Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

Die vierte industrielle Revolution hat eine andere Qualität, meine Damen und Herren, denn die neu zum Einsatz kommende künstliche Intelligenz konkurriert mit den Menschen erstmals auf kognitiver Ebene.

(Beifall BIW)

Vor allem für erwerbsfähige Personen mit mittlerer und geringerer Qualifikation wird es deswegen immer weniger Beschäftigungsangebote geben. Es ist deshalb grotesk, wenn jetzt die Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP in ihrem Antrag neben dem Zuzug hochqualifizierter Arbeitskräfte auch die Einwanderung von Menschen anderer Qualifikationsniveaus fordern, denn gerade für diese Gruppen wird leider das Risiko, künftig von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein, immer mehr steigen.

Wir Bürger in Wut bleiben dabei, das dichtbesiedelte Deutschland ist zwar das Ziel von erheblicher Zuwanderung, aber kein Einwanderungsland. Einwanderung ist von der Aufnahmegesellschaft gewollte und mit Hilfe festgelegter Kriterien gesteuerte Zuwanderung ausländischer Staatsbürger, die auf Dauer bleiben sollen. Diese Merkmale erfüllt nur ein verschwindend kleiner Teil der Migranten, die in den letzten Jahrzehnten nach Deutschland gekommen sind.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Was für ein Un- sinn!)

Dazu rechnen insbesondere hochqualifizierte Inhaber der so genannten EU Blue Card. Eine andere Frage ist, ob Deutschland zum Einwanderungsland werden soll? Das muss davon abhängig gemacht werden, ob auch in langfristiger Perspektive Arbeitskräfte aus Drittstaaten benötigt werden, um den Personalbedarf der Wirtschaft zu decken. Ob ein solcher Personalbedarf wegen der laufenden technologischen Umwälzungen in Zukunft bestehen wird und wenn ja, in welchem Umfang, bleibt abzuwarten. Die Debatte über ein Einwanderungsgesetz kommt deshalb heute viel zu früh.

Aber den Antragstellern der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP geht es nicht um langfristige Erwägungen und schon gar nicht um das Wohl der Wirtschaft. Vielmehr will man eine gesetzliche Grundlage schaffen, um möglichst vielen Flüchtlingen in Deutschland durch den so genannten Spurwechsel vom Asyl zur legalen Immigration ein dauerhaftes Bleiberecht einräumen zu können.

(Zwischenruf Abgeordneter Senkal [SPD])

Flüchtlinge sollen zu Einwanderern umdeklariert werden – dieses Vorhaben ist ein politischer Missbrauch des Asylrechts, das die Akzeptanz dieses wichtigen Rechtsinstituts in der Bevölkerung weiter schwächen wird.

(Beifall BIW)

Meine Damen und Herren, Flüchtlinge sind keine Einwanderer, sondern Gäste auf Zeit, die Deutschland wieder zu verlassen haben, wenn sie in ihren Herkunftsländern nicht mehr gefährdet sind. Nachdem der IS im Irak besiegt ist und der blutige Bürgerkrieg in Syrien hoffentlich seinem Ende entgegengeht, steht der baldigen Rückkehr – ungefähr einer Dreiviertelmillion Menschen aus diesen Staaten, die deswegen nach Deutschland geflohen sind – nichts mehr im Wege.

(Beifall BIW)

Sie werden in ihrer zerstörten Heimat nämlich dringend als Humanqualität für den Wiederaufbau gebraucht. Doch die politische Linke sieht diese Zuwanderung als eine Bereicherung an und will möglichst viele von ihnen auch im Lande behalten. Sie sollen dazu beitragen, den Umbau Deutschlands in eine multi-ethnische Gesellschaft zu beschleunigen. Das ist die ideologische Motivation, die hinter der Forderung von Rot-Grün nach einem Einwanderungsgesetz mit Spurwechsel steht und nicht die

Bedürfnisse der Wirtschaft, für die man sich ansonsten herzlich wenig interessiert.

(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ach ja!)

Auch aus diesem Grunde lehnt die Gruppe Bürger in Wut den Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall BIW)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Geburtenrückgang in Deutschland in den letzten 40 Jahren führt aktuell zu einem erheblichen Fachkräftemangel und darüber hinaus zu einer Alterung der Gesellschaft. Das ist, glaube ich, allen bekannt.

Mittelfristig sind mit dieser Entwicklung erhebliche Probleme bei der Suche nach Arbeitskräften, bei der wirtschaftlichen Entwicklung sowie der Sicherung unseres Renten- und Sozialsystems zu erwarten. Eine Abhilfe, meine Damen und Herren, kann nach dem Vorbild von Einwanderungsländern wie beispielsweise Kanada, in einem Gesetz zur Einwanderung von entsprechend qualifizierten jungen Menschen gesehen werden.

Allerdings darf dabei meines Erachtens nicht unbeachtet gelassen werden, dass den Ländern, aus denen diese Menschen kommen, qualifizierte Arbeitskräfte verloren gehen.

Zur Abhilfe der Probleme in Deutschland wird seit mehreren Jahren über ein Einwanderungsgesetz diskutiert. Die große Koalition hat sich auf Bundesebene darauf verständigt, bis zum Jahresende 2018 ein entsprechendes Gesetz zur Abstimmung vorzulegen. Gegenwärtig befindet es sich zwischen den Ressorts Inneres, Wirtschaft und Arbeit in der Endabstimmung. Eckpunkte dieses geplanten Einwanderungsgesetzes sollen sein: Erstens, ein Punktesystem, welches die folgenden Kriterien entsprechend bewertet, nämlich, die berufliche Qualifikation und Erfahrung, das Alter, die Sprachkenntnisse, der Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzes und die Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes. Für die CDU-Fraktion sind das sehr sinnvolle Kriterien für ein Einwanderungsgesetz.

Meine Damen und Herren, eine Bevorzugung einheimischer Bewerber soll es nach diesem Gesetz in Zukunft nicht mehr geben. Für die CDU-Fraktion steht die Notwendigkeit eines Einwanderungsgesetzes für Deutschland mit den aufgeführten Eckpunkten außer Frage. Die rot-grüne Koalition legt heute einen Dringlichkeitsantrag mit dem Titel „Deutschland braucht ein Einwanderungsgesetz“ vor. Meine Damen und Herren von der SPD, es darf die Frage erlaubt sein: Haben Sie keine Kenntnisse darüber, was in Berlin von Ihrem Arbeitsminister aktuell geplant wird?

(Beifall CDU – Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich glaube, das Vertrauen in den Innenminister geht gegen Null!)

Aber Ihr Arbeitsminister ist auch maßgeblich beteiligt. Schaut man sich den vorliegenden Antrag an, so sind die Inhalte der Ziffern 1 bis 8 im Wesentlichen Gegenstand des auf Bundesebene gegenwärtig zwischen Inneres, Wirtschaft und Arbeit in Abstimmung befindlichen Gesetzesentwurfs. Der vorliegende Antrag von Rot-Grün in Bremen ist deshalb zu diesen Punkten im Grunde genommen überflüssig. Wir als CDU werden ihm aber trotzdem zustimmen.

(Beifall CDU, SPD)

Meine Damen und Herren von Rot-Grün, der eigentliche Grund für Ihren Antrag verbirgt sich jedoch in Ziffer 9, unter der Sie fordern, dass das Einwanderungsgesetz auch abgelehnte Asylbewerber als so genannte Spurwechsler – wir haben es eben schon gehört – zu legaler Einwanderung verhelfen soll. Damit werden allerdings aus unserer Sicht falsche Anreize bei der Überführung in einen anderen Status geschaffen. Für uns als CDU-Fraktion ist völlig klar, dass in Einzelfällen bei guter Integration und entsprechend vorhandenen beziehungsweise erworbenen beruflichen Qualifikationen –

(Abgeordneter Senkal [SPD]: Jemanden in Arbeit zu bringen, ist kein falscher Anreiz!)

hören Sie doch einmal zu, Herr Senkal – auch abgelehnte Asylbewerber Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt und damit ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommen sollen. Dies ist allerdings mit den vorhandenen Regelungen, die das Aufenthaltsrecht in Deutschland bietet, schon möglich.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die so genannte Drei-Plus-Zwei-Regelung, wonach die Ausbildung und eine anschließende Tätigkeit zu

einem Aufenthaltsrecht führen. Einer darüber hinausgehenden Regelung in einem neuen Einwanderungsrecht bedarf es deshalb aus Sicht der CDUFraktion nicht.

(Beifall CDU)

Eine solche Regelung, wie von Rot-Grün gefordert, wird nach unserer Sicht allerdings zu einer verstärkten Zuwanderung in unsere Sozialsysteme führen können. Meine Damen und Herren, wir stimmen deshalb dem Antrag in den Ziffern 1 bis 8 zu und den Punkt 9 lehnen wir ab. – Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Senkal das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich mit meinem Manuskript anfange, möchte ich noch einmal klarstellen, dass der Punkt 9 die Menschen meint, die hier Arbeit haben und im Asylverfahren sind. Wenn das Asylverfahren abgelehnt wird, heißt es in Punkt 9, sollen sie auch hierbleiben, weil sie arbeiten und der Wirtschaft, der Gesellschaft helfen und einen wichtigen Beitrag in unserem Land leisten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Jetzt fange ich mit meinem Manuskript an: Meine sehr geehrten Damen und Herren, Deutschland braucht eine klare und transparente Regelung für die Zuwanderung.

Mit den geltenden Vorgaben gelingt es, weder die besten Fachkräfte mit beruflicher oder akademischer Qualifikation für Deutschland zu gewinnen noch die nötige gesellschaftliche Akzeptanz für Zuwanderung zu erreichen. Es ist auch in jeder Beziehung sinnvoll, über verschiedene Ministerien verstreute Teilbereiche der Migration und der Integration zu bündeln und so eine Einwanderungspolitik aus einem Guss zu ermöglichen. Verwaltungsinterne Doppelungen, Abstimmungsprobleme und widerstreitende Vorgehensweisen werden sich so vermeiden lassen.

Die existierenden Regelungen und Maßnahmen können so zusammengeführt und gleichermaßen für die Arbeitsmigration, den Familiennachzug und die Flüchtlingswanderung zu einem einheitlichen rechtlichen Rahmen verschmolzen werden. Das alles hilft, Kosten zu sparen, Abläufe zu optimieren

und Entscheidungsprozesse zu verkürzen. Bei so vielen, selbstredend, positiven Effekten kann eigentlich niemand ernsthaft gegen ein Einwanderungsgesetz sein.

(Beifall SPD)

Es sei denn, er profitiert in der einen oder anderen Form von unnötiger Bürokratie und Verwaltung. Ein weiterer, weitaus überfälliger Punkt, der für ein eigenständiges Einwanderungsgesetz spricht, hat mit dem Eingeständnis zu tun, dass Deutschland ein Einwanderungsland geworden ist, klar und deutlich.

(Beifall SPD, DIE LINKE)

Deshalb ist es in jeder Beziehung politisch, gesellschaftlich und ökonomisch klug, mit einem Einwanderungsgesetz genau dieses Signal auszusenden: Ja, Deutschland ist ein Einwanderungsland, will es sein und gibt sich deshalb auch in logischer Schlussfolgerung ein Einwanderungsgesetz.

Dieses über lange Jahre fehlende Eingeständnis hat uns in der Einwanderungspolitik, der Migrationspolitik und auch im gesellschaftlichen Zusammenleben mehr als geschadet. Jegliche Blockadehaltung dieser längst überfälligen Erkenntnis, hat uns die Probleme nicht lösen lassen, sondern sie im Gegenteil sogar eher verschlimmert. Ein solches Einwanderungsgesetz soll offensiv und transparent regeln, wer unter welchen Bedingungen kommen, bleiben und arbeiten darf und welche Rechte und Pflichten damit verbunden sind.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ohne Einwanderung wird die Bevölkerung in Deutschland schrumpfen und das Erwerbspersonenpotenzial deutlich zurückgehen. Das bedeutet, dass die sozialen Sicherungssysteme, wie unter anderem die Pflege- und Rentenversicherung, immer stärker unter Druck geraten werden. Deshalb brauchen wir die gesteuerte Einwanderung von Fachkräften, die dazu beitragen, dass der Wohlstand in Deutschland gesichert wird.

Wir wollen nicht fragen, woher jemand kommt, sondern was er oder sie zu unserer Gesellschaft beitragen kann. Dieses Einwanderungsgesetz, auch das beste Einwanderungsgesetz, kann allerdings das Grundproblem der Migration nur so gut wie möglich, keinesfalls aber vollständig lösen. Grenzüberschreitende Wanderungen sind hoch

komplexe Phänomene ohne einfache Patentrezepte. Es geht um Menschen, nicht um Waren oder Finanzkapital und deshalb wird zwischen dem ökonomisch Wünschbaren, moralisch Vertretbaren und rechtlich Machbaren immer ein Spannungsfeld bestehen bleiben, egal ob es ein Einwanderungsgesetz gibt oder nicht.

Das aktuell bestehende Eckpunktepapier zum Einwanderungsgesetz ist ein klares Signal und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch leider springt es uns in manchen Bereichen zu kurz und lässt wichtige Aspekte, die zu regeln sind, einfach aus.