Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz in § 2 Abs. 1 Nr. 7 ist in der Tat die Frage der Bildung beschrieben – völlig richtig. Aber ich bin nicht allein hier im Hause der Auffassung, dass das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Hessische Verfassung am Ende auch in hessischen Schulen gelten. Insofern kann ich meine Argumentation voll aufrechterhalten. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie ist falsch, aber Sie bleiben dabei, und das sind wir gewohnt!)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Beuth, ich muss eine Vorbemerkung machen, weil wir noch einige Plenarsitzungen haben. Wenn Sie jetzt jedes Mal die Plenardebatte damit eröffnen, dass ein Antrag, der von der Opposition kommt, ein Wahlkampfantrag ist und deshalb abgelehnt werden muss, aber jeder Antrag, der von der Regierungsfraktion kommt, natürlich nicht aus Wahlkampfgründen gemacht ist,
ersparen Sie uns das bitte. Ersparen Sie das den hessischen Bürgerinnen und Bürgern und dem Parlament.
Diese Floskel ist wirklich zu billig.Ich glaube,das gilt auch für die Union und für alle Fraktionen hier im Hause.Es ist fünf Jahre Wahlkampf. Wir versuchen, mit unseren Konzepten und unserer Position fünf Jahre um Wähler zu wer
Meine Damen und Herren, der Antrag der GRÜNEN wird von uns aus inhaltlichen Gründen abgelehnt, nicht aus dem Grund, weil er jetzt eingebracht worden ist; denn ich gehe davon aus, dass wir noch bis zum Januar – eigentlich bis zum April – hier gemeinsam arbeiten werden.Wir haben damals in der Diskussion zum Antidiskriminierungsgesetz die Position vertreten, dass wir eine 1 : 1-Umsetzung der damaligen EU-Richtlinie wollten. Das hat auch die hessische CDU im Landtag so vertreten. Das ist aufgrund der Tatsache nicht so gekommen, dass es eine Große Koalition auf Bundesebene gibt. Damals hat zu diesem Thema der Kollege Rhein, der ehemalige Ordnungsdezernent der Stadt Frankfurt,zu diesem Thema gesprochen.
Ich erinnere mich noch sehr gut an seine Rede zu diesem Thema. Ich weiß genau, wie der Kollege Rhein damals mit sehr markigen Worten gesagt hat, mehr als eine 1 : 1-Umsetzung sei für das Thema Antidiskriminierung sogar schädlich.
(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist noch nicht einmal eine 1 : 1-Umsetzung geworden!)
Herr Kollege Dr. Jürgens, ich teile Ihre Eingangsbemerkung, dass dieses Land, dass diese Gesellschaft alles dafür tun muss, um Diskriminierung zu bekämpfen. Wir haben aber damals gesagt, dass wir prophezeien, dass dieses Gesetz nicht zur Bekämpfung von Diskriminierung führen wird, sondern eigentlich zum Gegenteil.
Ich habe damals an einer Podiumsdiskussion mit dem Ausländerbeirat Hessen teilgenommen. Der Ausländerbeirat Hessen hat mehrheitlich gesagt – Herr Kollege Frömmrich war dabei –, dass die Position des Kollegen Frömmrich richtig ist. Das wurde von den Erwartungen getragen, die ich hundertprozentig teile, dass man es mit diesem Gesetz schafft, Diskriminierungen gegenüber Ausländern und anderen Gruppen abzubauen.Ich glaube, wenn wir ehrlich sind und einen Strich darunter ziehen, ist das durch dieses Gesetz nicht geschehen.
Ich darf Ihnen sagen, Sie wollen mit Ihrem Gesetzentwurf diese Umsetzung an vielen Stellen des Landesrechts, die ich – wir haben es nämlich komplett durchgeschaut – in vielen Fällen für eine Petitesse, für Allgemeinplätze halte. Aber nicht nur aus diesem Grund tragen wir es nicht mit, sondern auch deshalb nicht, weil genau die Befürchtung, die damals die FDP-Fraktion im Landtag eingebracht hat, Realität geworden ist.
Ich will Ihnen etwas zitieren, was wir damals gesagt haben und wie es sich nach einer aktuellen Studie vom 15. August der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft umgesetzt hat, die heute schon von den GRÜNEN zitiert worden ist:
Im ersten Jahr nach Einführung des „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“ sind den Unternehmen rund 1,73 Milliarden c zusätzliche Kosten entstanden.... Knapp ein Drittel der Gesamtkosten in Höhe von 532 Millionen c entfällt allein auf die notwendigen Mitarbeiterschulungen, weitere 602
Millionen mussten für die Einführung neuer Standards und strategischer Implementierungen aufgewandt werden.
Das AGG verursacht hohe Mehrkosten für die Unternehmen, trägt zur beabsichtigten Antidiskriminierung nichts bei und enthält ein großes Missbrauchspotenzial...
Über 80 % der Unternehmen bestätigen, dass zukünftige Begründungen von personellen Entscheidungen unterbleiben. Nachteilig ist das auch für die Bewerber: 84 % der befragten Unternehmen verschicken nur noch nichtssagende Standard-Absagen an Bewerber...,
87 % verbinden mit dem Gesetz im Wesentlichen zusätzliche Bürokratie, wobei über 74 % der befragten Unternehmen das Gesetz insgesamt als überflüssig bewerten.80 % bescheinigen dem AGG sogar erhebliches Missbrauchspotenzial.... Dabei verneinen allerdings mehr als drei Viertel der Personaler in den Unternehmen, dass mit dem AGG die Ziele einer besseren Gleichbehandlung erreicht wurden.
Herr Kaufmann, ich komme gleich dazu, wenn Sie es jetzt nicht verstanden haben. Ich arbeite daran. Ich gebe mir wirklich Mühe, auch Ihnen diese Botschaft näherzubringen.
Meine Damen und Herren, Fakt ist, dass die ganze Intention,die die GRÜNEN und auch die SPD – vor allem aber die GRÜNEN – mit diesem Gesetz verfolgt haben, nämlich zu erreichen, dass in dieser Gesellschaft weniger Diskriminierung stattfindet, nicht erreicht worden ist. Sie haben stattdessen eine Riesenkostenlawine in Gang gesetzt, die verursacht, dass in Unternehmen Mechanismen konstruiert werden, um das Gesetz zu umgehen. Herr Kaufmann, nichts anderes findet statt. Das zeigt, dass Ihre ganze Initiative leider erfolglos war. Das wollte ich Ihnen damit sagen.
(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben überhaupt nicht den Durchblick, Herr Kollege!)
Wenn Sie ehrlich sind, wissen Sie das auch. Es ist ja nicht so, dass Sie im luftleeren Raum arbeiten. Sie sind auch in Hessen in Unternehmen unterwegs. Sie hören aus Unternehmen, dass es Schulungen gibt, wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zu umgehen ist und was getan werden kann.
Meine Damen und Herren, eines zeigt die Diskussion deutlich. Das zeigt auch diese Untersuchung der Stiftung Neue Soziale Marktwirtschaft. Gesetze werden Gedanken von Menschen nicht verändern. Das ist das Problem. Sie versuchen immer, über Gesetze den Menschen bessere Gedanken einzubläuen. Das hat mit diesem Gesetz nicht geklappt.
Ich will ein Zitat bringen, das aus einem befragten Unternehmen stammt. Ich finde das sehr sinnbildlich. Ein Unternehmen hat gesagt: Das AGG ist der misslungene Versuch, ein ständiges Verhalten per Gesetz zu verordnen – mit nicht abschätzbaren Risiken.
Meine Damen und Herren, genau das ist es. Die Umsetzung ist schlecht gemacht. Sie ist falsch. Sie geht zu weit. Deshalb wird die FDP den von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf ablehnen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Pauly-Bender für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zur FDP nur so viel sagen: Herr Rentsch, es ist sehr schade,dass Sie die volkswirtschaftliche Gegenrechnung, was die Diskriminierung kostet, nicht dabei hatten. Aber dabei möchte ich es zur FDP schon bewenden lassen.
Meine Damen und Herren, wie steht die SPD-Landtagsfraktion zu den Vorschlägen der GRÜNEN? Herr Dr. Jürgens, Sie wissen, wir sind uns in den Grundlinien dieses Bereiches weitgehend einig. Aber für meine Fraktion möchte ich eine grundsätzliche Vorbemerkung zu diesem Thema machen.
Die Frage, welche Verpflichtungen den Ländern aus den europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien erwachsen, beschäftigt auch uns schon seit Längerem, auch in diesem Hause. Die Gleichheitspolitik ist für die hessische SPD seit jeher eines ihrer wichtigsten Anliegen. Umso mehr wünschen wir uns eine rationale Debatte zu diesem Thema.
Sicher ist noch allen Mitgliedern dieses Hauses vor Augen, in welcher Form wir die Bundesgesetzgebung zu diesem Thema hier begleitet haben. Herr Rentsch hat das zitiert. Herr Beuth ist heute ausgesprochen soft auf diese Thematik eingegangen,
auf die Ablehnung der CDU. Wir haben auch in Erinnerung, wie die Debatte um den rot-grünen ADG-Entwurf und später das AGG der Großen Koalition in diesem Hause gelaufen ist.
Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion dieses Hauses ist das AGG ein Lehrstück dafür, wie eine Gesetzgebung nicht sein sollte. Die bundesgesetzliche Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsvorgaben hatte sich im Kern einer der wichtigsten Aufgaben zu widmen, die sich den Ländern der Europäischen Union, und zwar in ganz besonderer Weise den Dienstleistungsgesellschaften Westeuropas,heute stellt,nämlich endlich konsequent gegen solche Verhältnisse vorzugehen, die von Diskriminierung gezeichnet sind.
Dabei wissen wir alle: Gerade die Staaten Westeuropas, allesamt mit hohem sozialstaatlichem Niveau, haben nur
dann eine Zukunft, wenn alle Begabungen, Talente, Fähigkeiten und Kompetenzen zum Tragen kommen. Darum geht es wirklich.
Egal ob es sich um Diskriminierung von Frauen, um solche religiöser,sexueller,rassischer Minderheiten oder von Menschen mit Behinderung handelt – Diskriminierung ist das größte Gift für jede Leistungsgesellschaft.