Bremen hat sich 2009 mit dem ersten Klimaschutz- und Energieprogramm vorgenommen, bis zum Jahr 2020 circa 40 Prozent CO2 im Vergleich zu 1990 einzusparen. Dann muss man jetzt offen und ehrlich, selbstkritisch und auch schonungslos sagen: Bremen hat die Ziele des Klima- und Energieprogramms 2020 einfach stark verfehlt. Das ist eindeutig schlecht und es muss deutlich besser werden.
Jetzt gibt es Punkte, mit denen man Erklärungsversuche starten kann. Wir haben ja schon oft in der Deputation darüber diskutiert, warum wir in Bremen nicht so viel CO2 eingespart haben, wie wir wollten. Das hat unter anderem etwas damit zu tun, dass die Mobilität nicht so ausgelegt war, wie wir es uns gewünscht haben. Aber es hat auch etwas damit zu tun, dass wir zum Beispiel eine sehr moderne Müllverbrennungsanlage haben und viel Abfall aus der Region, aus Niedersachsen, hier in Bremen mit verbrennen. Das ist erst einmal für das Klima global gut, aber es ist schlecht für die Bremer Statistik.
In Wahrheit helfen diese Erklärungsversuche aber auch nicht. Wir brauchen jetzt eine Antwort, wie es mit dem bremischen Klimaschutz weitergehen soll. Die Antwort kann nur sein, dass wir einerseits an den Zielen festhalten und andererseits das KEP bis 2030 fortschreiben und einen Strauß guter Projekte auch umsetzen müssen. Ich sehe da vor allen Dingen drei Komponenten: einmal die Energieversorgung, die Mobilität und die Energieeffizienz für Gebäude.
Wir wissen alle, dass Kohlekraftwerke sehr klimaschädlich sind. Es ist meines Erachtens Wahnsinn, dass diese antiquierte Energieform noch betrieben wird oder für sie sogar noch Wälder wie der Hambacher Forst gerodet werden sollen. Meine Damen und Herren, hinaus aus der Kohle, und zwar jetzt! Das muss eigentlich das Credo für uns alle sein.
Dann möchte ich an dieser Stelle auch einmal sagen, dass es in der letzten Woche im „Weser-Kurier“ einen Gastbeitrag von Herrn Stahmann von der IG Metall gab, in dem er angezweifelt hat, dass es realistisch sei, in Bremen in den nächsten fünf Jahren aus der Kohlekraft auszusteigen. Das ist eine realistische Forderung, die wir aufstellen. Die swb AG sitzt ja selbst daran und plant ihren Kohleausstieg. Wir wissen alle, der Fernwärmeausbau ist dafür absolut notwendig. Er wird deswegen auch von uns befürwortet, auch, und das ist richtig, wenn wir die umwelt- und anwohnerverträglichste Trassenführung dafür haben wollen und darauf beharren.
Im Bereich Gebäudesanierung liegt ein großes Potenzial. In der vorletzten Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung, Energie und Landwirtschaft gab es eine Vorlage, aus der hervorging, dass bei einem Investitionsvolumen von 50 Millionen Euro die Hälfte des CO2 im öffentlichen Gebäudebestand in Bremen eingespart werden kann. Ich finde, es lohnt sich, das ist gut für das Klima und es ist im Übrigen auch gut angelegtes Geld, da die Energiekosten drastisch gesenkt werden könnten. Es rechnet sich.
Was sind weitere Punkte des KEP, also des Klimaschutz- und Energieprogramms? Das ist der weitere Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Wir haben hier schon oft diskutiert, dass es ungünstig ist, wenn der Bund weiter gerade die Offshore-Windenergie deckelt, aber auch jetzt noch einmal im Solar-Energiebereich Einschnitte vornimmt. Das muss der Bund dringend ändern.
Wir brauchen den weiteren Ausbau der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung, die Weiterführung der Aktivitäten zur Minderung der CO2-Emissionen im Unternehmensbereich durch die Steigerung der Energieeffizienz. Ich werde nicht müde, das Beispiel der Stahlwerke zu nennen, die nämlich in den letzten Jahren wirklich Geld in die Hand genommen haben, um ihr Gichtgas, um das Konvertergas zu nutzen, um den anfallenden Kohlenstaub als Reduktionsmittel zu nutzen. Das zeigt, dass man wirklich viel CO2 in solchen Unternehmen einsparen kann. Und wir brauchen eine Fortsetzung der Aktivitäten zur Minderung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor.
Ich komme sofort zum Schluss. Ich könnte jetzt noch viele Beispiele aufzählen, die Glocke hat geklingelt.
Aber auf einen letzten Punkt möchte ich trotzdem noch kurz eingehen. Wir finden es richtig, dass der Senat einen ressortübergreifend nutzbaren Fonds zur Co-Finanzierung von Klimaschutzprojekten einrichten will, nämlich Projekte, die aus Mitteln des Bundes und der EU gefördert werden. Da soll ja bis März das Ergebnis der Prüfung vorgelegt werden und wir halten es für sinnvoll, weil damit dann auch größere Klimaprojekte in Bremen gefördert werden. Also, meine Damen und Herren, lassen Sie uns beim Klimaschutz in Bremen an einem Strang ziehen, und zwar jetzt. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, jeder Einzelne kann etwas dazu beitragen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete! Das Deutsche Rote Kreuz hat im letzten Jahr nach eigenen Angaben die Hälfte ihrer Operationen wegen wetterbedingter Katastrophen durchgeführt. Und nach ihren Angaben sind bereits im Jahr 2016 23,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Folgen des Klimawandels, vor Dürren, Sturmfluten, Überschwemmung oder Verwüstung ganzer Landstriche. Die Klimakatastrophe betrifft insbesondere die Menschen des globalen Südens, während der globale Norden unzureichende Anstrengungen unternimmt, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, und im Zweifelsfall aber auch das Geld hat, die Hochwasserschutzmaßnahmen zu intensivieren, während dem globalen Süden diese Maßnahmen oft in diesem Maße nicht möglich sind.
Das Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet die internationale Staatengemeinschaft auf die Begrenzung der Zunahme der Temperatur auf 1,5 Grad und ruft zu entschlossenen Maßnahmen auf. Der Weltklimarat der UN spricht davon, dass die CO2-Emissionen zwischen den Jahren 2010 und 2030 um 45 Prozent reduziert werden müssten, um das überhaupt noch zu realisieren.
Kommen wir an dieser Stelle in unser Bundesland. 13,6 Prozent, das ist die letzte Zahl des Zwischenstands der CO2-Emissionen des Jahres 2016 in dem CO2-Monitoring aus dem letzten Jahr. Das ist das Zwischenziel auf dem Weg zum eigentlichen Ziel der CO2-Reduktion um 40 Prozent bis 2020. Aus dem Bremischen Energieschutz- und Energiegesetz aus dem Jahr 2015 ist ja das KEP entstanden, das Klima- und Energieschutzprogramm, in dem Maßnahmen entwickelt wurden, wie hier dieses 40-Prozent-Ziel erreicht werden könnte.
Gewirkt hat das Ganze nur mäßig, denn selbst die Gutachter des Senats, die ja jetzt immer noch überlegen, wie es bis 2020 noch funktionieren könnte, gehen davon aus, dass möglicherweise 16 von 40 Prozent erreicht werden können. Auch wenn wir am Ende bei 18 Prozent liegen, können wir feststellen, mit 16 oder 18 von 40 Punkten würde man in der Schule und an der Universität durch jede Prüfung fallen. Der Senat ist mit seiner Klimapolitik und mit den hier verankerten Zahlen durchgefallen. Das Einfachste ist immer, festzustellen, wenn man ein quantitatives Ziel nicht erfüllt. Das ist erst einmal einfach. Die Frage ist: Woran liegt es? Woran hat es gelegen?
Es sind von Frau Dr. Schaefer gerade schon ein paar Punkte angemerkt worden. Ich will auch nur auf wenige Bereiche eingehen. Ein Bereich ist mit Sicherheit der Verkehr. Hier ist eine Verkehrswende nicht gelungen. Wenn wir weiterhin Spritschlucker wie SUVs auf den Straßen haben, wenn auch der Güterverkehr weiterhin auf der Straße bleibt und weniger auf die Schienen verlagert werden kann, wenn ÖPNV und Radverkehr und Intermodalität nicht so gefördert werden, um eine Verkehrswende zu ermöglichen, dann haben wir auch im Bereich Mobilität und Verkehr nicht die Einsparungen, die eigentlich nötig wären, um ein solches Ziel zu erreichen.
schaut, welche Bereiche in der Zeit zugelegt haben. Dort sehen wir, dass das vor allen Dingen die sogenannten sonstigen Wirtschaftsbereiche sind. Das ist in erster Linie die Müllverbrennung. Damit liegt Bremen auch im Bundestrend. Es ist nicht so, dass das nur ein bremisches Problem ist. Ja, es ist richtig, Bremen als Oberzentrum verbrennt natürlich auch Müll, der nicht in Bremen entstanden ist. Aber seit 1994 haben sich unter anderem der Plastikmüll und auch andere Müllsorten in Deutschland verdoppelt. Die Müllmengen sind enorm. Auch wenn wir nicht mehr deponieren wie früher, was gut ist, stagnieren die Recyclingquoten. Die stoffliche Verwertung findet nicht in dem Rahmen statt, in dem es eigentlich nötig wäre, um CO2Emissionen durch eine thermische Verwertung, also durch eine Verbrennung, zu reduzieren. Die positiven Effekte, die wir haben, die gibt es ja durchaus auch, also wenn man sich die GEWOBA oder die BREBAU anschaut oder auch die Wärmesparte betrachtet, gibt es dort durchaus Verbesserungen, die auch über den eigentlichen Zielzahlen liegen. Aber das fängt überhaupt nicht auf, wie gravierend die Zielzahlen in anderen Bereichen unterschritten sind und wie gravierend deshalb diese Zielerreichung verfehlt wird.
Deshalb müssen wir auch feststellen, bis 2020 sind natürlich keine dieser Ziele mehr zu erreichen. Aber aus dieser Erkenntnis müssen wir doch jetzt den Blick auf die Zeit danach, auf 2030, auf 2040, legen. Das ist eigentlich auch eine gesetzliche Verpflichtung.
Deshalb fand ich es in der Vorbereitung für die Debatte spannend, sich noch einmal dieses tatsächlich sehr umfangreiche Papier anzuschauen, insgesamt 443 Seiten Material. Was sind diese 443 Seiten Material eigentlich? Es handelt sich um ein Gutachten der Prognos AG aus dem Jahr 2017. Es handelt sich um eine Dokumentation des Workshops Klimakonferenz aus dem Februar 2016. Es handelt sich um eine Auswertung der Maßnahmen zwischen 2010 und 2016, außerdem das Klimaschutzprogramm noch einmal als Anlage und das Neueste, das CO2Monitoring aus dem Jahr 2018. Ich möchte noch einmal kurz aus dem Gesetz zitieren, das übrigens noch einmal im Anhang ist. Dort heißt es: „Der Senat legt im Rahmen der Fortschreibung – also das, was wir heute machen – des KEP, bis spätestens zum 31. September 2018 für 2030 quantitative Zwischenziele fest, die geeignet sind, das Ziel bis 2050 zu erreichen.“
Ich fasse mich kurz, in diesem Papier ist so eine Art Best-of dessen, was wir in den letzten Jahren eigentlich einmal aufgeschrieben haben. Das ist ja auch nett, damit habe ich ja gar kein Problem. Dieses Papier erfüllt aber nicht den Zweck, den dieses Papier erfüllen sollte, nämlich eine Fortschreibung des KEP inklusive neuer quantitativer Ziele als Zwischenschritte zur Erreichung der Zahlen bis 2050. Deshalb ist dieses Papier nicht geeignet, auch wenn darin einige gute Maßnahmen stehen. Deshalb ist dieses Papier aber nicht geeignet, den Klimaschutz sinnvoll fortzuschreiben, sondern stellt einfach nur fest, wir erreichen die Ziele bis 2020 nicht. Wie es weitergeht? Völlig offen! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Danke, Kollege Janßen, für diesen flammenden Appell, dass wir bis 2050 denken müssen. Ich glaube, wenn wir einen Fehler in der Debatte über das Klima nicht machen dürfen, dann den, uns zu sehr davon beeindrucken zu lassen, wie das Wetter im letzten und vielleicht vorletzten Sommer war und wie es in diesem und vielleicht dem nächsten Winter sein wird. Denn das ist Wetter, und das schwankt erheblich.
Das, worauf es ankommt, ist das Klima, und das ist die Perspektive 30 Jahre und länger. Und ich warne immer davor, dass wir uns, nur weil gerade ein warmer Sommer war, was sehr wahrscheinlich etwas mit dem Klimawandel zu tun hat, argumentativ zu stark darauf verlassen und sagen: Seht her, liebe Leute, deshalb müssen wir etwas für das Klima tun. Wenn die nächsten zwei Sommer verregnet und nass werden – und das erlebt man in Norddeutschland ja häufiger und das wird mit statistischer Wahrscheinlichkeit auch passieren –, dann sagen
all die, denen wir gerade gesagt haben, wegen dieses Sommers muss jetzt etwas für den Klimaschutz passieren: Was wollt ihr denn, es ist doch wieder schön kühl und nass. Also, wir müssen tatsächlich längerfristige Perspektiven haben und dazu gehört auch, bis 2050 zu denken und zu handeln.
Ich glaube, das Vorbild des Landes Berlin ist da ein durchaus taugliches. Die haben in ihrem Klimaschutzgesetz, wenn mich nicht alles täuscht, schon vor zwei Jahren beschlossen, dass sie Berlin bis 2050 zu einer klimaneutralen Stadt, zu einem klimaneutralen Bundesland machen wollen. Und ich glaube, Berlin ist auch deshalb ein gutes Beispiel, weil es sich um einen Stadtstaat handelt, auch einen Stadtstaat, der durchaus Industrien hat, vielleicht im Verhältnis pro Kopf nicht so stark wie Bremen, Kollege Reinken schüttelt schon mit dem Kopf, aber es ist ein Stadtstaat. Sie haben also wenig Fläche, viel Urbanität und sie haben auch Industrie.
Ich glaube, dass das das zweite Problem ist, über das wir uns im Kontext des Klimaschutzes und des Erreichens unserer Ziele Gedanken machen müssen. Nämlich, dass wir als Stadtstaat, der industriestark ist, auf der anderen Seite dieser industriellen Stärke und auch dieser Stärke im verarbeitenden Gewerbe natürlich auch gewisse Schwierigkeiten beim Klimaschutz zu verdanken haben. 6,5 Prozent Zuwachs in den letzten Jahren im verarbeitenden Gewerbe sind toll, aber 6,5 Prozent Zuwachs im verarbeitenden Gewerbe bedeuten nun einmal auch, dass der rechnerische Korridor, der sich einmal ergeben hat, von dem man gesagt hat, wir erreichen unsere Szenarien, wir erreichen unsere Ziele, dass der plötzlich ins Wanken gerät. Das sagt die Vorlage ja auch ganz deutlich. Deshalb müssen wir zum einen das im Blick behalten, müssen uns aber zum anderen auch fragen, was eigentlich der Fußabdruck eines Krankenhauses, eines Krankenhausbettes ist. Was ist der Fußabdruck eines Theaters? Was ist der Fußabdruck eines Arbeitsplatzes im Lande Bremen, wenn wir aus Niedersachsen im Bereich der Arbeitsplätze 44 Prozent Einpendler haben? Wenn wir ungefähr 40 Prozent Belegung unserer Krankenhausbetten mit Patientinnen und Patienten aus Niedersachsen haben?
Da sind wir als Bremer ganz klassisch ein zentraler Ort, erfüllen viele Funktionen für das Umland, die es dementsprechend im Umland so gar nicht gibt.
Aber an all dem hängt auch so ein kleiner klimatischer Preis, den wir in unserer Bilanz wiederfinden, der in der niedersächsischen Bilanz nicht auftaucht. Deshalb, glaube ich, ist es eine ganz wichtige Prämisse für unsere Politik, Bremen und Niedersachsen, diese Stadt-Umlandbeziehung analytisch zu denken und auch ins Handeln einzubeziehen.
Ich glaube, dass man das direkt aufgreifen kann. Es wurde ja schon erwähnt bei der Müllverbrennung, das ist so ein ganz klassisches Beispiel. Wir verbrennen den Müll des Umlands, sind da aber eigentlich auch auf der guten Seite. Also, wir handeln moralisch richtig, wenn wir mit einer modernen Anlage möglichst viel Müll verbrennen. Zum einen ist eine ausgelastete Anlage immer eine effiziente Anlage, zum anderen ist hoher technologischer Standard immer gut, auch beim Thema Müllverbrennung. Trotzdem ist es natürlich klimatisch eine Aufgabe, das Thema Müllreduktion, das wir hier in der Bürgerschaft auch schon häufiger debattiert haben, weiter energisch voranzubringen. Und siehe da, seit letztem Jahr kommt da von der EU auf einmal viel Rückenwind. Also bleibt das eine Aufgabe. Aber es ist trotzdem gewiss, wenn der Müll aus Niedersachsen kommt, können wir da noch nicht einmal unsere legislatorischen Arme hinstrecken, sondern der Müll, der von dort kommt, wird auch verbrannt werden, solange unsere Anlage hier Kapazitäten hat.