Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorgelegte Gesetzentwurf der CDU-Fraktion ist
die konsequente Fortsetzung Ihrer falschen Politik auf dem Gebiet der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, den Einfluss der Personalvertretungen weiter zu schwächen. Der Entwurf ist, wie auch der vorherige, wahrscheinlich im Innenministerium geschrieben worden. Das entspricht offensichtlich genau der politischen Zielsetzung des Innenministers.
Die Verfahren gleichen sich: ein Schnelldurchgang, der eine interne Anhörung durch die Landesregierung erspart.
Sie können es doch zugeben. So konsequent und ehrlich sollten Sie wenigstens einmal sein. Sie wollten sich damit die regierungsinterne Anhörung sparen und möglichst schnell das Gesetz ändern.
Sie möchten weiterhin ohne große Diskussionen die Personalräte im öffentlichen Dienst bei wichtigen Entscheidungen ausgrenzen. Dabei fordert insbesondere die neue Verwaltungssteuerung eigentlich eine Neugestaltung der Mitwirkungsrechte im öffentlichen Dienst. Nicht eine Beschneidung von Rechten, sondern ein anderes Mitbestimmungsrecht im öffentlichen Dienst, gerade bei der Umsetzung der neuen Steuerungsmodelle, wäre angebracht.
Der vorliegende Gesetzentwurf trägt auch den neuen betriebswirtschaftlichen Ausrichtungen der Verwaltung überhaupt keine Rechnung.
Deswegen ist das der falsche Weg. Wir brauchen gerade bei der Umsetzung des neuen Steuerungsmodells motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese wollen den Prozess mitgestalten, aber das haben Sie noch nicht verstanden.
Sie haben auch noch nicht verstanden, dass die Einführung von SAP eine gigantische Geldverschwendung ist, weil das neue System in vielen Bereichen der Verwaltung auf Ablehnung stößt und nichts bringt,außer enorme Kosten zu verursachen.
Das Motto der Reform der Verwaltung ist seit Jahren relativ klar. Eine Verwaltung kann nur mit den und nicht gegen die Mitarbeiter reformiert werden. Die vorgesehenen Einschränkungen der Beteiligungsrechte sind deshalb nicht hinnehmbar. Sie sind vor allem nicht nachvollziehbar. Kein vernünftiger Mensch ist im Übrigen dagegen, wenn Verfahrensabläufe unter Beibehaltung der Qualität von Beteiligungsrechten, z. B. durch Fristabläufe, beschleunigt werden. Darüber kann man reden, wenn es in der Praxis ernsthafte Probleme gegeben habe sollte.Aber pauschal zu sagen, Mitarbeiter blockierten die Verwaltungsabläufe, ist falsch. Ich könnte mir vorstellen, dass es einige Dienststellenleiter gibt, die die Verwaltungsabläufe behindern.
Über die Führungsqualitäten des Personals im öffentlichen Dienst haben wir, denke ich, relativ ähnliche Vorstellungen. Beim Führungspersonal gibt es noch einiges
Ich nenne zwei konkrete Beispiele: Die erstmalige Einführung eines Versagungskatalogs wird in der Praxis zu Streitigkeiten und Unsicherheiten führen, nämlich die Einfügung des Wortes „allgemeine“ in § 74 HPVG sowie des Wortes „grundlegend“ in § 81 HPVG. Beides soll mitbestimmungsverhindernd wirken. In der Praxis werden sich die Änderungen als konfliktträchtig herausstellen. Es wird immer wieder Streitigkeiten in Einzelfällen geben. Diese werden möglicherweise verwaltungsgerichtlich ausgetragen. Das wird die Verwaltungsabläufe nicht effizienter machen, sondern sie möglicherweise eher behindern.
Auch die im Gesetzentwurf vorgesehene, angeblich gerechtere Verteilung der Freistellungen auf die im Personalrat vertretenen Listenbewerber hat eine politische Zielsetzung. So ehrlich sollten Sie sein. Sie wollen, dass starke Gewerkschaften, die viele Mandate haben, geschwächt werden und kleinere Gruppierungen überproportional stark vertreten sind. Das kann man so machen, aber dann sollten Sie es ehrlicherweise auch sagen. Das entspricht Ihrer politischen Diktion.
Wie schon bei der ersten Änderung des HPVG versuchen Sie, mit zweifelhaften Argumenten zu suggerieren, die Personalräte legten die Verwaltung lahm. Nein, wir können Ihnen viele andere Gründe für Behinderungen im Verwaltungshandeln nennen. Möglicherweise haben bestimmte Dienststellenleiter nicht die erforderliche Qualität, vielleicht sind es aber auch falsche politische Weichenstellungen, die die Verwaltung lähmen. Das Beispiel SAP habe ich genannt.
Wir brauchen bei der dringend notwendigen Umstrukturierung der öffentlichen Verwaltung motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Wir brauchen sie umso mehr,als es in den nächsten Jahren auch Einschnitte im öffentlichen Dienst geben wird. Darüber sind wir uns einig. Es wird schmerzhafte Einschnitte für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben. Irgendwann wird auch diese Landesregierung mitteilen müssen, um welche Einschnitte es sich handelt. Deshalb wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Umgestaltung der Verwaltung mitarbeiten können und dürfen.
Sie machen aber genau das Gegenteil. Ihr vorliegender Gesetzentwurf entspricht Ihrem ideologischen Denken, nämlich der Vorstellung von einem obrigkeitsstaatlichen Handeln der Verwaltung. Den wirklichen Herausforderungen, die an eine moderne Verwaltung zu stellen sind, wird auch diese zweite Änderung nicht gerecht. Sie bauen einen Popanz auf. Das ist Ideologie pur, Ideologie à la CDU. Deshalb ist es konsequent, wenn wir Sozialdemokraten sagen: Der Gesetzentwurf ist so überflüssig wie ein Kropf. Er geht an der Zielsetzung vorbei.Wir werden ihn daher ablehnen.
Herr Präsident, es ist mir eine Ehre, dass Sie mich fragen, ob ich das Wort erteilt bekommen möchte.Wenn Sie mich rufen, dann komme ich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es ganz kurz machen. Der Kollege Rudolph hat vollkommen Recht. Dieser Gesetzentwurf ist eine Fortschreibung der Politik der vergangenen vier Jahre, die FDP und CDU gemeinsam eingeleitet haben.
Hätten wir eine Koalitionsvereinbarung abgeschlossen, wäre insbesondere der Punkt „Freistellung vom Dienst für Personalratsmitglieder“ von uns aufgenommen worden. Ich halte es für schlicht ungerecht und undemokratisch,Herr Kollege Rudolph,dass eine große Gruppe,eine Gewerkschaft – wir haben diesen Fall z. B. bei den Polizeipräsidien, und zwar nicht nur an einem Ort –, die gerade einmal 51 % der Sitze hat, 100 % der Freistellungen bekommt. Das hat nichts damit zu tun, dass man eine große Gewerkschaft schwächen will, sondern es hat etwas damit zu tun, dass nach der bisherigen Rechtslage die großen Gewerkschaften künftig geradezu beatmet werden. Das halte ich als Vertreter einer etwas kleineren Gruppierung für den vollkommen falschen Ansatz.
Pluralität bedeutet auch, dass ein für alle gleicher Zugang zu den verschiedenen Ämtern möglich ist.Wir diskutieren das beim Wahlsystem beim Verfahren nach Hare-Niemeyer. Ich glaube, dass es bei den Freistellungen zumindest so gemacht werden muss, dass die Freistellungen nach dem Verhältnis der Besetzung eines Personalrats und nicht nach einem anderen Kriterium erteilt werden.
Ich will sagen, dass wir die Positionen, die Herr Haselbach für die antragstellende absolute Mehrheitsfraktion der CDU vorgetragen hat, als oppositionelle FDP-Fraktion unterstützen. Wir erwarten, dass wir in den Anhörungen im Innenausschuss eine qualifizierte Diskussion führen können. Sollte die eine oder andere Formulierung unrund sein oder nicht dem Ziel dienen, dem sie eigentlich dienen soll, müssen Änderungen vorgenommen werden. Ich glaube, es würde wenig Sinn machen, wenn ich als Dritter all das vortragen würde,was bereits meine zwei Vorredner vorgetragen haben – der erste in die eine Richtung, der zweite in die andere Richtung. Ich schließe mich zu einem großen Teil den Ausführungen von Herrn Haselbach an.
Vielen Dank, Herr Hahn. – Herr Dr. Jürgens für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, über den wir uns hier unterhalten, hat ja erst einmal einen sehr harmlos klingenden Titel, umso brisanter ist dann sein Inhalt. Herr Rudolph hat es schon gesagt, Sie haben in der letzten Wahlperiode an das Hessische Personalvertretungsgesetz schon gewaltig Hand angelegt und es ziemlich beschnitten.Mit diesem Gesetzentwurf wollen Sie nun die Axt an die Wurzel legen.
Sie wollen offensichtlich die vermeintliche Gunst der Stunde nutzen, eine von Ihnen offenbar so eingeschätzte Schwächephase der Gewerkschaftsbewegung, und jetzt endlich Tabula rasa machen mit dem Personalvertre
Sie wollen einführen, dass der Personalrat bei Fragen, die seiner Mitbestimmung unterliegen, nur noch intervenieren kann, wenn erstens die Maßnahme rechtswidrig war, zweitens eine gezielte Benachteiligung eines Mitarbeiters vorliegt, oder drittens der Frieden in der Dienststelle gestört wird. Das ist natürlich keine wirkliche Mitbestimmung.Wirkliche Mitbestimmung bedeutet, dass ich selbst die Motive, die Hintergründe, die Zusammenhänge im Agieren usw. mitbestimmen kann. Natürlich muss das nach gefestigter Rechtsprechung in Richtung auf die Zustimmung ausgerichtet sein.
Herr Haselbach, es ist nicht so, dass Sie wollen, dass die Personalräte ihre Entscheidungen begründen. Sie wollen, dass sie nur bestimmte Gründe überhaupt geltend machen dürfen. Das ist natürlich etwas völlig anderes. Im Grunde genommen dürfen die Personalräte doch alles sagen, was sie denken, sie dürfen jetzt nur nicht mehr alles denken. Das ist doch überhaupt keine vernünftige Politik.
Das ist vor allem auch ein schlechtes Zeugnis, das Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst ausstellen.
Bei Ihnen kommen sie nicht mehr als selbst bestimmte und gleichberechtigte Partner im Gestalten des Ablaufs vor, sondern nur noch als Hemmnisse in Verwaltungsentscheidungen. Das ist nicht das, was bisher das Personalvertretungsrecht bestimmt hat, nämlich die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Sie wollen eine Renaissance obrigkeitlicher Dienstherrlichkeit. Das ist etwas völlig anderes.
Es geht noch weiter: Umstrukturierungsprozesse, Sie haben sie genannt. Wenn allgemeine Rahmenbedingungen für den personellen Vollzug mit dem Personalrat vereinbart sind, dann soll er kein Zustimmungsrecht oder kein Mitbestimmungsrecht in den einzelnen Entscheidungen mehr haben. Das ist ausgesprochen skurril, wie ich finde. Das ist so, als würde man sagen, wenn jemand ein Fahrrad kauft und sich einmal den Rahmen ausgesucht hat, ist er auch damit einverstanden, dass ihm alles andere, der Lenker, die Räder und Sonstiges, zugeteilt werden. Das ist natürlich völliger Unsinn.
Selbstverständlich ist eine vernünftige Mitbestimmung nur dann möglich, wenn auch die Einzelentscheidungen von den Personalvertretungen mitbestimmt werden können. Ansonsten ist es eine Entmündigung der Personalräte, die einmal Allgemeinem zugestimmt haben, beim Speziellen dann nicht mehr gefragt werden.
Aber Sie können ja sogar noch einen draufsetzen.Sie wollen – das finde ich im Ergebnis besonders skandalös – die Leitungsstellen im öffentlichen Dienst dem ungehemmten Zugriff des Dienstherrn aussetzen.Sie wollen,dass bei der Besetzung von Dienstleiterstellen, Amtsleiterstellen und allen Schulleiterstellen der allgemeinen und beruflichen Schulen die Mitbestimmung generell ausgeschlossen ist.
In der schriftlichen Begründung, die Sie geliefert haben, steht, hierbei handele es sich um Fälle, „die ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn erfordern“. – Das ist Ihre Begründung für diese Regelung. Das bedeutet natürlich mehreres.
Sie sagen damit in schöner Offenheit: Eignung und Leistung,die bisher entscheidend für eine Beförderung waren, interessieren uns nicht mehr. Uns geht es hauptsächlich um ein Näheverhältnis zum Dienstherrn. Weiter wollen Sie unbeeinflusst durch die Personalvertretung offensichtlich handverlesene Leitungskräfte heranziehen, die Ihnen besonders ergeben sind. Sie wollen, mit einem Wort, den parteipolitischen Durchmarsch in Dienststellen und Schulen.