Protokoll der Sitzung vom 09.07.2003

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten jetzt in erster Lesung den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Bezüge der Mitglieder der Landesregierung. Im Gegensatz zum Abgeordnetengesetz – das will ich am Anfang sagen – hat das in der Öffentlichkeit bisher noch keine solch große Anteilnahme gefunden.

Im Kern wird in diesem Gesetzentwurf davon ausgegangen, dass die Änderung bei der Altersversorgung der Beamten auf die Minister übertragen wird. Das ist im Grundsatz richtig. Ich will aber darauf hinweisen, dass wir in den Ausschussberatungen noch über die Detailregelungen diskutieren müssen.An der einen oder anderen Stelle gibt es noch Erörterungsbedarf.

Auch der zweite Punkt, den der Herr Staatsminister genannt hat, nämlich ob die Werte, die an einer vierjährigen Legislaturperiode orientiert waren, an eine jetzt fünf Jahre dauernde Legislaturperiode sachgerecht angepasst werden, muss zumindest im Detail noch hinterfragt werden. Zwei Jahre waren bisher die Mindestzeit, also die halbe Legislaturperiode.Das dauert jetzt ein bisschen länger; die Hälfte der Legislaturperiode ist nach zweieinhalb Jahren erreicht – um nur diesen Punkt einmal in der Debatte zu nennen.

Spannend wird es bei der Übergangsregelung der Absenkung der Versorgungsbezüge, wie sie im Beamtenrecht vorgesehen ist. Der Grundsatz – um auch das klar und deutlich zu sagen – gilt nicht nur für die ehemaligen, sondern auch für die aktiven Minister.Das heißt also,die Senkung auf 71,75 % geschieht in acht Stufen. Das ist ein Unterschied zum Abgeordnetengesetz. Im Abgeordnetengesetz, wie es jetzt vorliegt, gilt diese Senkung für aktive Landtagsabgeordnete ab sofort. Auf diesen Unterschied will ich noch einmal hinweisen, gerade im Hinblick auf die öffentliche Diskussion, die zurzeit geführt wird. Man kann das so oder so regeln.

Eine ganz spannende Formulierung ist die „Nullrunde“. Man kann darüber reden, wie das formuliert ist, und darüber, was das bedeutet. Nur, Herr Staatsminister Grüttner, es ist keine Nullrunde. Es steht drin:

Das Amtsgehalt der Mitglieder der Landesregierung nimmt an den Bezugerhöhungen in den Jahren 2003 und 2004 nicht teil.

Was heißt das im Klartext? Im Jahr danach, also im Jahr 2005, werden genau diese Besoldungserhöhungen nachgeholt. Das ist schlicht die Realität in diesem Zusammenhang. Deshalb verbietet es sich, bei den Bezügen der Minister von einer Nullrunde zu reden. Das gehört auch zur Redlichkeit im Umgang miteinander.

Im Grundsatz geht dieses Gesetz in die richtige Richtung. Ich will nur noch einmal sehr deutlich sagen, dass wir im zuständigen Hauptausschuss noch über die Einzelheiten

zu reden haben werden. In dem Sinne ist heute im Rahmen der ersten Lesung genug gesagt worden. Es ist aber wichtig, über die Detailregelungen noch zu reden. Wir sollten allerdings sauber formulieren. Es gibt keine Nullrunde, und die Übergangsregelung der Absenkung der Bezüge gilt auch für aktive Minister. Das sollte der Öffentlichkeit an dieser Stelle deutlich gesagt werden.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin, Frau Nicola Beer für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich für meine Fraktion kurz zwei Punkte zu diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck bringen. Erstens. Ich halte es für durchaus löblich, dass die Mitglieder der Landesregierung in den nächsten zwei Jahren auf eine Erhöhung ihrer Bezüge verzichten wollen. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, gleichwohl kann ich mir die Bemerkung nicht verkneifen:Ich bin der Meinung,dass die Einsparungen in den nächsten zwei Jahren die Zusatzausgaben, die durch die Ausweitung Ihres Kabinetts angefallen sind, wahrscheinlich nicht auffangen werden.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unserer Meinung nach wäre Ihr Haus, die Staatskanzlei, durchaus von Ihnen und einem Staatssekretär an Ihrer Seite zu verwalten.Von daher sind in Ihrem Kabinett höhere Einsparpotenziale gegeben.

Zweitens.Dieses Gesetz vollzieht etwas nach,mit dem wir Abgeordneten uns heute Nachmittag auch beschäftigen werden, nämlich die Anpassung der Versorgung an die veränderten beamtenrechtlichen Regelungen. Das ist im Grundsatz nicht anzugreifen. Es ist klar, dass wir dies auf beiden Ebenen, sowohl auf der Ebene der Regierung als auch auf der Ebene des Parlaments, nachvollziehen müssen,sofern – das betone ich für die FDP-Fraktion – wir bei dem System einer beamtenähnlichen Regelung bleiben wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, die FDPFraktion hält es für falsch, an diesem System festzuhalten. Das gilt in unseren Augen auch für die Ministerbezüge. Unserer Meinung nach muss das gesamte System grundlegend reformiert werden, und zwar dahin gehend, dass sowohl die Abgeordneten als auch die Minister sowie die kommunalen Wahlbeamten von ihren Bezügen eine eigenständige private Altersvorsorge bestreiten.

Darüber werden wir hoffentlich recht bald in der dazu einzuberufenden Expertenkommission diskutieren. Ich habe die Hoffnung, dass sich die Einsicht, dass wir unsere Altersversorgung grundlegend neu regeln müssen, um den Landeshaushalt und die nachkommenden Generationen nicht zu überfordern,auch in Ihren Fraktionen durchsetzt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nächster Redner, Frank-Peter Kaufmann für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf ist, wie das Blatt für die klugen Köpfe geschrieben hat,„eine nette Geste“.Ich füge hinzu: Er stammt aus dem Instrumentenschrank der politischen Symbole. – Damit wird der Gesetzentwurf nicht falsch – dass wir uns nicht missverstehen. Aber er markiert bestimmt keinen großen Aufbruch. Er ist vielmehr ein überfälliger Schritt; denn die obersten Staatsbediensteten sollten sich nicht besser stellen als die nachgeordneten.

Eigentlich müsste man viel weiter gehen. Deswegen mache ich die folgende Anmerkung: Es wäre doch ein netter Gedanke, auch für Regierungsmitglieder erfolgsbezogene Vergütungsanteile einzuführen, so, wie es in Kapitalgesellschaften bei den Managern üblich ist.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schlechtes Beispiel!)

Denn angesichts der Bilanz dieser Regierung – Ausgaben in Rekordhöhe, die die Höhe der Einnahmen bei weitem übersteigen – wäre eher eine Kürzung, aber wahrlich keine Erhöhung zu rechtfertigen.

(Zurufe von der CDU)

Der generöse Verzicht auf die Einkommenserhöhung bei den Kabinettsmitgliedern – die Kollegin Beer hat es schon angemerkt – deckt natürlich bei weitem nicht die zusätzlichen Kosten,die durch die Ausweitung des Kabinetts vor wenigen Monaten entstanden sind. Das Ganze ist wohl eher eine Maßnahme, die sich die neue Kompetenz der Staatskanzlei erdacht hat, um ein einheitliches Erscheinungsbild der Landesregierung zu erzeugen.

Da der Ministerpräsident aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Berliner Entscheidungen an Gehaltserhöhungen nicht teilnimmt, sollen auch die Minister in dieses Bild einbezogen werden. Das ist richtig. Nur sollten wir uns darüber Gedanken machen, dass 80 % der Kabinettsmitglieder – plus der Ministerpräsident – auch Abgeordnete sind.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Oh!)

Wir haben natürlich die Frage zu stellen – heute Nachmittag werden wir das intensiver erörtern –, warum ein Verzicht auf eine Einkommenserhöhung bei den Regierungsmitgliedern richtig ist und von Ihnen unterstützt wird, jedoch für die gleichen Personen als Abgeordnete nicht beschlossen werden soll.

(Reinhard Kahl (SPD): Ist er doch auch, das wird bloß nachgeholt!)

Aber immerhin für zwei Jahre, Herr Kollege Kahl, da erwarten wir auch von Berlin entsprechende Regelungen. Das sehen wir dann.

Ich denke, da ist es mit der Vorbildlichkeit doch nicht so weit her.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sollten sich heute in der Mittagspause in der Fraktionssitzung noch einmal versammeln. Herr Ministerpräsident, vielleicht können Sie Ihrer Fraktion noch einmal klarmachen, dass, wenn Sie eine Erhöhung in den nächsten zwei Jahren für nicht richtig halten – ich gehe davon aus, dass es auch so beschlossen wird –, wofür es Gründe gibt, dann die gleichen Gründe auch für uns,für den Landtag,insgesamt gelten müssten.

Meine Damen und Herren, damit zeigt sich, dass der Gesetzentwurf – die Anmerkungen, die der geehrte Kollege Kahl machte, deuten in die Richtung – doch ein bisschen Halbherzigkeit ausstrahlt. Sosehr er das tut, in einem Punkt ist er konsequent, nämlich in der Prinzipientreue für unsinnige Regelungen. Das ist bei Ihnen schon Tradition.Denn auch das Ministerbezügegesetz soll jetzt befristet werden. Man könnte sagen, eine Frist von einem Jahr, quasi als Bewährungsauflage für das Kabinett, wäre vielleicht ganz sinnvoll. Das ist aber nicht gemeint. Sie wollen es bis 2009 befristen, wahrscheinlich vor dem Hintergrund, dass nach der verlorenen Landtagswahl 2008 die anderen das Problem haben, dass kein Ministerbezügegesetz und vielleicht auch keine Ministerbezüge vorhanden sind. Meine Damen und Herren, so sorgt man für die Seinen und meint, den politischen Gegner ärgern zu können.

Herr Staatsminister, dieser Gedanke mag Sie in der Regierung fasziniert haben. Sie haben bloß – man muss leider sagen: schon geübterweise – die Verfassung des Landes Hessen übersehen. Ich bin ganz gespannt, wie Sie uns in der Diskussion im Hauptausschuss erklären können, wie die Befristung des Ministerbezügegesetzes mit den Vorschriften des Art. 105 der Verfassung des Landes Hessen in Einklang zu bringen ist. Meiner Meinung nach geht das nicht. Wir werden aber hören, was Sie sich dazu gedacht haben.

Meine Damen und Herren, Sie werden uns insgesamt – der Kollege Kahl hat es angedeutet – auch in den Detailfragen noch einiges klarmachen müssen, möglicherweise auch noch Details ändern müssen, wenn Sie am Ende unsere Zustimmung zu dem Gesetzentwurf haben wollen. Wir sagen aber frank und frei: Der Ansatz ist erst einmal richtig. Dafür sollte man auch sagen: Okay, wir werden gemeinsam vielleicht auch eine richtige Lösung finden. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, bevor ich Herrn Gotthardt aufrufe, möchte ich zwei Gäste begrüßen. Zu den Landtagswahlen hat es ein Quiz gegeben, das der Hessische Rundfunk veranstaltet hat. Die beiden, die Dame und der Herr, die oben auf der Tribüne sitzen, waren diejenigen, die dem Wahlergebnis am nächsten kamen.

(Allgemeiner Beifall – Zurufe von der CDU: Gutes Ergebnis!)

Sie sind heute eingeladen. Herzlich willkommen im Hessischen Landtag. Nun können Sie sehen, ob wir auch das erfüllen, was Sie sich beim Tipp und bei der Wahl gedacht haben.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht hatten die vorher einen Albtraum!)

Verehrter Herr Gotthardt, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf zuerst auch den beiden Teilnehmern gratulieren. Es ist wunderbar, dass Sie das Ergebnis, das zum Glück auch eingetroffen ist, so präzise geschätzt haben.

Insofern hoffen wir, dass Sie den Tag heute hier genießen und dass sich die Mühe gelohnt hat.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf macht eines deutlich, nämlich dass es in unserer Gesellschaft gar nicht so einfach ist, auf Geld zu verzichten; denn es bedarf eines eigenen Gesetzes, um hier dafür zu sorgen, dass die Minister etwas machen können, was sie wollen, nämlich auf die Erhöhung in den kommenden zwei Jahren zu verzichten. Wahrscheinlich kostet die Beratung hier im Hause schon mehr, als das in Zahlen tatsächlich ausmacht. Der Weg ist also etwas kompliziert.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Man kann ihn aber auch kompliziert machen, wenn ich höre, was der Kollege Kaufmann sich alles hat einfallen lassen, angefangen bei der Befristung, die er grundsätzlich wieder infrage stellt, über die Frage, ob das verfassungsmäßig möglich ist.Ich glaube,wir können diese Frage sehr pragmatisch sehen. Die Landesregierung setzt hiermit ein Zeichen, dass sie sich in den kommenden zwei Jahren der Situation bewusst ist und auf Erhöhungen verzichtet. Als solches muss man es auch sehen. Denn der Haushalt wird in der Summe nicht dramatisch entlastet werden und die Personalkostenquote mit Sicherheit auch nicht.

Ich will einen Punkt hinzufügen. Ich denke, dass es richtig ist, dass uns das Kabinett diesen Gesetzentwurf vorlegt, denn es ist schlicht und ergreifend eine Gleichbehandlung mit den anderen Versorgungen in den gesetzlichen Versicherungen. Die Altersversicherungssysteme in Deutschland insgesamt stehen vor wachsenden Finanzierungsproblemen. Deswegen darf es nicht passieren, dass hier der Eindruck entsteht, dass sich Politiker anders versorgen, als dies in anderen Bereichen der Fall ist. Deswegen ist diese Anpassung notwendig.

Herr Kollege Kaufmann, ich will auf einen Punkt hinweisen, weil Sie prinzipiell mit sehr grundsätzlichen Fragen, wie der Leistungsprämie und anderem, angefangen haben.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nur der Gedanke!)