Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

Ich hatte die Hoffnung, dass wir vom Wissenschaftsrat ein paar weitere Hinweise erhalten, welche Modelle auch möglich oder denkbar sind. Der Wissenschaftsrat begutachtet aber nur fertige Mo

delle. Das ist mir deutlich von dessen Generalsekretär gesagt worden. Also werden wir auch diese Überlegung noch weiter mit dem Generalsekretär erörtern. Er hat mir aber auch gesagt, dass in Oldenburg derzeit eine zweite Begehung durch den Wissenschaftsrat stattfindet. Das heißt, sie müssen jetzt darlegen, was von der damaligen Einrichtungsgenehmigung inzwischen tatsächlich umgesetzt worden ist. Zudem prüft der Wissenschaftsrat derzeit die medizinische Versorgung in Nordrhein-Westfalen.

Dort ist das Modell beheimatet, von dem ich glaube, dass es auch für uns ein Modell sein könnte: Die Universität Bochum mit einer medizinischen Einrichtung. Ob das eventuell etwas wäre, das sich auf die Freie Hansestadt Bremen übertragen ließe, sollte der weitere Diskussionslauf für uns sein. Natürlich hängen wir weiterhin auch an der Diskussion mit der GeNo. Wir hängen daran, dass wir mit Niedersachsen das Thema weiter erörtern. Das sind aber auch Ansatzpunkte, an denen man gegebenenfalls aus den Gutachten des Wissenschaftsrats Rückschlüsse für Bremen ziehen kann, welcher der richtige Weg wäre. Das sollten wir, finde ich, auf jeden Fall abwarten und für die weitere Diskussion nutzen. Ich hätte nichts dagegen, wenn es auch aus Ihrer Sicht sinnvoll wäre, dass man einmal in einer gemeinsamen Sitzung der Gesundheitsdeputation und des Wissenschaftsausschusses die Debatte weiterführt. Ich glaube aber, wir brauchen auch für diese Debatte noch mehr Informationen als das, was wir im Moment vorlegen können. Wann das sein wird, kann ich noch nicht abschätzen.

Noch einmal der Hinweis zu Bundesmitteln: Es ist schön, wenn man den Bund darum bittet, aber ich sage Ihnen eins: Der Bund wird mit Sicherheit in der Medizin keine Ausbildungsplätze finanzieren, denn dann sind nicht nur wir – wir spielen mit unserem Bedarf gar keine Rolle –, sondern auch die großen Länder alle sofort da und wollen sich das natürlich vom Bund finanzieren lassen.

(Abgeordnete Strunge [DIE LINKE]: Aber in Lübeck hat es doch auch funktioniert! – Abgeord- neter Röwekamp [CDU]: Aus der Not!)

In Lübeck ist es etwas anderes gewesen. Dort hat sich das Land Schleswig-Holstein das GEOMAR in eine Einrichtung der Helmholtz-Gemeinschaft umwandeln lassen. Diese hat nämlich eine andere Finanzierungsquote. Bisher war es ein Leibnitz-Institut mit einer 50-50-Quote. Nun ist es eine 90-10Quote. Das ist der Trick gewesen. Das hat mit der

Medizin gar nichts zu tun. Auf dieser Basis, hat das Land Schleswig-Holstein gesagt, finanzieren wir weiterhin die Medizinische Fakultät in Lübeck. Es hat aber nichts damit zu tun, dass der Bund Geld für die Medizin in Lübeck zur Verfügung stellt. Das ist eine ganz andere Diskussion.

Das hat Schleswig-Holstein damals clever gemacht. Sie haben eine andere Debatte geführt. Ich glaube aber, dass wir mit der Diskussion nicht weiterkommen, der Bund werde schon etwas dazu beitragen, sondern das ist eine Sache, die wir als Freie Hansestadt Bremen allein bezahlen müssten. Dessen, denke ich, sollten wir uns auch vor dem Hintergrund der besten Konzeption bewusst sein. Ich habe Ihnen ein Verfahrensangebot gemacht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Röwekamp das Wort zur Geschäftsordnung.

Ich würde das Angebot gern aufgreifen und beantrage Überweisung unseres eigenen Antrages in den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit und in die Deputation für Gesundheit und Verbraucherschutz, federführend: Wissenschaftsausschuss.

Herr Kollege Gottschalk, zur Geschäftsordnung?

Ich kann für uns sagen, wir stimmen dieser Überweisung zu, um genau diese Diskussion dann auch in konstruktiver Weise fortzuführen.

(Beifall – Zwischenruf – Heiterkeit)

Zur Geschäftsordnung? Frau Strunge, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Wie Sie ja wissen, gibt es auch einen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, ich würde deshalb darum bitten, auch diesen mit zu überweisen.

Wenn wir jetzt über eine Überweisung abstimmen, dann brauchen wir nicht mehr abstimmen. Wenn sie angenommen wird, geht der Änderungsantrag gleich mit in den Ausschuss und die Deputation.

Gut, wunderbar.

Herr Dr. Buhlert, Sie haben das Wort.

Auch ich möchte für uns erklären, dass wir gern die Debatte weiterführen und deswegen auch mit abstimmen werden, dass die Überweisung erfolgt, denn die Diskussion weiterzuführen, um den Antrag zu konkretisieren, ist auch uns ein Anliegen. Wir sind der Hoffnung, dass der Antrag in anderer Form aus der Beratung herauskommt, als er in die Beratung geht.

Aber wir brauchen jetzt keine Meldung mehr, um das Abstimmungsverhalten darzustellen.

(Beifall – Heiterkeit)

Es ist Überweisung in den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit und in die staatliche Deputation für Gesundheit und Verbraucherschutz beantragt. Ich lasse jetzt über diesen Antrag abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung

Wer für die Überweisung ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Überweisung zu.

(Einstimmig)

Deutschland braucht ein Einwanderungsgesetz Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der FDP vom 25. September 2018 (Neufassung der Drucksache 19/1834 vom 20. September 2018) (Drucksache 19/1846)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Ehmke.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Görgü-Philipp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Endlich bewegt sich auf Bundesebene etwas in Sachen legaler Migration. Der Zug in Richtung eines Einwanderungsgesetzes ist in Bewegung gekommen. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, denn die Forderung nach einem solchen Gesetz haben wir schon seit rund 25 Jahren. Jetzt geht es darum, das Gesetz in eine moderne Form zu bringen. Die dringend notwendigen Inhalte haben wir in unserem Antrag beschrieben.

Das von der Bundesregierung vorgelegte Eckpunktepapier ist in unseren Augen uninspiriert, zu sehr auf aufenthaltsrechtliche Fragen fokussiert und es lässt vor allem ganz zentrale Aspekte aus. Es fehlt zum Beispiel an Transparenz. Wir wollen die Einführung eines Punktesystems, wie es zum Beispiel in Kanada besteht. Ein solches Verfahren gibt Interessierten eine faire Orientierung darüber, unter welchen Voraussetzungen sie einwandern können. Es benennt Kriterien wie Bildung, Qualifikation, Berufserfahrung, deutsche Sprachkenntnisse für Voraufenthalte in Deutschland. Mit Hilfe des Punktesystems ist für jeden nachvollziehbar, wer einwandern kann und wer nicht. Auch für Kritiker.

Der Wirtschaftsstandort Deutschland soll durch gesteuerte Einwanderung attraktiv bleiben. Gleichzeitig muss aber die Einwanderung auch attraktiv sein für die, die sich auf den Weg machen. Dazu gehört unter anderem, durch weitere Qualifizierung in Deutschland Einreisemöglichkeiten für Menschen zu schaffen, also nicht nur für die Hochqualifizierten, für die es bereits vielfältige Regelungen gibt, die aber kaum Wirkung zeigen.

Dazu gehören bessere Verfahren zu unbürokratischen Anerkennungen von Abschlüssen und Qualifizierungen, langfristige Perspektiven auch für die Partnerin oder den Partner und die Kinder, einschließlich der Möglichkeit der erleichterten Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit.

Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das fortlaufend Berufe definiert, die nicht durch einheimische Arbeitskräfte gedeckt werden können. Wir benötigen gleichzeitig auch ein Gesetz, das sich Bildungs- und Ausbildungspotential von Menschen zunutze macht, die bereits hier sind. Wir benötigen den so genannten Spurwechsel. Mehr als ein Drittel der Menschen, die als Geflüchtete in die Bundesrepublik kommen, haben ein Gymnasium oder eine Hochschule besucht. Viele besitzen Berufsabschlüsse. Anderen gelingt als Geflüchtete der Einstieg in eine Ausbildung.

Der Erwerb der deutschen Sprache und die gesellschaftliche Integration derer, die schon hier sind, sind nicht zu unterschätzen. Es wäre daher widersinnig, in all diesen Fällen nicht zu prüfen, ob diese Menschen die Kriterien eines durch ein Punktesystem moderierten Einwanderungsverfahrens erfüllen, auch wenn sie möglicherweise als Asylsuchende abgelehnt wurden.

Ziel eines künftigen Einwanderungsgesetzes sollte es zum einen sein, die Attraktivität des Standorts Deutschland zu erhalten, zum anderen muss es aber, wie gesagt, für die Einwanderinnen und Einwanderer attraktiv sein und eine echte Zukunftsperspektive bieten. In diesem Sinne bitte ich um die Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Remkes.

Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Besucher! Wir Bürger in Wut sind gegen ein Einwanderungsgesetz zur jetzigen Zeit und dies aus guten Gründen. „Die alternde Gesellschaft und der Fachkräftemangel lassen keinen Zweifel mehr, Deutschland ist langfristig auf Einwanderung angewiesen“, heißt es einleitend in dem Antrag der Senatsfraktion.

(Zwischenrufe)

Doch, meine Damen und Herren, es bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage.

Bereits die Behauptung, es gäbe in Deutschland einen Mangel an Fachkräften, ist in dieser pauschalen Form ein Mythos, was unter anderem die Bundesagentur für Arbeit festgestellt hat. Und das gewerkschaftsnahe, sozialwissenschaftliche Institut WSI kommt in einer gerade veröffentlichten Studie zu dem Schluss, dass es in Deutschland nicht an Arbeitskräften, sondern an der Bereitschaft der Unternehmen fehle, angemessene Löhne zu bezahlen.

Außerdem sei daran erinnert, dass hierzulande noch immer 2,3 Millionen Arbeitslose registriert sind, hinzukommen hunderttausende Menschen, die eine neue Arbeit suchen, jedoch nicht in der Statistik auftauchen. Und was ist mit den knapp 15 Millionen Arbeitslosen in anderen EU-Staaten, die im Rahmen der europäischen Freizügigkeit auch ohne Einwanderungsgesetz nach Deutschland

kommen dürften? Arbeitskräfte stehen der deutschen Wirtschaft aktuell also in ausreichender Zahl zur Verfügung, man muss dieses Potenzial nur mobilisieren.

Richtig ist, dass die Bevölkerung in Deutschland wegen des demographischen Wandels mittel- und langfristig zurückgehen wird und damit auch die Zahl der Erwerbspersonen. Daraus lässt sich aber nicht einfach der Schluss ziehen, dass wir kompensatorische Zuwanderung benötigen, um die vermeintlichen Lücken zu schließen. Immer mehr Experten gehen nämlich davon aus, dass infolge der fortschreitenden Digitalisierung und dem Einsatz künstlicher Intelligenz, der so genannten vierten industriellen Revolution, ein Großteil der heute vorhandenen Arbeitsplätze bereits in den nächsten 15 Jahren verschwinden wird.

(Beifall BIW)

Die vierte industrielle Revolution hat eine andere Qualität, meine Damen und Herren, denn die neu zum Einsatz kommende künstliche Intelligenz konkurriert mit den Menschen erstmals auf kognitiver Ebene.