. Die Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sind regelmäßig kritisch auf ihre Effizienz hin zu überprüfen, um Arbeitslose möglichst passgenau zu unterstützen und die Verschwendung von Steuergeldern zu vermeiden.
Ja, eine Reform von Hartz IV ist sinnvoll und richtig, nicht aber die Abschaffung von Sanktionen für kooperationsunwillige Leistungsbezieher. Nur fördern reicht nicht, es muss auch ein Fordern geben, denn nicht alle Arbeitslosen sind gutwillig. Wer das nicht zur Kenntnis nehmen will, ist realitätsblind und verkennt die Natur der Menschen. Das Bundesverfassungsgericht wird in einigen Monaten, demnächst also, eine grundsätzliche Antwort auf die Frage geben, was der Staat und damit auch die Gemeinschaft von Menschen fordern darf, bevor sie Sozialleistungen erhalten, und was er dann eventuell auch durch Sanktionen erzwingen darf, wie es der Vorsitzende des ersten Senats, Herr Stephan Harbarth, formulierte.
Dieses Urteil gilt es abzuwarten, bevor politische Entscheidungen über die künftige Gestaltung des Systems der sozialen Grundsicherung getroffen werden. Das ist nicht zuletzt dem Respekt vor dem höchsten deutschen Gericht geschuldet. Auch aus diesem Grund lehnt die Gruppe Bürger in Wut den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Kinder und Jugendliche, die ohne Aufenthaltsgenehmigung im Land Bremen leben, besuchen die Schule und wie hat sich die Zahl dieser Personen zwischen 2015 und 2018 entwickelt (bitte getrennt nach Jahren sowie nach Bre- men und Bremerhaven ausweisen)?
Zweitens: Werden die Ausländerbehörden im Land Bremen von den Schulleitungen darüber informiert, wenn Kinder und Jugendliche ohne Aufenthaltsgenehmigung ihr Grundrecht auf Schulbesuch aus Artikel 27 der Landesverfassung wahrnehmen, wenn ja, um wie viele Fälle handelte es sich im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 31. Oktober 2018 (bitte getrennt nach Jahren aus- weisen)?
Drittens: Sofern die Ausländerbehörden von den Schulleitungen nicht informiert werden: Welche Rechtsgrundlage hindert die Schulen daran, eine solche Meldung abzugeben und wie wird verfahren, wenn die Bremer Ausländerbehörden von dritter Seite Kenntnis vom Schulbesuch nicht aufenthaltsberechtigter Kinder und Jugendlicher erhalten?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele in Bremen und Bremerhaven zum Stichtag 31. Oktober 2018 mit Hauptwohnsitz gemeldete Personen besaßen zusätzlich zur deutschen eine oder mehrere ausländische Staatsbürgerschaften (bitte getrennt nach Bremen und Bre- merhaven ausweisen)?
Zweitens: Was waren die fünf häufigsten Staatsangehörigkeiten, die die Personen aus Frage eins am 31. Oktober 2018 neben der deutschen innehatten?
Drittens: Wie wird verhindert, dass EU-Bürger, die zusätzlich zur deutschen auch die Staatsbürgerschaft ihres Herkunftslandes besitzen, an den Wahlen zum Europäischen Parlament doppelt teilnehmen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Jahr 2018 geht zu Ende und ich will die Gelegenheit dieser aktuellen Stunde nutzen, um Noten für die Politik des Bremer Senats im ablaufenden Jahr zu verteilen. Dass der rot-grüne Senat in den Disziplinen Bildung und Schule, Gesundheit und innere Sicherheit bestenfalls die Note mangelhaft verdient, ist in der Bremer Bevölkerung längstens bekannt. Neu ist aber, dass der Landesregierung auch für ihre Investitionspolitik nur ein ungenügend erteilt werden kann.
Worum geht es? Die vor einigen Tagen bekannt gewordene Horrornachricht, dass der westliche Teil der Lesumbrücke wegen unzulänglicher Tragfähigkeit möglicherweise über Jahre gesperrt werden muss, hat die Öffentlichkeit daran erinnert, dass sich nicht nur die Schulen, sondern auch die Verkehrsinfrastruktur im Land Bremen in einem erbärmlichen Zustand befinden.
Die Fraktion der FDP hat dieses lange verdrängte Problem dankenswerter Weise aufgegriffen, und diese aktuelle Stunde anberaumt. Die Lesumbrücke im Verlauf der Autobahn A 27 ist zweifellos ein besonders eklatantes Beispiel für die desolaten Verkehrswege in Bremen. Es ist aber keineswegs das Einzige: Im Herbst letzten Jahres wurde bekannt, dass die Stephanibrücke wegen erheblicher Materialermüdung einsturzgefährdet ist. Um den Ausfall dieser wichtigen Weserquerung zu verhindern, musste der Verkehr über die Brücke teilweise eingeschränkt werden, Lastkraftwagen dürfen nicht mehr überholen und müssen zumindest einen Mindestabstand von 50 Metern bei Staus beachten, eine Vorgabe, die aber vor allem im Berufsverkehr kaum eingehalten wird und werden kann. Außerdem wurde die Breite der beiden Fuß- und Radwege auf der Unterseite der Brücke von 4,50 Meter auf 2,50 Meter nahezu halbiert. Dummerweise sind die dafür verwendeten Absperrgitter noch schwerer als die Fußgänger und Radfahrer, die den Übergang jeden Tag nutzen. In ganz Deutschland hat man über diesen Schildbürgerstreich herzlich gelacht.
Aber zumindest hat Bremen dadurch wieder einmal für Schlagzeilen gesorgt. Besser eine schlechte
Presse, als gar keine Presse, meine Damen und Herren! Die Sperrgitter sind übrigens immer noch vorhanden und belasten die Brücke, was die Zeitspanne bis zum endgültigen Ausfall des Bauwerks weiter verkürzen dürfte.
Dies nur als kleiner Hinweis. Sanierungsbedürftig sind aber nicht nur die Stephanibrücke, sondern mindestens 100 der 760 Brücken im Lande Bremen. Das Amt für Straßen und Verkehr gab Anfang des Jahres 2017 gegenüber der Presse zu Protokoll, dass sogar zwei Drittel der Bremer Brücken reparaturbedürftig seien. Mit der Teilsperrung der wichtigsten Autobahnbrücke über die Lesum ab Mitte Dezember, genau am 17. Dezember soll das passieren, erreicht das Drama über die bremische Verkehrsinfrastruktur einen neuen Höhepunkt. In Bremen-Nord drohen deshalb massive Verkehrsbehinderungen, und das möglicherweise über Jahre. Wir von der Gruppe Bürger in Wut fragen uns, warum erst jetzt festgestellt wurde, dass sich die Lesumbrücke in einem so schlechten Zustand befindet, dass sofortige Sanierungsarbeiten unabdingbar sind um die Verkehrssicherheit nicht zu gefährden. Brücken werden schließlich regelmäßig von Fachleuten inspiziert, zumindest sollte es so sein und sollte man das glauben. Einsturzgefährdung tritt auch nicht über Nacht ein, sondern ist das Ergebnis eines schleichenden Verrottungsprozesses.
Der aber scheint im Falle der Lesum-Autobahnbrücke niemandem aufgefallen zu sein. Für uns ist es jedenfalls unverständlich, warum die Verantwortlichen dem Verfall so lange zugesehen haben und jetzt von einem Tag auf den anderen anordnen mussten, den westlichen Teil dieses wichtigen Verbindungsweges zu sperren.
Die Bremer Verkehrsinfrastruktur ist offensichtlich am Ende. Der Zustand verschlechtert sich zusehends und wird zunehmend zu einer Gefahr für alle Verkehrsteilnehmer. Wer als Privatmann ein Haus baut, der weiß, dass ständige Instandsetzungsmaßnahmen und damit Investitionen unerlässlich sind, um das Gebäude in einem ordnungsgemäßen Zustand und damit bewohnbar zu halten. Dieser Grundsatz gilt gleichermaßen auch für öffentliche Bauten und Verkehrswege. Das Versagen der Bremer Politik bei der Instandhaltung unserer Straßen
und Brücken ist jedoch keine Überraschung, sondern symptomatisch für das Handeln des SPD-geführten Senates. Der hat nicht nur die Verkehrswege vernachlässigt, sondern auch Schulen und andere Bildungseinrichtungen im Land.
Alleine in diesem Bereich wird der Investitionsstau auf mittlerweile 900 Millionen Euro geschätzt. Hier wie dort hat der Senat geschlafen und es versäumt, rechtzeitig zu handeln. Stattdessen sind die notwendigen Maßnahmen auf die lange Bank geschoben worden. Erst, wenn es gar nicht mehr anders geht, wird endlich gegengesteuert, dann allerdings zu deutlich höheren Kosten. Warum ist das so? Die Antwort liegt auf der Hand: Das hochdefizitäre Land Bremen hat sich 2010 auf den Pfad der Haushaltssanierung begeben und muss die Neuverschuldung bis 2020 auf null herabgemindert haben. Das bedeutet einen Abbau von Nettokreditaufnahmen von jährlich rund 120 Millionen Euro. Nur wenn das gelingt besteht Anspruch auf Hilfen des Bundes in Höhe von 300 Millionen Euro. Deshalb ist in den letzten Jahren auch ohne Rücksicht auf die Folgen gespart worden. Allerdings wurden die Ausgaben nicht gleichmäßig gekürzt. Vielmehr hat man den Rotstift vor allem bei den Investitionen angesetzt, während andere Bereiche, wie etwa das Sozialressort, relativ ungeschoren davon kamen. Das ist der Grund, warum sich nicht nur die Bildungsinfrastruktur, sondern auch die Verkehrswege in einem desolaten Zustand befinden. Wir Bürger in Wut bezweifeln, dass es gelingen wird, die in den letzten Jahren versäumten Investitionen bei Instandsetzungen und Ersatzbauten aufzuholen, schon gar nicht unter der Bedingung der Schuldenbremse. Am Ende wird Bremen wahrscheinlich wieder beim Bund betteln gehen müssen, um zumindest die dringendsten Arbeiten finanzieren zu können. Darauf deuten auch Äußerungen aus den Reihen der Fraktion der SPD hin, die einmal mehr den Bund in der Verantwortung sehen, statt eigene Versäumnisse einzuräumen.
Es ist nun einmal auch in der Politik überaus bequem zu behaupten, dass nicht man selbst, sondern wieder die anderen schuldig sind. Der eine oder andere Zuhörer wird an dieser Stelle einwenden, dass für einen Teil der Brücken im Land Bremen der Bund als Eigentümer zuständig ist. Das ist richtig, –
aber nur für 37 Prozent der Objekte, dazu gehört auch die Autobahnbrücke über die Lesum. Um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und Einstürze wie den im italienischen Genua im Sommer dieses Jahres zu verhindern, gibt der Bundesgesetzgeber einen Prüfindex für Brücken vor, der volkstümlich als „Brücken-TÜV“ bezeichnet wird. Er sieht vor, dass die Brücken in Deutschland alle drei bis sechs Jahre im Rahmen einer Einfach- und Hauptprüfung von Bauingenieuren eingehend kontrolliert werden. Daneben finden jährliche Kontrollen sowie halbjährliche Beobachtungen der Bauwerke statt, oder sollten stattfinden. Die praktische Umsetzung des vom Bund gesetzlich vorgegebenen Brückenmonitorings obliegt den Ländern und in Bremen ist das Amt für Straßen und Verkehr, also ASV, zuständig. Angesichts der jetzt bekannt gewordenen Schäden an der Autobahnbrücke über die Lesum drängt sich natürlich die Frage auf, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollen in Bremen tatsächlich turnusgemäß durchgeführt worden sind.
Für den Kollegen Herrn Tschöpe ist die Sperrung der Lesumbrücke eine Folge der verfehlten Verkehrspolitik des Bundes.
In dieser konkreten Situation gibt es einen, der sie zu verantworten hat, und das ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, meint er. Der Schuldige ist also gefunden, die Bremer Politik kann sich entspannt zurücklehnen –
und die Hände mal wieder in den Schoß legen.
So einfach ist die Sache nicht, meine Damen und Herren, denn wie schon erwähnt: Die Verantwortung für die regelmäßige Prüfung der Brücken in Bremen liegt beim ASV, einer dem Senator für Umwelt, Bau und Verkehr zugeordneten Dienststelle.
Das ASV ist es, das vorhandene Schäden an der Autobahnbrücke hätte feststellen und melden müssen. Doch das hat man nicht geschafft, weil es wieder mal an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mangelte.
Bundesweit wird die Verkehrsinfrastruktur nur auf Verschleiß gefahren, kritisiert auch Herr Kollege Tschöpe. Eine Mitverantwortung des Bremer Senators für Umwelt, Bau und Verkehr am Zustand von Brücken und Straßen im Land will er dagegen nicht sehen. Ich zitiere Sie, Herr Tschöpe: „Mit dem Budget, das wir haben, haben wir schon etwas gemacht, um unsere Brücken zu erhalten und zu erneuern. Beispiele sind die Burger Brücke und die in Mahndorf und die B 75.“ Dass die Brücke über die B 75 so schnell gebaut wurde, dürfte wohl noch einen weiteren Grund gehabt haben als den, das Bremer Straßennetz zu modernisieren. Ich sage nur: Straßenbahn. Kollege Saxe, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen andere Ausrede parat, um die Verantwortung des Landes für das Brücken-Problem wegzudrücken. Ich zitiere auch ihn: „Wir haben deutschlandweit ein fettes Problem. Überall wohin man guckt, müssen Brücken gesperrt werden.“ Dazu sagt er: “Da kommt auch noch die Deutsche Bahn dazu.“ Zitat Ende. Für Herrn Saxe kann die Lösung also nur lauten: Mehr Geld, mehr Personal. Eine Folge des Sanierungsstaus sei es, dass es inzwischen zu wenige Fachleute für Brückenbau gebe, da machen wir uns jetzt gegenseitig Konkurrenz. Stimmt schon – aber wenn die Bremer Politik rechtzeitig gehandelt und die notwendigen Instandsetzungsarbeiten nicht jahrelang auf die lange Bank geschoben hätte, müsste man jetzt nicht über fehlendes Personal jammern. Agieren statt reagieren und vorausschauend für die Zukunft planen. So lautet die Lösung, und da fehlt Ihnen leider die Voraussicht.
Meine Damen und Herren, Aussagen wie die des Kollegen Herrn Saxe sind ein Trauerspiel, denn sie zeigen die Unfähigkeit der politisch Verantwortlichen in Bremen, eine strategische Personalpolitik zu betreiben um die erforderliche manpower für die wiederkehrenden Aufgaben der öffentlichen Hand zur Verfügung zu haben. Das gilt in Bremen keineswegs nur mit Blick auf die Instandsetzung der Brücken und anderer Verkehrswege, aber vielleicht will sich der amtierende Senat ja nur bis zum Wahltermin im Mai nächsten Jahres retten, um der kommenden Landesregierung die Lösung der aufgestauten Probleme aufzubürden. Mit dieser Taktik stiehlt sich die Koalition jedoch aus der Verantwortung und verspielt so das Vertrauen der Wählerinnen und der Wähler. Über die wachsende Politikverdrossenheit der Menschen darf man sich
dann auch nicht wundern. Auch Heiko Strohmann von der Fraktion der CDU und Klaus-Rainer Rupp von der Fraktion DIE LINKE sehen Versäumnisse der Landesregierung in Sachen baufälliger Brücken. Herr Rupp, ich zitiere Sie: „Aber auch das Land muss frühzeitig die Hand heben, wenn eine für die Wirtschaft wichtige Verkehrsader auszufallen droht.“ Zitat Ende. Und da muss ich dem Kollegen Rupp recht geben: Die Aussage in Bremen, es wir nur der Mangel verwaltet, erweist sich mit Blick auf die marode Verkehrsinfrastruktur im Land wieder einmal mehr als absolut zutreffend. Auch in diesem Bereich, und das gilt nicht allein für die in dieser Debatte im Fokus stehenden Brücken, hat Bremen die Rote Laterne in Deutschland. Dafür verdient der Senat ebenfalls die Note ungenügend. Den Bürgerinnen und Bürgern kann man von dieser Stelle nur zurufen: Nutzen Sie ihre Chance am 26. Mai 2019 –
und ermöglichen Sie in Bremen einen politischen Neuanfang. Setzen Sie der Verwaltung des Mangels an der Weser endlich ein Ende. Vorausschauend agieren, statt nachträglich reagieren, das muss die Leitlinie eines modernen Politikmanagements auf allen Ebenen unseres Gemeinwesens sein. RotGrün ist dazu offenkundig nicht in der Lage.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Studierende waren zum Sommersemester 2018 an Hochschulen im Land Bremen eingeschrieben, und wie viele dieser Personen waren zum 31. Juli 2018 jeweils mit alleiniger Wohnung, Hauptwohnung oder Nebenwohnung in den Städten Bremen oder Bremerhaven gemeldet? Bitte getrennt nach den drei Wohnungsarten ausweisen!
Zweitens: Wie verfahren die Meldebehörden mit an Hochschulen des Landes Bremen immatrikulierten Studierenden, die mehrere Wohnungen im Bundesgebiet haben und ihre Hauptwohnung nicht in Bremen oder Bremerhaven anmelden wollen?
Drittens: Welche Anreize beziehungsweise Sanktionen gibt es außerhalb des Melderechts, um Stu
dierende im Land Bremen zu bewegen, ihre alleinige Wohnung oder ihre Hauptwohnung in Bremen oder Bremerhaven anzumelden?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Unterstützt der Senat Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter, die ihre kranken oder pflegebedürftigen Erziehungsberechtigten versorgen, weil andere Personen dafür nicht zur Verfügung stehen, und wie sieht diese Unterstützung konkret aus?
Zweitens: Ist dem Senat die Organisation Young Carer Bremen bekannt und wenn ja, wird diese Organisation vom Land gefördert beziehungsweise unterstützt?
Drittens: Wird über pflegende Minderjährige im Land Bremen eine Statistik geführt und wenn ja, wie viele solcher Kinder und Jugendlichen gibt es, und welches Alter haben sie?
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Besucher! Bereits im September hat der Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen, also der VBN, beschlossen, die Ticketpreise für Busse und Straßenbahnen zum 1. Januar 2019 um durchschnittlich 0,7 Prozent anzuheben. Damit wird die Nutzung des ÖPNV auch für Verbraucher in Bremen und Bremerhaven schon wieder teurer. Bereits zu Beginn des laufenden Jahres wurde den Menschen in Bremen ein Fahrpreisaufschlag von 2,1 Prozent zugemutet. In Bremerhaven waren es sogar 2,4 Prozent.
In anderen Regionen Deutschlands wird man dagegen auf Fahrpreiserhöhungen zum Jahreswechsel verzichten. In Berlin, Brandenburg sowie in den Großstädten und Großräumen Stuttgart und München werden die Ticketpreise unverändert bleiben. Das ist ein wichtiges Signal an alle Autofahrer, angesichts wachsender Schadstoffbelastung und überfüllter Innenstädte allgemein auf den ÖPNV umzusteigen.
Eine Umfrage des ADAC hat ergeben, dass günstige Preise für Busse und Bahnen aus Sicht von 73 Prozent der Autofahrer der größte Anreiz sind, öffentlichen Verkehrsmitteln den Vorzug vor dem eigenen Pkw zu geben. Erst an zweiter Stelle folgt der Wunsch nach mehr Zuverlässigkeit und mehr Pünktlichkeit. Die Kosten für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs sind also entscheidend, wenn man die Innenstädte vom Individualverkehr entlasten will. Genau darum muss es nämlich gehen.
Um der Kritik von Politik und Öffentlichkeit zu begegnen, verweist der VBN in seiner Presseverlautbarung vom 24. Oktober 2018 darauf, dass die Ticketpreise in Bremen vergleichsweise günstig seien. Konkret wird auf eine Untersuchung des Verbraucherportals „testberichte.de“ Bezug genommen, die im Auftrag von „Spiegel Online“ durchgeführt wurde. In der Studie hat man die Preise von Einzelfahrscheinen und Monatskarten für Erwachsene und Kinder in allen 39 Städten Deutschlands verglichen, die mehr als 200 000 Einwohner zählten. Danach landete Bremen im Ranking der niedrigsten Ticketpreise auf Platz sieben.
Kann sich die Bremer Verkehrspolitik also beruhigt zurücklehnen? Wir sagen nein. Abgesehen von den allerdings auch in zahlreichen anderen Kommunen angebotenen Möglichkeiten, Hunde beim Kauf eines Einzelfahrscheins kostenlos mitzunehmen, schneidet Bremen vor allem wegen des scheinbar günstigen Tickets für die Kurzstrecke in der Gesamtwertung so gut ab. Das kostet bei uns 1,45 Euro. Nur in Stuttgart ist es mit 1,40 Euro noch billiger.
Leider haben aber die Tester lediglich die Preise verglichen, sich aber nicht die Mühe gemacht, auch einen Blick in die Tarifbedingungen zu werfen.
Dann wäre ihnen nämlich aufgefallen, dass man in Bremen mit der Kurzstreckenkarte nur drei Stationen fahren darf. In anderen Städten sind es üblicherweise vier Stationen und in der Hauptstadt Berlin sogar sechs Stationen.
Würde man die Reichweite dem Bundesdurchschnitt angepasst auf vier Station ausdehnen, müsste das Kurzstreckenticket in Bremen sogar 1,93 Euro kosten. Bremen läge in dieser Kategorie dann nicht auf Platz zwei, sondern auf Platz 32 des Ranking, was auch das Gesamtergebnis deutlich verschlechterte. Manchmal muss man eben auch genauer hinschauen.
Die beschlossenen Preiserhöhungen des VBN zum 1. Januar betreffen ausschließlich Zeitkarten. Die BSAG wird von ihren Kunden für das Monatsticket 2 Prozent und für das MIA-Ticket sogar 2,4 Prozent mehr verlangen, was über der Inflationsrate des laufenden Jahres liegt. In Bremerhaven werden sich die genannten Produkte um immerhin 1,5 und
1,6 Prozent verteuern. Das ist ärgerlich, weil die Konditionen für Zeittickets eine besondere große Lenkungswirkung entfalten, wenn es gilt, Kunden langfristig an den ÖPNV zu binden und zum Verzicht auf das eigene Auto zu bewegen.
In Bayern wird deshalb darüber diskutiert, in den großen Städten des Freistaates wie München, Nürnberg und Würzburg eine Jahreskarte für günstige 365 Euro im Jahr wie in Wien anzubieten. Das wäre also ein Euro am Tag für die Nutzung des ÖPNV. In Hessen gibt es ein solches Angebot schon für Schüler und ist dort ein Verkaufsschlager. Jetzt wird geprüft, ob dieses Produkt auch für Senioren aufgelegt werden kann.
Bei der preislichen Attraktivität des ÖPNV haben die öffentlichen Verkehrsbetriebe in Bremen und Bremerhaven also noch einigen Nachholbedarf. Doch nicht nur das: Um einen nachhaltigen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung weg vom eigenen Pkw hin zur vermehrten Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zu bewirken, ist eine bloße Senkung der Fahrpreise nämlich nicht ausreichend.
Auch Leistungen und Qualität müssen stimmen, etwa in Gestalt einer günstigen und besseren Fahrplantaktung, damit man auch in Außenbezirken nicht lange auf den Bus warten muss. Das erfordert selbstverständlich zusätzliche Fahrzeuge und mehr Personal. Im Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen fehlen aber jetzt schon Bus- und Straßenbahnfahrer, wie übrigens in ganz Deutschland. Will man diesen Beruf für Ein- und Umsteiger attraktiver machen, müssen die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten verbessert und die Löhne erhöht werden. Außerdem sind Investitionen in neue Technologien wie selbstfahrende Straßenbahnen und Busse erforderlich, um den Personalbedarf in der längerfristigen Perspektive zu senken.
Das alles kostet natürlich Geld. Schon heute decken die Erlöse aus dem Ticketverkauf aber nur etwa 50 Prozent der Ausgaben für den öffentlichen Nahverkehr. Ein attraktiver, verlässlicher und zugleich preisgünstiger ÖPNV wird also nur zu haben sein, wenn in erheblichem Umfang Steuergelder zur Finanzierung eingesetzt werden. Hier ist auch und gerade der Bund gefordert, der die Länder mit derzeit knapp 9 Milliarden Euro jährlich für den ÖPNV unterstützt. Dieses Geld fließt bislang vor allem in den Schienenpersonenverkehr. Künftig muss der Straßenpersonennahverkehr mit seinen
Stadtbussen und Straßenbahnen stärker berücksichtigt werden. Davon würden Bremen und Bremerhaven besonders profitieren.
Gleichzeitig sollte der Gesetzgeber den Kommunen zusätzliche Einnahmequellen zur Finanzierung des ÖPNV eröffnen, die zugleich auch eine ökologische Lenkungswirkung mit dem Ziel entfalten, den motorisierten Individualverkehr zurückzudrängen. Denkbar wäre zum Beispiel, den Großstädten das Recht einzuräumen, eine Sonderabgabe auf alle privaten genutzten Fahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 3 000 Kubikzentimetern zu erheben. Die so generierten Einnahmen können direkt dem öffentlichen Personennahverkehr zufließen.
Durch eine solche Abgabe würde der Staat dem verstärkten Trend zum Kauf von SUVs und Geländewagen entgegenwirken, die gegenwärtig etwa 20 Prozent aller Neuzulassungen in Deutschland ausmachen. Diese Entwicklung ist sowohl mit Blick auf die Luftqualität als auch die Verkehrssicherheit bedenklich. Außerdem könnten die Einnahmen aus Parkgebühren und kommunalen Ordnungsgeldern für Verkehrsverstöße zielgerichtet zum Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs verwendet werden.
Die Kritik an den Fahrpreiserhöhungen, die der VBN ohne Rücksicht auf die laufenden politischen Diskussionen in Bremen beschlossen hat, halten wir für berechtigt. Dabei geht es nicht so sehr um die Höhe der Preisanpassungen, sondern um das falsche Signal, das von dieser Maßnahme ausgeht. In vielen anderen deutschen Städten und in Gemeinden wird auf die sonst üblichen Fahrpreiserhöhungen für Busse und Bahnen zum Jahreswechsel, wie bereits gesagt, verzichtet. Dem hätte sich der VBN anschließen sollen. Offenbar hat es hinter den Kulissen am erforderlichen Druck durch die politischen Verantwortlichen gefehlt, was nicht zuletzt der rot-grünen Bremer Landesregierung anzulasten ist.
Spätestens nach der Bürgerschaftswahl im kommenden Jahr ist eine breite Debatte über die Zukunft der Mobilität im Land Bremen erforderlich, die rasch zu greifbaren Ergebnissen führen muss, vor der nächsten Ticketpreiserhöhung durch den VBN. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In ihrem Antrag beklagen die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD vor allem die unzureichende Sicherheit bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit medizinischem Cannabis sowie die angeblich mangelnde Bereitschaft der gesetzlichen Krankenkassen, die Behandlungskosten zu übernehmen. Dazu einige Fakten:
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsrechtlicher und anderer Vorschriften ist die Zahl der Verordnungen von Cannabis-haltigen Arzneimitteln in Deutschland interessanter Weise deutlich gestiegen. Allein in den ersten Monaten des laufenden Jahres wurden nach Angaben des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherungen knapp 80 000 Rezepte über cannabino
idhaltige Fertigarzneimittel und Zubereitungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherungen ausgestellt. Die Kosten beliefen sich auf knapp 31 Millionen Euro. Das bedeutet eine Verdreifachung gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der Verschreibungen von Cannabis-haltigen Arzneimitteln ist sogar noch höher, weil Verordnungen auf Privatrezepte in den vorgenannten Zahlen nicht enthalten sind.
In Deutschland werden gegenwärtig etwa 30 000 Patienten mit Cannabis versorgt. Experten gehen davon aus, dass sich die Zahl in den kommenden Jahren verdoppeln bis verdreifachen könnte. Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes gab es in Deutschland gerade einmal rund 1 000 Patientinnen und Patienten oder Personen, denen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Ausnahmegenehmigung zur Durchführung einer cannabisgestützten Therapie erteilt hatte. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die gesetzliche Neuerung zu etwa 700 neuen Anträgen im Jahr führen würde. Eine grobe Fehleinschätzung! Wegen der dramatisch steigenden Nachfrage rechnen Experten mit einer Kostenexplosion für die Krankenkassen und damit die Versichertengemeinschaft.
Allein die DAK Gesundheit, die heute etwa mehr als eine Million Euro für Cannabis-Behandlungen ausgibt, erwartet schon im kommenden Jahr einen Anstieg auf zehn Millionen Euro, also einer Verzehnfachung der Ausgaben. Auf alle gesetzlichen Krankenkassen hochgerechnet ergäbe sich ein Betrag von über 300 Millionen Euro. Selbst dann dürfte das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sein. Die Zahlen zeigen, dass in Sachen Medizinalhanf in Deutschland einiges misslingt. Es liegt der Verdacht nahe, dass ein nicht unerheblicher Teil der Personen, die mittlerweile Cannabis auf Rezept erhalten, mit der von den Krankenkassen finanzierten Droge auch ihren Freizeitkonsum decken.
Sie müssen zuhören, dann können Sie nachher darüber reden!
Es häufen sich Berichte von Ärzten, dass Patienten Krankheiten nur vortäuschen, um Cannabis verschrieben zu bekommen. Das sagen uns Ärzte, nicht wir. Der Grund für die Fehlentwicklung ist vor allem im Gesetz selbst zu suchen, das nur als dilettantisch bezeichnet werden kann, –
denn der Bundestag hat den Einsatz von CannabisProdukten für die Behandlung von Kranken zugelassen, obwohl es an wissenschaftlicher Evidenz für die Wirksamkeit dieser Präparate fehlt. Normalerweise werden die Wirkstoffe eines Medikamentes umfangreich getestet; bevor eine Zulassung erteilt wird vergehen sieben bis acht Jahre. Bei Cannabis hat man wegen der dürftigen Studienlage darauf verzichtet. Prof. Gerd Glaeske von der Universität in Bremen, den der eine oder andere auch kennt, vertritt die Auffassung, dass kein einziges in Deutschland erhältliches Cannabis-Produkt eine frühe Nutzungsbewertung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen und im gemeinsamen Bundesausschuss überstehen würde, wie es das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes für neue Medikamente verbindlich vorschreibt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Unklar ist vor allem der therapeutische Nutzen von Cannabisblüten, die mehr als 450 Wirkstoffe enthalten und von allen Cannabis-Präparaten die teuersten sind. Hinzu kommt, dass im Gesetz ausdrücklich darauf verzichtet wurde, eine Indikation für die Behandlung mit Cannabis zu nennen. Eine Einschränkung auf bestimmte Personenkreise fehlt, es bleibt also dem behandelnden Arzt überlassen, darüber zu entscheiden, bei welchen Krankheitsbildern er Cannabis-Präparate verordnet.
Gleichzeitig sind die allgemeinen Voraussetzungen für eine Therapie mit Cannabis schwammig und interpretationsoffen formuliert. Angesichts dieser Mängel ist es kein Wunder, dass etwa 30 bis 40 Prozent der Anträge auf Kostenübernahme durch die Krankenkassen abgelehnt werden, im Regelfall übrigens nach Begutachtung durch den unabhängigen Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, MDK.
Die wichtigste Begründung, dass alternative Therapieoptionen zur Verfügung stehen, die deutlich preiswerter sind, liegt sowohl im Interesse der Beitragszahler als auch der Steuerzahler, die die gesetzlichen Krankenversicherungen mit jährlich knapp 15 Milliarden Euro subventionieren. Der vorliegende Antrag von der Fraktionen Bündnis
90/Die Grünen und SPD geht deshalb am eigentlichen Problem vorbei. Dieses Problem ist die unzulängliche gesetzliche Grundlage für die Verschreibung von Cannabis, die dringend überarbeitet werden muss, nur so kann die Rechtsunsicherheit bei den Beteiligten beseitigt und der missbräuchliche Einsatz von Medizinalhanf zu Konsumzwecken verhindert werden. Notwendig ist vor allem ein verbindlicher Katalog an Indikationen für die Behandlung mit Cannabis, der evidenzbasiert sein muss, sich also an der Studienlage orientieren muss. Der Einsatz von Cannabisblüten, deren therapeutischer Nutzen bislang am wenigsten erforscht ist, und bei dem ein hohes Missbrauchspotenzial besteht, muss deutlich eingeschränkt werden.
Ich komme zum Schluss! Stattdessen ist Fertigarzneimitteln wie Dronabinol oder Nabilon der Vorzug zu geben. Diese Präparate sind leichter anzuwenden, verlässlich in der Wirkung und deutlich preisgünstiger als Cannabisblüten. Der Einsatz von Medizinalhanf darf nicht als Türöffner für die Legalisierung von Cannabis dienen, die bekanntlich vor allem von den Grünen propagiert wird.
Genau dieses Motiv dürfte auch hinter dem vorliegenden Antrag der Senatsparteien stecken, der folgerichtig von der Gruppe Bürger in Wut, von uns also, abgelehnt wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen und sehr geehrte Besucher! Kapitulation der öffentlichen Verwaltung – die Partei DIE LINKE hat den Nagel auf den Kopf getroffen.
Die Wohngeldstelle in Bremerhaven schließt für zwei Wochen, vielleicht auch länger, wegen Personalmangel. Was soll das denn eigentlich heißen? Durch eine Gesetzesänderung haben seit dem Jahr 2016 rund 300 Bremerhavener zusätzlich Anspruch auf Wohngeld. Die Zahl der Mitarbeiter in der Behörde ist aber nicht aufgestockt worden, wieder einmal ein Versagen des Senats. Auch in der Stadt Bremen warten Menschen immer noch, in der Regel ein halbes Jahr, auf ihre Bescheide. Sie werden sich sicherlich an das Standesamt in Bremen erinnern, wie lange hat es gedauert, bis die Eheschließungen wieder im normalen Takt abgehalten werden konnten. Was wurde da alles bewegt? Es dauerte, aber es gelang, und in der Wohngeldstelle in Bremerhaven könnten wir als Bürger in Wut nur den Kopf schütteln, denn das Versagen ist erschreckend und passend für die desolate Verwaltung.
Wohngeldanträge dauern in der Regel sowieso schon drei Monate, und nun sind teilweise Anträge schon bis zu acht Monate alt. Meine Damen und Herren, das sind Menschen, die ihre Anträge nicht umsonst stellen, die sowieso nicht vom Leben verwöhnt werden. Ein unmenschlicher Zustand, und wieder einmal trägt keiner die Verantwortung dafür. Ein Versagen auf der ganzen Linie. Ein Beispiel aus der Praxis: Eine uns bekannte Rentnerin hat frühzeitig einen Folgeantrag für Wohngeld, auf
Weiterbewilligung ab Oktober 2017, bei der Wohngeldstelle gestellt. Anfang August 2017 erhielt sie Nachricht vom Amt, ihr Antrag sei gerade eingegangen, die Bearbeitung verzögere sich aber, und im Brief hieß es, ich zitiere: „Aufgrund hoher Antragseingänge und vieler Datenabgleichsfälle sind wir momentan nicht in der Lage, Ihren Antrag zeitgemäß zu bearbeiten.“ Im Oktober und im November 2017 kam aber immer noch kein Geld für die Rentnerin. Am 8. November 2017 schrieb sie erneut an das Wohngeldreferat beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr und bat um zeitnahe Bearbeitung ihres Antrags. „Ich kann deswegen schon nicht mehr schlafen“, sagte sie uns. Das Wohngeldreferat ist dem Bauressort angegliedert, da weiß man dann auch schnell, in welchem Zuständigkeitsbereich dieses Problem liegt. Meine Damen und Herren, das ist nicht nur unmenschlich, sondern auch unerträglich. Die Menschen brauchen das Geld, um sich über Wasser zu halten. Taucht da nicht wieder einmal die Frage des Personalmangels auf? Also wieder einmal an der falschen Stelle gespart. Gerade in einer Abteilung, in der es um die ärmere Bevölkerung geht. Da kann man nur wieder einmal ironisch sagen: Gut gemacht!
Man könnte so viel aufzeigen, aber unterschätzen Sie die Bürger nicht. Die Abrechnung wird kommen. Wenn das schon im August 2017 hier in Bremen und in Bremerhaven bekannt war, hätte man spätestens da schon reagieren müssen. Aber nein, den Verantwortlichen ist es egal, ob Bürgerinnen und Bürger warten müssen oder nicht. Es wird sowieso nur vom grünen Tisch aus regiert und nicht aus der Praxis heraus. In der Folge hätte man statt reagieren auch einmal agieren müssen und den Personalstand erhöhen können, aber anscheinend kann das bestehende Ressort dies nicht. Rund 400 Anträge haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten in der Wohngeldstelle in Bremerhaven aufgestaut. Durch Urlaub, akute und langfristige Erkrankungen, die ja auch die Folge von Überlastung sind, waren im August nur noch vier von acht Sachbearbeitern im Dienst.
Sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Sachbearbeiter ist diese Situation eine Zumutung und unerträglich. Damit die Mitarbeiter die Lage wieder in den Griff bekommen und Zeit haben, den Aktenberg abzuarbeiten, fallen seit Montag, den 17. September 2018, wie die Kollegin schon erwähnt hatte, bis voraussichtlich Anfang Oktober die Sprechstunden der Wohngeldstelle aus, vielleicht auch noch länger – wir wissen es nicht. Auch in der Stadt Bremen warten immer noch Menschen ein halbes Jahr auf ihren Bescheid,
sagte sogar das Ressort. Das ist unzumutbar. Bringen Sie endlich einmal Ihren Laden in Ordnung und arbeiten Sie Prioritäten ab und kümmern Sie sich um die wahren Probleme dieses Landes, anstatt sich ideologischem Gedankengut hinzugeben. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Eine Umfrage des Bremischen Richterbundes – Verein Bremischer Richter und Staatsanwälte hat mit Zah
len untermauert, was eigentlich schon lange offensichtlich ist. Bremens Justiz ist völlig überlastet und steht nach jahrelangen Versäumnissen der politisch Verantwortlichen nun vor dem Kollaps. 85 Prozent der Befragungsteilnehmer gaben an, dass ihre Arbeitsbelastung zu hoch ist. Dass diese Einschätzung keineswegs aus der Luft gegriffen ist, zeigt die große Zahl von Überstunden der Richter und Staatsanwälte, die sie Woche für Woche ableisten müssen, damit der Betrieb nicht völlig zusammenbricht. Unter der hohen Arbeitsbelastung leidet offenbar auch die juristische Qualität der Arbeit. So bleibt den Staatsanwälten und Richtern immer weniger Zeit, sich in Prozessakten zu vertiefen, Gesetzeskommentare zurate zu ziehen oder an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen.
Knapp 56 Prozent der Befragten gaben an, mit der Qualität ihrer Arbeit kaum noch oder überhaupt nicht mehr zufrieden zu sein. Das ist ein besorgniserregend hoher Wert, der die zentrale Frage aufwirft, ob der Rechtsstaat im Land Bremen noch funktionsfähig ist. Die Bremer Justiz ist wegen wachsenden Arbeitsanfalls und einer völlig unzureichenden Personalausstattung als Folge rigoroser Sparmaßnahmen schon seit Jahren nicht mehr in der Lage, Verfahren in einem zeitlich angemessenen Rahmen abzuschließen. Der Berg der nicht erledigten Altfälle, die sich auf den Schreibtischen von Richtern und Staatsanwälten türmt, wird immer höher. Selbst schwere Straftaten, die von hohem öffentlichen Interesse sind und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung erheblich tangieren, bleiben zum Teil jahrelang liegen.
Ein Beispiel ist die juristische Aufarbeitung der Vegesacker Krawalle bei der Fußballweltmeisterschaft im Juli 2014. Damals zogen zumeist jugendliche Randalierer durch den Ortskern des Stadtteils, attackierten Passanten und griffen Polizeifahrzeuge an. Die Staatsanwaltschaft klagte insgesamt elf Personen wegen Landfriedensbruch an. Der Prozess gegen die erwachsenen Tatverdächtigen wurde erst im März 2017 eröffnet, also fast drei Jahre nach den Ereignissen. Ein weiterer spektakulärer Fall ist der brutale Überfall von Angehörigen eines stadtbekannten Familienclans auf vier Bauarbeiter am Hohentorsplatz, der sich im August 2013 ereignete. Bis heute hat die Gerichtsverhandlung gegen die Beschuldigten nicht begonnen, wir schreiben 2018, meine Damen und Herren, die sogar kurz nach der Tat aus der Untersuchungshaft entlassen wurden und sich seither auf freiem Fuß befinden.
Nach Angaben aus Justizkreisen soll der Prozess in diesem Herbst eröffnet werden, fünf Jahre nach der Tat. Man muss sich die Frage stellen, wie sich die Zeugen der Staatsanwaltschaft nach so langer Zeit noch an Einzelheiten des Vorfalls erinnern sollen. Eine hieb- und stichfeste Beweisführung dürfte wegen des großen zeitlichen Abstands zu den Ereignissen kaum noch möglich sein. Es steht zu befürchten, dass die Angeklagten am Ende mit einer eher unbedeutenden Strafe davonkommen werden, wenn es denn überhaupt zu einer Verurteilung kommt. Strafmildernde Umstände können die Beschuldigten wegen der langen Verfahrensdauer schon jetzt geltend machen. Ein geringes Strafmaß oder sogar ein Freispruch würde von den Angeklagten wie ein Sieg empfunden werden und das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat weiter untergraben.
Aufsehenerregend auch ein Fall aus Bremerhaven: Dort hatten Angehörige eines ethnischen Familienclans im Juli 2017 fünf Polizisten bei einer Verkehrskontrolle verletzt, weil sie ihren Ausweis nicht vorzeigen wollten. Obwohl die Staatsanwaltschaft bereits im August Anklage gegen die vier Beschuldigten erhoben hatte, mussten die Tatverdächtigen nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Bremen aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Der Grund: Weil nicht genug Personal vorhanden war, hat es das Landgericht nicht geschafft, die erforderlichen Verhandlungstermine mit den Verfahrensbeteiligten zu vereinbaren. Der Prozess, der eigentlich schon Anfang Januar beginnen sollte, wurde erst jetzt, am Montag dieser Woche, eröffnet.
Darüber hinaus gibt es immer wieder langwierige Verfahren, die zu einer personellen Belastung für unsere Bremer Justiz werden und damit die Verhandlung anderer Verfahren extrem blockieren, wie beispielsweise der Beluga-Prozess vor dem Bremer Landgericht, der erst nach mehrjährigen Ermittlungsarbeiten der Staatsanwaltschaft begann und dann nach zweijähriger Prozessdauer im März dieses Jahres mit einem Urteil abschloss und somit Personal gebunden hat. Wie gesagt, die Bremer Justiz arbeitet an der Grenze des Möglichen, und Besserung ist jedenfalls unter der Ägide des politisch völlig überforderten SPD-Senators für Justiz und Verfassung nicht in Sicht, im Gegenteil. Es dürfte sich die schon jetzt dramatische Personalsituation mittelfristig weiter zuspitzen, denn in den nächsten Jahren werden zahlreiche Richter und Staatsanwälte im Land Bremen in den Ruhestand gehen, wie überall in Deutschland. Das ist ganz normal.
Die anstehende Pensionierungswelle wird bis zum Jahr 2030 bundesweit 40 Prozent aller Juristen erfassen, so die Einschätzung der Bundesregierung. Gleichzeitig gestaltet es sich sehr schwierig, qualifizierte Nachwuchsjuristen für die Bremer Justiz zu rekrutieren, was wegen der unattraktiven Arbeitsbedingung auch kein Wunder ist. Mein Vorredner hat es schon plausibel erklärt. Aktuell hat die Staatsanwaltschaft erhebliche Probleme, zwei offene Stellen zu besetzen, weil sich keine geeigneten Bewerber finden. Gleichzeitig hat man den Weggang von fünf Kollegen zu verkraften, das sind zehn Prozent aller Staatsanwälte, die zurzeit in Bremen tätig sind. Es ist absehbar, dass die Arbeitsbelastung des vorhandenen Justizpersonals weiter zunehmen wird. Das bedeutet in der Praxis, dass die Verfahren in Bremen noch länger dauern und Verhandlungstermine – auch der Fachgerichte – immer später angesetzt werden. Außerdem wird die Qualität der Rechtsprechung leiden, was aber nicht den Justizmitarbeitern anzulasten ist, die trotz widriger Umstände ihr Bestes geben, um arbeitsfähig zu bleiben. Dem gebührt ein hohes Lob von uns.
Die Verantwortung für die Zustände liegt allein beim rot-grünen Senat, meine Damen und Herren. Klar ist, so kann es nicht weitergehen. Es müssen dringend geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die Personalsituation zu entspannen, damit die Justiz in Bremen wieder vernünftig arbeiten und den Gesetzen Geltung verschaffen kann, so wie es ihr verfassungsrechtlicher Auftrag ist. Eine schwache Justiz gefährdet nicht nur den Rechtsstaat, sondern am Ende auch die innere Sicherheit, weil potenzielle Kriminelle den Eindruck gewinnen können, für ihre Verbrechen nicht oder nur unzureichend zur Verantwortung gezogen zu werden. Ein wesentlicher Grund für die Probleme, Nachwuchsjuristen für die Justiz zu gewinnen, ist auch in Bremen die relativ schlechte Besoldung, auch dies hörten wir heute schon. Das gilt sowohl im Vergleich mit den Justizverwaltungen anderer Bundesländer als auch der freien Wirtschaft.
In Bayern zum Beispiel verdienen angehende Staatsanwälte im Monat 350 Euro mehr als in Bremen. Noch größer sind die Unterschiede mit Blick auf größere Anwaltskanzleien, die deutlich höhere Gehälter bezahlen als der Staat. Trotz der bekanntermaßen angespannten Haushaltslage des Landes Bremen und der daraus resultierenden Sparzwänge ist es unerlässlich, die Besoldung von angehenden Richtern und Staatsanwälten auf das höhere Niveau anderer Bundesländer anzuheben. Deswegen ist es unverständlich, sich erst 2020 mit
diesem Problem zu beschäftigen, wie wir gerade hörten. Andernfalls werden die Nachwuchsprobleme der Bremer Justiz nicht zu lösen sein, sondern im Gegenteil weiter eskalieren. Darüber hinaus muss die Stellenzahl in der Bremer Justiz auch wieder deutlich ausgeweitet werden. Das gilt gleichermaßen für Richter, Staatsanwälte und Servicemitarbeiter.
Die heutigen Personalzielzahlen sind zu niedrig angesetzt und werden dem zunehmenden Arbeitsanfall nicht mehr gerecht. Die Mehrbelastung ist nicht nur auf steigende Fallzahlen zurückzuführen, sondern auch Folge der wachsenden Komplexität und des Umfangs von Verfahren, etwa im Bereich der Wirtschaftskriminalität. Auch die starke Zuwanderung, insbesondere von Flüchtlingen, und die damit verbundenen Belastungen für die Justiz sind von den Verantwortlichen erheblich unterschätzt worden. Den gewandelten Anforderungen muss endlich auch in Bremen durch eine realistische Personalplanung Rechnung getragen werden. Darüber hinaus sind die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Justizverwaltung konsequent auszuschöpfen, um die Arbeit von Staatsanwälten und Richtern wirksam zu unterstützen und diese endlich von administrativen Aufgaben zu entlasten.