Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

(Zuruf Abg. Dr. Buhlert [FDP])

Genau! Aber lassen Sie mich noch eines sagen: Ich glaube auch, dass wir in der Tat vor allen Dingen Prüfungsbedarf bei der Frage der Geschwindigkeit haben, mit der wir das angehen. Ich persönlich glaube, dass wir in diesem Umfeld bei diesen niedrigen Zinsen

auch noch Wege überlegen müssen und gehen können, auf denen wir etwas schneller sind, als wir es vielleicht bisher vorgesehen haben.

(Beifall SPD)

Beim zweiten Punkt möchte ich an das anknüpfen, was zu Recht von Ihnen, aber auch von Frau Dr. Müller zum Problem im wissenschaftlichen Mittelbau gesagt worden ist. Es ist zu Recht angesprochen worden, wir müssen zurück, wir müssen weg von den unberechtigten kurzfristigen Befristungen von Aufträgen, wir müssen mehr garantierten Freiraum für die fachliche Fortbildung haben.

Ich glaube aber, wir haben noch darüber hinaus eine ganz wichtige Sache, die Sie vielleicht mit den Kettenverträgen angesprochen haben, aber wir haben die Situation, dass heute – und das kenne ich aus meinem Bekanntenkreis – teilweise Leute über Verträge bis zu ihrem 50. Lebensjahr in Unsicherheit bleiben, ob sie denn endlich ihre Professur bekommen. Einige schaffen es im letzten Moment und die anderen nicht. Damit ist ein Wissenschaftsleben und eine Hoffnung, wohin zu kommen, vorbei, ohne Wiederholungsmöglichkeit! Ich glaube, das ist ein unhaltbarer Zustand!

(Beifall SPD)

Wir müssen dahin kommen, dass wir auf der einen Seite tatsächlich neben den klassischen Professuren neue feste Stellen, unbefristete Stellen, schaffen,

(Beifall SPD)

dass wir das ausdifferenzieren. Wir müssen aber auch ein Verfahren finden, wonach zumindest in Bremen klar ist, dass man – ich greife die Zahl einmal – bis zum 35. Lebensjahr klar erkennen kann, ob man hier eine Chance hat oder ob man es dann woanders versuchen muss. Diese Sicherheit, diese Klarheit müssen wir schaffen!

(Beifall SPD)

Der dritte Punkt: Ja, Herr Dr. Buhlert, zur Autonomie unterstreiche ich bei Ihnen vieles, aber ich glaube, Sie springen etwas zu kurz.

(Präsident Weber übernimmt wieder den Vorsitz.)

Letztendlich geht es bei aller Autonomie um finanzielle Fragen, und finanzielle Fragen sind nie strukturneutral. Ich finde, dazu sollte man sich auch bekennen. Ich glaube, der weiter gehende Punkt ist, wenn sie gerade auch zu Recht diese immense Bedeutung für den Standort, für die Weiterentwicklung hier in Bremen im wirtschaftlichen Bereich ansprechen: Das

passiert nicht von allein, das geht nicht allein von den Hochschulen aus.

Ich will Ihnen noch etwas sagen: Wir haben ein Problem, dass auch die Wirtschaft aktiver werden muss. Es ist nicht so, dass sie sich hinstellen und sagen könnte, macht ihr einmal! Es gibt eine Untersuchung, auch von der Handelskammer, in der beschrieben wird, dass es auch Defizite auf der anderen Seite gibt, und deshalb glaube ich, es geht nicht allein um Ökonomie, es geht darum, dass wir hier in Bremen insgesamt auf allen Seiten daran arbeiten, dass wir dieses Potenzial dann auch umsetzen. – Danke!

(Beifall SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Ich will noch einmal, verehrte Frau Kollegin Strunge, einen Gedanken aufgreifen, den Sie eingebracht haben, nämlich dass wir es hier mit einem Wissenschaftsabbauplan zu tun hätten, der implizit den Missbrauch von Dozenten beinhaltet. Also, bei aller Kritik, bei der wir uns auch einig sind, was Beschäftigungsverhältnisse an der Universität, aber auch an den Hochschulen angeht, bei aller Kritik an der Übernutzung von meist schlecht bezahlten Lehraufträgen, finde ich, geht das zu weit.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf Abg. Frau Vogt [DIE LINKE])

In der Regel, möchte ich betonen, sind Arbeitsplätze an den Hochschulen, an der Universität, im Mittelbau privilegierte Arbeitsplätze. Es gibt Problemlagen bei diesen Arbeitsplätzen, wir haben eine schlechte Ausstattung, der Computer braucht zehn Minuten, um hochzufahren, geschenkt! Insgesamt betrachtet sind die Arbeitsbedingungen, die Ausbildungsbedingungen, die Qualifizierungsbedingungen an den Hochschulen, an allen Hochschulen und an der Universität, aber sehr gut, auch wenn es Verbesserungsbedarf gibt.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte noch einen Punkt aufgreifen, für den vorhin die Zeit gefehlt hat, der mir immer in der Arbeit mit den Studierenden besonders wichtig ist, an dem wir gemeinsam mit den Hochschulen und eben auch nur gemeinsam mit den Hochschulen – weil wir so etwas Schönes wie eine Hochschulautonomie haben, und deswegen dauert das auch alles ein bisschen länger, weil wir da nicht hineinsteuern können, das soll ja auch nicht sein – dafür sorgen müssen, dass sich der Verbleib, die Dauer des Verbleibs von Studierenden an hiesigen Hochschulen verlängert.

Ich will Ihnen sagen, wie der normale Student oder die Durchschnittsstudentin in Bremen studiert: Sie oder er kommt nach Bremen, bleibt drei bis vier Semester, reist weiter nach Bologna, Madrid, wohin auch immer, macht das, was wir wollen, ein Auslandssemester, kommt erfolgreich zurück und weiß dann das bremische Hochschulsystem noch mehr zu schätzen, nachdem er oder sie andere Hochschulsysteme kennengelernt hat, macht seinen oder ihren Abschluss und zieht weiter nach Berlin, Potsdam, Frankfurt, um seinen oder ihren Master zu machen, und macht dann womöglich noch einmal Station an einer anderen Universität, um da die Promotion nachzuholen. Ich will jetzt nicht sagen, dass es schön ist, wenn Studierende zehn, zwölf oder 15 Jahre an der Bremer Universität oder an der Bremer Hochschule verbringen, aber ein bisschen länger, um Zeit zu haben, sich in der Hochschulpolitik zu engagieren, sich hier in Bremen irgendwie heimisch zu fühlen, anzukommen, an der Stadtgesellschaft teilzuhaben, das wäre schon schön,

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, CDU, DIE LINKE)

Daran wollen wir arbeiten, indem wir bessere Übergänge von dem einen in das nächste Programm schaffen. Daran hapert es, dazu müssen wir auch tatsächlich noch Ideen entwickeln, wie wir es schaffen, von einer unüberschaubaren Zahl von Bachelorprogrammen wegzukommen, dass wir dort vielleicht reduzieren. Ich sage jetzt nicht, wir wollen Studiengänge schließen, aber ich sage, wir müssen uns unbedingt die Studiengänge anschauen, welche passfähig zu weiterbildenden Programmen wie Masterprogrammen sind und auf welche man zur Not tatsächlich verzichten kann. Das gilt dann auch – das ist eher ein Problem für die Hochschule Bremen – für bestimmte Masterprogramme, die wiederum im Grunde kaum studiert werden können, weil es keine Grundausbildung dafür gab.

Mein Plädoyer: Lassen Sie uns dafür sorgen, dass Studierende länger in dieser Stadt verbleiben, und dann – Herr Gottschalk hat es schon angesprochen – lassen Sie uns gemeinsam mit dem Unternehmertum, mit der Wirtschaftskraft in Bremen dafür sorgen, dass erfolgreiche und gut ausgebildete Studierende auch nach dem Abschluss in Bremen bleiben! Wir haben neben den neuen Bundesländern eine der höchsten Abwanderungsquoten, das können wir uns doch nicht leisten,

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

einen Saldo von minus 23 Prozent! Wir wollen unsere gut ausgebildeten Studierenden, die Absolventinnen und Absolventen als Bürgerinnen und Bürger in Bremen und Bremerhaven halten, damit sie wiederum ihr Wissen in die beiden Städte einbringen können und hier zu einer höheren Lebensqualität und zu einer höheren Wertschöpfung – heute ein oft benutzter Be

griff – für die Stadt und damit dann auch wieder für die Hochschulen genutzt werden können. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Strunge.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte auch noch kurz auf ein paar Punkte eingehen. Ein Punkt, der mir in der CDU-Anfrage sehr deutlich gefehlt hat, dann aber glücklicherweise doch in der Antwort des Senats aufgegriffen wurde, ist die Frage nach der Aufnahme von studierwilligen Flüchtlingen. Es gibt jetzt gerade das Programm IN-Touch, wo Flüchtlinge die Möglichkeit haben, eine Gasthörerschaft anzunehmen und sich ausgewählte Lehrveranstaltungen anzuhören. Ich bin sehr froh, dass es dieses Programm gerade gibt, und ich bin auch sehr froh, dass alle staatlichen bremischen Hochschulen daran teilnehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Trotzdem reicht dieses Programm nicht aus, denn die Flüchtlinge gelten dabei nicht als reguläre Studierende, und für ein reguläres Studium fehlt es in der Regel auch an den gesetzlichen Voraussetzungen. Ich bin sehr froh darüber, dass die Wissenschaftssenatorin hierzu gemeinsam mit den Hochschuldirektoren einen runden Tisch eingerichtet hat, um nun Voraussetzungen zu schaffen, damit Flüchtlinge schnell an die Hochschulen kommen, und möchte hier nur noch einmal meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass Sie sich, Frau Senatorin, dieses Thema wirklich sehr zu Herzen nehmen und sehr schnell den Weg für Flüchtlinge an die Hochschule öffnen und vereinfachen.

Jetzt möchte ich noch einmal auf Herrn Gottschalk eingehen. Ich war ein bisschen amüsiert darüber, dass Sie aus meiner Aufforderung, nun 440 Wohnheimplätze zu schaffen, den Schluss gezogen haben, DIE LINKE wolle ein bisschen weiter links sein, und deswegen fordere sie 40 Plätze mehr.

(Zurufe SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das hat mich sehr amüsiert, das ist allerdings nicht der Fall, sondern der Grund für den jetzt geforderten Ausbau von 440 Wohnheimplätzen ist einfach, dass das Studentenwerk das Baurecht für 440 Wohnheimplätze jetzt hat und ich deswegen meine, dass sie auch jetzt geschaffen werden müssen. Ich dachte eigentlich auch, dass der Koalitionsvertrag vielleicht so flexibel ist, dass eventuell auch 440 Wohnheimplätze möglich wären, wenn darin 400 Wohnheimplätze stehen.

(Beifall DIE LINKE – Zurufe Bündnis 90/Die Grünen)

Dann möchte ich noch einmal auf Frau Müller eingehen! Ich bleibe dabei, dass wir gerade einen Missbrauch von Lehrbeauftragten haben, denn sie werden an den Hochschulen nicht so eingesetzt, wie sie es eigentlich sollten. Die Grundidee ist, dass es Personen aus der Praxis sind, die dann einmal für eine oder eventuell auch für zwei Lehrveranstaltungen an die Hochschulen gehen, um den Studierenden Beispiele aus der Praxis besser vermitteln zu können. Jetzt ist dies allerdings zu oft für die Menschen die einzige Existenzgrundlage, dann bekommen sie für jedes Semester einen neuen Vertrag und übernehmen auch, weil es oft so viele sind, reguläre Aufgaben in der Lehre und keine zusätzlichen Aufgaben, und das ist nicht der Sinn der Sache.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte auch noch einmal ganz kurz auf die Situation der Lehrbeauftragten an der Hochschule für Künste eingehen. Auch wenn es im Bremischen Hochschulgesetz steht, muss es ja deswegen nicht auch gut sein, dass an der Hochschule für Künste die Möglichkeit besteht, dass auch mehr als die zusätzlichen Aufgaben – also die reguläre Lehre – über Lehrbeauftragte abgedeckt werden darf. Dort gibt es Fälle, in denen die Betreffenden seit 23 Jahren an der Hochschule für Künste arbeiten und keine Dauerstelle haben, obwohl sie dort diese Daueraufgaben wahrnehmen. Sie sind Lehrbeauftragte und haben dadurch keine Sozialversicherung, und dieser Situation müssen wir uns einfach stellen. Ich denke, das ist falsch, Lehrbeauftragte sollten dort andere Aufgaben übernehmen. Für Daueraufgaben werden Dauerstellen benötigt, dabei bleibe ich, und deswegen müssen wir, glaube ich, das Thema Lehrbeauftragte wirklich angehen. – Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Grobien.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich mich freue, dass wir die Große Anfrage hier quasi für eine Generaldebatte genutzt und auch alle noch einmal sehr deutlich ihre Standpunkte dargelegt haben.

Herr Gottschalk, Ihre fünf Punkte, die Sie genannt haben, die Ihnen wichtig sind, natürlich auch die Exzellenz, klar, das ist auch unser Hauptanliegen mit, und dann die Lehre und Durchlässigkeit, Wohnraum und der akademische Mittelbau. Das ist alles so wahr wie richtig, und, wie gesagt, wir sind ja an den Themen.

Frau Strunge, auch wunderbar, denn klar ist, dass Sie die sozialen Aspekte des Studiums noch mit sehr viel größerer Bedeutung herausstellen und sogar vom Wis

senschaftsabbauplan sprechen. Das ist hier ja sehr kontrovers. Die FDP hat die Hochschulautonomie genannt, auch wunderbar, ich habe mich gefreut, dass Sie auch die Zivilklausel kritisch betrachten.

Bemerkenswert finde ich, Frau Müller, dass Sie wortwörtlich gesagt haben, Sie vermissen die effektiven Verbesserungen der Maßnahmen, die uns der Wissenschaftsrat mit auf den Weg gegeben hat. Das wollten auch wir mit der Anfrage erreichen, und genau das ist das, wozu auch wir die Antworten in der Vorlage vermissen – und ich hoffe, dass die Senatorin dazu gleich noch etwas sagt –, nämlich zum Entrümpeln der Curricula, vielleicht auch einmal einer Inaugenscheinnahme der Fülle von Bachelor-Studiengängen, und diese Wachsamkeit wollen wir eigentlich mit dieser Anfrage nur fördern.

Zuletzt möchte ich noch eines betonen: Wir haben hier wirklich viel über Lehrer, akademischen Mittelbau und über die Lehrbeauftragten gesprochen, dazu kommt jetzt ja auch noch eine Initiative, das debattieren wir ja auch in Kürze. Für uns ist aber auch enorm wichtig, dass Bremen die Forschungsstärke behält, die es in den letzten Jahrzehnten aufzubauen gelungen ist, und diese bei diesen ganzen Bemühungen um eine soziale Universität nicht komplett vernachlässigt! – Vielen Dank!

(Beifall CDU)