Mit der Ausweitung der Kapazitäten alleine ist jedoch nichts gewonnen, denn dadurch erhöht man zunächst einmal nur den Input. Wenn es nicht gleichzeitig gelingt, die Ausstattung und die Betreuungsintensität an den Hochschulen, also die Qualität der Ausbildung positiv zu verändern, wird diesem gesteigerten Input kein höherer und besserer Output gegenüberstehen. Auch da möchte ich gerne an die Geschichte erinnern. Wir haben für dieses Jahr einen Etat beschlossen, der 200 Millionen c über Ihrem Etat von 1998/1999 liegt. Das ist nicht nur eine Folge der Inflationsrate.
Sie haben die Studierendenzahlen immer dadurch erhöht, dass Sie an den Kurrikularnormwerten gedreht haben. Dann fiel das nicht auf. Es wurden mehr Studierende zugelassen. Die Betreuungsrelation war aber eine vollkommen andere. Da haben Sie in der Vergangenheit geschummelt. Jetzt rufen Sie „Verrat!“. Ich würde gern wissen – aber in diese Situation kommen Sie nicht –, wie es denn aussehen würde, wenn Sie die Versprechungen, die Sie gemacht haben, erfüllen müssten, 180 Millionen c durch Studienbeiträge und 300 Millionen c, die Sie durch Ihre LOMZ nachweisen wollen. Das würde ich gerne sehen. Leider werde ich das aber nicht erleben, weil Sie nie in die Situation kommen werden, lieber Herr Siebel.
Es bliebe bei hohen Abbruchquoten, bei zu langen Studienzeiten und bei einer vergleichsweise mittelmäßigen Qualifikation der Absolventen in einer Reihe von Studiengängen. Damit würden wir weder im nationalen noch im internationalen Wettbewerb mittelfristig standhalten können. Wenn wir also nur auf die Quantität zielten, gäben wir den Studenten Steine statt Brot. Die Quittung dafür bekämen wir in einigen Jahren – nicht nur die Absolventen, sondern der gesamte Bildungsstandort Deutschland.Wir müssen folglich insbesondere die Qualität unserer Studienangebote ausbauen.
Meine Damen und Herren, ich habe in den zurückliegenden Debatten in diesem Hause zum Thema Studienbeiträge aus den Reihen der Opposition nicht ein einziges Mal auch nur den Ansatz eines Vorschlags vernommen, wie dies allein aus öffentlichen Mitteln geleistet werden soll. Dabei habe ich weitere Baustellen, wie z. B. die Exzellenzinitiative, die uns in der Forschung voranbringen soll, die wir auch obendrauf legen werden, wenn wir am 13. Oktober Erfolg haben, noch gar nicht erwähnt. Ich weiß nicht, ob Ihre Lösung die wundersame Geldvermeh
rung ist oder einschneidende Kürzungen in anderen Bereichen des Landeshaushalts sind.Wir bringen jedoch mit den Studienbeiträgen eine äußerst faire und sachgerechte Lösung auf den Weg.
Wir werden eine dritte Lesung haben.Deshalb möchte ich an dieser Stelle mit einem Zitat eines großen Sozialdemokraten schließen. Wir sprachen ja heute Morgen über große Sozialdemokraten.Auch ich schätze einige sehr. Einer, der leider viel zu früh verstorben ist, war Peter Glotz. Ich möchte mit einem Zitat von ihm schließen, das nach meiner Meinung den gegenwärtigen Standort gut skizziert. Er sagte:
Die politische Klasse in Deutschland muss endlich den Mut aufbringen, den Wählerinnen und Wählern klar zu sagen, dass es nur eine Alternative gibt: entweder die permanente Verschlechterung von Forschung und Lehre an deutschen Hochschulen oder eine begrenzte Beteiligung der künftigen Akademiker an den Kosten ihrer eigenen Ausbildung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Minister, als Nichtjuristin möchte ich mich hier noch einmal kurz in den Vorlesungsreigen einreihen bzw. zu Ihren Äußerungen Stellung nehmen.
Sie sagen mit Recht, dass der Streitpunkt unter anderem war, wie Satz 4 bezüglich der wirtschaftlichen Lage ausgelegt wird. Sie haben selber gesagt, dass es dazu zurzeit nur sehr wenige Entscheidungen gibt. Wenn es aber keine Entscheidungen gibt, dann ist das Naheliegendste, dass man sich an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientiert, wie dort in vergleichbaren Fällen entschieden wurde. Wir lesen in der schriftlichen Stellungnahme von Frau Prof. Lübbe zu der Frage, ob die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch eine Vergabe von Darlehen dargestellt werden kann:
Derartigen Konstruktionen hat das Bundesverfassungsgericht zu Recht eine klare Absage erteilt. Der Fall betraf eine Frau, die trotz Immobilienbesitzes nicht ausreichend leistungsfähig war, um ihre pflegebedürftige Mutter unterstützen zu müssen, denn die Immobilie diente der eigenen Altersvorsorge und musste deshalb nach Elternunterhaltsrecht nicht verwertet werden. Die Mutter erhielt also Sozialhilfe, und mangels Unterhaltsanspruch wäre ein Rückgriff des Sozialamts gegen die Tochter eigentlich nicht möglich gewesen.Das Sozialamt wollte die Tochter trotzdem leistungsfähig machen. Sie könne die vom Sozialamt erbrachten Hilfen durch ein zinsloses Darlehen des Sozialamtes finan
zieren, zu dessen Sicherung die Immobilie mit einer im Hinblick auf die Altersvorsorge der Tochter erst nach deren Tod realisierbaren Hypothek belastet werde. Das Bundesverfassungsgericht entschied, zivilrechtlich nicht gegebene Unterhaltsansprüche könnten nicht durch ein vom Sozialhilfeträger gewährtes Darlehen sozialhilferechtlich begründet werden.
Es handelt sich hier um dasselbe Muster: Zahlungspflicht setzt – hier unterhaltsrechtliche – Leistungsfähigkeit voraus, die Leistungsfähigkeit besteht eigentlich nicht,wird aber durch ein aufzunehmendes Darlehen hergestellt. Hier wie im Falle der „nachgelagerten“ Studienentgelte muss man sich klarmachen: Vor Aufnahme des Darlehens besteht die Leistungsfähigkeit nicht und deshalb auch keine Leistungspflicht, zu deren Erfüllung man überhaupt erst verpflichtet sein könnte, ein Darlehen aufzunehmen.
Herr Minister Corts, Herr Juravorlesungshalter Corts, die Lage ist also bei Weitem nicht so klar, wie Sie es eben dargestellt haben. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass, wie ich es ausgeführt habe, viele Studierendengruppen überhaupt davon ausgeschlossen sind, ein Darlehen beanspruchen zu können. Insofern habe ich schon in der Anhörung gesagt, dass ich der Klage vor dem Staatsgerichtshof hoffnungsfroh entgegensehe.
Aber ich wollte doch noch etwas zu den anderen Argumenten sagen, weil Sie hierzu gar nichts gesagt haben, sondern sich allein zu der Verfassungsfrage geäußert haben. Ich finde schon – die Bundesebene tut das mit CDUBeteiligung ja auch –, dass wir uns in der heutigen Lage Gedanken machen müssen, wie wir es gemeinsam erreichen können, mehr Studierende gut auszubilden. Mich erschreckt schon, dass Sie sich bei einem so wichtigen Gesetz und bei Diskussionen, die auf Bundesebene genauso stattfinden – wo über einen Hochschulpakt auf Bundesebene nachgedacht wird, wo jetzt jüngst wieder, ich habe vorhin schon daraus zitiert, eine OECD-Studie herausgekommen ist, in der Deutschland im Vergleich mit anderen Industrienationen ein Schlusslichtzeugnis ausgestellt wird –, überhaupt nicht bemühen, Perspektiven für die Hochschulen aufzuzeigen, und bei uns anmahnen, wir sollten uns hier Gedanken machen. Herr Corts, wir machen uns Gedanken. Wir werden es allerspätestens 2008 auch umsetzen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte drei Bemerkungen zu den Einlassungen von Herrn Staatsminister Corts machen. Herr Corts, niemand stellt infrage, dass eine Regierungsfraktion oder ein Ministerium durch eine Anhörung möglicherweise klüger werden kann. Das ist überhaupt nicht das Thema.
(Axel Wintermeyer (CDU): Doch! – Norbert Schmitt (SPD): Theoretisch ja! – Günter Rudolph (SPD): Das wäre das erste Mal!)
Ich bin Ihnen auch sehr dankbar, dass Sie hier noch einmal zu Protokoll gegeben haben, welche Rechtsauffassung Sie hier vertreten, weil genau diese von Ihnen vorgetragene Rechtsauffassung und das Protokoll,das heute erstellt worden ist, natürlich auch Gegenstand der Bewertung des Staatsgerichtshofs sein werden.Von daher ist das für das Prozedere sehr hilfreich und aufschlussreich gewesen.
Zweiter Punkt. Frau Kühne-Hörmann, Sie haben sich auf den Antrag bezogen, den die CDU-Fraktion im Hessischen Landtag eingebracht und mehrheitlich beschlossen hat.Frau Kühne-Hörmann,Sie hatten sich auf den Antrag bezogen, der dieses lustige Verfahren synchronisieren sollte zwischen der Regierungsanhörung auf der einen Seite, die noch lief, und dem schon eingebrachten Antrag der CDU, der wortgleich mit dem Gesetzentwurf aus der Regierungsanhörung war.
In diesem Prüfauftrag, wie Sie es bezeichnet haben, seien ganz konkrete Dinge benannt, die durch die Landesregierung zu prüfen seien. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre wirklich interessant und spannend, was diese Prüfaufträge ergeben haben, die Sie hier so wortgewaltig dargestellt haben. Man hört auf der einen Seite, dass der Ministerpräsident oder wer auch immer sagt, es solle eine Kappungsgrenze geben von 17.000 auf 15.000, 12.000, 10.000 – man weiß es nicht so genau. Das wäre doch einmal eine interessante Antwort gewesen. Ich beziehe mich nur auf Ihre Rede. Sie haben gesagt, dass Prüfaufträge ergangen seien.Wo sind denn die Ergebnisse?
Auf der anderen Seite ist gesagt worden, dass man möglicherweise noch etwas an dem Punkt der sozialen Bedingungen verändert, dass man z. B. an der Anzahl der Semester für Studierende mit Kindern, die erlassen werden, etwas verändert. Was ist das Ergebnis dieses Prüfauftrages? Es wäre interessant gewesen, dies heute auf diesen Tisch zu legen und nicht noch mehr Nebelkerzen zu werfen, als wir schon vorher hatten.
Letzte Bemerkung.Wie sieht es mit der Finanzierung aus? Herr Staatsminister Corts, ich habe Ihnen das an anderer Stelle schon einmal ans Herz gelegt. Ich mache es heute noch einmal. Sie wissen, dass die Sozialdemokraten – ich gehöre auch zu denen – gemeinsam mit Herrn Zöllner und Frau Schavan ein Modell diskutieren, das sich Vorteilsausgleich zwischen den Ländern nennt.
Herr Staatsminister Corts, dies ist ein Modell, das dem Land Hessen in der Tat doppelt so viel an Einnahmen bescheren würde, wie Sie aus den Studiengebühren erwarten. Das Modell ist relativ einfach.Auf der einen Seite sollen die Länder, die weniger Studienplätze zur Verfügung stellen, als sie von der Anzahl der Landeskinder her zur Verfügung stellen müssten, etwas bezahlen, und die Länder, die mehr Studienplätze zur Verfügung stellen, als sie Landeskinder ausbilden müssten, sollen etwas aus diesem Topf bekommen. Diese Ausgleichszahlungen würden dazu führen, dass wir in Hessen genau die Mehreinnahmen realisieren würden, die wir bräuchten.
Gehen Sie hin, sprechen Sie mit Ihrer Parteikollegin Frau Schavan, machen Sie den Schulterschluss mit dem Kolle
gen Zöllner in Rheinland-Pfalz. Dann lösen wir das Problem mit einer anderen Form der Finanzierung, die auf der Basis staatlicher Finanzierung funktioniert und nicht auf der Basis individueller Finanzierung, wie Sie es mit den Studiengebühren realisieren wollen.
Meine Damen und Herren, damit ist die Rednerliste erschöpft. Ich stelle fest, dass zu beiden Gesetzentwürfen, sowohl zu Tagesordnungspunkt 17 als auch zu Tagesordnungspunkt 18, jeweils ein Antrag auf Durchführung einer dritten Lesung vorliegt.Damit überweisen wir die Gesetzentwürfe zur Vorbereitung der dritten Lesung an den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst. – Dem widerspricht niemand. Dann ist das beschlossen.
Ich lasse jetzt über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend keine Studiengebühren in Hessen abstimmen.Ich frage,wer diesem Antrag zustimmt. Den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann stelle ich fest, dass der Antrag bei Ablehnung durch die Fraktionen der CDU und der FDP und bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN abgelehnt worden ist.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Neuntes Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) – Drucks. 16/5973 zu Drucks. 16/4641 –
Berichterstatterin ist Frau Kollegin Erfurth. Ich bitte um Berichterstattung.Die Berichterstattung übernimmt Herr Frömmrich? – Okay.
Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf in der Fassung des mündlich eingebrachten Änderungsantrags der Antragsteller in zweiter Lesung abzulehnen.
Der Gesetzentwurf war dem Innenausschuss in der 84. Plenarsitzung am 23. November 2005 zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden.
Der Innenausschuss hat nach der schriftlichen Anhörung am 22. März 2006 eine öffentliche mündliche Anhörung durchgeführt.
Der Innenausschuss hat in seiner Sitzung am 6.September 2006 mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die zuvor genannte Beschlussempfehlung gefasst. Zuvor hat der Innenausschuss mit dem gleichen Stimmenverhältnis den mündlich eingebrachten Änderungsantrag abgelehnt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben zusammen mit der SPD einen Antrag eingebracht, der das
Begehr hatte, den Begriff der Ordnungspolizei aus dem HSOG zu streichen. Der Begriff der Ordnungspolizei ist geschichtlich äußerst belastet. Deswegen haben wir den Antrag gestellt, dies aus dem Gesetz zu streichen.
Meine Damen und Herren, „der Gesetzgeber“ ist „immer dann zu ganz besonderer Sensibilität und Wachsamkeit aufgerufen“,