Deswegen muss man sie gezielt einsetzen, unter anderem bei Kriminalitätsschwerpunkten. Über jeden Standort muss im Einzelfall entschieden, und er muss vernünftig begründet werden. Ich sage Ihnen aber auch sehr deutlich, eine flächendeckende Überwachung der Menschen im öffentlichen Raum kommt für uns nicht infrage.
Mein Kollege Sükrü Senkal hat ja schon auf viele Punkte in Ihrem Antrag und die handwerklichen Fehler hingewiesen. Sie gehen mit Ihrem Gesetzentwurf ja auch noch einmal deutlich über den Entwurf von Innensenator Mäurer hinaus, indem Sie noch die Onlinedurchsuchung hinzugefügt haben. Das ist ein noch tieferer Eingriff in die Grundrechte, als es schon die Quellen-TKÜ ist. Bei der QuellenTKÜ wird heimlich eine Spionagesoftware, auch Trojaner genannt, auf Handys und anderen Geräten installiert, um die Verschlüsselung von Messengerdiensten zu umgehen. Hierzu werden von den Strafverfolgungsbehörden Sicherheitslücken der Geräte ausgenutzt. Es ist aber die Aufgabe des Staates, eben diese Sicherheitslücken nach Bekanntwerden zu schließen,
Ist das wirklich im Sinne des Gemeinwesens? Erinnern Sie sich noch an den Sommer 2017, als ein Schadprogramm in der privaten Wirtschaft und in den öffentlichen Betrieben, beispielsweise in Krankenhäusern, die digitale Infrastruktur lahmgelegt hat und auf erpresserische Weise versucht wurde, an Geld zu gelangen? Diese Schadsoftware war der NSA seit Jahren bekannt, und die NSA hat sie ausgenutzt. Ist das der richtige Weg, meine Damen und Herren? Wir glauben, nein!
Es gibt auch noch weitere Probleme, auf die Ihr Gesetzentwurf nicht eingeht. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Staat sicherstellen muss, dass ausschließlich die Kommunikation der Zielpersonen überwacht und aufgezeichnet wird. Kann dies durch die Software nicht garantiert werden, ist es eben keine Quellen-TKÜ, sondern eine Onlinedurchsuchung. Nun sagen Ihnen die Experten aber, dass sie gar nicht genau wissen, was eigentlich dieser Trojaner letztlich alles kann, und dann haben wir offensichtlich ein Problem in der Definition. Die Onlinedurchsuchung ist da zumindest ehrlicher. Da wird Ihnen virtuell die Hose ausgezogen, ohne dass Sie es merken. Die Software hat Zugriff auf die vollständige Kommunikation und den Standort eines Menschen. Dagegen ist der Große Lauschangriff ein wirklich laues Lüftchen, denn die Handys sind ja heute nur noch in einem geringen Umfang zum Telefonieren da. Das ist schon das kraftvollste Überwachungsinstrument und auch, das muss man so deutlich sagen, ein Paradigmenwechsel, denn bisher war das heimliche Durchsuchen der Privatwohnung in Deutschland kein Standard. Das war aus guten Gründen so.
Wenn Ihre Wohnung durchsucht wird, dann erfolgt das auch heute entweder in Ihrer Anwesenheit oder aber eines neutralen Zeugen, damit sich eben niemand heimlich Zutritt zu Ihrer Wohnung verschafft. Das gilt dann offensichtlich für den heimischen Rechner demnächst nicht mehr. Immer wieder muss das Bundesverfassungsgericht Schranken benennen, die mit jedem Gesetzgebungsverfahren weiter ausgetestet und verschoben werden sollen. Im Kern bauen Sie Stück für Stück die Grundrechte ab, meine Damen und Herren.
Ich will an dieser Stelle nicht alle Punkte wiederholen, die ich schon in der letzten Debatte benannt hatte, beispielsweise die Frage der Vorfeldüberwachung und des Konflikts mit den Aufgaben des Verfassungsschutzes oder auch der Auflagen gegenüber Menschen, die noch nicht verurteilt worden sind.
Ich finde, es sind alles Dinge, die eines breiten gesellschaftlichen Diskurses bedürfen und die man nicht einmal eben im Rahmen eines schnellen Gesetzgebungsverfahrens abgibt, meine Damen und Herren!
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD – Abgeordne- ter Dr. vom Bruch [CDU]: Von schnell kann auch nicht die Rede sein!)
Ich weiß aber, dass viele Menschen trotzdem Antworten von uns erwarten, und, Herr Dr. vom Bruch, ich bin Ihnen dankbar für Ihren Einwurf, von schnell kann nicht die Rede sein. Machen Sie sich einmal die Mühe und schauen sich das Anhörungsverfahren des Landtags Niedersachsen an! Da sind relativ viele Leute zu Wort gekommen und viele Fragen aufgeworfen worden. Ich glaube, es macht Sinn, sich solche Dinge genau anzusehen und auch weiter zu diskutieren und darauf nicht gleich einfach schnell mit einer Verschärfung der Sicherheitsgesetze zu reagieren, weil es einen terroristischen Akt gegeben hat.
Ich weiß aber, dass viele Menschen trotzdem Antworten von uns erwarten, und zwar auf die großen und kleinen Bedrohungen des Alltags. Das Versagen des Staates im Falle des Attentats auf dem Breitscheidplatz in Berlin hat viel Vertrauen in die Sicherheitsbehörden gekostet, hier waren die Sicherheitsbehörden nicht in der Lage, Menschen zu schützen. Dieser Fall offenbart aber auch, dass wir vielmehr ein Umsetzungsdefizit geltenden Rechts haben, meine Damen und Herren.
Wir brauchen eine viel bessere und engere und auch offenere Zusammenarbeit im Feld der Sicherheitsbehörden, und wir brauchen mehr Personal als bisher. Uns in Bremen muss klar sein, dass wir mit der bisherigen angepeilten Zahl von 2 600 Beschäftigten bei der Polizei nicht mehr hinkommen werden. Dies gilt im Übrigen auch für die Ortspolizei in Bremerhaven und ihre Zielzahl.
massiv in Köpfe investieren, und wir werden unsere Polizei besser als bisher zur Eigensicherung, zur Bewältigung von Terrorlagen, aber auch im technischen Bereich ausrüsten müssen. Das allein wird aber nicht reichen, um Kriminalität und Terror zu verhindern, darauf, Herr Röwekamp, habe ich in den Debatten im Übrigen auch immer wieder hingewiesen. Wir müssen auch die Präventionsprogramme stärken und darüber hinaus die soziale Abkopplung noch stärker bekämpfen als bisher. Das finden Sie alles in unserem Koalitionspapier. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir unterhalten uns über ein sehr ernstes Thema: die Reform der polizeirechtlichen Regelungen im Bereich der Prävention, nicht im Strafrecht, nicht im Ermittlungsverfahren, sondern wie können Verbrechen, wie können Anschläge verhindert, wie kann menschliches Leben geschützt werden?
Der Gesetzentwurf, der von der CDU vorgelegt wird, ist in dieser Hinsicht aber nicht völlig ausgereift und kann auch nur verstanden werden als Aufruf noch einmal auf der Tagesordnung, nachdem die Koalition nicht in der Lage gewesen ist – die einzelnen Zitate sind vorgelesen worden – ein Polizeigesetz in die Bürgerschaft einzubringen. Noch nicht einmal in die Deputation für Inneres, das war eigentlich auch zugesagt. Alle hatten gesagt, das kann als Diskussionsgrundlage dienen, wir können das Weitere besprechen. Dann war aber schon im Frühjahr dieses Jahres die Diskussion beendet.
Das bedeutet, die Regierung in Bremen, der Senat in Bremen ist im sicherheitspolitischen Bereich nicht handlungsfähig.
Worum geht es? Wenn wir uns über Polizei und Bürgerrechte unterhalten, geht es darum, abzuwägen: Was ist machbar, und wo greifen wir in die Rechte der Bürger ein? Das muss abgewogen werden. Da gilt für uns ein hoher Anspruch für die Rechte des Einzelnen, wenn sie nicht mehr im Maßstab der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt werden können.
Ihrem Gesetzentwurf mangelt es an vielen Stellen an guter handwerklicher Arbeit, es sind schon einige Beispiele vorgetragen worden. Wenn man einen Gesetzentwurf zu einem so wichtigen Thema einbringt, an dem auch die Bürger Interesse haben, dann muss man den Entwurf begründen und dann muss man sich mit allen Argumenten, die gegen die aktuellen polizeirechtlichen Vorschriften auch in anderen Ländern vorgebracht werden – zum Teil gibt es Demonstrationen – dann auch in einer Begründung auseinandersetzen. Und dann reicht es nicht aus, nur ein paar Zitate aus der Vergangenheit zu bringen, ihr hättet das und das und das ja alles machen wollen. Das ist dann auch zu wenig. Da muss man hier konkret werden und inhaltlich auch überzeugen.
Und wenn man andere Bündnispartner braucht, und Sie können ja als eigene Fraktion hier nicht davon ausgehen, dass Sie die Mehrheit haben, davon werden Sie beim Einbringen schon ausgegangen sein.
Davon ist er nicht ausgegangen, das ist also nur noch einmal hier, die Debatte noch einmal aufzurufen und noch einmal nach außen hin, ich will nicht sagen, auf den Laufsteg zu kommen, weil mir dieses Thema einfach zu ernst ist, aber da erwarte ich eigentlich auch von den anderen Fraktionen, wenn wir für Bremen gemeinsam in der Sicherheitspolitik etwas erreichen wollen, mehr Aufgeschlossenheit und mehr Geschlossenheit, und nicht nur mit dem Finger auf den anderen zeigen, was er da und hier einmal erzählt hat. Dann müssen wir uns zusammen in der Deputation für Inneres, meinetwegen auch mit Fachleuten noch einmal, wie in Niedersachsen, der einzelnen Probleme annehmen. Das ist nicht erfolgt.
Ausgangspunkt, meine Damen und Herren, aus der Vergangenheit: Terroranschläge, Schwerstkriminalität, Clan-Kriminalität. Es kann nicht sein, dass die Polizei dem nicht Herr werden kann. Wir haben die absolute Verpflichtung, die Polizei technisch, personell, aber auch mit den rechtlichen Eingriffsvoraussetzungen sicher auszustatten.
Wir können uns nicht von Clan-Kriminellen oder von Terroristen auf der Nase herumtanzen lassen. Das geht auf keinen Fall.
Allgemein geht es, wenn man sich das Gesetz ansieht, darum: Wann können wir polizeirechtlich, also bei der Gefahrenabwehr, eingreifen? Da müssen wir sichere, rechtssichere Tatbestände haben. Was ist ein überschaubarer Zeitraum? Ich mache einmal ein paar Beispiele. Was ist eine konkrete Wahrscheinlichkeit? Was ist die Verhältnismäßigkeit? Dann ist es so, dass bei den Fällen oder in den Situationen, in denen wir nur Eingriffe gegen den Gefährder, gegen den Kriminellen machen, gegen ihn persönlich wesentlich leichter in dieser Frage vorankommen, aber überall dort, wo die Maßnahme wie bei Videoüberwachung oder bei Telekommunikationsüberwachung auch unüberschaubar Dritte betrifft, da gilt es, den Finger in die Wunde zu legen. Da gilt es, genau zu schauen: Welche Gefährdungen sind darin enthalten?
Da hätte ich heute hier mehr von Ihnen erwartet, dass Sie die Diskussion, die wir bundesweit führen zu diesem Thema mit ganz verschiedenen Meinungsbildern, dass wir da in die Debatte hineinkommen und da den Finger in die Wunde legen, und das fehlt völlig.
Wir haben kein Problem, um jetzt auf Einzelheiten zu kommen, mit der Fußfessel. Das hatten wir schon in den vorigen Debatten gesagt, das ist eine Möglichkeit. Aber nicht der Bevölkerung in die Augen streuen, da hat jemand jetzt eine Fußfessel, und wir können ihn permanent überwachen. Es gibt viele Anschläge im Terrorbereich, da waren auch Fußfesseln verhängt worden. Da hat es trotzdem diese Anschläge gegeben. Aber Fußfesseln zu kombinieren zum Beispiel mit Kontaktverboten, mit Aufenthaltsverboten auf bestimmten Plätzen, das kann Sinn machen, ist ein Mosaikstein,
ja, ja, den wir durchaus unterstützen würden. Da ist es eben so, da betrifft es nur die einzelne Person,
aber nicht unüberschaubare Dritte. Dann ist wichtig, dass immer der Richtervorbehalt bei diesen Maßnahmen gilt,
Ob das im Bereich der Telekommunikationsüberwachung, dazu komme ich gleich noch, der Fall ist, das ist mehr als zweifelhaft. Fußfesseln, hatte ich Ihnen gesagt, sind eine Möglichkeit, die wir unterstützen würden, auch in Kombination mit anderen Möglichkeiten, Kontaktsperre oder so etwas. Auch die Sicherungsverwahrung oder Ingewahrsamnahme ist eine Möglichkeit, über die man reden kann. Das betrifft eine bestimmte Person. Ob man diese ein, zwei, drei, vier, fünf Wochen in Gewahrsam nimmt, um eine konkrete Gefährdung zu verhindern, ist ein Punkt, über den man sich unterhalten kann.
Aber als weiteres Beispiel: Sie verwenden die schwache Subsidiaritätsklausel in Ihrem Entwurf, wenn Sie beispielsweise die Herausgabe von Bild- und Tonaufzeichnungen schon ermöglichen wollen, wenn die Abwehr einer Gefahr auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert würde. Warum orientieren Sie sich da nicht wenigstens an der Wohnraumüberwachung der Strafprozessordnung, die dieses nur erlaubt, wenn die Erforschung des Sachverhalts unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre? Das sind auch Sachen, über die man inhaltlich diskutieren kann.