Nun ist Papier geduldig und das Spannende ist nicht, was wir im Sommer verhandelt und die Parteien im Herbst unterzeichnet haben, sondern wie die Verabredungen umgesetzt werden. Wir erwarten natürlich von allen Parteien, die den Konsens mitgetragen haben, dass sie sich auch noch in den Wochen nach der Wahl daran erinnern werden und an die Umsetzung des Konsenses gehen.
Lieber Herr Kollege Dr. vom Bruch, Sie haben gerade von Rosinenpickerei gesprochen. Ja, wir hatten im Dezember tatsächlich einen Antrag vorbereitet. Da ging es uns aber nicht darum, einzelne Dinge herauszunehmen, sondern wir wollten die in Umsetzungsprozesse bringen, bei denen es besonders lange dauert, weil wir vereinbart haben, dass wir Mechanismen finden müssen, die entwickelt werden müssen, weil wir sonst im nächsten Haushalt nicht passgenau nachsteuern können.
Es war keine Rosinenpickerei, sondern es war – –. Wir haben uns die Punkte herausgesucht, bei denen wir vereinbart haben, dass wir die Mechanismen brauchen, aber wir müssen der Verwaltung einen Auftrag geben, damit sie diese Mechanismen noch entwickelt. Sie haben doch gerade selbst gesagt, wie lange hier manches dauert. Man muss als Parlament natürlich die Beschlüsse fassen, die die Verwaltung und die Legislative dazu auffordern, diese Mechanismen und Verfahren zu entwickeln.
Die Umsetzung des Schulkonsenses wird nämlich eine spannende Detailarbeit werden. Und dann wird es nicht nur spannend sein, wie viele neue Stellen insgesamt im nächsten Haushalt stehen,
sondern es wird wesentlich sein, an welchen Stellschrauben wir drehen, um diese Stellen zu verteilen.
Ich will einmal ein paar Punkte aufzählen: Wie viele Stellen kommen in den Schulen an, auch in den benachteiligten Stadtteilen? Ich habe ja gesagt, real ist gerade an der Stelle die größte Lücke, nicht in den Zuweisungen, aber in den fehlenden Köpfen. Welche Schulen werden für eine durchgehende Doppelbesetzung im Unterricht ausgewählt? Welche höhere Inklusionsquote wird in der Landeszuweisungsrichtlinie angenommen? In welchem Verhältnis werden die zusätzlichen Stunden für Inklusion, also für Förderbedarfe, an die Schulen verteilt? Wie wird zukünftig das Personal an den ReBUZen zugewiesen? Das sind Fragen und die nächste Haushaltsberatung steht an, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Spätestens nach der Konstituierung werden ein Senat und die Ressorts in die Vorbereitung gehen, und das heißt, die Verwaltung muss diesen Schulkonsens umsetzen und genau diese Punkte tatsächlich erarbeiten und erfüllen und das sind alles keine einfachen Fragen.
Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass die Koalition, die jetzt regiert, vor zwei Jahren richtigerweise im Haushalt beschlossen hat, 15 Schulen durch ein sogenanntes Handlungskonzept mit extra Stundenzuweisungen besonders zu fördern, aber anschließend acht Monate gebraucht hat, um sich zu einigen, wie diese Sonderförderung ausgestaltet wird und welche Schulen davon profitieren. Das heißt, die Aufgaben, die wir der Verwaltung nun mit dem Schulkonsens stellen, sind noch einmal deutlich komplizierter als die einmalige Auswahl von 15 Schulen vor zwei Jahren.
Wenn der kommende Senat in der Lage sein soll, den Konsens umzusetzen, braucht er Vorarbeiten zu all diesen Fragen und es müssen verlässliche und belastbare neue Kriterien gefunden werden, nach denen die Stellen künftig zugewiesen werden. Es ist daher richtig und wichtig, dass wir als Fraktionen, deren Parteien den Konsens unterzeichnet haben, hier diesen Antrag einbringen, und es ist auch ziemlich egal, wer danach regiert.
Nein, das ist nicht egal, das stimmt, aber unabhängig davon, wer nach der Wahl regiert, braucht er von der Verwaltung zuverlässiges Material dazu,
wo welche Stellen benötigt werden und welche Kosten sich hieraus ergeben. Nur auf der Grundlage werden wir den nächsten Haushalt verhandeln.
Wie wichtig es ist, den Schulkonsens jetzt systematisch anzugehen, das sieht man auch am Beispiel des geplanten Qualitätsinstituts. Wir haben den Antrag vor eineinhalb Jahren gemeinsam mit der Koalition eingebracht, weil wir das für richtig gehalten und gesagt haben, wir müssen dann aber auch schauen, dass das LIS gestärkt wird, denn es geht uns ja auch um Prozesse, von denen die Schulen etwas haben.
Der Senat hat sich in den vergangenen Monaten nicht ganz geschickt verhalten, das muss ich einmal ehrlich sagen. Ich weiß, welche Probleme zum Teil dahinter standen, aber wir haben trotzdem gesagt, dass wir die am Schulleben beteiligten Gruppen, insbesondere die Lehrkräfte, auf dem Weg zu einer qualitativen Fortentwicklung der Schulen mitnehmen müssen. Und das ist nicht gut gelungen. Die Auseinandersetzung darüber, warum es die Tests geben soll und wozu sie führen sollen, ist bei den Lehrkräften offensichtlich nicht angekommen. Die haben nur Mehrarbeit und keinen Mehrwert gesehen. Von daher muss man noch einmal deutlich machen, dass mit den Ergebnissen auch tatsächlich eine Qualitätsentwicklung und vor allen Dingen eine Unterstützung der Schulen einhergeht und die Tests nicht nur, wie es in der Vergangenheit war, geschrieben, aber die Ergebnisse gar nicht richtig ausgewertet wurden. Es ist dem Senat offensichtlich nicht geglückt, das den Lehrkräften so zu vermitteln, und darauf hatten wir eigentlich sehr viel Wert gelegt.
Ich finde, das Qualitätsinstitut muss deswegen noch einmal von einer ganz anderen Seite präsentiert werden und es darf nicht immer nur die Datenerhebung davor stehen, sondern natürlich die Frage, was man mit den gewonnenen Daten macht.
Ich werde mich vielleicht noch einmal zu zwei, drei Punkten äußern, vielleicht auch zu dem Antrag der FDP, den ich komplett rückwärts, in das 19. Jahrhundert gewandt finde. Vielleicht erspare ich mir das einfach. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sowohl der Konsens 2008 zwischen den Parteien CDU, Bündnis 90/Die Grünen und SPD als auch die Fortsetzung im vergangenen Jahr sind für die Schulen in Bremen und Bremerhaven immens wichtig. Wichtig, weil wir uns damit von nicht zielführenden Strukturdebatten verabschiedet haben. Wichtig, weil damit alle Schulen Planungssicherheit haben und sich voll auf ihre eigene Entwicklung konzentrieren können. Ziel war und ist es, weiterhin die starke Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg zu reduzieren.
Der Konsens bedeutet nicht, dass wir keine bildungspolitischen Unterschiede mehr haben. Jede Fraktion – und so war es auch in den vergangenen zehn Jahren – ringt weiterhin um den besten Weg, um die sinnvollsten Maßnahmen. Diesen Gestaltungsanspruch, den Sie formuliert haben, haben wir selbstverständlich auch. Aber die Maßnahmen, die wir im Konsens gemeinsam verständigt haben, sind eine große Herausforderung sowohl für den Senat, aber auch für das Parlament. Deshalb wollen wir mit diesem gemeinsamen Antrag die zügige Umsetzung unterstützen. Eines der wichtigsten Ziele, die wir gemeinsam haben, ist es, die Anzahl der Schülerinnen und Schüler zu erhöhen, die den Regelstandard erreichen sollen. Dafür ist auch die Arbeit eines Qualitätsinstituts nach Hamburger Modell nötig, um die Schulen zu unterstützen, vor allem mehr durchgängige Förderung und eine Erweiterung der Lernzeit zu ermöglichen.
Nun wollen wir alle so wie im Bildungskonsens verabredet und in dem Inhalt der Wahlprogramme der Konsensparteien wiederzufinden die Pro-KopfAusgaben in Bremen erhöhen. Wir gehen davon aus, dass die vielfältigen Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren ergriffen haben, die Pro-KopfAusgaben um circa 500 Euro erhöhen. Um die Hamburger Ausgaben zu erreichen, müssen wir nach ersten Berechnungen circa 150 Millionen Euro pro Jahr in den Haushalt einstellen. Jede Fraktion könnte unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wofür wir diese Mittel brauchen. Mit diesen Mitteln lassen sich – und das haben wir, Herr Dr. vom Bruch, natürlich im Wahlprogramm
stehen – 105 Prozent Unterrichtsversorgung darstellen oder die angestrebten Doppelbesetzungen realisieren. Wir brauchen aber auch noch mehr Schulsozialarbeit in den Schulen. Das ist eine wichtige Unterstützung für die Schulen in Bremen und Bremerhaven.
Weiterhin wollen wir auch die Verstärkung der regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ). Es war allen Konsenspartnern wichtig, dass wir eine Art Zuweisungsrichtlinie erarbeiten, denn die Arbeit der ReBUZ ist, glaube ich, die richtige Antwort auf viele individuelle Probleme. Diese müssen wir auf der Grundlage von Fallzahlen sowohl in der Fläche mit weiteren Standorten als auch mit den Ressourcen besser ausstatten. Die Zuweisungsrichtlinie insgesamt ist ein wichtiges Instrument, mit dem die Bildungsausgaben je nach Anzahl der Schülerinnen und Schüler und nach weiteren Kriterien im Haushalt entsprechend angepasst werden. Das ist keine Selbstverständlichkeit, das ist eine Verpflichtung für die nächsten Legislaturperioden und ein System, das für mehr Transparenz sorgt. Dieses System wollen wir mit den Konsenspartnern bedarfsorientiert weiterentwickeln.
Den Entwicklungsplan Inklusion wollen wir mit allen Beteiligten, mit Expertenberatung schulartenspezifisch fortschreiben, so haben wir es formuliert. Das ist nötig und wird eine der elementaren Aufgaben für die nächste Legislaturperiode werden. Wir müssen gemeinsam verabreden, ob wir dazu zum Beispiel einen Fachausschuss einrichten.
Noch einige Worte zur Fraktion der FDP: Wir haben im vergangenen Sommer, es war ein sehr warmer Sommer, – die Kolleginnen und Kollegen haben es angesprochen, aber ich will noch einmal einige Worte dazu verlieren – in mehreren Sitzungen diskutiert, gemeinsam formuliert und uns auf eine gemeinsame Grundlage geeinigt. Ich darf daran erinnern: Als wir den Text in einer Endredaktion in der letzten Sitzung geeint haben, habe ich die teilnehmende Runde mit all den Personen, die von ihren Parteien beauftragt worden sind, einen solchen Bildungskonsens fachpolitisch auszuarbeiten und zu verhandeln, gefragt, ob sich alle, die am Tisch sitzen, hinter diesem Text fachlich versammeln können und ob sie diesen so unterzeichnen würden, natürlich vorbehaltlich der Parteigremien. Ja, alle Anwesenden waren damit einverstanden.
Jetzt frage ich mich, wenn an dem Tag die fachliche Zustimmung gegeben wurde und Sie, liebe Vertreterinnen und Vertreter der Fraktion der FDP, an dem Tag den Text fachlich richtig fanden, dann ist es, um in Ihrer Sprache zu bleiben, megapeinlich, dass Sie jetzt mit einem Antrag kommen, der diesen Konsens als Minimalkonsens bezeichnet.
Entweder haben Sie uns den ganzen Sommer etwas vorgespielt oder Sie waren einfach – ich sage es ganz deutlich – zu feige, um klar zu sagen, was Sie wirklich denken. Das ist respektlos gegenüber den Anwesenden, die viel Zeit investiert haben, übrigens auch Zeit, um Ihre Ideen mit in diesen Konsens einzuarbeiten. Es hat auch noch eine andere Ebene: Die Fraktion der CDU, die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, die Fraktion DIE LINKE und auch die Fraktion der SPD, alle halten den im Konsens eingeschlagenen Weg für richtig, nur die Fraktion der FDP spielt in letzter Minute auf der Pressekonferenz, auf der sie fünf Minuten vorher ihren Abschied verkündet hat, den Geisterfahrer.
Jetzt können wir schauen, was Sie in Ihren LastMinute-Antrag hineingeschrieben haben. Die Klassenfrequenz in den Gymnasien wäre mit 30 als Obergrenze eine Schwächung des Leistungsprinzips. Ich darf Sie daran erinnern, dass es die Gymnasien schon bei der Schulreform 2009 – da haben Sie sich auch in letzter Minute zurückgezogen – richtig fanden, dass wir eine Obergrenze der Klassenfrequenzen eingeführt haben. Das Leistungsprinzip wäre geschwächt worden, weil es in der Grundschule keine Ziffernnoten gäbe. Jetzt können wir gern fragen: Was sagt eine Drei minus in Mathematik aus, Herr Prof. Dr. Hilz oder Herr Dr. Buhlert? Warum das Minus? Hat das Kind Schwierigkeiten im Zahlenraum von 1 bis 1 000? Oder hakt es eher an der schriftlichen Addition? Oder ist es das räumliche Denken und das Erkennen von geometrischen Körpern? Wie sollen denn Eltern ohne Lernentwicklungsbericht ihr Kind dabei unterstützen, aus der Drei minus eine Drei plus oder eine Zwei zu erarbeiten?
(Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Wir haben sechs Millionen Analphabeten, die können mit dieser Zahl mehr anfangen als mit Lernentwicklungsbe- richten!)
Darüber können wir weiter diskutieren, aber wer so respektlos mit unserer Zeit im Sommer umgegangen ist, verdient eigentlich keine intensive Diskussion dazu.
Ihr gesamter Antrag würde die Schullandschaft in Bremen und Bremerhaven spalten, ist in Teilen eine Programmatik der Achtziger und Neunziger, und für ein solches System wird es in diesem Parlament hoffentlich nie eine Mehrheit geben. Ein Punkt vielleicht noch: Sie fordern weiter die Abschaffung des phonetischen Schreibens und weiterer artverwandter Schreiblernmethoden.
(Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Wie Frau Dr. Schaefer von Bündnis 90/Die Grünen auch! – Prä- sidentin Grotheer übernimmt wieder den Vorsitz)
Ich zitiere die Pressemitteilung des Senats aus dem November 2017: Der Bremer Rechtschreibschatz gibt systematische Antworten, um genau das zu verhindern, was immer wieder unterstellt wird: Die Kinder lernen nach Gehör schreiben, und dann werden sie mit den Ergebnissen allein gelassen. Das genau passiert nicht, der Bremer Rechtschreibschatz wird seit dem Schuljahr 2015/2016 angewendet und orientiert sich an den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz. Andere Bundesländer wie zum Beispiel Baden-Württemberg übernehmen mittlerweile unser System, so Senatorin Dr. Bogedan. Sie wollen also etwas abschaffen, was in Bremen nicht Praxis ist, und ignorieren dabei die Orientierung an den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz. Das ist einfach nur schlechter Stil und ich hoffe, Sie finden den Weg zurück zur sachlichen Debatte.
Ich möchte zum Schluss noch einmal die Gelegenheit nutzen, allen Konsenspartnern für die konstruktive Arbeit und für die bisherigen Wortbeiträge zu danken. Lassen Sie uns gemeinsam an der Weiterentwicklung der Schullandschaft arbeiten. Die zügige Umsetzung und vor allen Dingen die nötigen Mittel bereitzustellen, das wird alles nicht sehr einfach, aber ich glaube, wenn wir das Gemeinsame in den Vordergrund stellen, können wir das vorantreiben. Die Fraktion der SPD wird weiter verlässlich mit daran arbeiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an dieser Stelle in dieser Debatte noch einmal daran erinnern, dass dieser Schulkonsens der vier hier vertretenen Parteien und Fraktionen SPD, CDU, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen ausdrücklich auf Willen der überwiegenden Mehrheit der Schulen zustande kommt, und zwar nach meinen Schulbesuchen, die ich sehr vielfältig in den letzten vier Jahren übernommen habe, aber auch nach der Befragung der Evaluationskommission, die den vorhergegangenen Schulkonsens untersucht hat. Sie haben uns fast schon händeringend gebeten, diese ewigen Strukturveränderungen, Strukturdebatten, die nach jeder Wahl stattfinden und in vielen Bundesländern immer noch stattfinden, zu beenden und eine klare Planungssicherheit für ein Schulsystem, auf das wir uns hier geeinigt haben, zu schaffen.