Ich will einmal die einzelnen Punkte durchgehen! Mit den verdachtsunabhängigen Zellenkontrollen haben wir Probleme. Hier könnten wir doch Bedenken vortragen, ob dies nicht ein zu starker Grundrechtseingriff ist. Weiter geht es bei Ziffer: Die Anmeldefrist von mindestens 24 Stunden wird für Rechtsanwälte wahrscheinlich nicht gelten, da müsste man eine Ausnahme machen. Ob sie für alle
Besucher angewendet werden muss, zum Beispiel bei Familienangehörigen, oder wenn die Behörde in der Lage ist, den Besucher vorher zu kontrollieren und zu überprüfen und kein Gefährdungspotenzial sehen würde, da meine ich auch, dass diese Frist kürzer sein könnte.
Unter Ziffer vier, der Möglichkeit der Durchsuchung von Besuchern nach mitgebrachten Gegenständen, müsste man vielleicht auch eine Ausnahmeregelung für Rechtsanwälte haben.
Beim nächsten Punkt, unter Ziffer sieben die Anzahl der pro Tag geführten privaten Telefonate zu beschränken, dazu fehlt mir auch so ein bisschen die Begründung, warum. Muss man da nicht ein bisschen mehr bieten, wann dies eingeschränkt werden kann? Ein Handyverbot ist etwas anderes, das finde ich in Ordnung.
Unter Ziffer acht, Regelung der Mithörkontrolle durch Mitarbeiter der Polizei, ist noch ein bisschen offen, wie eine solche Regelung aussehen soll. Das ist alles auch noch ein bisschen sehr unbestimmt. Die Regelung der Aufschlusszeiten, damit sich Gefährder nicht begegnen, würden wir so unterstützen.
Summa summarum, der Katalog, den Sie vorgeschlagen haben, ist überlegenswert. Er muss auch vom Inhalt her geregelt werden, aber nicht heute durch eine Entscheidung im Parlament, sondern wir plädieren dafür – und damit komme ich auf meine Vorredner zurück, dass wir wahrscheinlich eine gesetzliche Grundlage brauchen –, diesen Antrag in den Rechtsausschuss zu überweisen
und meinetwegen parallel in die Deputation für Inneres, das noch einmal ein bisschen zu vertiefen, auch mit den Leuten, die vor Ort sind, und es auch ein bisschen zu vergleichen mit den Regelungen, die es schon in diesem Bereich gibt. Ich glaube, dann kann man dieses Thema noch im nächsten halben Jahr fundierter und seriöser zu Ende führen. Das ist unser erster Antrag.
Ansonsten werden wir bei den Anträgen selbst den Ziffern eins, drei und sieben nicht zustimmen. Wenn es zur Abstimmung kommt, beantrage ich getrennte Abstimmung.
Den übrigen Ziffern könnten wir zustimmen. Zum Teil ist ja auch noch eine Regelung vorzulegen, über die man dann noch wieder gesondert diskutieren könnte. Also, Handlungsbedarf besteht, und ich glaube, es macht Sinn, das noch einmal in einem Ausschuss zu vertiefen und dann seriös und fundiert in das Parlament zurückzugeben. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Abschiebehaft ist, wie auch im Antrag der CDU beschrieben, das härteste Mittel zur Sicherung der Abschiebung. Somit besteht aus unserer Sicht gerade bei einem so harten Mittel der Ingewahrsamnahme unbedingt Regulierungsbedarf, und zwar sowohl beim Gesetz über den Abschiebungsgewahrsam von 2001 als auch beim Erlass über die Durchführung der Abschiebungshaft in Gewahrsamseinrichtungen des Polizeivollzugsdienstes, der Gewahrsamsordnung von 2008. Für uns muss eine so gravierende freiheitsentziehende Maßnahme auf der Grundlage eines fundierten Gesetzes erfolgen, und dieses Gesetz muss rational ausformuliert sein, so weit, so deutlich und so klar.
Hier ist es zwingend notwendig, zwischen Gefährdern, relevanten Personen einerseits und sonstigen Abschiebungshäftlingen andererseits zu unterscheiden. Nicht alle Länder verfügen über eine spezialgesetzliche Regelung des Abschiebungsgewahrsams. Aus unserer Sicht sind das Gesetz und der Erlass den aktuellen Bedürfnissen und Maßstäben der Rechtsprechung dringend anzupassen. Sowohl das Gesetz über den Abschiebungsgewahrsam von 2001 als auch der Erlass zur Gewahrsamsordnung von 2008 bedürfen daher durchaus der Überarbeitung.
Der Handlungsbedarf definiert sich zum Teil selbst identifiziert, aber auch infolge der aktuellen Rechtsprechung. Bei der Novellierung ist unter anderem zwischen den unterschiedlichen Gruppen der Abschiebungshäftlinge und den hierauf abgestimmten Einschränkungen zu unterscheiden. Dies sollte nicht, wie aktuell, auf Grundlage eines Erlasses, sondern auf einem Fundament in Form eines Gesetzes geschehen.
Trotz des Anpassungsbedarfs sind unsere Akteure in Bremen handlungsfähig, und die Haft ist rechtmäßig ausgestattet. Auf der Rechtsgrundlage für die von der CDU hier geforderten Maßnahmen für Haftbeschränkungen bei sogenannten Gefährdern kommt bereits jetzt die in § 3 Absatz 1 zweiter Halbsatz des Gesetzes über den Abschiebungsgewahrsam enthaltene allgemeine Ermächtigungsgrundlage in Betracht. Die von der CDU geforderten Punkte, wie zum Beispiel die verdachtsunabhängige Zellenkontrolle oder die Anmeldefrist von 24 Stunden, können schon jetzt darauf gestützt werden. Dies geschieht immer unter strenger Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Auch die Durchsuchung von Besuchern und ihrer mitgeführten Gegenstände kann bereits jetzt nach § 6 Satz 2 durchgeführt werden.
Wie schon erwähnt können sowohl das Handyverbot als auch die Beschränkung der Anzahl der täglichen Telefonate bereits jetzt auf § 3 gestützt und somit angewendet werden. Die Überwachung von Telefonaten als Mithörkontrolle bei in Gewahrsam genommenen Gefährdern, gegebenenfalls mit Dolmetschern, ist bereits jetzt geübte Praxis und wurde auch durch das OVG Bremen als verhältnismäßige Maßnahme erachtet. Das alles hat auch Herr Lübke eben in seinem Beitrag angesprochen. Zusätzlich wird sehr darauf geachtet, dass eine Kontaktaufnahme zwischen gefährlichen Personen und anderen Mithäftlingen vermieden wird. Wir hätten es als SPD-Fraktion sehr begrüßt, wenn wir dies im Bremischen Polizeigesetz unter dem Punkt Gefahrenabwehr mit geregelt hätten, das wird wahrscheinlich in dieser Legislaturperiode nicht mehr möglich sein.
Fakt ist aber, dass wir wegen der veränderten Situation des Abschiebungsgewahrsams mit den potenziellen Gefährdern, die nicht gleich zu behandeln sind mit anderen Abzuschiebenden im Gewahrsam, eine Änderung des Gesetzes über den Abschiebungsgewahrsam sowie einen hierauf abgestimmten neuen Erlass über die Durchführung der Abschiebungshaft in Gewahrsamseinrichtungen des Polizeivollzugsdienstes benötigen, um unsere Vollzugsbeamten mit einer soliden Gesetzesgrundlage für ihre sehr sensible Tätigkeit auszustatten, damit sie nicht auf der Grundlage eines veralteten Erlasses von 2008 handeln müssen. Solche Gesetze, die wir als Parlamentarier verabschieden, sind nicht immer die schönsten, aber es gehört auch mit zu unseren Aufgaben, den Menschen, die tagtäglich mit den Abschiebungshäftlingen umgehen, auch eine adäquate Handreichung mit auf den
Ich glaube, die Überweisung ist das richtige Mittel, das haben die Redebeiträge eben gezeigt, viele sind eigentlich in dieselbe Richtung gegangen. Wir waren von Anfang an eigentlich gegen die Ablehnung des Antrags. Wir sind der Meinung, so, wie ich es eben auch dargestellt habe, dass wir sowohl bei dem Gesetz als auch bei dem Erlass nachjustieren müssen. Somit bin ich froh, dass wir es jetzt in die Innendeputation und nicht in den Rechtsausschuss überweisen. Das würde ich dann hier auch noch einmal separat beantragen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe zu, diese Debatte ist nicht ganz einfach, und auch bei uns sind wir uns da intern nicht immer ganz einig. Es ist tatsächlich eine schwierige Frage, wie man mit dem Personenkreis, den die CDU in ihrem Antrag zur Änderung des Erlasses zur Abschiebungshaft nennt und über den wir hier sprechen, nämlich den sogenannten Gefährdern, umgeht.
Ich möchte aus diesem Grund ein paar grundsätzliche Gedanken zum Rechtsstaat vorwegschicken! Die Unschuldsvermutung kam schon bei Aristoteles vor, und das Prinzip „in dubio pro reo“ hat das römische Recht bestimmt. Nach dem Mittelalter mit seinen grausamen Bestrafungen war Rechtsstaatlichkeit eine Errungenschaft der Aufklärung, das heißt, die Unschuldsvermutung, die Gewaltenteilung und die rechtliche Überprüfbarkeit staatlichen Handelns.
Nun ist hier die ganz grundsätzliche Frage, wenn es um diesen Personenkreis geht, ob der Begriff des Gefährders diesen Ansprüchen genügt. Das ist ja schon unbestimmter Rechtsbegriff, und die Einstufung als Gefährder beruht nicht auf einer rechtsstaatlichen Verurteilung, sondern auf einer Einschätzung des Staats- und Verfassungsschutzes. Rechtstheoretisch ist dieser Begriff daher hoch umstritten, das wissen auch alle, die bei der Veranstaltung in der Baumwollbörse waren, bei der das Ganze noch einmal von der juristischen Fakultät juristisch aufgearbeitet wurde, ich glaube, ich habe Herrn Hinners dort gesehen. Es gibt also juristisch
einen Streit darüber, ob dieser Begriff und auch die Praxis eigentlich rechtsstaatlichen und rechtstheoretischen Grundsätzen entsprechen.
Um eines hier ganz grundsätzlich klarzustellen, Salafisten hängen einer menschenfeindlichen Ideologie an, und sie befürworten schwerste Straftaten bis hin zum Massenmord. Dafür verdienen sie die volle Härte des Rechtsstaates, meine Damen und Herren.
Wir plädieren nicht für Straffreiheit oder so etwas, aber es gibt die rechtsstaatlichen Mittel zur Strafverfolgung, zum Beispiel § 89 a Strafgesetzbuch. Aus meiner Sicht sollten diese angewendet werden, anstatt einer Politik zu machen nach dem Motto, aus den Augen, aus dem Sinn.
Noch vor nicht allzu langer Zeit wurden in Bremen den Salafistinnen und Salafisten – es sind ja auch Frauen – die Pässe abgenommen, damit sie nicht ausreisen und sich zum Beispiel dem Daish anschließen können. Inzwischen setzt auch Bremen auf Abschiebungen nach § 58a Aufenthaltsgesetz – das wurde gesagt – und hat sogar eine eigene Staatsstelle beim Innensenator eingerichtet. Das ist aus meiner Sicht aus zwei Gründen keine Lösung: Erstens erhöhen die Abschiebungen nicht die Sicherheit, es kann nach wie vor zu Anschlägen kommen, zum Beispiel in Algerien oder in anderen Ländern. Die Abgeschobenen können sich einfacher dem Daish anschließen, und die Anschläge, die verübt werden – ich gehe auch davon aus, dass eine Abschiebung die Radikalisierung eher noch fördert –, können natürlich auch deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger treffen, darauf hat meine Kollegin Kristina Vogt hingewiesen.
Zweitens sind rund die Hälfte der Gefährder selbst deutsche Staatsbürger, das wurde bei der genannten Veranstaltung gesagt, sodass bei ihnen diese angebliche Lösung gar nicht greift. Aus diesen Gründen lehnen wir Ihren Antrag natürlich ab.
Wenn man sich den Antrag genau anschaut, dann fragt man sich aber auch, was er eigentlich bringen soll. Wenn man den Punkt drei nimmt – das hat auch der Kollege Sükrü Senkal gesagt –, fordern Sie dort die Anmeldung von Besuchen, das ist, soweit ich weiß, jetzt schon der Fall,
und die in Punkt vier genannte Durchsuchung von Besuchen findet auch bereits jetzt statt. Ich war einmal dort in Begleitung von jemandem – da ging es aber nicht um den Personenkreis –, und da findet selbstverständlich eine Durchsuchung statt. Das ist völlig normal, deswegen weiß ich gar nicht, was Ihr Antrag an dieser Stelle soll.
Zusammengefasst glauben wir, dass Ihr Antrag den falschen Ansatz verfolgt und auch zumindest teilweise obsolet ist, deswegen lehnen wir ihn ab. – Danke schön!
Ich wollte nur sagen, dass sich der Antrag auf Überweisung an den Rechtsausschuss erledigt hat. Wir sind mit der Überweisung in die Deputation für Inneres genauso zufrieden.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu der Frage der Anpassung des Erlasses will ich sagen, man kann es machen, das schadet nichts, es hilft aber leider auch nichts. Es spricht nichts zwingend dagegen, wenn man sagt, man will mehr Klarheit erzeugen, aber man darf nicht die Illusion erwecken, dass das den Sicherheitsbehörden zusätzliche Befugnisse einräumen würde.
Herr Senkal und Herr Lübke haben ja bereits darauf hingewiesen, dass die hier geforderten Maßnahmen der Handlungspraxis der Polizei beim Umgang mit Gefährdern in der Abschiebungshaft entsprechen. Wir haben – und es macht sicherlich Sinn, noch einmal darauf zu schauen – hier eine Debatte über einen Erlass. Ein Erlass ist eine untergesetzliche Regelung, die zwischen Behörden wirkt, also keine Außenwirkung erfüllt. Das heißt, wir können auf einen Erlass keine Grundrechtsein
griffe stützen, und alles das, was wir in diesem Erlass regeln, interpretiert nur, was uns das Gesetz ohnehin ermöglicht. Insofern wäre uns damit noch nicht geholfen, es sei denn, es bestünden Unklarheiten im Polizeigewahrsam über die Frage, was sie denn da dürfen und was nicht. Diese Unklarheit gibt es aber nicht.
Wir haben damals die Einschränkungen alle schriftlich geregelt, wie zum Beispiel das Verbot von Telefonen, die Überprüfung von Besuchen oder die Pflicht, sich in Deutsch auszutauschen, damit wir nachvollziehen können, worüber gesprochen wird. Diese Regelungen sind auch zwischen unserem Haus und der Polizei abgestimmt worden. Sie sind zwar für den Einzelfall erlassen worden und nicht generell, aber das müssten wir sowieso, weil die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung uns gesagt hat, ihr dürft das, aber nur dann, wenn es im Einzelfall verhältnismäßig ist. Das heißt, auch ein Erlass müsste eine Überprüfungspflicht für den Einzelfall vorsehen, und wir wären an der Stelle nicht wirklich weiter.
Die Frage ist, ob wir neben einem klarstellenden Erlass auch eine Änderung der gesetzlichen Grundlage brauchen. Ich bin zunächst auch davon ausgegangen, und wir haben uns im Ressort deshalb auch vor einiger Zeit schon einmal auf den Weg gemacht, uns das Gesetz über den Abschiebungsgewahrsam anzuschauen, inwieweit man dort nachschärfen muss. Ich persönlich habe auch die Auffassung vertreten, dass die damit verbundenen Grundrechtseingriffe eigentlich auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gestützt werden müssten. Wir haben aber dann bezogen auf den ganz konkreten Einzelfall, den es im Haus gab, auf den Gefährder, den wir in Abschiebehaft hatten, eine entsprechende Regelung auf der bestehenden gesetzlichen Grundlage erlassen, und diese ist vom Oberverwaltungsgericht gehalten worden. Das heißt, die gegenwärtige obergerichtliche Rechtsprechung besagt, der rechtliche Rahmen, den wir haben, reicht, um diese Einschränkungen vorzunehmen. Man kann trotzdem aus Gründen der Rechtsklarheit eine ausdrückliche gesetzliche Regelung anstreben, dagegen nichts spricht, aber, wie gesagt, es hilft auch nicht richtig.
Ich möchte nur einmal ganz kurz sagen, wo unser tatsächliches Problem liegt: Unser tatsächliches Problem ist, dass die Anlagen, die wir bei der Polizei vorhalten, der Abschiebungsgewahrsam, wie wir ihn in Bremen vorfinden, eigentlich nicht für die Unterbringung von hochgefährlichen Personen gemacht ist. Das ist das rein praktische Problem,
das wir haben. Wir haben in der Abschiebungshaft – und das ist aus Rechtsgründen auch so gestaltet – eine Verwaltungshaft. Die Abschiebungshaft dient eigentlich nur der zwangsweisen Sicherung von Verwaltungshandeln, nämlich der Rückführung in das Heimatland des Ausreisepflichtigen.