Nur, wenn wir Wege finden, Steuerteilfinanzierungen im Gesundheitsbereich so unterzubringen, dass sie dem Zugriff der Haushalte nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer entzogen sind, kann man auch einen Teil des Gesundheitswesens mit Steuermitteln unterstützen. Die Veränderung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel wäre ein möglicher Weg, weil man diese jedenfalls nicht häppchenweise anheben könnte.
Herr Rentsch, aber das gehört in ein größeres Konzept einer Steuerteilfinanzierung des Gesundheitswesens, und nur dann hat mit dieses Vorgehen einen Sinn.
Wir würden es begrüßen, wenn wir diese wegweisende Frage im Sozialpolitischen Ausschuss weiter differenziert betrachten könnten, und beantragen die Überweisung an den Ausschuss.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ehrlich gesagt wundere ich mich als Gesundheitspolitikerin schon ein bisschen über die Diskussion, die wir heute erneut im Landtag führen.
(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) – Axel Wintermeyer (CDU): Immer das Gleiche!)
dass gerade bei verschreibungspflichtigen, notwendigen Medikamenten der halbe Mehrwertsteuersatz – oder lassen Sie uns über einen anderen reden – gelten soll. Dies fordern Krankenkassen, Gesundheitspolitiker, Apothekerverbände und viele andere. Das ist in fast allen EU-Mitgliedstaaten so. Immerhin 21 von 25 EU-Mitgliedstaaten erheben auf erstattungsfähige, verschreibungspflichtige Arzneimittel entweder gar keine Steuern oder einen ermäßigten Steuersatz, der zwischen 2 und 10 % differiert.
Aber, lieber Kollege Rentsch, in Deutschland gab es, historisch bedingt, schon immer den normalen Mehrwertsteuersatz. Wegen finanzpolitischer Aspekte wurde dies von den vielen Regierungen in Deutschland auf Bundesebene nie verändert. Denn egal, welche Koalition regiert hat, die betreffende Lücke auf der Seite der Finanzen konnte nicht geschlossen werden.
Deswegen kann ich für die Landesregierung sehr einfach sagen: In der Sache halte ich das nach wie vor für richtig. Denn die meisten Menschen nehmen Medikamente nicht ein, weil es ihnen Spaß macht, sondern weil sie wie Nahrungsmittel lebensnotwendig sind. Seit Jahrzehnten gibt es die Diskussion, worauf der ermäßigte Mehrwertsteuersatz nicht mehr und worauf er nunmehr erhoben werden soll. Auch in dieser Koalition auf Bundesebene war es nicht möglich, sich bei den Arzneimitteln auf den ermäßigten Steuersatz zu verständigen. Ich halte deswegen nichts davon, wenn wir jetzt erneut einen Schaufensterantrag im Bundesrat stellen, für den überhaupt keine Mehrheit zu ersehen ist.
Ich könnte mich zwar vielleicht persönlich bei Pharmaverbänden, Krankenkassen und Patienten feiern lassen, aber es würde momentan nichts bringen. So realistisch muss man an dieser Stelle sein.
Denn nach wie vor sind die Mittel schwierig zu verteilen. Herr Kollege Rentsch, ich sage Ihnen aber auch ganz klar: Ich stimme der Forderung zu.Vielleicht können wir bei einer nächsten Koalition auf Bundesebene wieder gemeinsam darüber reden, ob man dann endlich den Mehrwertsteuersatz so verändert, dass das, was für Menschen lebensnotwendig ist, was sie an Medikamenten brauchen, einem niedrigeren Steuersatz unterliegt.
Das wäre im Übrigen für Deutschland auch ein ganz wichtiger Standortvorteil, wenn das, was hier produziert wird, auch auf die Gesundheitskosten gesehen, nicht auch noch
die Preise in der gesetzlichen Krankenversicherung hochtreiben würde. Insofern ist es in der Sache richtig.
Aber klar ist auch, dass es seit Jahrzehnten eine Diskussion in Deutschland gibt, die bisher noch keiner überwunden hat, egal wie die farbliche Zusammensetzung auf Bundesebene war. Ein Schaufensterantrag sollte dazu im Bundesrat nicht gestellt werden.
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, dann wurde hier beantragt, den Antrag an den Sozialpolitischen Ausschuss, federführend, und an den Haushaltsausschuss, beteiligt, zu überweisen. – Dem wird nicht widersprochen. Dann wird so verfahren.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Drucks. 16/6169 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben im Hessischen Landtag bereits mehrfach über das Antidiskriminierungsgesetz, oder das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, wie es jetzt heißt, gesprochen. Die GRÜNEN sind stolz darauf,dass ein unter Rot-Grün maßgeblich von uns vorangetriebenes Gesetzeswerk von der Großen Koalition in weiten Teilen unverändert übernommen wurde und nunmehr in Kraft ist.
Rechtsgeschäfte, die seit dem 1. Dezember letzten Jahres abgeschlossen wurden, unterliegen den Vorschriften der Gleichbehandlung aller und dem Verbot der Benachteiligung von Menschen wegen ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Herkunft, des Alters, der Weltanschauung, der sexuellen Orientierung oder einer Behinderung. Das ist gut und richtig so.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz setzt auf nationaler Ebene um, was ich den europäischen Gleichberechtigungsgrundsatz nennen möchte. Er ist im europäischen Verfassungsentwurf verankert, im Verfassungsvertrag, aber eben auch in einer ganzen Reihe von EU-Richtlinien. Das alles gemeinsam ist der europäische Gleichbehandlungsgrundsatz. Wenn die Bekenntnisse zu Europa, die heute Morgen in der Aktuellen Stunde abgegeben wurden, zutreffend sind, dann müssten eigentlich alle gemeinsam in diesem Haus an einer Umsetzung des europäischen Gleichbehandlungsgrundsatzes arbeiten.
Die Europäische Union hat das Jahr 2007 zum Jahr der Chancengleichheit erklärt. Ich weiß nicht, wer es zufällig gelesen hat: In einer der ersten Ausgaben der EU-Nachrichten vom Januar dieses Jahres stand ein Beitrag mit der Überschrift „Unionsbürger wissen zu wenig über ihre Rechte“. Darin wird z. B. mitgeteilt, dass in Deutschland gerade einmal 27 % der Befragten eine Ahnung von ihren
Rechten haben,wenn sie Opfer von Diskriminierung oder Belästigung werden.Wir meinen: 27 % sind zu wenig.Wir wollen diesen Prozentsatz deutlich steigen. Denn Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei. Das Erste, was notwendig ist,um überhaupt Recht zu bekommen,ist, dass man Bescheid weiß über das, was einem zusteht.
Deswegen schlagen wir in dem Antrag, den wir Ihnen vorlegen, als Erstes vor, dass die Landesregierung durch geeignete Maßnahmen die hessischen Bürgerinnen und Bürger über ihre Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz aufklärt – über die Rechte auf der einen Seite, aber auch über die Pflichten. Zielsetzung ist, dass die einen wie auch die anderen besser wissen, was sie zu tun oder zu lassen haben, und was möglicherweise auf sie zukommt, damit dieses neue Rechtsinstrument, das in der deutschen Rechtstradition keine große Vergangenheit hat, tatsächlich umgesetzt werden kann.
Die Medien, die dafür zum Einsatz kommen, sind sicherlich der Phantasie überlassen. Man kann alles Mögliche machen. Herr Metz könnte seine zweifellos vorhandenen PR-Fähigkeiten auch einmal für etwas Sinnvolles einsetzen. Frau Fuhrmann hat vorhin von „PR-Mätzchen“ gesprochen. Ich weiß nicht, ob sie das auf Herrn Metz bezogen hatte.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gewiss! – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe Ihnen hier einmal ein Beispiel dafür mitgebracht, wie man das Thema Diskriminierung durchaus auch unterhaltsam aufgreifen kann. Die Europäische Kommission hat einen Band herausgegeben, in dem in Comics verschiedene Aspekte der Diskriminierung aufgegriffen und dargestellt werden. Er richtet sich vor allem an Jugendliche. Das ist sicherlich ein Versuch, den man starten kann. Da geht es nicht um Rechte und Pflichten aus dem europäischen Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern mehr darum, ein Bewusstsein dafür zu bekommen, was Diskriminierung ist.
Unser Antrag hat einen zweiten Teil, nämlich die konkrete Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes durch Polizei und Justiz. Natürlich ist die Polizei grundsätzlich nicht dazu berufen, die privaten Rechte einzelner Bürger durchzusetzen.Aber im Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist ausdrücklich vorgesehen,dass die Polizei auch die Reche Einzelner unterstützen kann, wenn eine Hilfe durch Gerichte nicht erreichbar ist.
Wir hatten z. B. den Fall in der „HNA“. Den haben wir Ihnen als Beispiel auch in dem Antrag genannt. Dort wird geschildert, dass in den Abendstunden ein Marokkaner in Kassel den Zutritt zu einer Diskothek begehrte. Der Zutritt wurde ihm verwehrt. Er hat dann versucht, bei der Polizei Hilfe zu bekommen. Die Polizeibeamten haben ihn abgewiesen und gesagt, das sei das Hausrecht der Diskothek. Damals hat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz noch nicht gegolten, weil es erst zum 01.12. wirksam geworden ist. Aber wenn es gegolten hätte, hätte ein Vorsprechen der Polizei bei dem Diskothekenbetreiber sicherlich dazu geführt,dass das Ganze entweder als Missverständnis aufgeklärt oder dem Marokkaner doch der Zutritt erlaubt wird. In jedem Fall hätte es genau zu dem geführt, wofür die Polizei eigentlich zuständig ist, nämlich Streit zu schlichten, Rechtsfrieden zu stiften und diejeni
Deswegen hilft dieser Antrag, dass konkret auf Landesebene in hessischer Verantwortung etwas getan werden kann, um dem Gesetz zum Erfolg zu verhelfen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will für die CDU-Fraktion hier noch einmal darstellen, dass über das Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, die Antidiskriminierung, überhaupt kein Streit besteht. Das ändert aber nichts daran, dass wir nach wie vor,was den Inhalt dieses Gesetzes angeht,unsere Bedenken haben, die wir auch im Hessischen Landtag schon miteinander ausgefochten haben.
Herr Kollege Dr. Jürgens, nachdem Sie hier die Frage der Information in den Vordergrund gestellt haben, lassen Sie mich noch einmal darauf eingehen. Herr Kollege Dr. Jürgens, wenn Sie das einklagen, sollten Sie in Ihren Pressemitteilungen auch ein bisschen darauf achten, dass die Informationen korrekt sind und Sie nicht einen Polizeieinsatz auf der Basis des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes einfordern, wie Sie das im Anschluss an das vorhin dargestellte Beispiel gemacht haben. Ja, Herr Kollege, es mag wehtun, wenn man sich an das erinnern lassen muss, was man dort aufgeschrieben hat.Aber das ist in der Pressemitteilung von Ihnen falsch dargestellt worden.
Ich will noch einmal daran erinnern, dass wir das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aus rot-grünen Zeiten geerbt haben. Im Prinzip ist das Ganze damals von dort betrieben worden. Nachdem es europäisches Recht war, sollte es in Deutschland über das notwendige oder geforderte Maß hinaus umgesetzt werden.
Herr Kollege Dr. Jürgens, es ist uns gelungen, dieses Bürokratiemonster ein Stück weit einzuschränken. Gleichwohl musste damals eine Transformation erfolgen. Das haben wir auch gemacht. Ich denke, dass das, was wir dort erreicht haben, ist insgesamt ganz ordentlich.
Wie gesagt, über das Ziel gibt es keinen Streit.Aber es ist schon so, dass in dem ursprünglichen Gesetzentwurf, in der rot-grünen Fassung, für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Unternehmen an vielen Stellen Hürden geschaffen wurden, die man in unserem Land in keiner Weise hätte ertragen können. Wir haben es erreicht, dass viele Punkte herausgenommen worden sind, die in dem ursprünglichen Gesetzentwurf von Rot-Grün noch enthalten waren.