Fußball bereitet Spaß und Freude. Das steht im Mittelpunkt, und er wird von Männern und Frauen gleichermaßen geliebt und gespielt. Das zeigt doch: Die Terroristen wollten in das Herz unserer Gesellschaft stoßen. Das darf ihnen nicht gelingen! Dafür gilt es, sich einzusetzen!
Wir Freien Demokraten, wir als Gesellschaft, wir alle dürfen uns nicht wegducken, wir Freien Demokraten wollen uns nicht wegducken, und wir werden uns nicht wegducken. Wir werden die freiheitlichen Werte verteidigen, auch mit geeigneten militärischen Mitteln. Pazifismus, meine Damen und Herren, den ich in meiner Jugend durchaus attraktiv fand, habe ich angesichts solcher Ereignisse und Kriege längst als meine Haltung verloren, leider, aber das ist auch der Realität geschuldet.
Absagen von Fußballspielen, wie wir sie jetzt erleben mussten, die gerechtfertigt waren, dürfen nicht zur Regel werden. Deswegen ist doch, wenn wir weiter solche Großveranstaltungen haben wollen, wenn wir die Olympiade in Hamburg und andere Dinge haben
wollen, zu Recht die Frage zu stellen: Wie überarbeiten wir die Sicherheitsstruktur sinnvoll? Das wird in einigen Anträgen, die wir gestellt haben, die andere Fraktionen gestellt haben, weiter diskutiert. Wichtig dabei ist aber, dass wir uns nicht zu Schnellschüssen verleiten lassen, sondern schauen, was man aus den Anschlägen lernen kann und was man lernen muss.
Der Untersuchungsausschuss hier im Haus arbeitet auf, was wir an unserer Sicherheitsstruktur ändern können. Die Beschaffungen bei Inneres für die Polizei zeigen doch, was wir schnell tun können. Eine Konsequenz ist für uns Freie Demokraten klar: Wenn wir unseren Rechtsstaat schützen wollen, brauchen wir ausreichend Menschen, die diesen Rechtsstaat schützen, ausreichend Polizistinnen und Polizisten, ausreichend Menschen beim Staatsschutz und ausreichend Verfassungsschützerinnen und Verfassungsschützer.
Meine Damen und Herren, die Anschläge in Paris werden natürlich auch wieder von Interessierten genutzt, um zu sagen: Die Flüchtlinge sind ein Teil des Problems. Nein, die Flüchtlinge dürfen hier nicht diffamiert werden! Sie fliehen vor dem Terror, der uns Angst macht. Wir können sie verstehen. Sie fliehen vor diesen Situationen. Der islamistische Terror zwingt sie geradezu, ihre Heimat zu verlassen. Es macht mich nachdenklich, wenn ich höre, was einige Politiker äußern. Ich bin sehr verwundert über so manchen Politiker, der sagt, wer hierherkommt, müsse zu den Grundrechten stehen, und im gleichen Atemzug die Verschärfung des Asylrechts fordert, das für uns Freie Demokraten zentraler Bestandteil der Grundwerte ist.
Grundwerte und Asylrecht sind für uns unteilbar, aber es gilt auch zu überlegen, was wir bei uns tun können. Es ist schon in den Reden zuvor angeklungen, die Anschläge zeigen, wie wichtig gelingende Integration ist. Gerade, wenn wir nach Frankreich und Belgien schauen, sehen wir eben leider auch Beispiele von nicht gelungener Integration, bei denen wir natürlich auch sehen müssen, was bei uns nicht alles gelungen ist.
Wir müssen überlegen, wie wir da besser werden und den jungen Menschen Perspektiven bieten, die hier leben, wie wir die Bildung verbessern und Chancen auf dem Arbeitsmarkt bieten, wie wir die transkulturelle Kompetenz unserer Gesellschaft, unseres Staates erhöhen. Integration wird der Gradmesser sein, ob die Flüchtlingsproblematik gelöst werden kann oder nicht. Weil die Integration so wichtig ist, müssen wir beispielsweise auch wegkommen von Zelten und Lagern und schneller bauen und feste Unterkünfte schaffen, Flüchtlinge schneller in die Gesellschaft integrieren und dafür sorgen, dass die
Neben dem, was wir hier bei uns in Bremen und Bremerhaven und bei uns in Deutschland tun müssen, gilt es aber auch, etwas bei den Menschen vor Ort zu tun, denn Flucht kann ja immer nur eine Ultima Ratio sein. Wir müssen dafür sorgen, dass die versagenden Staaten nicht länger versagen. Es war doch das Problem der Kriege im Irak, in Afghanistan und so weiter, dass es dort eben keine Pläne, keine Überlegungen für das Danach gegeben hat. Wir wissen aber doch aus der eigenen deutschen Geschichte, aus der Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg, dass ein Morgenthauplan nicht funktioniert. Der Marshallplan war es doch, der Gewinner in unserer Gesellschaft geschaffen und Menschen dazu gebracht hat, sich mit der Gesellschaft zu identifizieren und dafür zu sorgen, dass diese Gesellschaft aus der Mitte der Gesellschaft getragen wird.
Wenn wir daraus die Konsequenz ziehen, dann kann doch die Antwort nur sein, dass wir langfristig Entwicklungshilfe und Unterstützung dieser Staaten brauchen, damit sich dort kein weiteres Staatsversagen ergibt, sondern weitere demokratische Staaten entstehen. Das war doch die Hoffnung, die wir alle nach dem Islamischen Frühling hatten, und diese Hoffnung müssen wir doch aufgreifen, indem wir diese Staaten vor Ort mit Entwicklungshilfe unterstützen.
Zeigen wir doch, welche Chancen freie Gesellschaften bieten, wie das Zusammenleben in einer freien Gesellschaft funktioniert, wie Gläubige aller Religionen und auch Atheisten miteinander zusammenleben können, sich respektieren und tolerieren, wie Integration funktioniert und dass Entwicklungshilfe möglich ist! Sorgen wir dabei auch für Freiheit und Sicherheit, damit die Menschen, die so auf irrsinnigem Grund und so sinnlos gestorben sind in Paris und anderswo, nicht vergeblich gestorben sind, sondern wir daraus eine sinnvolle Konsequenz ziehen! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir trauern um die Opfer des erneuten Terroranschlags in Paris und um viele andere Opfer, die es in diesem Jahr weltweit gegeben hat, es sind von den Vorrednern schon einzelne Vorfälle genannt worden. Insgesamt ist das Jahr 2015 ein Rekordjahr, was den Terrorismus angeht, es gibt über 30 000 Opfer weltweit, und diese Zahl lässt den Begriff Krieg nicht so völlig abwegig erscheinen.
Wir fragen uns natürlich, wie es dazu kommen kann, dass wir diese hohen Opferzahlen sehen müssen. Vorwiegend – auch das wurde schon gesagt – wurden sie verursacht durch Terroristen, die Islamisten sind und sich auf den Koran beziehen, der doch sagt: euch eure Religion, mir meine, und das ist eigentlich ein sehr tolerantes Statement. Dieses Statement beinhaltet aber auch einen Widerspruch: eure Religion, meine Religion, euer Wertesystem, mein Wertesystem, und ich glaube, das ist eine Binsenweisheit, an der wir uns so ein bisschen vorbeidrücken.
Wir sind so gefangen in unserem eigenen Wertesystem, in der Überzeugung, dass unser Individualismus und unsere Demokratie das Richtige sind, dass wir nicht begreifen, dass in anderen Gesellschaften andere Wertesysteme herrschen. Wenn man sich einmal etwas im Internet umschaut – es gibt ja Facebook und andere Diskussionsforen –, wie eigentlich radikalisierte Muslime diese Anschläge generell sehen, dann stellt man fest, dass die Unterstützung der Terroristen sehr groß ist, denn sonst könnten sie auch gar nicht so erfolgreich sein.
Es gab in der Türkei Umfragen nach den Attentaten auf Charlie Hebdo, in denen 20 Prozent der befragten Muslime gesagt haben, dass sie dieses Attentat richtig fanden, weil der Prophet beleidigt wurde und das korrigiert werden musste. Es gibt vom Doha Institute Untersuchungen, denen zufolge vier Prozent der Flüchtlinge aus Syrien sehr starke Gefühle für den Islamischen Staat haben. Wir wissen aus der Studie „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ vom Bundesinnenministerium aus dem Jahr 2012, dass ungefähr 20 Prozent der Muslime der Meinung sind, das Wertesystem ihrer Religion stehe im Widerspruch zu unserem Wertesystem und dass man im Zweifelsfall auch Gewalt einsetzen könne, um das durchzusetzen!
Nicht zuletzt waren es die Außenminister der meisten islamischen Staaten selbst, die in der Kairoer Erklärung der Menschenrechte 1990 erklärt haben, dass sie sich von der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen distanzieren, weil Gottes Recht vorgehe und das Recht von Menschen niemals vor dem Recht Gottes stehen könne.
Das ist natürlich etwas völlig anderes als das, was wir sagen, wonach nämlich für uns das Recht eines Menschen immer vor dem Recht eines imaginären Gottes steht.
Worauf will ich aber eigentlich hinaus? Wenn wir diese unterschiedlichen Wertesysteme haben und anerkennen, dass wir sie haben, dann funktioniert das nur in dem Respekt der Unterschiedlichkeit und im Anerkennen dessen, dass es keine absoluten Wahrheiten gibt. Wenn man die Begründung sieht, warum so viele Menschen aus der islamischen Welt und auch unter
den Muslimen hier in Deutschland Sympathien für den Islamischen Staat haben, dann sehen wir, dass es eben nicht nur 30 000 Tote durch Terror gibt, sondern es gibt Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen von Toten in muslimischen Ländern, die Opfer unseres Vorhabens sind, unsere Idee von Demokratie mit Bomben und Gewehren in die muslimische Welt zu tragen.
Wenn denn das Wertesystem der muslimischen Welt unterschiedlich ist und in unserem dann die Idee der Rechte Gottes der Idee des Individualismus, die wir haben, widerspricht, dann müssen wir uns daran erinnern, dass unser Wertesystem ebenso wenig die absolute Wahrheit ist wie das muslimische.
Die Tatsache, dass wir mit unserem Individualismus an Grenzen stoßen, sehen wir zum Beispiel an der Frage, wie wir mit unserem Planeten und unseren natürlichen Ressourcen umgehen. Auch unser Wertesystem ist nicht der Weisheit letzter Schluss, aber aus unserer Perspektive nehmen wir wahr, dass in der muslimischen Welt ein großer Nachholbedarf besteht, und das ist, glaube ich, auch eine Ursache für Wut.
Die muslimische Welt fühlt sich – teilweise zu Recht – in wesentlichen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Fragen von der Entwicklung auf diesem Planeten abgehängt, und man muss überlegen, wie man diesen Prozess unterstützt, damit die muslimische, die islamische Welt sich weiterentwickeln und reformieren kann. Die entscheidenden Ansätze und Impulse dafür können aber nur aus der islamischen Welt selbst kommen, wir können ihnen von außen nicht sagen, was Fortschritt und was richtig oder falsch ist. Wir können ihnen aber ganz deutlich klarmachen: Euch eure Religion und uns unsere, und unser Wertesystem gilt hier ohne jede Einschränkung!
Da müssen wir den Anfängen wehren und widersprechen, wenn ein Fußballspieler sich weigert, einer Journalistin die Hand zu geben,
da müssen wir Einspruch erheben, wenn christliche Kinder in Schulen als Schweinefleischfresser verunglimpft werden. Wir müssen unsere freiheitlichen Prinzipien hochhalten, ohne jedoch das Wertesystem des Islams zu negieren, ohne zu versuchen, Andersgläubige mit Gewalt zu missionieren, und sei es mit unserer demokratischen Idee, und ohne diese kulturellen Unterschiede länger zu ignorieren, denn wenn wir diese kulturellen Unterschiede und diese Unterschiede des Wertesystems nicht sehen wollen, werden sie an anderer Stelle offenbar. – Vielen Dank!
Der letzte Redebeitrag hat mich doch bewogen, mich noch einmal zu melden. Schaefer folgt auf Schäfer. Ich überlege gerade, ob ich nicht vielleicht lieber den Nachnamen meines Mannes annehmen sollte, um eine Differenzierung vorzunehmen.
Herr Schäfer, was Sie gemacht haben, ist das, von dem wir anderen Fraktionen uns einig waren, dass wir das nicht machen sollten, nämlich die Muslime und den Islam unter eine Art Generalverdacht zu stellen. Wir waren uns einig: Es geht hier nicht um eine Religion. Sie haben den Koran herangezogen und zitiert. Sie haben den Muslimen im Prinzip vorgeworfen, sie hätten andere Werte als wir. Sie haben Umfragen herangezogen, um zu sagen: Viele Muslime finden es gut, dass dieser Anschlag verübt wurde.
Wir haben vorhin über Folgendes diskutiert: Wenn es in Deutschland eine Umfrage geben würde, wie viele Deutsche es gut finden, dass Flüchtlingsheime angezündet werden, wäre ich mir auch nicht sicher, wie hoch der prozentuale Anteil ist. Trotzdem würden wir das hier verurteilen. Ich finde es nicht richtig,
Zu Recht! Zu Recht! Er ist hinausgegangen. Ich habe trotzdem das Bedürfnis, das für uns klarzustellen.
Die meisten Toten und die meisten Opfer der islamistischen Anschläge sind in der Tat Muslime. Schon das zeigt, dass es eben nicht um die Religion geht!