Protokoll der Sitzung vom 24.01.2019

Der politische Wunsch ist aber, auch noch einmal deutlich über das hinauszugehen, was der Kompromiss war. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hält beispielsweise sogar die Absenkung auf das Niveau von 51 Prozent der Beteiligung für verfassungsrechtlich zulässig. Warum kümmert sich jetzt eigentlich Politik um solch eine steuerliche Delikatesse? Erst einmal geht es hier um eine Frage der Gerechtigkeit.

Während die Normalbürgerinnen und -bürger Grunderwerbsteuer für ihr Eigenheim zahlen müssen, kommen Firmen um diese Zahlung herum. Ungerechtigkeiten im Steuersystem müssen aus unserer Sicht beseitigt werden, meine Damen und Herren!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Darüber hinaus ist das auch eine ganz konkrete Maßnahme gegen Spekulationen mit Wohnraum. Diese großen Immobiliendienste müssen der Vergangenheit angehören, denn Wohnraum darf aus unserer Sicht kein Spekulationsobjekt sein.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Nebenbei eignet sich das Modell auch übrigens hervorragend zur Geldwäsche. Wenn es nicht zu einem Ende dieses unsäglichen Steuermodells kommt, dann muss wenigstens ein anteiliger Grunderwerb besteuert werden. Wer 50 Prozent der Anteile an der Firma kauft, der muss dann auch 50 Prozent der Grunderwerbsteuer entrichten. Damit würden wir wenigstens einen wesentlichen

Schritt in Richtung der Steuergerechtigkeit machen.

Das ist, das gestehe ich zu, ein steiniger Weg. Es ist eine ganz komplizierte Materie. Im Sinne der vielen Mieterinnen und Mieter, deren Wohnungen nur noch Spekulationsobjekte sind, ist es aber ein richtiger Weg, den wir konsequent weitergehen müssen. – Herzlichen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Steiner.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, als ich Herrn Tschöpe eben gehört habe, habe ich mich gefragt: Stimmt es denn wirklich, wenn man in der Art und Weise einen Share Deal macht als Immobilieninvestor, dass man keine Steuern zahlt? Nein, das ist nicht wahr! Es klingt so, als seien die jetzt alle komplett steuerfrei. Das stimmt aber nicht, denn wenn wir schauen, sind das alles Gesellschaften. Was zahlen Gesellschaften in erster Linie? Gewerbesteuern! Dann kommen hinzu Körperschaftsteuer, je nachdem, wie sie damit umgehen, zusätzlich noch einmal Kapitalertragsteuer, und wenn dann die Inhaber der Firmen die Gewinne ausschütten wollen, kommt zusätzlich wie für uns alle natürlich auch noch die Einkommensteuer obendrauf.

So gesehen stimmt der Mythos von jedem, der in Immobilien investiert und das so macht, zahlt überhaupt keine Steuern und würde dem entgehen, überhaupt nicht.

(Beifall FDP, CDU)

Des Weiteren haben Sie ja einen Hebel, den Sie eigentlich in der Hand haben, und dieser Hebel ist der Hebel des Staates, mit dem Sie als Land Bremen Einfluss haben, und das ist nämlich die Grunderwerbsteuer, das ist richtig. Früher lag diese einmal bei 3,5 Prozent, und heute liegt sie bei 5 Prozent. Warum fangen Sie nicht an, endlich die Grunderwerbsteuer wieder zu senken, damit jeder Mensch sich die Häuser günstiger leisten kann oder auch der Kleinanleger und der sogenannte kleine Mann, der sich ein Häuschen leisten will, davon profitieren kann?

(Beifall FDP)

Wir sprechen heute über den Antrag der Koalition, die diese Gestaltungsmöglichkeiten bei Share

Deals noch weiter einschränken will. Die Einschränkungen sollen dabei über die erreichten Einigungen, die durch die Finanzministerkonferenz angestrebt werden, das haben Sie gesagt, auch noch hinausgehen, wozu übrigens auch Spezialvorschriften explizit für Immobilienunternehmen im Gespräch sind.

Liebe SPD, soweit ich weiß, sind Sie auf Bundesebene an der Regierung doch beteiligt. Was sagt denn dieser Antrag über Ihren Einfluss aus? Die Vereinbarungen der Finanzministerkonferenz sind erst einmal nur Aufträge an die Steuerabteilungsleiter von Bund und Ländern, Gesetzestexte zu formulieren. Was wie und wann gemacht wird, ist deshalb noch völlig offen, also können Sie doch noch Einfluss nehmen. Die Intention, Steuerschlupflöcher zu schließen, ist absolut richtig, und wir sind jederzeit auch bereit, das zu unterstützen, wenn ein gangbarer Vorschlag vorgelegt wird. Das ist hier aber in unseren Augen absolut nicht der Fall.

(Beifall FDP)

Woran stört sich eigentlich die Koalition? Es geht um die Befreiung der Unternehmen von der Grunderwerbsteuer unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich dann, wenn Unternehmensanteile, sogenannte Shares gekauft werden und das, wie schon gesagt, bis zu einer Höhe von 95 Prozent. Das heißt, die Unternehmen zahlen keine Grunderwerbsteuer, wenn sie weniger als 95 Prozent des Unternehmens erwerben und nicht, wie bei den Asset Deals, jedes einzelne Wirtschaftsgut des Unternehmens übertragen wird.

Wie viele können das denn überhaupt? Auch da: Die meisten, die ein Haus kaufen, wollen ein komplettes Haus kaufen und nicht ein Dreiviertelhaus. Dieser steuerliche Vorteil wurde seinerzeit gut durchdacht. Erstens werden nämlich bei Unternehmensanteilen alle Rechte und Pflichten, wie übrigens auch Haftungsrisiken, mitverkauft, und zweitens sollten wichtige Unternehmenstransaktionen nicht zusätzlich verteuert und Investitionen in den Standort Deutschland damit auch nicht unterbunden werden.

Was sonst passiert, ist, dass wir hier unseren Standort Deutschland schwächen, denn im Verhältnis sind wir, was das angeht, international ohnehin schon recht teuer. Wenn wir uns jetzt einmal den Inhalt Ihres Antrags anschauen: Die Koalition möchte, dass anteilig, je nach Höhe der erworbenen Anteile, die Grunderwerbsteuer anteilig fällig

wird. Dafür sollen sie sich auf Bundesebene einsetzen. Die aktuell gefundene Lösung halten Sie jedenfalls für unzureichend, das haben Sie ja auch gesagt.

Wenngleich Sie hier genau das wiedergeben, was DIE LINKE auf Bundesebene bereits vorgeschlagen hat, eines wird hierbei nicht bedacht, nämlich die rechtliche Umsetzung. Ich bezweifle wirklich, dass dieser Vorschlag in der hier beschriebenen Form verfassungsrechtlich umzusetzen und mit EU-Vorgaben auch zu vereinbaren ist. Die wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge sind leider nicht so einfach machbar, wie versucht wird, uns das hier immer zu erzählen.

Mit diesem Vorstoß bleibt zu befürchten, dass bei der Übertragung von Unternehmen, aus welchem Grund auch immer, gerade der Mittelstand unter dieser Regelung leiden wird. Die Global-PlayerUnternehmen, nämlich die sogenannten bösen Steuervermeider, wie Sie sie immer darstellen, können diese zusätzlichen Nebenkosten sicherlich tragen, und im Zweifel haben sie so viel Leistungsvermögen, um andere Steuerschlupflöcher zu finden. Unser Mittelstand hat aber genau das nicht, und es bleibt zu befürchten, dass genau dieser dann unter der Regelung einmal wieder leiden wird.

(Beifall FDP)

Eines ist ganz klar, im internationalen Wettbewerb ist die Unternehmensbesteuerung im Verhältnis zu hoch. Wenn für jede Übertragung von Unternehmensanteilen mit Grundbesitz in Deutschland aufgrund von Umstrukturierung oder was auch immer auch noch Grunderwerbsteuer fällig werden würde, machen wir hier richtige Investitionen unmöglich oder verhindern die Übertragung von Unternehmen an Nachfolger.

(Abgeordneter Rupp [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Frau Steiner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Abgeordnete Steiner FDP]: Nein, tut mir leid, ich habe sehr wenig Zeit, Herr Rupp, ich muss meine Rede erst fortsetzen, dann machen wir die nächste Runde.

Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, dass im Jahr 2016 gut 70 Prozent der gehandelten Wohnungen im Rahmen von Share Deals veräußert wurden.

Diese Situation ist tatsächlich besorgniserregend, aber Untersuchungen legen auch nahe, dass sich steigende Share Deals auf steigende Grunderwerbsteuern zurückführen lassen. Das, liebe Koalition, haben Sie zu verantworten.

(Abgeordneter Rupp [DIE LINKE]: Nein, das ist Un- sinn!)

Eigentlich sollte die Übertragung der Grunderwerbsteuer von der Steuerhoheit des Bundes auf die Länder zu mehr Steuerwettbewerb führen. Leider trat auch aufgrund von Fehlanreizen in der Schuldenbremse nämlich genau das Gegenteil ein, und die Länder steigerten die Grunderwerbsteuer zunehmend.

Sie sanieren sich durch hohe Grunderwerbsteuern. Bundesweit ist das Gesamtaufkommen der Grunderwerbsteuer von 5,29 Milliarden Euro in 2010 auf 13,14 Milliarden Euro in 2017 gestiegen.

(Glocke – Zuruf Abgeordneter Rupp [DIE LINKE])

Ich komme zum Schluss! Ganz ehrlich, Sie haben die Höhe der Grunderwerbsteuer in der Hand, denn es ist die Sache der Länder, diese festzulegen. Sie hätten es auch in der Hand gehabt, genügend Wohnungen in der Vergangenheit zu bauen, und jetzt ist es zu spät. Wir lehnen jedenfalls Ihren Antrag ab. – Danke!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Steiner hat einige Punkte aufgezählt, nämlich die soziale Gerechtigkeit.

Herr Tschöpe, Ihr Beispiel oder Ihr Wortbeitrag fing schon falsch an, mit dem Auto, weil bei dem Auto zahlt natürlich die Kapitalgesellschaft die Mehrwertsteuer, holt sie sich in aller Regel aber über die Vorsteuer vom Finanzamt wieder.

(Beifall CDU, FDP)

Insofern fangen Sie mit einem völlig falschen Beispiel an, und das setzt sich natürlich in Ihrem Redebeitrag auch fort. Ich muss sagen, ich bin ehrlich gesagt auch entsetzt über Beiträge, die hier gewählt werden. Dieses Modell ist, so wie ich es her

ausgefunden habe, seit fast 35 Jahren in Deutschland etabliert. Gerade die Länder, gerade auch unter SPD geführtem Senat, haben mehrere Wohnungsbaugesellschaften verkauft und aufgrund dieses Deals, der da gemacht wurde, höhere Einnahmen erzielt.

Sich jetzt hier herzustellen und zu sagen, das ist alles falsch, das muss alles geändert werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist Ihr Glaubwürdigkeitsproblem, das Sie in der SPD haben.

(Beifall CDU, FDP)

Deshalb laufen Ihnen die Wähler weg, lieber Herr Tschöpe. Ich könnte es sogar verstehen, wenn Sie sagen: Wir haben in Städten ein Problem, dass Mietkosten explodieren. Das Problem ist nur, wenn ein Asset Deal gemacht wird, dann könnten natürlich die Anschaffungskosten inklusive der Grunderwerbsteuer in die Mietkalkulation einfließen. Das heißt, Sie haben noch nicht einmal dort einen Vorteil, wenn ein Asset Deal gemacht wird.

Im Gegenteil, Ihr Antrag, Ihre Initiative wird dazu beitragen oder würde dazu beitragen, wenn sie sich denn umsetzen ließe, dazu hat Frau Steiner gerade einiges gesagt, dass das so ohne Weiteres gar nicht möglich ist. Bei einem Wechsel von Eigentümern von Wohnungsbau, größeren Wohnungseigentümern werden vermutlich die Mieten steigen und nicht sinken, das können Sie doch nicht allen Ernstes wollen, Herr Tschöpe.

(Beifall CDU, FDP)

Ich möchte dazu auch noch einmal sagen: Sie haben das unter dem Aspekt der kommunalen Finanzen diskutiert. Das ist verständlich. Natürlich müssen wir Mehreinnahmen erhöhen. Es gibt aber einen langen juristischen Streit darüber, wenn diese Kopplung zu weit entfernt wird – und selbst der Kompromiss bei den Finanzministern ist schon in der Diskussion der Steuerjuristen –, ob es dann nicht mehr eine Grunderwerbsteuer ist, sondern nachher eine Kapitalverkehrsteuer. Dort liegt die Hoheit aber beim Bund.

Das heißt, wir würden die Einnahmen völlig verlieren, Herr Tschöpe. Wollen Sie das und dass wir uns dann das Geld vom Bund wiederholen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das allen Ernstes wollen. Deshalb sollten Sie über die Initiative tatsächlich nachdenken. Wir lehnen sie auf jeden Fall ab, wir machen sie nicht mit, auch aus den Punkten,