Protokoll der Sitzung vom 29.08.2018

Wir haben aber natürlich vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir selbst ja merken, dass es gegenüber der Abfrage, die ein paar Jahre vorher einmal stattgefunden hat, weniger geworden sind, jetzt einen Termin mit der KV, mit den Krankenhäusern und mit pro familia, um genau über diesen Sachverhalt zu sprechen: Wie stellt es sich in Bremerhaven dar, wie stellt es sich in Bremen dar, und was kann man tun, damit man einfach auch die Bereitschaft, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, in der Ärztinnen- und Ärzteschaft wieder ein Stück weit stärkt?

Das sind Gespräche, die jetzt stattfinden, und in dem Moment, wenn wir dann darüber noch mehr wissen, können wir Sie immer wieder auch informieren, denn auch mir ist es persönlich ein sehr, sehr großes Anliegen, dass Frauen, die eine Abtreibung durchführen müssen, nicht noch dafür bestraft werden, dass sie eine Information lange suchen müssen, und vor allem dürfen sie nicht in schwierige Gewissenskonflikte durch die Situation getrieben werden, dass ein Schwangerschaftsabbruch als solcher noch kriminalisiert werden kann.

In diesem Sinne haben wir diese Arbeiten dann auch schnell aufgenommen und waren froh, dass wir Ihnen jetzt auch dieses Ergebnis schon präsentieren können. Ich hoffe, dass unsere Gespräche mit pro familia, den Krankenhäusern, der KV und der Ärztekammer einen guten Verlauf nehmen und wir dann auch den Frauen eine noch bessere Situation präsentieren können. – Vielen Dank!

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 19/1722 abstimmen.

Wer das Gesetz zur Änderung des Schwangerenberatungsgesetzes, Drucksache 19/1722, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(CDU, BIW, Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordnete Wend- land [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt das Gesetz in erster Lesung ab.

Damit unterbleibt gemäß Paragraf 35 Satz 2 der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft jede weitere Lesung.

Als Nächstes lasse ich über den Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 19/1774 abstimmen.

Wer das Gesetz zur Änderung des Schwangerenberatungsgesetzes, Drucksache 19/1774, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, DIE LINKE, FDP, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordnete Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, BIW, Abgeordneter Tassis [AfD])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Antwort des Senats, Drucksache 19/1671, auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE Kenntnis.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein.

(Unterbrechung der Sitzung 13.01 Uhr)

Vizepräsident Imhoff eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Meine Damen und Herren! Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) ist hiermit wieder eröffnet.

Eingangs möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Tagesordnungspunkt sechs, Drucksache 19/1571, für die heutige Sitzung ausgesetzt wird.

Wir setzen in der Tagesordnung fort.

Humanitäres Bleiberecht für Opfer rechtsextremistischer und rassistischer Gewalt Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und DIE LINKE vom 22. August 2018 (Neufassung der Drucksache 19/1715 vom 12. Juni 2018) (Drucksache 19/1791)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Ehmke.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und DIE LINKE beantragen heute, den Opfern von rechtsextremer und rassistischer Gewalt ein humanitäres Bleiberecht zu erteilen. Wir wollen, dass der Senat die Bundesratsinitiative der Länder Thüringen, Berlin und Brandenburg für eine entsprechende Änderung des Aufenthaltsgesetzes unterstützt, und wir wollen, dass der Senat die bestehenden rechtlichen Spielräume des Aufenthaltsgesetzes nutzt, um Opfern rechter Gewalt eine Duldung beziehungsweise eine Aufenthaltsgenehmigung auszusprechen.

Wir fordern hier heute nichts Unmögliches, und wir fordern den Senator auch nicht zu rechtswidrigem Handeln auf. Denn auch heute schon können unter bestimmten Bedingungen Duldungen und Aufenthaltserlaubnisse erteilt werden. Bei, so heißt es korrekt, Opferzeugen kann schon heute gemäß des Aufenthaltsgesetzes die Abschiebung wegen des Strafverfahrens ausgesetzt werden. Ebenso kann unter Berücksichtigung der dringenden humanitären Gründe der Aufenthalt in Deutschland gestattet werden.

Haben wir in Bremen ein Problem in dieser Frage? Anlässlich der Kleinen Anfrage der Grünen zu rechtsmotivierten Gewaltdelikten im Jahr 2017 hat der Senat über die Fälle berichtet. Ich würde Ihnen gern einmal vorlesen, um welche Fälle es sich han

delte. Es ging dort um einen Angriff auf einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling in der Straßenbahn, der beschimpft wurde mit: „Sozialstaatgeld, Scheiß-Flüchtling“ und dem zweimal ins Gesicht getreten wurde. Es waren Fälle von geschlagenen Personen, die getreten und als „Salafist, Kanacke, Schweinkopf“ beschimpft wurden, im Weiteren, Zitat „Hätte Hitler euch doch alle vergast, mit viel Gas“.

Es ging dort um Fälle, bei denen Türsteher in Diskotheken mit Schlägen und Tritten verletzt, anschließend den rechten Arm gehoben und „Heil Hitler“ gebrüllt haben oder um Vorfälle, wie am Hauptbahnhof: Verherrlichung von NS-Verbrechen, „wirft mit Flasche nach dem Geschädigten“. Unser Staat muss sich unmissverständlich auf die Seite der Opfer rechter und rassistischer Gewalt stellen, meine Damen und Herren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Die Antwort der großen Koalition in Berlin auf die hohen Zahlen rechtsextremer Gewalt ist: Verschärfung des Asylrechts. Unsere Antwort hier in Bremen muss es hingegen sein, die Opfer zu stärken. Wir wollen ihnen deutlich machen, dass sie der Staat in dieser besonderen Situation nicht allein lässt. Auch für die Durchführung eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens ist die stabile Aufenthaltssituation der Opfer wichtig. Daher steht der Schutz vor einer möglichen Abschiebung für uns an erster Stelle. Wir halten es für erforderlich, die Situation der Betroffenen durch ein humanitäres Bleiberecht zu verbessern und damit auch sicherzustellen, dass die Täterinnen und Täter angemessen bestraft werden und Freisprüche nicht wegen fehlender Zeugenaussagen erfolgen.

Zuletzt hat das grün geführte Migrationsministerium in Thüringen einen entsprechenden Erlass auf den Weg gebracht. Dort findet der Erlass Anwendung auf Opfer erheblicher Straftaten in den Bereichen Landfriedensbruch, Sexualstraftaten, Körperverletzung oder Tötungsdelikte. Gleichzeitig müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Opfer aufgrund ihrer Nationalität, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit angegriffen worden sind.

Nun kann man natürlich fragen: Warum braucht es eigentlich eine bundesgesetzliche Regelung, wenn die Länder ihr Ermessen bis an die Grenze dessen, was zulässig ist, ausdehnen können? Meine Damen und Herren, ich glaube, angesichts der Bilder, die uns gerade aus dem Land Sachsen erreichen, ist es

sehr deutlich, dass die Landesregierungen unterschiedliche Schwerpunkte und unterschiedliche Herangehensweisen im Umgang mit rechtsextremer Gewalt haben, von klarer Benennung bis hin zu Verharmlosung. Wir halten eine bundesgesetzliche einheitliche Regelung in diesem Fall für dringend geboten.

Ja, es geht uns auch um ein klares Signal an die Täter. Rechte und rassistisch motivierte Gewalt gegen Asylsuchende im Land Bremen darf nicht zur Vertreibung der hier schutzsuchenden Menschen führen. Dieses schäbige Handeln der Täter, und auch darauf gehen die Demonstranten in Chemnitz ein, wenn man sie so nennen möchte, dass sie Leute aus ihrer Stadt, aus ihrem Land, aus unserem Land hinausbefördern wollen. Dieses schäbige Handeln der Täter führt für uns zum Gegenteil. Wir möchten einen Aufenthalt statt einer Vertreibung. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Senkal.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch das Erstarken der politischen Rechten sind unser Land und unsere freiheitliche Demokratie der wohl größten Bedrohung seit Gründung der Bundesrepublik ausgesetzt. Die Gesamtzahl der politisch rechts motivierten Gewaltstraftaten in Deutschland befindet sich weiterhin auf einem hohen Niveau, in den letzten Jahren bei durchschnittlich weit über 1 000 Straftaten.

Der Geist der rechten Menschenfeindlichkeit hat dabei nicht nur in Deutschland etabliert, sondern hat sich auch in den europäischen Nachbarländern festgesetzt. Dieser Bedrohung durch rechtsradikale und rassistische Umtriebe, die bereits schon einmal in unserer Geschichte zu unvergleichbarer Menschenverfolgung und Menschenfeindlichkeit geführt hat, heißt es, entschlossen und wehrhaft entgegenzutreten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Dazu gehört, dass wir uns an die Seite jener stellen, die Opfer der Menschenfeinde geworden sind. Solche Signale sind umso wichtiger, weil der Ungeist der rechten Menschenfeindlichkeit schon erhebliche Resonanz in einigen Bevölkerungsgruppen gefunden hat. Wir sind in der historischen Situation, dass wir uns fragen müssen: Tun wir alles, um zu