Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

dann sagen sie, dass ein Auszubildender eine Investition für ein Unternehmen ist.Ich investiere dann,wenn ich der Meinung bin, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mir eine Investition ermöglichen.

(Beifall bei der FDP)

Viele Unternehmen in unserem Land – das gilt auch für Hessen – haben zurzeit nicht das Gefühl, dass das Investitionsklima und die Rahmenbedingungen so gut sind. Dazu tragen Sie ganz stark bei.Meine Damen und Herren von Schwarz-Rot, Sie sind für eine Wirtschaftspolitik verantwortlich, die genau das Gegenteil von dem macht, was wir eigentlich wollten.

(Beifall bei der FDP)

Unternehmen locken Sie nicht damit an,dass Sie die Steuern erhöhen und die Bürokratie verschärfen. Ich nenne

nur das Gleichstellungsgesetz. Daran können Sie sich sicherlich noch erinnern.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Es verschärft die Bürokratie.Auf der anderen Seite erklären Sie hier in Hessen, eigentlich wollten Sie, dass Sie das als hessische CDU nicht mittragen müssen, aber... – Sie müssen sich irgendwann einmal entscheiden. Sie sind entweder Mitglied der Bundesregierung, und Herr Koch, demnächst als stellvertretender Bundesvorsitzender, wird diesen Bereich mittragen müssen, oder Sie sind es nicht. Dann müssen Sie diese Regierung verlassen.Aber beides geht nicht. Sie können nicht hier erklären, es wäre alles so schön gewesen, und in Berlin ganz andere Veranstaltungen unterstützen.

(Beifall bei der FDP)

Ich komme nun zu einem Hauptpunkt der Debatte.Es hat mich wirklich gewundert, dass das bis jetzt zumindest von den gelegentlich ordnungspolitisch angehauchten Kollegen der GRÜNEN nicht genannt worden ist. Meine Damen und Herren, ich finde es wirklich erstaunlich, dass Herr Koch Vorschläge macht, wie man das Geld der Beitragszahler neu verteilen kann. Das finde ich wirklich erstaunlich. Herr Kollege Boddenberg, das Geld, über das Herr Koch redet, ist Geld, das Beitragszahler in die Arbeitslosenversicherung gezahlt haben. Dieses Geld, das dort eingezahlt worden ist, ist, wie der Name schon sagt, eine Versicherung und ist an diesen Versicherungszweck gebunden. Dass Herr Koch hergeht und sagt: „Den Überschuss schöpfen wir ab und verteilen damit neue Wohltaten“, anstatt das zu machen, was das einzig Richtige wäre, nämlich das Geld an die Beitragszahler zurückzugeben, ist eine abenteuerliche Veranstaltung.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP) – Zurufe der Abg. Michael Boddenberg (CDU), Norbert Schmitt und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Sie sehen,dass es abenteuerlich ist,weil Sie Applaus von Herrn Schmitt bekommen.

(Norbert Schmitt (SPD): Finde ich auch!)

Allein das sollte Sie zum Nachdenken bewegen.Wenn die hessische SPD eine solche Maßnahme beklatscht – sehen Sie, da geben Sie mir Recht –,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):Wir auch!)

kann es nicht richtig sein. Meine Damen und Herren, darüber sollten Sie nachdenken.

(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na, na, na!)

Herr Kollege Kaufmann,da muss man nicht mit „Na,na, na“ argumentieren. Es ist doch abenteuerlich,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr Argument ist abenteuerlich!)

dass man in diesem Land mit Beitragsgeldern Wohltaten verteilen kann.Wo leben wir denn?

(Norbert Schmitt (SPD): Ich wäre froh, wenn es einen Konsens der Demokraten an noch ganz anderer Stelle geben würde! Gerade an den Stellen, wie wir es heute Morgen erlebt haben!)

Anstatt die Lohnnebenkosten zu senken und das zu machen, wofür Sie bei der Bundestagswahl eingetreten sind, machen Sie das Gegenteil. Meine Damen und Herren, das werden wir nicht so einfach dulden. Das ist Geld, das den

Beitragszahlern gehört. An sie muss es auch zurückfließen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg.Michael Bod- denberg (CDU))

Ich glaube, in diesem Sinne kann man sagen: Herr Koch sollte zunächst einmal die Partei überzeugen. Dann sollte er wieder zur Ordnungspolitik zurückkehren und nicht immer nur auf den Staat setzen. Er sollte auch nicht bei der Diskussion über Mindestlohn mitmachen. Er sollte sich langsam darauf besinnen, dass er sich einmal für Marktwirtschaft eingesetzt hat. Herr Kollege Boddenberg, deshalb sollte die CDU auch insgesamt überlegen, ob die CDU bei der Wirtschaftspolitik zurzeit richtig aufgestellt ist.

(Zuruf des Abg. Christoph René Holler (CDU))

Ich habe mich gewundert – Herr Kollege Schäfer-Gümbel, aber vielleicht kommt es jetzt –, dass wir nicht noch länger über die Ausbildungsplatzabgabe gesprochen haben. Das wäre der nächste konsequente Schritt in diese Richtung.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Wahrscheinlich müssen wir Angst haben, dass auch hier die CDU nicht mitmacht, weil sie sich mittlerweile von der Wirtschaftspolitik verabschiedet hat, wie sie sie vor der Bundestagswahl proklamiert hat.

(Beifall bei der FDP)

In diesem Sinne: Meine Damen und Herren, den Auszubildenden ist in diesem Land nicht geholfen, wenn man immer nur über staatliche Programme diskutiert. Aber wenn man über sie diskutiert, muss man es so ehrlich sagen,wie ich es gerade getan habe.Man muss auf jeden Fall feststellen, dass Rot-Grün und Schwarz-Rot die Mittel für die überbetriebliche Ausbildung deutlich gekürzt haben. Das gehört zur Debatte dazu. Man sollte nicht sagen, dass das ein wunderbares Mittel ist, wenn man es die letzten Jahre kaum noch unterstützt hat.

Ich glaube, wir haben in diesem Bereich zwei Ansätze. Überbetriebliche Ausbildung kann ein zusätzliches Element sein. Das ist aber sicherlich nicht die Hauptlösung. Die Hauptlösung für dieses Problem ist eine ordentliche Wirtschaftspolitik. Die erwarten wir nicht von der SPD, aber wenigstens zum Teil von der CDU. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Zu einer Kurzintervention hat sich nun Herr Schäfer-Gümbel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Florian Rentsch, es wird noch viel doller. Ich werde zum ersten Mal den Hessischen Ministerpräsidenten verteidigen.

(Zuruf von der CDU: Oh! – Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Herr Rentsch, ich finde es, ehrlich gesagt, ziemlich daneben, wenn Sie hier im Rahmen des Vorschlags, der vom

Deutschen Gewerkschaftsbund gemacht wurde, der aus weiten Teilen der Politik positiv aufgegriffen wurde, angesichts der Ausbildungssituation, die wir haben, vom Verteilen von Wohltaten sprechen. Das finde ich unangemessen. Das sage ich in aller Klarheit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweiter Punkt, und da könnte ich zur Debatte von heute Morgen zurückkommen: Ich halte viel von der bürgerlichen Gesellschaft, insbesondere in Bezug auf die Aufklärung. Die Aufklärung hat einen wesentlichen Vorteil gehabt: Glaubenssätze sind durch Beweise und Belege ersetzt worden.

(Zurufe der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) und Florian Rentsch (FDP))

Herr Rentsch, Ihr Beitrag hat mir zum wiederholten Male gezeigt, dass offensichtlich nicht alle in diesem Hause auf diesem Niveau mitspielen. Denn das, was Sie vertreiben, sind grundsätzlich nur noch Glaubenssätze, ohne für die konkreten Probleme – von in der Tat mittlerweile fast 13.000 Jugendlichen in Hessen, die im Moment keinen Ausbildungsplatz haben – irgendeine Lösung anzubieten. Deswegen ist Ihre Bemerkung zu den Wohltaten wie Ihre Ausführung insgesamt aus meiner Sicht völlig daneben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Kölsch für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Frau Kölsch, Sie haben noch zehn Minuten.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, zunächst können wir wirklich feststellen, dass wir uns alle einig sind, dass dies ein wichtiges Thema ist und dass wir es gemeinsam lösen müssen. Frau Hölldobler-Heumüller hat gesagt, sie wolle uns die Lobhudelei ersparen. Ich werde Ihnen die Fakten nicht ersparen, auch wenn Sie sie schon öfter gehört haben, aber nicht wahrnehmen wollen. Gerade deshalb, weil wir wissen, wie wichtig dieses Thema ist, haben die Hessische Landesregierung und die Spitzenverbände der Wirtschaft am 6. September 2004 den Hessischen Pakt für Ausbildung 2004 bis 2006 geschlossen. Das kommt mir hier alles viel zu kurz. Dieser Ausbildungspakt wurde mit dem Ziel geschlossen, die Zahl der Ausbildungsverträge zu erhöhen, neue Ausbildungsplätze zu akquirieren sowie Plätze für Einstiegsqualifikationen von Jugendlichen zur Verfügung zu stellen und damit möglichst jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen – auch das haben wir heute schon gehört – eine Chance auf eine berufliche Ausbildung zu geben.

Meine Damen und Herren, ich muss auch in Erinnerung rufen, dass sich das Land Hessen im Rahmen dieses Paktes verpflichtet hat, 3.500 Ausbildungsplätze mit 26 Millionen c abzusichern. Weil wir immer über diesen Zeitraum reden, möchte ich doch noch einmal darauf hinweisen, dass gerade im Jahre 2005 zwischen dem 30.09. und dem 31.12. durch Nachvermittlungsaktionen der beiden Kammern und der freien Berufe noch einmal insgesamt 1.185 neue Ausbildungsverträge geschlossen wurden. Das Ziel, mindestens 2.000 Ausbildungsplätze bei Betrieben

anzuwerben, die erstmals 2005 ausgebildet oder zuletzt 2003 Auszubildende eingestellt hatten, wurde damit deutlich übertroffen.

Meine Damen und Herren, bis Ende September 2005 konnten fast 9.900 neue Ausbildungsplätze akquiriert werden. Wir können nicht so tun, als sei dies kein Fakt. Deshalb sind von den Paktpartnern auch jetzt im Herbst wieder Nachvermittlungsbörsen geplant. Denn es gibt laut IHK noch 1.000 offene Angebote, und es fehlt noch ein Drittel aller Verträge, die erst in den nächsten Monaten eingehen werden. Bereits am 3.August haben die hessischen Industrie- und Handelskammern gemeldet, sie hätten Ende Juli im Vergleich zum Vorjahr 3,8 % mehr junge Menschen in ein Ausbildungsverhältnis vermittelt, während es Ende August – die Zahl wurde auch schon genannt – 4,7 % mehr sind.

Wir müssen auch wissen, dass die IHK-Unternehmen knapp 60 % aller Ausbildungsplätze in Hessen stellen. Auch dies ist ein sehr positives Ergebnis. Wir können somit auch im dritten Jahr des Ausbildungspaktes eine positive Bilanz ziehen.Allerdings – darauf möchte ich einmal hinweisen – müssen auch die Jugendlichen ihren Beitrag, ihr Interesse und ihr Engagement zeigen.

(Beifall des Abg. Armin Klein (Wiesbaden) (CDU))

Hierzu nenne ich Ihnen ein Beispiel, das Sie nicht zitiert haben.Wenn zur Vermittlungsbörse der Frankfurter Paktpartner am 05.07.2006 von 1.900 eingeladenen Bewerbern gerade einmal 300 kommen, ist das keine gute Resonanz, und es zeugt von wenig Einsatzbereitschaft für den eigenen Arbeitsplatz.