Protokoll der Sitzung vom 08.11.2018

Diese Art der Auseinandersetzung ist abzulehnen. Ich habe mich heute sehr deutlich von einer Person, die immer noch Mitglied der Alternative für Deutschland ist, distanziert, und ich habe erklärt, was die Alternative für Deutschland mit einer Geschichtspolitik meint, nämlich auch an die deutschjüdischen Traditionen zu erinnern. Das habe ich ausgeführt, und ich glaube, dass ich dazu durchaus einige Worte verloren habe. Ich begebe mich hier nicht auf das Niveau von Herrn Röwekamp und bedanke mich herzlich!

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Das schaffen Sie auch nicht!)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Vogt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich glaube, es gibt niemanden, der sich dazu besser äußern könnte als der Zentralrat der Juden. Der hat unlängst, nachdem der sogenannte Arbeitskreis, der von den Juden in der AfD gegründet worden ist, mit vielen anderen jüdischen

Organisationen eine Erklärung veröffentlicht, die besagt: Nein, die AfD ist keine Partei für Juden. Ich zitiere: Wenn die Juden auf die AfD als Garant für jüdisches Leben in Deutschland angewiesen wären, wäre es um das jüdische Leben hier schlecht bestellt. Die AfD ist eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoah ein Zuhause haben. Die AfD ist antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal.

Allein der Blick auf die Ereignisse in Chemnitz – wo nebenbei nach einer angemeldeten, auch durch die AfD angemeldeten, Demonstration Neonazis ein jüdisches Restaurant zerstört haben –, allein der Blick auf die Ereignisse in Chemnitz sollte ausreichen, um zu erkennen, wessen Geistes Kind die AfD ist. Dort marschierten Repräsentanten der AfD Seite an Seite mit Neonazis, Hooligans und PegidaAnhängern. Sie scheuten sich nicht, mit Menschen, die den Hitlergruß zeigten, auf die Straße zu gehen. Aus diesem Klima des Hasses und des völkischen Denkens heraus wurde ein jüdisches Restaurant in Chemnitz angegriffen. Die AfD, eine Partei der besorgten Bürger? Nein, die AfD ist keine Partei für Demokraten! Die AfD sät Hass und spaltet die Gesellschaft. Sie hetzt gegen Menschen und greift unsere Demokratie tagtäglich an. Die AfD radikalisiert sich zunehmend und schreckt nicht davor zurück, Geschichte umzuschreiben. Gauland nennt Hitler und die Nazis einen Vogelschiss in der Geschichte. Gauland ist aber gleichzeitig stolz auf die Leistung deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen.

Björn Höcke, der Fraktionsvorsitzende der AfD im thüringischen Landtag fordert eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad. Das Holocaust-Mahnmal in Berlin bezeichnete er als Denkmal der Schande. Die AfD fordert in ihrem Wahlprogramm ein Verbot des koscheren Schächtens und der Beschneidung. Wer diese im Judentum fundamentalen Gebote zur Disposition stellt, der spricht Juden in Deutschland das Recht ab, in diesem Land zu leben. Soll das die Politik sein, die für Juden nicht beunruhigend sein soll? Nein, die AfD ist eine Gefahr für jüdisches Leben in Deutschland! Ich glaube, mehr muss man dazu nicht sagen. – Dankeschön!

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Dr. Müller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu

Herrn Tassis und seiner Partei sind jetzt, finde ich, von meinen Vorrednern Herrn Röwekamp und Frau Vogt sehr gute aber auch genug Worte gefunden worden. Ich werde Sie, wie ich es hier lange gepflegt habe, Herr Tassis, einfach weiter ignorieren. Ich möchte aber gern erläutern, warum Sie sich in meinem Heimatsbundesland Sachsen-Anhalt so wohlfühlen, und warum Sie dort – leider – mit Ihrer Partei so viel Erfolg haben.

Die Alternative für Deutschland trifft in SachsenAnhalt auf unwahrscheinlich fruchtbaren Boden, und wir alle, die wir hier in diesem Parlament sitzen, können froh sein, dass wir nicht im Landtag von Sachsen-Anhalt arbeiten, denn dort hätten wir wirklich einiges auszuhalten. Das, was wir dort heute beobachten, ist das Ergebnis von 40 Jahren staatlich legitimiertem und strukturell verankertem Antisemitismus. Deswegen haben Sie es in meiner alten Heimat leider so leicht, und deswegen haben wir heute Umfragewerte von 40 Prozent in Ostdeutschland.

Die treiben mir, deswegen ist es jetzt so eine Art persönlicher Erklärung, die treiben mir wirklich die Zornesröte ins Gesicht und ermahnen uns aber alle gemeinsam, sehr achtsam zu sein, was eine einseitige Gedächtniskultur angeht, was eine zu einseitige Geschichtspolitik angeht. Genau die haben wir aber – und jetzt möchte ich die Debatte gern um einen kleinen europäischen Blick erweitern – bei vielen unserer Nachbarn inzwischen neu zu beobachten.

Wir erleben staatlich legitimierten, staatlich betriebenen Antisemitismus in Ungarn. Wir erleben staatlich subventionierte und durchgeführte antisemitische Kampagnen in Rumänien und Ungarn, die Anti-Soros-Kampagne. Wir erleben eine Umdeutung von Geschichtspolitik in polnischen, ungarischen, slowakischen und rumänischen Geschichtsbüchern, die nur noch nationalistische Heldenverehrung vornehmen und keine Erinnerungs- und Gedächtniskultur, wie wir sie heute miteinander beraten haben.

All das beunruhigt mich sehr. Deswegen freue ich mich ganz besonders, dass der Bürgermeister die Bürgermeister-Erklärung unterschrieben hat, mit der sich sehr viele Gemeinden, Ortschaften und Städte Europas zu einer ausgewogenen, vielfältigen kulturellen Vielfalt und Erinnerungskultur verpflichtet haben. Ich würde deswegen gern noch einmal darauf hinweisen, dass wir unsere Städtepartnerschaften gut pflegen, nicht nur nach Haifa, sondern auch nach Danzig und in andere Städte.

Dass wir, die wir alle womöglich über unsere Städtepartnerschaften bei und mit unseren Nachbarn zu tun haben, gemeinsam sagen, dass wir den Kampf, den wir in Bremen und Bremerhaven gegen den Antisemitismus aufgenommen haben, auch nach außen tragen und uns jeweils dafür einzusetzen, dass auch dort gesellschaftlicher Antisemitismus, aber eben vor allem wieder neu stattfindender staatlicher Antisemitismus, nicht um sich greifen kann.

Wenn ich mir noch etwas wünschen darf, dann wäre es, dass wir unsere deutsch-deutschen Begegnungen, die wir einmal so schön mit Rostock gepflegt haben, auch wieder aufnehmen, gern auch mit Städtchen in Sachsen-Anhalt, ich könnte ein paar empfehlen, –

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Machen wir so- fort!)

um gemeinsam mit Schulklassen auch aus den neuen Bundesländern eine gemeinsame Erinnerungskultur und eine Gedächtnispolitik zu betreiben, die die Herausforderungen, die wir in Chemnitz gesehen haben, die man in meiner Heimatstadt Dessau immer wieder sieht, mit sehr vielen Toten aus rassistischen Beweggründen, annehmen und dass wir hier gemeinsam einen demokratischen Boden schaffen, der für besondere Bevölkerungsgruppen nicht lebensgefährlich ist. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE, FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 19/1808, Kenntnis.

Hochschulübergreifende Kooperationen. Hemmnisse, Grenzen und Potenziale erkennen. Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 29. Mai 2018 (Drucksache 19/1679)

Dazu

Mitteilung des Senats vom 14. August 2018 (Drucksache 19/1769)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Prof. Dr. Quante-Brandt.

Ich gehe davon aus, dass der Senat die Antwort auf die Große Anfrage nicht mündlich wiederholen möchte, sodass wir direkt in die Aussprache eintreten können.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Grobien.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Es sind ja noch ein paar Studierende da, denn es geht ja jetzt auch in dieser Debatte um Hochschulen. Vorher war es voller, der Plenarsaal leert sich nach der doch so spannenden, guten und wichtigen Debatte.

Aber auch Hochschulkooperationen sind ein wichtiges Thema, weshalb wir eine Große Anfrage an den Senat gestellt haben. Wir haben das auch gemacht, weil der Wissenschaftsrat das auch in seiner Begutachtung gefordert hat, dass da noch mehr möglich ist.

Sage und schreibe, 3 205 Male kommt das Wort Kooperation im Entwurf des Wissenschaftsplans 2025 vor. Das macht auch aus der Sicht des Senats den hohen Stellenwert von hochschulübergreifender Zusammenarbeit deutlich und völlig zu Recht auch aus unserer Sicht. Ich danke dem Ressort für die umfangreiche Darstellung und Zusammenstellung der unterschiedlichsten Kooperationen und Zusammenarbeit in der sehr umfangreichen Antwort.

Abgesehen davon, dass Hochschulen und die Wissenschaft insgesamt vermutlich schon immer grenzüberschreitend dachten und denken, wurden sie doch höchstens – und auch wir hatten gerade ein sehr politisches Thema – einmal durch Politik daran gehindert. Heutzutage geht aber ohne eine verstärkte Vernetzung und Zusammenarbeit auf den unterschiedlichsten Ebenen auch im Hochschulbereich gar nichts mehr.

Denken wir an Globalisierung, denken wir an Digitalisierung, denken wir an Internationalisierung oder denken wir an die finanziellen und monetären Grenzen und Hindernisse, die bei der Notwendigkeit von Kooperationen natürlich auch eine wesentliche Rolle spielen.

Nun war mir bei meiner Parlamentsarbeit natürlich schon klar, dass Bremer Hochschulen bereits jetzt untereinander mannigfach kooperieren oder auch nicht nur die Hochschulen untereinander, sondern

natürlich auch mit Bremer, deutschen und internationalen Partnern auf unterschiedlichste Art und Weise zusammenarbeiten. Speziell in der Forschung ist das stets die Regel, und wir hier in Bremen sind immer sehr, sehr stolz auf die Meeres- und Polarforschung, die auch international ist, die besonders stark in Kooperation ist und auch in ihrem Paradestück, dem Flaggschiff der Polarstern, von der wir alle hoffen, dass sie dann auch den Zuschlag erhält, hier im Bundesland neu errichtet zu werden.

Diese Art der Forschung als Einzelkämpfer zu betreiben, wäre Irrsinn und wäre finanziell gar nicht darstellbar. Denn die Vorteile von Kooperationen liegen klar auf der Hand: höhere Innovationskraft und neue Denkansätze, gemeinsame Anschaffung und Nutzung von Großgeräten, bessere Ressourcenauslastung, Kosteneinsparung, weitere Synergien und so weiter.

Ich glaube, ich muss gar nicht viel weiterreden, denn es ist in der Tat eine sehr beeindruckende Auflistung in der Antwort des Senats. Unsere Hochschulen sind gut vernetzt und sind damit auch international gut vernetzt und sind somit auch immer Botschafter in der ganzen Welt für unser kleines Bundesland. Vielleicht etwas weniger international aber dennoch breit aufgestellt sind unsere Hochschulen auch in Sachen Transfer. Wissenschaftstransfer in die Unternehmen zu bringen ist ein Feld, das ja noch vergleichsweise jung ist und das auch noch keine eigenständige Säule hat.

Nur exemplarisch als gelungen will ich hier das Modell Bridge nennen, die hochschulübergreifende Initiative zur Förderung von unternehmerischem Denken, Gründung und Entrepreneurship. Hier sind Infrastrukturen geschaffen, die von allen Hochschulen gleichermaßen genutzt werden können. Der Transfer von wachsendem Wissen und Forschungsergebnissen in die Wirtschaft hinein wird immer wichtiger, nicht nur wegen des zunehmenden Globalisierungsdrucks, sondern auch wegen einer immer kürzer werdenden Haltbarkeit von Wissen und Innovation.

Nehmen wir die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz, die sich in der Tat exponentiell entwickelt. Insofern müssen wir auch hier in Bremen im Bereich Transfer noch etwas genauer hinsehen und vielleicht gibt es auch hier einen gewissen Nachsteuerungsbedarf. Ich möchte noch etwas über die Lehre sagen, die eigentlich der Hauptgrund für meine Anfrage war und ich war auch in diesem Bereich in der Tat positiv überrascht.

Von Erasmus-Kooperationen und Ähnlichem einmal abgesehen verfügen die Hochschulen über ein ansehnliches Konglomerat von Double-DegreeProgrammen mit ausländischen Hochschulen, aber auch über viele verschiedene Kooperationsstudiengänge, wie zum Beispiel in Form der Hanse Law School oder auch die virtuelle Hochschule an der Fachhochschule in Bremerhaven.

Trotzdem, und jetzt übe ich doch ein bisschen Kritik, bleiben manche Potenziale offen und hat die Antwort des Senats zu den Bereichen in der Lehre auch nichts gesagt. Zum Beispiel gab es immer sehr viele Anstrengungen, auch im Fach Sport viel mit dem niedersächsischen Umland zusammenzuarbeiten. Das ist einfach nie gelungen und auch der Wissenschaftsrat hat in seiner Begutachtung geschrieben, dass im Fach Kunst und Musik Kooperationen mit der HFK zu forcieren sind.

Die scheinen unmöglich und zu diesen beiden Sachen steht auch in der Antwort des Senats gar nichts. Dann gibt es noch so etwas wie das HanseWissenschaftskolleg, auch eine Kooperation,

(Glocke)

die ist gerade in der --. Ich komme gleich zum Schluss. Dieses Hanse-Wissenschaftskolleg und die Metropolregion zum Beispiel Bremen-Oldenburg gehen über eine kurze Aufzählung und dessen, dass es das gibt, nicht hinaus. Auch zu Medizin, da brauchen wir besonders viel Kooperationen. Ich weiß, dass Sie in Ihrem Wissenschaftsplan ja nur die klinische Ausbildung fordern. Wir haben da einen etwas weiteren Ansatz, aber da wird es auch noch einmal besonders notwendig, das Thema Hochschulkooperationen ganz genau zu betrachten.

Ich bin jetzt am Schluss, es ist in der Tat eine, Gott sei Dank, nicht ideologisch geprägte Debatte. Ich freue mich auf Ihre Ausführungen und wir werden das ganz sicher auch im Wissenschaftsausschuss weiter diskutieren und verfolgen. – Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat die Abgeordnete Bergmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich an unsere Hochschulen in Bremen denke, muss ich sagen, es sind Juwelen dieser Stadt, es sind Juwelen dieses Landes. Es ist egal, an welche ich denke,

sie haben eine Ausstrahlung über das Land Bremen hinaus, und zwar auch international, durch die Jacobs University, genauso durch die Hochschule in Bremerhaven, die gerade sehr prosperiert.