Wir haben die Problematik mit ESF und EFRE. Wir haben dort das Problem, dass wir mit der Europäischen Kommission noch keine Verständigung haben. Was sollen wir denn jetzt tun? Mit ihnen nicht mehr reden oder mit vorgehaltenem Revolver bei ihnen vorsprechen und sagen, wir wollen zur Lösung kommen? Ich glaube, das funktioniert nicht.
Klar müssen wir einen Ausgleich schaffen! Klar müssen wir im Rahmen des Haushalts einen Ausgleich schaffen, wenn diese Einnahmen nicht zur Verfügung stehen. Wir wissen im Übrigen noch gar nicht – ich bin nach wie vor optimistisch –, ob diese Einnahmen nicht noch zustande kommen, nicht in diesem, aber im nächsten Jahr. Von daher weiß ich nicht, was an diesen Ecken hätte gedreht werden sollen.
Was sollen wir denn mit den Tariferhöhungen machen? Sollen wir jetzt sagen, wir zahlen die Tariferhöhungen nicht, und dass wir gegensteuern? Wir als Koalition haben uns ja gerade ein Urteil eingefangen, das für uns nicht so ganz erfreulich war, aber natürlich müssen wir das, was da herauskommt, akzeptieren und umsetzen. Also müssen wir die Zahlungen leisten. Wie sollen wir denn gegensteuern? An der Ecke können wir nicht gegensteuern.
Das Problem ist: Immer, wenn gesagt wird, es soll gegengesteuert werden, bleibt unklar: An welcher Ecke will man es denn tun? Wo will man denn die
Ausgaben reduzieren? Klar ist eben geworden: Bei Investitionen soll man es nicht. Aber wo soll man es denn machen? Es ist leider das Problem, das wir in den letzten sechs bis acht Jahren hier in der Bürgerschaft beobachten durften, dass uns gesagt wurde: Reduziert doch, wir sagen euch aber nicht, wo!
Ich glaube, dass das ebenfalls nicht seriös ist. Es hilft auch nicht in einer Debatte darüber, wie wir künftig mit unseren Finanzen seriös umgehen wollen.
Lassen Sie mich noch etwas zu dem Punkt der Verpflichtungsermächtigungen sagen, die bei der BSAG erhöht werden, die auch eine Rolle gespielt haben: Wir wissen, dass wir besondere Fahrzeuge angeschafft hatten, Fahrzeuge, die – das hat die Realität gezeigt – eine kürzere Laufzeit haben als andere Fahrzeuge, die in der Republik Standard geworden sind. Das galt eben nicht für die Fahrzeuge, die wir angeschafft haben. Das ist aber eigentlich alles bekannt.
Daher kann man nicht davon ausgehen, dass man bei den Neuanschaffungen, die jetzt kommen, von der gleichen kurzen Lebenszeit ausgehen kann. Im Übrigen bitte ich, doch noch einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass die Finanzierungen bei der BSAG und dem OTB unterschiedlich sind. Es werden unterschiedliche Wege gegangen.
In dem einen Fall haben wir den Weg, dass wir es letztlich über die BSAG regeln. In dem anderen Fall machen wir es über direkte Haushaltszuweisungen. Das bedeutet schon einen Unterschied. Im Übrigen will ich sagen: Ich hätte auch nichts gegen längere Laufzeiten. Wenn wir das schaffen könnten, wäre es gut, aber im Augenblick sieht die Situation nicht so aus, als ob wir damit nicht in Konfrontation zu den Vereinbarungen mit dem Stabilitätsrat kommen.
Da bin ich bei der Frage: Halten wir denn nun den Konsolidierungskurs ein? Ein Sicherheitsabstand ist ja kein Heiligtum, sondern er ist ein Sicherheitsabstand, der genutzt werden muss, wenn man in Situationen kommt, in denen andere Chancen nicht mehr vorhanden sind. Dass sich der Sicherheitsabstand reduziert, wenn wir Mehrausgaben zu leisten haben, die uns erreicht haben und nicht absehbar waren, sodass wir den Abstand verringern müssen, dann ist das doch keine Überraschung, sondern Konsequenz. Wir haben den Sicherheitsabstand immer eingehalten, damit wir, wenn entsprechende Situationen eintreten, überhaupt noch einen politischen Spielraum haben. Dieser politische Spielraum wird jetzt von uns genutzt.
beschließen, weil die Ausgaben- und die Aufgabenmenge gestiegen ist. Wir stimmen dem Nachtragshaushalt deswegen in erster Lesung zu, und wir werden ihm auch am Ende der Beratungen im Haushaltsund Finanzausschuss zustimmen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Tage, da muss man aufpassen, dass man nicht über die eigenen Füße stolpert.
Ich möchte damit beginnen, dem Kollegen Liess zu sagen, dass mich die Tatsache, dass es statt 240 Millionen Euro nur 215 Millionen Euro sind, nicht sonderlich beruhigt.
Ich weiß, dass sich die Dinge später konkretisieren, aber 215 Millionen Euro sind genug. Wir haben es schon mehrfach gehört, ungefähr die Hälfte dieses Betrags sind Mehrausgaben, die wir tätigen müssen, weil wir geflüchteten Menschen helfen müssen und helfen wollen. Die zweite Hälfte sind andere Ausgaben. Es ist deswegen richtig, die beiden Ausgabenblöcke getrennt zu betrachten.
Die Zahl der Menschen, die nach Deutschland beziehungsweise nach Bremen gekommen ist, ist in einer Weise gestiegen – und ich teile diese Einschätzung –, die nicht vorhersehbar gewesen ist. Die zu bewältigende Aufgabe ist als gewaltig anzusehen. Ich finde, jeder Euro, der zur Bewältigung der Aufgabe ausgegeben wird, ist gut investiertes Geld, weil er Menschen hilft, weil er für die Menschen und für Bremen eine Perspektive schafft.
Die interessante Frage, die uns umtreibt, ist, ob wir in diesem Jahr genug Geld in die Hand genommen haben, um allen Menschen helfen zu können. Es werden über 1 000 Menschen in Zelten überwintern müssen. Es ist noch ein großer Teil unbegleiteter jugendlicher Flüchtlinge vorhanden, der keine Schule besuchen. Nach unseren Informationen ist die gesundheitliche Versorgung der Flüchtlinge auch nicht mit ausreichend zu bezeichnen.
Jetzt kann es sein, dass die beschriebene Situation durch praktische Grenzen verursacht wird, weil die zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht ausreichen. Ich sage deshalb, dass die Probleme nicht immer
mit Geld gelöst werden können, aber ohne Geld können überhaupt keine Probleme gelöst werden. Wir werden also insbesondere beobachten, wie sich die Situation im nächsten Jahr entwickelt.
Wenn man einmal einen Blick in die Berichte geworfen hat, die das Haushaltsrisiko beschreiben und wir vor Kurzem hier beraten haben, dann wird man feststellen, dass kluge Leute versucht haben einzuschätzen, wie sich die Kosten für die Flüchtlinge und die Sozialhilfeleistungen in Bremen entwickeln werden. Im Verhältnis zu den berechneten Zahlen für das nächste Jahr sind die 100 Millionen Euro, die wir in diesem Jahr zusätzlich aufbringen müssen, nur ein kleiner Betrag. Wir werden damit rechnen müssen, dass es 200 bis 250 Millionen Euro sein werden.
Man kann es jetzt noch nicht genau absehen, weil wir nicht wissen, wie sich die Zahl der Flüchtlinge entwickeln wird, aber aufgrund der Vergangenheit haben wir vielleicht eine Idee, sodass wir eine Entwicklung absehen können. Dieser Teil des Nachtragshaushalts ist unabdingbar. Wir finden es richtig, dass diese Mittel ausgegeben werden.
Es lohnt sich, einen Blick auf den zweiten Teil des Nachtragshaushalts zu werfen, Mehrausgaben in Höhe von 15 Millionen Euro für das Innenressort, 20 Millionen Euro für das Jugend- und Sozialressort sowie Mindereinnahmen aus ESF- und EFRE-Mitteln. Liquiditätsrisiken bestehen in Höhe von 29 Millionen Euro, und bei den Beteiligungen sind Mindereinnahmen in Höhe von 20 Millionen Euro vorhanden.
Es stellt sich die Frage, ob es möglich gewesen wäre, die 15 Millionen Euro, die für das Innenressort vorgesehen sind, durch die Umsteuerung von Mitteln zu erwirtschaften. Ich beantworte diese Frage mit einem Nein. Es sind nämlich dringend notwendige Ausgaben, die bisher nicht berücksichtigt gewesen sind, und deshalb müssen sie in den Nachtragshaushalt eingestellt werden. Soweit mir bekannt ist, geht ein großer Teil der zusätzlichen 20 Millionen Euro für das Jugend- und Sozialressort auf gesetzliche Verpflichtungen zurück und ist sozial in jedem Fall notwendig. Ein Umsteuern ist schlecht.
Die Mindereinnahmen aus Beteiligungen in Höhe von 20 Millionen Euro hätte man – je nachdem, welche Beteiligungen man betrachtet – vorher absehen können. Bei den Mindereinnahmen in Höhe von 17,4 Millionen Euro aus ESF- und EFRE-Mitteln stellt sich die interessante Frage – und der werden wir nachgehen –, welche Seite wie gehandelt hat. Ist Brüssel nicht bereit gewesen, die Mittel zur Verfügung zu stellen, oder ist Bremen seinen Pflichten nicht nachgekommen, die beispielsweise bei der Abrechnung der Mittel bestehen? Wir werden das in Erfahrung bringen. Mich irritiert ein bisschen, und vielleicht kann das im Laufe der Debatte erläutert werden, dass es zu 17,4 Milli
onen Euro Mindereinnahmen bei den ESF- und EFREMitteln gekommen ist, Liquiditätsprobleme mit 29 Millionen Euro veranschlagt werden und in diesem Betrag noch einmal Mindereinnahmen aus EFRE-Mittel enthalten sein sollen. Es sind also die Fragen zu beantworten, ob Bremen die 17,4 Millionen Euro im Jahr 2016 zur Verfügung gestellt bekommt und ob die 29 Millionen Euro ebenfalls Mittel, die Bremen noch erhalten wird oder nicht.
Interessant ist, wenn man sich die Mehrkosten, die Mehrkosten im Hinblick auf das Thema Flucht und die Mehrkosten aus sonstigen Bereichen einmal ansieht, dann wird klar, dass es sich bei den meisten Mitteln nicht um einmalige Ausgaben handelt, sondern laufend anfallende Ausgaben sind. So oder so ähnlich werden wir es in den nächsten Haushalten abbilden müssen. Wenn man allerdings einen Blick in den Finanzrahmen wirft, dann bin ich der Meinung, dass es noch nicht hinreichend abgebildet ist.
Schauen wir uns die Gegenfinanzierung an! Die Geldbuße von Rheinmetall ist eine einmalige Zahlung, aber keine regelmäßig wiederkehrende Einnahme.
Die Planungsreserve in Anspruch nehmen! Bei den bisherigen Haushaltsberatungen ist uns immer wieder mitgeteilt worden, dass die Haushalte dermaßen auf Kante genäht seien, dass kein Spielraum mehr vorhanden sei, und auf einmal stehen aus der Planungsreserve 14,5 Millionen Euro für die Finanzierung eines Nachtragshaushalts zur Verfügung. Nach meinem Eindruck handelt es sich um reale Kürzungen, denn es sind Mittel, die sinnvoll zu verausgaben gewesen wären.
Es sind Minderausgaben in unterschiedlichester Form vorhanden. Es sind Ausgaben, von denen ich den Eindruck habe, dass ihre Gegenfinanzierung nicht auf Dauer angelegt ist. Es ist also eine Lücke zwischen den auf Dauer gestellten Ausgaben und der Gegenfinanzierung vorhanden, die wir in den kommenden Haushalten abbilden müssen.
Jetzt befinden wir uns in der Situation – ich habe sie eben gerade erläutert –, dass sich aus der Steuerschätzung für den November für Bremen eine deutliche Erhöhung der Steuereinnahmen ergibt. In diesem Jahr waren insgesamt deutliche Steuermehreinnahmen zu verzeichnen. Trotzdem hätte – zumindest theoretisch – das Problem eintreten können, dass trotz erhöhter Steuereinnahmen Ausgaben zu leisten gewesen wären, die eine Verletzung des Sanierungspfades bedeutet hätten.
Diese Situation haben wir gerade noch einmal umschiffen können. Ich finde, das ist absurd. Es ist ein Zustand, der sich im Jahr 2016 fortsetzt. Wir müssen im Jahr 2016 auf der Grundlage der Mai-Steuerschätzung 2015 einen Haushalt aufstellen, wissend,
dass Steuermehreinnahmen vorhanden sind, wissend, dass möglicherweise Mehrausgaben vorhanden sind, die wir vorher nicht kalkulieren, und dass die Situation entsteht, dass wir die Schuldenbremse nicht einhalten, obwohl es zu Steuermehreinnahmen kommt. Das, finde ich, ist absurd.
Deswegen ist es aus meiner Sicht wichtig – und die Finanzsenatorin hat es bereits angesprochen –, dass man über diese Situation redet. Ich meine, es ist technisch kein großes Problem, die Steuerschätzung aus dem November zur Grundlage der Haushaltsaufstellung für die Jahre 2016 und 2017 zu machen. Wir kennen die Einnahmesituation. Wenn wir die Haushalte nach dem üblichen Verfahren aufstellen würden, dann müsste mit den Beratungen im Mai begonnen werden, damit im November eine endgültige Beschlussfassung zu den Haushalten möglich wäre. Ich finde, die November-Steuerschätzung sollte als Grundlage für die Haushaltsberatungen genommen werden, damit für Bremen die beschriebene absurde Situation vermieden wird.
Ich habe darauf hingewiesen, dass die prognostizierten Sozialleistungen im nächsten Jahr deutlich steigen werden. Der Finanzrahmen berücksichtigt eine Steigerung von 2,2 Prozent. Diese Steigerungsrate ist aus meiner Sicht zu gering. In den letzten Jahren waren es Steigerungsraten zwischen vier bis sechs Prozent, Experten empfehlen im Augenblick eine Steigerungsrate von mindestens vier Prozent. Die Sozialleistungen stellen also ein Risiko dar.
Ich weise noch einmal darauf hin, damit sich alle noch einmal darüber im Klaren sind: Wir zahlen im Moment drei Prozent Zinsen auf 20 Milliarden Euro, also circa 600 Millionen Euro. Die für das Jahr 2016 prognostizierten Kosten für Sozialhilfeleistungen machen mittlerweile circa 900 Millionen Euro aus. Das entspricht, wenn man sie als regelmäßig zu leistende Ausgaben ansieht, zusätzlichen Schulden in Höhe von 30 Millionen Euro, also muss man sich nicht nur Gedanken darüber machen, wie man die Schulden in Geld abbaut, sondern – ich sage es zum wie vielten Male; ich weiß es nicht – wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, wie wir diese Schulden langfristig abbauen, denn sie haben dieselbe Wirkung wie Schulden in Geld.
Wir haben eine Situation, in der wir darüber nachdenken müssen – das hat die Finanzsenatorin zum Glück auch gesagt –, dass die Kosten, die wir für Flüchtlinge, die Unterbringung und die Integration haben, nicht in den Sanierungspfad eingerechnet werden. Das Grundgesetz und die Verfassung sehen Ausnahmen, unvorhergesehene Ereignisse, vor. Jetzt begreife ich die Flucht sozusagen für uns nicht als Katastrophe, sondern als Chance. Für die Menschen, die fliehen müssen, ist es eine Katastrophe, aber ich finde, es ist ein Anlass, deutlich darüber nachzuden
ken zu sagen, dass das kein Geld ist, das in die Berechnung des strukturellen Defizits einfließen muss, das ist Geld, das wir herausrechnen müssen, insbesondere weil der Bund eben nur zehn Prozent übernimmt.
Wir haben noch einen Abstand von vielleicht 90, vielleicht 50 Millionen Euro zum Sanierungspfad. Ich weise darauf hin, dass man derzeit auf vier Jahre Geld erhält, wenn man sich bei jemandem Geld leiht. Die Zinsen sind mittlerweile negativ. Gegen Jahresende immer noch einen Sicherheitsabstand von 90 Millionen Euro zu halten: Ich bin mir nicht so sicher, ob das ein gutes Geschäft ist, vor allen Dingen, weil wir mit Sicherheit auch in den nächsten Jahren für Flucht Kosten haben werden, Investitionen leisten müssen. Wir appellieren, noch einmal darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvolle Möglichkeiten gibt, dieses Geld jetzt zu investieren, einmalig zu investieren, zu einem enorm günstigen Zinssatz, um dann zu schauen, ob man dadurch Minderausgaben oder Mehreinnahmen generiert. Wir werden uns dazu Gedanken machen und einen Vorschlag unterbreiten.