Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Meine Damen und Herren, insoweit ist die Rückstellung für die Unternehmensteuerreform, die die Risiken des Jahres 2008 abfedern soll, mit diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Wir hatten das im Ausschuss auch diskutiert. Was die Rückstellung für Verpflichtungen des Landes für den Länderfinanzausgleich angeht, sieht die Sache etwas anders aus, weil die im ersten Quartal des Jahres 2007 fällig werden. Jetzt die Kredite nicht aufzunehmen und die Ermächtigung auf das nächste Jahr zu übertragen, das ist ein ganz anderer Fall, als das über ein ganzes Haushaltsjahr vor sich her zu schieben.

Letzte Bemerkung, zum Thema Unternehmensteuerreform. Meine Damen und Herren, wenn die Politik die richtige Richtung einschlüge und dafür sorgte, dass die Unternehmensteuerreform aufkommensneutral umgesetzt wird, dann wäre eine Rückstellung, in welcher Form auch immer, zulässiger- oder unzulässigerweise

(Norbert Schmitt (SPD): Nicht nötig!)

nicht nötig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie ist erstens unnötig, zweitens unzulässig. Deswegen sind wir dagegen und lehnen den Nachtrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Als nächster Redner hat Herr Kollege von Hunnius für die FDP-Fraktion das Wort.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Lübcke, vielen Dank für den Vorausbeifall. Ich hoffe, er ist gerechtfertigt.

(Dr. Walter Lübcke (CDU): Das war ich nicht! – Florian Rentsch (FDP): Er hat im Geiste mitgeklatscht!)

Ach, dann nehme ich das zurück. Das war wishful thinking. – Ich komme zur Sache. „Je länger ich in der Politik arbeite, desto geringer wird mein Glaube an das menschliche Rechnen.“

(Frank Lortz (CDU): Na!)

Das Zitat stammt von Bismarck, Herr Kollege, nicht von mir. Ich kann so schön gar nicht formulieren.

(Frank Lortz (CDU): Dann ist das in Ordnung! – Axel Wintermeyer (CDU): Jahrgangskollege des Vizepräsidenten!)

Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass Bismarck den Nachtragshaushalt 2006 erahnt hat, als er das damals geäußert hat.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Das hat zwei Gründe. Der erste Grund ist in den Korrekturansätzen zu finden, die im Nachtragshaushalt zu sehen sind. Die reflektieren diese Schätzfehler, Fehlansätze, Scheindeckungen und Ähnliches. Da ist ein ganz erhebliches Ausmaß an Rechenfehlern enthalten.

Der zweite Grund ist die spezielle Rücklage, die eben schon angesprochen worden ist. Auf viel mehr Punkte möchte ich angesichts der knappen Zeit gar nicht eingehen. Die Rücklage wird gebildet, weil man erwartet, dass aufgrund der Unternehmensteuerreform, die 2008 in Kraft treten soll, Steuerausfälle in Hessen zu gewärtigen sind. Die Rücklage beträgt 200 Millionen c. Nun kann ich das mit verschiedenen Adjektiven charakterisieren.

Einmal kann ich sagen: Es ist gut, die Rücklage zu bilden, denn das Geld wird nicht ausgegeben. Da haben wir einen politischen Konsens mit der Hessischen Landesregierung. Es wird nicht für ähnliche Geschenke, z. B. an Beamte, dritte Auflage, oder Ähnliches mehr ausgegeben. Das wäre denkbar.Dafür kann das Geld nicht genommen werden.

Es ist aber schlecht,diese Rücklage zu bilden,denn es gibt keine Festlegung, die Nettokreditaufnahme entsprechend zu reduzieren. Nun hat uns der Minister mehrfach deutlich gesagt,dass er gar nicht vorhat,noch in den letzten Tagen des Jahres von der Kreditermächtigung Gebrauch zu machen. Aber wenn er das nicht vorhat, dann muss er wohl vorhaben,das im nächsten Jahr zu tun.Denn sie wird automatisch in das kommende Jahr übertragen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das haben wir doch beschlossen!)

Bedenklich ist der ganze Vorgang deshalb, weil das Projekt Unternehmensteuerreform auch innerhalb der Koalition äußerst umstritten ist.

(Frank Lortz (CDU): Na, na, na! – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Es geht nicht verloren!)

Wir haben bisher nur eine vorläufige Einigung zwischen den beiden Koalitionspartnern. Schon am Tag nach der Einigung sind beide wieder auseinandergedriftet. Zumindest einige von der SPD haben gesagt: 5 Milliarden c sind doch zu viel Entlastung. – Wir wissen, dass die CDU eigentlich noch ein bisschen mehr Entlastung haben möchte. Der Ministerpräsident hat das immer wieder gefordert. Die genaue Ausgestaltung ist noch völlig offen. Also ist in dieser ganzen Unternehmensteuerreform offenbar nur eines sicher: die Höhe der Belastung des Landes Hessen. – Das kann doch eigentlich gar nicht sein.

Ausgesprochen falsch ist die Bildung dieser Rücklage von 200 Millionen c, weil sie nicht mit einer Reduzierung der Kreditermächtigung verbunden ist. Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass die FDP-Fraktion in diesem Landtag schon vor einiger Zeit beantragt hat, die Übertragbarkeit von Kreditermächtigungen, wie sie im Augenblick vorhanden ist, generell aufzuheben.

(Beifall bei der FDP)

Das fand damals bedauerlicherweise nicht die Zustimmung unserer anderen Freunde im Parlament. Es wäre vielleicht besser gewesen, damals zuzustimmen; denn

heute sehen wir, was passiert. Die Landesregierung genehmigt sich von dem gesamten Kreditvolumen nicht benötigte 200 Millionen Euro. Denn sie werden nicht benötigt. Wir haben ja Steuereinnahmen in entsprechender Höhe. Mit den 200 Millionen c kann man in einem Jahr vor der Wahl eine ganze Menge anstellen, Herr Kollege Milde,

(Beifall bei der FDP und des Abg. Gernot Grum- bach (SPD) – Norbert Schmitt (SPD): Das kann man wohl sagen!)

und zwar gute Sachen und auch schlechte Sachen. Ich wundere mich sehr, dass die SPD-Fraktion diesen Effekt so herunterspielt. Vielleicht denkt sie daran, irgendwann einmal – ich glaube es war das Jahr 2020 genannt worden – zu regieren und dann von ähnlichen Spielereien Gebrauch zu machen.

(Norbert Schmitt (SPD): 2008 ist schon okay!)

Ich glaube, Herr Kollege, 2008 ist definitiv zu früh.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Der Grund dafür, warum das zu früh ist, sitzt exakt neben Ihnen.

(Sabine Waschke (SPD): Eieiei!)

Die einzig richtige Konsequenz wäre es,eine ganz ehrliche Politik zu betreiben. Ehrliche Politik heißt:Wir wollen das Geld nicht in Anspruch nehmen. Also sind wir so konsequent und vermindern die Nettokreditaufnahme im Nachtragshaushalt 2006 entsprechend.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann nehmen wir uns selbst die Möglichkeit, inkonsequent zu sein und unter dem Aspekt, dass sie übertragbar ist, im Jahr 2007 200 Millionen c zu verwenden.

Frau Kollegin Wagner, als Liberaler liegt es mir fern, mich gerade auf Bismarck zu beziehen.

(Frank Lortz (CDU): Hört, hört!)

Das wäre etwas abstrus.Aber in diesem einen Punkt kann ich seine Gedanken durchaus nachvollziehen, insbesondere wenn ich mir den Nachtragshaushalt 2006 ansehe.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Keine weiteren Wortmeldungen!)

Es bleibt dabei: Der Nachtragshaushalt ist für uns auch nach der dritten Lesung leider nicht akzeptabel. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege von Hunnius. – Das Wort für die Landesregierung hat Herr Finanzminister Weimar.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Erfreuliche zuerst: Wir reduzieren die Verschuldung für dieses Jahr auf 880 Millionen c.Wir haben, so wie das zum heutigen Tage aussieht, noch eine berechtigte Chance, dass wir bis zum Jahresende mehr Steuern einnehmen, als das im Dezember vorigen Jahres der Fall war. Ich habe im

Haushaltsausschuss angekündigt,dass alles,was mehr eingeht, zur weiteren Reduzierung der Nettoneuverschuldung eingesetzt wird,

(Beifall bei der CDU)

dass daraus eventuell erwachsende Restkreditermächtigungen von der Landesregierung nicht in Anspruch genommen werden und dass ich bereit bin, zum Haushalt 2008 eine Abschreibung dieser Restkreditermächtigungen, deren Höhe wir im Moment noch nicht kennen, vorzunehmen, sodass, Herr von Hunnius, Ihrem Wunsch Rechnung getragen worden ist. – Wir brauchen doch nicht über Sachen zu streiten, die völlig unstreitig sind.Aus der Rücklage in Höhe von 200 Millionen c können keine Restkreditermächtigungen entstehen, denn sie sind etatisiert. Hier wird manchmal über Dinge diskutiert, die zumindest haushaltsrechtlich so nicht sind.

(Nicola Beer (FDP): So hat der Kollege das gar nicht gesagt! – Frank Lortz (CDU) und Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Er hat es gut gemeint!)