Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

Ich will noch kurz eine zweite Bemerkung machen.Sie haben hier von der IGS gesprochen. Erklären Sie uns doch bitte einmal, warum Sie noch vor wenigen Jahren, im Jahre 2004, in diesem Hause folgenden Satz gesagt haben – ich zitiere wörtlich –:

Wenn wir über Schulreform reden, reden wir nicht über die IGS, wie wir sie heute in Hessen haben.

Sagen Sie bitte diesem Hause und der Öffentlichkeit,über welche Schulform Sie reden,nachdem auch Frau Ypsilanti diese Antwort seit Monaten schuldig bleibt.Treten Sie an dieses Pult, und sagen Sie den Menschen, dass Sie eine verpflichtende Einheitsschule und eine verpflichtende Ganztagsschule haben wollen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann können wir beim Wahlgang am 27. Januar 2008 darüber befinden.

Letzte Frage:Wo ist eigentlich Herr Domisch,der nach Ihrer Auffassung die Bildungspolitik in diesem Lande gestalten soll? Ich habe ihn hier noch nicht gesehen. Es wäre schön, wenn wir einmal von ihm erführen, was er eigentlich vorhat.

(Beifall bei der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Geben Sie ihm Rederecht, dann kommt er! – Weitere Zurufe von der SPD)

Vielen Dank, Herr Boddenberg. – Frau Habermann hat Gelegenheit, zu antworten.

Herr Boddenberg, ein Blick in unser Bildungskonzept würde genügen, um Ihnen zu zeigen, was ich mit meiner Bemerkung gemeint habe. Darin steht nämlich, dass

Schulen, die in einer integrierten Form arbeiten, eine zusätzliche Ausstattung brauchen. Wir möchten, dass sie als Ganztagsschulen arbeiten können, und wir wollen ihnen auch Mittel zur Verfügung stellen, um innerhalb des Unterrichts zu differenzieren. Die Ausstattung der integrierten Gesamtschulen ist unter anderem in Ihrer Regierungszeit zurückgefahren worden, und die Bedingungen, die diese Schulen im Moment haben, halten wir für nicht ausreichend.

(Zurufe von der CDU)

Der zweite Punkt ist viel spannender. Herr Boddenberg, ich verwahre mich gegen die Behauptung, ich hätte hier Menschen diskreditiert, die sich für U plus zur Verfügung stellen.

(Widerspruch bei der CDU)

Ich habe die Landesregierung diskreditiert, die es zulässt, dass „Unterricht“ auf etwas draufsteht, was nicht von Lehrkräften gehalten wird. Die Landesregierung hat es versäumt, genügend Personal zur Verfügung zu stellen, und jetzt versucht sie, über die sogenannte Unterrichtsgarantie plus darüber hinwegzutäuschen, dass es zu wenige Lehrer an den Schulen gibt. Darüber habe ich gesprochen.

(Zurufe von der CDU)

Sie wissen genau, dass gute fachliche Qualifikationen, in welchem Fach auch immer, nicht ausreichen, um vor eine Schulklasse zu treten.Wenn ich so etwas mache, wenn ich sage, jeder, der guten Willens ist, könne das auch leisten, diskreditiere ich nämlich den Beruf des Lehrers.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Herr Boddenberg, Sie sollten einmal darüber nachdenken, was Sie für das Ansehen des Lehrerberufs durch die Unterrichtsgarantie plus getan haben, die Sie den hessischen Schulen aufgezwungen haben.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Habermann. – Das Wort hat Herr Kollege Weinmeister. Sie haben vier Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Märchen aufräumen. Sie streuen immer wieder Sand in die Augen – nach dem Motto „Wir wollen keine Zwangseinheitsschule“.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr wollt eine! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Kollege Wagner, ich weiß nicht, mit wem Sie zusammenarbeiten wollen, mit wem Sie eine Regierung bilden wollen. Die Sozialdemokraten haben ihr Konzept niedergeschrieben. Es ist für jedermann nachlesbar. Deshalb rate ich jedem in diesem Land, der der SPD etwas glauben möchte, unter www.wissenwollen.de nachzuschauen.

Gott sei Dank waren Sie, liebe Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, so freundlich, deutlich zu sagen, was Sie wollen.Auf die Frage, ob Sie eine Schulvielfalt wollen oder welche Hintergedanken Sie haben, schreiben Sie un

ter „3. Der Weg zu unserem Haus der Bildung“ unter „3.2 Die Schritte der Reform“:

Im Bereich der weiterführenden Schule strebt die SPD... eine Schulstruktur an, in der alle weiterführenden Schulen bis zur Klasse 10 eine gemeinsame Sekundarstufe I für alle anbieten.

Das bedeutet, dass Sie keine Schulformen haben wollen, die man sich aussuchen kann, sondern Sie wollen für alle – so haben Sie es geschrieben – eine gemeinsame Sekundarstufe. Das bedeutet, Sie wollen die bestehenden Schulformen, die Gymnasien, die Real- und Hauptschulen abschaffen.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD)

Dazu sollten Sie stehen. Sagen Sie es hier so deutlich, wie Sie es niedergeschrieben haben, und versuchen Sie nicht, Nebelkerzen zu werfen. Sie haben sich doch schon festgelegt.

(Zuruf von der CDU: Lesen Sie doch einmal wei- ter!)

Zweitens. Die Elternwahlfreiheit wird von Ihnen immer ganz groß herausgestellt. Sie schreiben, Sie könnten sich sogar vorstellen, für die Sekundarstufe I wieder Schulbezirke einzurichten,wenn das nötig sein sollte.Liebe Leute, wenn wir wieder Schulbezirke für die Sekundarstufe einrichten, dann kann das nur zwei Gründe haben: Entweder wollen Sie die Eltern entmündigen, oder Sie sind sowieso der Meinung, dass alle Schulen gleich sind.Von daher gesehen ist es egal, ob jemand dagegen klagen will, weil er nicht den Abschluss machen kann, den er gerne machen möchte. Sie haben sich doch selbst enttarnt. Sie schreiben das ja auch noch nieder.

Drittens. Frau Ypsilanti hat in der Debatte zur Schulgesetzesänderung 2004 einen entlarvenden Satz gesagt, den ich in Erinnerung rufen möchte: „Die Schule für alle wird kommen, ob Sie wollen oder nicht.“ Das Wollen ist ganz klar ausgeschlossen. Sie wollen, das ist deutlich geworden, eine Zwangseinheitsschule für alle.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In den letzten Jahren haben wir wiederholt über § 144 Schulgesetz diskutiert. Sie sind immer wieder auf der Behauptung herumgeritten, wir würden die kleinen Schulen kaputt machen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das stimmt doch auch!)

Schauen wir einmal nach, was die SPD dazu sagt. Das Schöne ist ja, dass Sie alles niedergeschrieben haben. Das ist wirklich prima.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie schreiben: Die neue Schule soll keine Neugründung von Schule sein, sondern Sie wollen die Umwandlung und Zusammenlegung von bestehenden Schulen, um Ihre integrierte Zwangseinheitsschule zusammenzubekommen. Sie haben das so niedergeschrieben, deshalb glaube ich Ihnen das.

(Hildegard Pfaff (SPD): Sie reißen alles aus dem Zusammenhang! – Reinhard Kahl (SPD): Es ist komisch, dass alle diese Schule wollen, nur Sie nicht!)

Herr Kollege Wagner, ich möchte noch einen Punkt ansprechen. Sie haben gesagt, dass Sie die Schüler in Ihrer

neuen Schule besonders fördern wollen – mit 25 Kindern pro Klasse.Was tun Sie damit den Hauptschülerinnen und -schülern an, die eine besondere Förderung brauchen, die im Moment in Klassen mit 18 Schülerinnen und Schülern beschult werden und künftig nach Ihrer Vorstellung in wesentlich größere Klassen sitzen müssten? Das macht deutlich,dass es Ihnen gar nicht um das Wohl der Schüler geht, sondern nur darum, Ihre Vorstellungen durchzusetzen.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie verstehen das Prinzip nicht, und Sie wollen es auch nicht verstehen! – Reinhard Kahl (SPD):Verstehen Sie das Wort „höchstens“?)

Herr Kollege Weinmeister,ich darf Sie bitten,zum Schluss zu kommen.

Es ist deutlich geworden, dass Sie eine Mogelpackung auf den Weg bringen wollen. Sie sagen nicht die Wahrheit, aber Gott sei Dank haben Sie sie niedergeschrieben.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Weinmeister. – Das Wort hat Frau Kultusministerin Wolff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die GRÜNEN haben die Leistungsbilanz der Regierung, die in der letzten Plenarsitzung vorgestellt wurde, nicht vertragen und glauben, sie könnten jetzt punktuell ansetzen. Immerhin hat Frau Habermann zugegeben, dass das an dem einen oder anderen Punkt natürlich dem Wahlkampf geschuldet ist.Das halte ich sogar für legitim, Frau Kollegin Habermann, aber das sollte man dann auch ehrlich sagen. Mit unserer Leistungsbilanz, mit dem, was wir für die hessischen Schülerinnen und Schüler insgesamt geleistet haben, hat das aber absolut nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Der Kollege Wagner hat vorhin geglaubt, er müsse noch einmal die OECD gegen Hessen in Stellung bringen. Das lässt sich kaum machen. Wenn Sie sie in Stellung bringen wollen,dann halte ich Ihnen Dokumente des Statistischen Landesamtes und dessen Pressemeldungen entgegen, in denen ausdrücklich hervorgehoben wird, dass – im Verhältnis zu anderen Bundesländern – Hessen mit die kleinsten Grundschulklassen hat, dass Hessen mit die höchste Abiturientenquote hat, dass Hessen mit die größte Quote an Hochschulzugangsberechtigten hat. Ich glaube,wir brauchen uns an der Stelle nicht zu verstecken.

Allerdings verstand ich Sie an der Stelle nicht. Herr Kollege Wagner, was wollten Sie uns damit eigentlich sagen? Auf der einen Seite teile ich Ihnen gerade mit, dass wir für die hohe Abiturientenquote und die hohe Zahl an Hochschulzugangsberechtigten gelobt werden, aber Sie sagen, wir hätten das Gymnasium faktisch zur Einheitsschule gemacht.

Wollen Sie weniger Gymnasiasten? Mit welchen Mitteln wollen Sie weniger Gymnasiasten? Wollen Sie am Schluss weniger Abiturienten? Nennen Sie die Anforderung, was Sie an dieser Stelle wollen.