Protokoll der Sitzung vom 16.12.2003

Herr Staatsminister, hören Sie also damit auf, immer so zu tun, als gebe es keine Alternativen zu Ihrer Politik.

Deswegen habe ich in der Debatte hier die Beispiele aus der freien Wirtschaft angeführt. Es ging mir nicht darum, dass wir diese eins zu eins für den öffentlichen Dienst übernehmen können. Es bestreitet niemand, dass das nicht möglich ist. Es geht darum, wie diese Modelle entwickelt wurden. Dafür haben wir geworben: mit den Mitarbeiterinnen zusammen, mit den Personalvertretungen, im Gespräch, im Konsens. Was Sie hier machen, ist von oben verordnet, ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzubinden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen habe ich Ihnen diese verschiedenen Vorschläge vorgelegt. Es ist auch klar, das ist kein modernes Personalmanagement, was Sie hier machen. Das müssten Sie eigentlich auch wissen. Eigentlich wissen Sie das auch. Was Sie hier machen, ist brutalstmöglich und ohne Beteiligung der Mitarbeiterinnen. Damit machen Sie die Motivation kaputt, und damit zerstören Sie den Glauben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ihren Dienstherrn. Denn Sie haben auch eine Fürsorgepflicht, und die erfüllen Sie mit dem,was Sie hier vorlegen,auf jeden Fall nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen sind wir dafür, eine Debatte über das zu führen, was die SPD hier in Antragsform vorgelegt hat. Tun Sie bitte nicht so, als habe das, was Sie tun, keine Alternativen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 24.

Es ist vorgesehen, den Antrag der SPD-Fraktion betreffend Schaffung eines Beschäftigungspaktes im öffentlichen Dienst, Drucks. 16/1477, dem Innenausschuss, federführend, und unter Hinzuziehung des Haushaltsausschusses zu überweisen. – Dem wird nicht widersprochen. Dann können wir so verfahren.

Dann geht es weiter mit Tagesordnungspunkt 2:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Siebten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Siebter Rund- funkänderungsstaatsvertrag) – Drucks. 16/1192 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion.Wer bringt das Gesetz ein? – Bitte sehr, Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung bringt den Gesetzentwurf für ein Gesetz zum Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein.

Mit diesem Rundfunkstaatsvertrag sind auch Änderungen anderer staatsvertraglicher Regelungen vorgesehen, beispielsweise des ARD-Staatsvertrages, des ZDF-Staatsvertrages, des Deutschlandradio-Staatsvertrages und auch des Rundfunkgebühren-Staatsvertrages.

Ich möchte an dieser Stelle allerdings deutlich sagen, dass mit der Änderung des Rundfunkgebühren-Staatsvertrages nicht etwa eine Diskussion über die Höhe der Rundfunkgebühren, deren Anpassung oder Nichtanpassung, oder eine Aussage über die zukünftige Struktur der Rundfunkgebühren verbunden ist, sondern es sich in diesem Passus lediglich um die Verlängerung eines Moratoriums betreffend TV-tauglicher Internet-PCs handelt.

Sie wissen, wir haben eine intensive Diskussion darüber, wie zukünftig bei der Gebührengestaltung die Tatsache berücksichtigt werden soll, dass mit PCs, die Internettauglich sind, auch Fernsehprogramme empfangen werden können. Hier besteht ein Moratorium, das zum 31.12.2004 geendet hätte.Danach wäre eine Entscheidung darüber zu treffen gewesen, wie zukünftig die Frage der Gebühren für solche PCs zu behandeln ist.Angesichts der Gesamtdiskussion um die Struktur der Rundfunkgebühren erscheint es angezeigt, in diesem Falle das Moratorium zu verlängern – zumal zu diesem Zeitpunkt sowieso eine Reihe weiterer Regelungen erfolgen muss.

Vor dem Hintergrund der in den letzten Wochen und Monaten sehr intensiv geführten Diskussion über die zukünftige Struktur der Rundfunkgebühren ist es sinnvoll und notwendig, genau diesen Sachverhalt – den Gegenstand dieses Staatsvertrages – so zu regeln, dass eine ausreichende Zeitspanne eingeräumt wird, um auf der Grundlage des im Januar vorgelegten KEF-Berichts und auf der Grundlage von Empfehlungen und Vorschlägen aus den verschiedenen Bundesländern eine intensive Diskussion über das Thema der Rundfunkgebühren zu führen.

Insofern sage ich am Rande hier im Landtag auch, dass die Rundfunkkommission der Länder von den Chefs der Staatskanzleien beauftragt worden ist, unter Einbeziehung all dieser Punkte eine Empfehlung in dieser Rich

tung zu erarbeiten, damit jedenfalls im Frühjahr nächsten Jahres ein diskussionsreifer Vorschlag vorliegt, der auch den KEF-Bericht einbezieht.

In dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Rundfunkstaatsvertrages werden Regelungstatbestände umfasst, von denen ich einige wenige, die eine besondere Wichtigkeit haben, herausgreifen will. Ich glaube, die wohl wichtigste Neuerung ist in § 11 normiert, in dem es eine Auftragsdefinition für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt.

Im Hinblick auf die europäische Forderung – ich erinnere nur an die gesamte Beihilfediskussion – wird der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einer Generalklausel näher definiert und der öffentlich-rechtliche Rundfunk damit verpflichtet,beginnend mit dem 1.Oktober nächsten Jahres alle zwei Jahre einen Bericht über die Erfüllung seines jeweiligen Auftrages, über Qualität und Quantität der Angebote und Programme sowie der geplanten Leistungen vorzulegen. Entscheidend ist in dieser Normierung dabei die Einschränkung,dass der öffentlichrechtliche Rundfunk in Zukunft Mediendienste nur programmbegleitend und mit programmbezogenen Inhalten darlegen darf.

Dies ist eine Beschränkung im Hinblick auf die Feststellung, dass es zunehmend Tendenzen gegeben hat, dass insbesondere die Onlineangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit Sponsoring, Werbemaßnahmen, Gewinnspielen und vielem anderen mehr bestückt worden sind, was dazu geführt hat, dass die Ministerpräsidenten der Länder der Überzeugung gewesen sind, in dieser Normierung deutlich zu machen, dass sich öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Zukunft in der Frage der Onlinedienste ausschließlich programmbezogen und programmbegleitend darstellen kann.

Im direkten Zusammenhang dazu steht die in § 11 normierte Klarstellung, die entgeltpflichtige Programmangebote betrifft. Es ist klar geregelt, dass Pay-Chanel- oder Pay-per-View-Angebote sowie weitere, nur gegen zusätzliches Entgelt empfangbare Angebote im öffentlichen Rundfunk in Zukunft nicht zulässig sind.

Herr Minister, zur Information: Die Redezeit der Fraktion ist abgelaufen.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident, ich will noch auf einen Punkt hinweisen,von dem ich meine,dass er von entsprechender Wichtigkeit ist. Dies betrifft die Absicherung der Regionalfenster der privaten Fernsehvollprogramme. Wir haben immer mehr Bestrebungen der großen privaten Fernsehveranstalter, zumindest ihre produktionstechnischen Bedingungen an einzelnen Standorten zu konzentrieren und zu einer konfektionierten Ware im Hinblick auf die Regionalfenster kommen.

Dies ist eine Tendenz, von der ich glaube, dass wir ihr alle entgegentreten müssen, weil gerade die Regionalfenster bei den großen privaten Fernsehvollprogrammen einen entscheidenden Beitrag zur Meinungsvielfalt darstellen können und wichtig für die Identität der einzelnen Regionen sind. Hier gilt es gegenzusteuern. Deswegen wird in diesem Rundfunkstaatsvertrag festgelegt, dass die beiden reichweitestärksten Fernsehvollprogramme mindestens

in zeitlich und regional differenziertem Umfang der Programmaktivitäten zum 01.07.02 – das war der Start – unter den Bedingungen der jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen ein entsprechendes Regionalfenster vorhalten müssen.

Meine Damen und Herren, Sie können weitere Regelungstatbestände in dem Entwurf zur Änderung des Rundfunkstaatsvertrages erkennen. Wir sind mit diesem Vertrag auf dem Weg, notwendige Klarstellungen und Bereinigungen vorzunehmen. Die weitere Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird mit diesem Staatsvertrag nicht in ihren Grundsätzen und Grundfesten berührt. Dieses bleibt allerdings auch vor dem Hintergrund der zu folgenden Gebührendiskussion weiteren Diskussionen vorbehalten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst Herrn Siebel für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe Herrn Staatsminister Grüttner an diesem Punkt Recht, dass dieser Rundfunkstaatsvertrag nicht die Grundfesten der Diskussion um Rundfunkstaatsverträge berührt. Er hat am Anfang den Punkt benannt, um den es mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag gehen wird, nämlich um die Frage, welche Gebührenhöhe wir demnächst im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch in der Struktur zu besorgen haben werden. Deshalb möchte ich dazu einen Vorschlag machen, der schon in den ersten Beratungen dieses Rundfunkstaatsvertrags in anderen Ländern eine Rolle gespielt hat. Ich habe den Eindruck, dass dieser Rundfunkstaatsvertrag in ein paar Punkten eine Chance für uns beinhaltet.

Wir sind immer in der Situation, dass wir solchen Rundfunkstaatsverträgen im Parlament quasi zustimmen sollten,müssten,könnten – es gibt das beliebte Spielchen zwischen Opposition und Regierung, das wir jetzt nicht unbedingt machen müssen. Er bietet an zwei Punkten die Chance, einmal in eine bessere und qualifiziertere Diskussion einzusteigen. Das ist erstens die Frage der Gebühren. Wir sollten uns die Chance nicht nehmen lassen, uns möglicherweise im Hauptausschuss – das würde ich dort sogar vorschlagen, in Baden-Württemberg ist das so geschehen – über die aktuelle Situation beispielsweise durch den Vorsitzenden der KEF einmal berichten zu lassen. Ich würde dies im Ausschuss tun. Dort ist auf die Fraktionen verwiesen worden. Das halte ich nicht für effizient.

Das Zweite ist der von Ihnen angesprochene Bericht über Qualität und Quantität, der zum 1. Oktober 2004 vorgelegt werden soll. Ich denke, dass dieser Bericht auch eine Chance ist, bei den Rundfunkstaatsverträgen, die behandelt werden, einmal zu einer qualifizierten Beratung im Hauptausschuss zu kommen. – Das wären die Anregungen, die wir in diesem und insbesondere im nächsten Jahr aufnehmen können.

Zum Kern dessen, was vorgetragen worden ist. Ich denke, dass der Rundfunkstaatsvertrag der Umsetzung der EURichtlinie – Universaldiensterichtlinie – entsprechend

Rechnung trägt. Dazu gehört auch, dass Fernsehveranstaltung zur Sicherung von deutschen und europäischen Film- und Fernsehproduktionen beitragen sollen. Meine Damen und Herren, ich halte das gerade vor dem Hintergrund für einen relativ wichtigen Punkt, dass wir unsere Anstalten auf Europa ausrichten wollen und müssen. Es gibt seit Sommer dieses Jahres eine Vereinbarung der privaten Rundfunkanstalten, sich an der Filmförderung zu beteiligen. Es ist jetzt die Möglichkeit, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk mit mehr Euro einsteigt.Wir sollten in dem Zusammenhang landesrechtliche Verbindlichkeiten herstellen, um dies entsprechend sicher zu machen.

Ich will nichts zur Konkretisierung des Rundfunkauftrages sagen. Das können wir in der Ausschussberatung konkretisieren. Aber noch einen Punkt zu den regionalen Programmen. Natürlich ist es richtig, wenn wir bei den beiden reichweitestärksten Sendern eine Festlegung auf Regionalprogramme machen. Das ist immer wieder umstritten. Aber ich glaube, dass wir eine besondere hessische Aufgabe haben, was den Ort der Produktion und die Herstellung dieser Regionalfenster angeht. Es würde mich sehr freuen, wenn wir eine gemeinsame Sprachregelung und eine gemeinsame Linie gegenüber denen vertreten können, die dieses zu Gehör gebracht bekommen müssen.

Einverstanden sind wir auch in der Frage,das Moratorium für Internet-PCs um zwei Jahre zu verlängern. Das passt in das gesamte Tableau, was die Gebührenneuordnung und das Verbot von Pay-TV im Öffentlich-Rechtlichen angehen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Dasselbe gilt für die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Landesmedienanstalten, der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post sowie dem Bundeskartellamt.

Eine letzte Bemerkung möchte ich zu den Protokollnotizen machen. Die Landesregierung hat schon gesprochen. Von daher werden wir das im Ausschuss zu beraten haben.Ich finde es schon befremdlich,dass beispielsweise zu dem Punkt „stärkere Berücksichtigung deutschsprachiger Musik“ die Hessen nichts zu Protokoll erklärt haben.

Es hat mich auch befremdet, dass zu dem Punkt „geschlechtssensible Perspektive“ – das hat auch in anderen Parlamenten eine Rolle gespielt – Hessen nichts an Protokollerklärungen beizutragen hat. Dagegen hat Hessen in den wenigen Protokollerklärungen, in denen es etwas gesagt hat, gemeint, man müsse bei der Verflechtung zwischen politischen Parteien und den Medien etwas regeln. Wenn das der einzige Punkt ist, der hessenspezifisch anzumerken ist, dann ist dies ein Zeugnis davon, was nicht besonders qualifiziert für die Beratung im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrags ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Siebel. – Ich darf Herrn Hahn für die Fraktion der FDP das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag wird dem Siebten Änderungsvertrag zum Rundfunkstaatsvertrag zustimmen. Wir sehen in der Konkretisierung des Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine Einschränkung des Programmauftrages der öffentlich-rechtlichen

Rundfunkanstalten, und das ist gut so. Es kann nicht sein, dass durch einen sehr weiten Auftrag die Rundfunkanstalten meinen, auf den Gebieten von Hörfunk, von Fernsehen und von Internet alles Mögliche machen zu können, dann entsprechende Wünsche hinsichtlich der Finanzierung dieser Vorstellungen bei der KEF abzugeben und dort entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten zu bekommen.

Sie wissen, dass wir Liberale nicht nur in der hessischen FDP-Landtagsfraktion, sondern in fast allen Fraktionen in den deutschen Bundesländern der Auffassung sind, dass es jetzt ein Ende mit der Gebührenerhöhungsspirale bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben muss.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind der Auffassung, dass diese Anstalten durch eine Fokussierung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrages in Zukunft mit weniger Geld auskommen können. Es darf auf alle Fälle nicht so sein, dass sich alle den Gürtel enger schnallen müssen, dass dies aber nicht für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gilt. Wir sind der Auffassung, dass mit dem Siebten Staatsvertrag ein richtiger Weg eingeschlagen worden ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Dies ist der richtige Weg, damit die Bürger zwar weiterhin ein öffentlich-rechtliches Angebot haben, aber nicht immer mehr zur Kasse gebeten werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Hahn. – Frau Hinz, Sie haben das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir werden dem Siebten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge – so heißt es richtig, Herr Hahn – zustimmen.