Deshalb haben wir an dieser Stelle stets gefordert, dass mindestens 25 % der Wahlberechtigten bei einem Volksentscheid zustimmen,damit er Wirkung entfaltet.Hiervon aber ist in Ihrem Gesetzentwurf nichts zu sehen.
Nach wie vor finden wir es als FDP-Fraktion bedauerlich, dass der große Wurf nicht gelungen ist, weil die SPD den Verfassungskompromiss, den eine Arbeitsgruppe nach sehr vielen und langwierigen Sitzungen erarbeitet hatte, aufgekündigt hat.
Diese Bemerkung kann ich mir allerdings nicht verkneifen: Das hat auch daran gelegen, dass nach dieser Aufkündigung des Kompromisses durch die SPD-Fraktion CDU und GRÜNE nicht mehr bereit waren, die Hessische Verfassung mit einer Zweidrittelmehrheit in diesem Haus zu ändern.Auch das finde ich nach wie vor sehr bedauerlich.
Wenn uns an dieser Stelle der große Wurf gelungen wäre, dann müssten wir jetzt nicht so wie die Fraktion der GRÜNEN mit dem Gesetzentwurf im Klein-Klein herumdoktern.
Herr Kollege Dr. Jürgens, zum Schluss müssen sich auch die GRÜNEN vorhalten lassen, in der Frage von mehr Bürgerbeteiligung kein einheitliches Bild abzugeben.
Für meine Fraktion darf ich daran erinnern, dass wir stets die Forderung aufgestellt haben, in Deutschland eine Volksabstimmung über die Europäische Verfassung durchzuführen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Beer hat sich hier fast ausschließlich mit Fragen der Hessischen Verfassung beschäftigt. Was Sie zum Abstimmungsquorum gesagt haben, das müsste – wenn überhaupt – in der Hessischen Verfassung geändert werden.
Es müsste also Gegenstand einer Änderung der Hessischen Verfassung sein. Es wird Ihnen sicherlich auch aufgefallen sein,dass wir gegenwärtig von Verfassungs wegen gehindert sind, die Hessische Verfassung und das Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid in einem Schritt zu ändern. Das muss getrennt voneinander geschehen. Selbst wenn wir die Verfassung geändert hätten, hätten wir das Ausführungsgesetz ebenfalls ändern müssen.
In der Konsequenz bedeutet Ihre Position doch schlicht und ergreifend: Wenn wir nicht beides zur gleichen Zeit bekommen – was von Verfassungs wegen gar nicht möglich ist –, dann lassen wir alles bleiben. – Das ist im Ergebnis das, was die anderen auch sagen. Es ändert sich im Grunde nichts. Alles bleibt, wie es ist. Die Bürgerbeteiligungsrechte in Hessen stehen auf dem Papier, aber in der Realität haben sie keine Chance.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nicola Beer (FDP):Warum lassen Sie nicht über die Europäische Verfassung abstimmen?)
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Wagner, es ist schon bemerkenswert, wenn Sie behaupten, die Reform der Hessischen Verfassung sei an der Sozialdemokratischen Fraktion gescheitert.
Das halte ich für bemerkenswert. Herr Wintermeyer, ich könnte Ihnen Dutzende von Beispielen aufzählen, bei denen Sie keine Rücksicht auf andere Meinungen genommen haben. Deswegen hören Sie doch bitte mit Ihren Krokodilstränen auf. Sie haben mit Ihrer Mehrheit im Hessischen Landtag die Möglichkeit dazu.Wenn Sie diese Möglichkeit nicht wahrnehmen, sollten Sie anderen keine Vorhaltungen machen. Das sollte einmal deutlich gesagt werden. Sie haben offensichtlich nicht den Mumm dazu, die Verfassung zu ändern.
Jetzt rüsten Sie doch einmal wieder ab. Kurz vor Toresschluss ist das gar nicht mehr erforderlich, Herr Wintermeyer.
Nun zu dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Erleichterung von Volksbegehren. Fast zwei Jahre lang haben wir diesen Gesetzentwurf nun diskutiert. Hierzu haben wir eine Anhörung durchgeführt, die vernünftig und wichtig war.
Herr Wintermeyer, Herr Boddenberg, Ihre Arroganz wird Ihre große Schwäche sein.Damit können wir aber leben.
Meine Damen und Herren, die Anhörung hat klar aufgezeigt, dass wir in Hessen die höchsten Hürden für die Einleitung eines Volksbegehrens haben. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise brauchen Sie 3.000 Unterschriften. In Bayern brauchen Sie 25.000 Unterschriften. In Hessen aber brauchen Sie 130.000 Unterschriften. Es sind also 3 % für die Einleitung eines Volksbegehrens erforderlich. Es gibt überhaupt keinen sachlich nachvollziehbaren Grund, weshalb Hessen in dieser Hinsicht an der Spitze liegt. Das ist schlicht und ergreifend nicht in Ordnung. Das muss nach unserer Auffassung verändert werden. Sie lehnen das jedoch ab.
Die Anhörung hat ferner klar gezeigt, dass Ihre Argumentation falsch ist, damit würde man mehr Volksbegehren ermöglichen,das sei zu aufwendig und es könnte möglicherweise Missbrauch betrieben werden.So argumentieren Sie immer wieder politisch, Frau Zeimetz-Lorz. Das wird ad absurdum geführt. Es gehört zum Wesen einer Demokratie, Elemente der direkten Volksbeteiligung nicht zu erschweren, sondern sie zu vereinfachen. Das ist der richtige Demokratieansatz. Deshalb unterstützen wir diesen Ansatz ausdrücklich.
Meine Damen und Herren, die Argumentation der Kommunalen Spitzenverbände ist schon etwas abenteuerlich, die Erleichterung der Durchführung verursache mehr Kosten und sei personalintensiv. Das gehört zur Demokratie.Wir reden über den Rückgang der Wahlbeteiligung und Parteienverdrossenheit. Weshalb soll es denn nicht möglich sein, dass Bürger strittige Themen aufzeigen? Manchmal reicht sogar schon die Androhung aus,ein Bürgerbegehren anzustreben, damit sich ein Parlament damit befasst und eine vernünftige Entscheidung fällt. Auch hierzu wird ein positiver Beitrag geleistet, wenn man Volksbegehren erleichtert. Gleiches gilt für die Erhöhung der Frist auf drei Monate.
Meine Damen und Herren, es gibt also nicht einen einzigen sachlichen Grund, den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen. Der Hinweis, das könne man mit einer Verfassungsänderung machen, ist doch nur der Versuch eines Auswegs für vermeintliche Helden.
Willy Brandt hat nach wie vor recht,als er sagte:Mehr Demokratie wagen. – Das ist ein vernünftiger Ansatz. Deswegen werden wir dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen. Wenn die CDU-Fraktion es ernst meint, dann muss sie diesem Ge
setzentwurf auch zustimmen. Ansonsten handelt es sich nur um Krokodilstränen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, aber auch das sind wir von dieser Seite des Hauses mehr als gewohnt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich habe die Position der Landesregierung bereits in der ersten Lesung deutlich gemacht. Im Interesse der Kolleginnen und Kollegen möchte ich mich deshalb heute kurz fassen.
Frau Kollegin Zeimetz-Lorz und Frau Kollegin Beer haben vorgetragen, was die Landesregierung heute genauso sieht wie in der ersten Lesung. Wir halten das für nicht zielführend. Wir glauben, dass Sie mit einer Veränderung im Verfahren das eigentliche Problem nicht lösen. Inwieweit der Landtag in der Lage ist, sich verfassungsrechtlich zu einigen, ist nicht Sache der Landesregierung. Deshalb sind wir auch in zweiter Lesung der Auffassung, dass man den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ablehnen sollte.
Herr Kollege Rudolph, außerdem bin ich der Auffassung, dass die Einwendungen gegen die Verfahrensvorschläge Gewicht haben. Ich kann mich durchaus damit einverstanden erklären, dass wir die Frist verlängern. Das ist nicht mein Problem. Ich halte es aber für falsch, dass jedermann ungeprüft, ohne dass die Identität überprüft wird und unabhängig davon, ob der Betreffende in der Gemeinde wohnt – – Das öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. Das haben die Kommunalen Spitzenverbände meines Erachtens sehr überzeugend vorgetragen. Ich hatte während der ersten Lesung bereits Gelegenheit, diesem Hause unsere Position hierzu darzulegen.
Man kann mehr Bürgerbeteiligung wollen. Dann muss man aber einen aus meiner Sicht konsequenten und im Ergebnis umsetzbaren Vorschlag machen.Wenn man den Menschen sagt, sie hätten eine Chance, ihnen aber anschließend erklärt, dass diese Chance leider nicht umgesetzt werden könne, weil sich am Verfassungsquorum nichts ändert, dann werden Hoffnungen geweckt, die sich nachher in Frustration und Enttäuschung umwandeln.
Deshalb ist die Landesregierung auch in zweiter Lesung der Auffassung, dass dieser Gesetzentwurf abgelehnt werden sollte. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Erleichterung von Volksbegehren.
Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.